An dieser Stelle erinnere ich daran, dass Sie gerade einmal acht Lehrerstellen für 600 Offene Ganztagsschulen im Land bereitgestellt hatten.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Warum haben die Leute dann alle angefangen? Gegenruf von Ralf Witzel [FDP]: Aus Not!)
Sie wiederholen im Übrigen auch den Vorwurf, wir konzentrierten uns nur auf die Hauptschulen. Das ist spätestens mit dem heute vorgelegten Konzept und der Debatte, die wir führen, widerlegt. Ihr Vorwurf, wir hätten viel Zeit verloren, fällt letztlich auf Sie selbst zurück: In Wahrheit sind Sie diejenigen, die immer viel geredet aber wenig getan haben.
(Beifall von der CDU – Renate Hendricks [SPD]: Wir haben Anträge gestellt und hatten auch vorher schon Konzepte! – Thomas Trampe-Brinkmann [SPD]: Sie haben doch über die Jahre unsere Anträge geblockt!)
Frau Hendricks, wenn Sie jetzt 50 Millionen € fordern, aber mit 175 Millionen € nicht zufrieden sind und das kritisieren, haben Sie ein Erklärungsproblem. Ich bin gespannt, wie sie es lösen.
Angesichts all dieser Widersprüche will ich bewusst nur noch einmal die wesentlichen Kernpunkte unseres Ganztagskonzepts wiederholen, damit der Blick für die beispiellose Gesamtentwicklung geschärft wird, die die Landesregierung jetzt auch beim Ganztag für mehr Qualität und mehr Chancen eingeleitet hat.
Die Zahlen zum offenen Ganztag sind vielfach schon genannt worden. Ich will nur so viel sagen: Wir haben heute im offenen Ganztag doppelt so viele Plätze wie zu Ihrer Zeit, und die Zahlen steigen weiter. Das sagt alles.
Durch den Ausbau bei den Hauptschulen werden wir unsere eigenen selbst gesteckten Ziele zu mehr als 70 % übererfüllen. Auch das spricht für sich.
Dabei ist uns übrigens besonders wichtig, dass wir gerade in diesem Bereich verbesserte Perspektiven für die Jugendlichen schaffen, die Sie während Ihrer Regierungsverantwortung mit der einseitigen Berücksichtigung von Gesamtschulen
für den Ganztag einfach übersehen haben. So sorgen wir dafür, dass bei den Gymnasien und den Realschulen der Ganztagsanteil in den nächsten Jahren um das Vierfache steigt – um das Vierfache, Frau Beer.
In der Kürze der Zeit ein letzter Hinweis: Wir bedenken auch die Situation in den Halbtagsschulen der Sekundarstufe I, an denen Nachmittagsunterricht stattfindet. Das Programm „Geld oder Stelle“ ermöglicht für eine Schule mittlerer Größe eine Betreuung der einstündigen Mittagspause durch bis zu vier Lehrkräfte täglich. Dafür stellen wir 45 Millionen € mehr als im bisherigen Programm 13 Plus zur Verfügung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen: Nach der von Ihnen betriebenen Privilegierung der Gesamtschule profitieren zukünftig neben einem Drittel der Hauptschüler auch immer mehr Schüler anderer Schulformen von den pädagogischen Vorzügen des Ganztagsbetriebes. Das freut uns. Dafür sind wir angetreten. Auf diesem Weg werden wir weiterarbeiten, um die Lebenschancen und Perspektiven junger Menschen in diesem Land weiter zu verbessern.
Frau Beer, es wäre schön, wenn Sie hier nicht immer nur das Spiel „Wir waren aber zuerst da, ihr macht jetzt alles nach“ spielen würden. Erwecken Sie nicht den Eindruck, als habe man Ihnen ein Lieblingsschäufelchen weggenommen, sondern versuchen Sie sich einmal mit einzubringen und etwas für die Schüler in unserem Land beizutragen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen zunächst einmal Folgendes festhalten: Erstens. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschließt heute das in der Geschichte des Landes NordrheinWestfalen umfangreichste Ganztagsausbauprogramm mit 175 Millionen €.
Zweitens. Dieses Ganztagsschulprogramm ist eine attraktive Alternative für Schulen in kommunaler Trägerschaft genauso wie für die Privatschulen, zu deren Schwächung Sie von der Opposition in den letzten Jahren alles getan haben.
Drittens. Selbstverständlich sieht dieses Programm nicht vor, dass 100 % der Realschulen und Gymnasien zu Ganztagsschulen ausgebaut werden. Es wäre auch völlig unsinnig, dies zwangsweise für alle zu tun. Sie sehen ja gerade an der konzeptionellen Planung für dieses Programm, dass uns die Entscheidungsoption zwischen „weiter halbtags“ und „zukünftig neu ganztags“ wichtig ist. Deshalb muss die Schulaufsicht bei der Genehmigung auch ausdrücklich darauf achten, dass es in örtlich erreichbarer Nähe weiterhin Halbtagsangebote gibt.
Anders als die Opposition sind wir nämlich nicht der Auffassung, dass das der Staat von oben steuern und zentral für die Menschen entscheiden muss. Die Menschen wissen selber am besten, was für sie das Richtige ist. Sie sollen aber bedarfsgerecht alle Angebotsoptionen erhalten, meine Damen und Herren.
Es soll überall dort helfen, wo Bedarf nach Hilfe besteht – sowohl in gebundenem Ganztag als auch da, wo es nicht um gebundenen Ganztag geht, sondern um zusätzliche Angebote einer Mittagsverköstigung für die Schüler, die vielleicht an einem Tag in der Woche auch einmal eine siebte und achte Stunde haben. Dort sind die Bedarfslagen ganz anders. Dafür muss man auch entsprechend andere Ansätze verfolgen.
Deshalb ist es auch richtig, dass es in dem 1.000Schulen-Programm eine Verantwortungsgemeinschaft gibt.
Wenn Sie kritisieren, das Land finanziere das nicht voll, halte ich Ihnen entgegen: Sie haben zu Zeiten Ihrer Verantwortung da überhaupt nichts gemacht. Das ist die Wahrheit.
Wir übernehmen hier die Verantwortung für den baulichen Ausbaustand von 1.000 Schulen, wofür die Landesseite gar keine politische Verantwortung hat.
Sich dann als Opposition hierhin zu stellen und so zu tun, als hätten Sie in den weiterführenden Schulen große Innovationen erreicht, ist Scheinheiligkeit pur. Sie haben 5 % Ganztagsgymnasien und 5 % Ganztagsrealschulen hinterlassen.
Deshalb haben wir ausdrücklich gesagt: Für uns ist Ganztag kein Privileg für Gesamtschulen. Die Frage, ob ein Schüler ganztags oder halbtags zur Schule geht, darf keine Präjudizierung für die Schulformwahl mit sich bringen. Die verschiedenen Angebote sollen bedarfsgerecht zur Verfügung stehen.
Deshalb haben wir mit dem Ausbau bei den Hauptschulen angefangen, weil es dort von der Schülerschaft her die größte Schnittmenge mit der Gesamtschule gibt, und immer gesagt, dass im nächsten Schritt die Realschulen und Gymnasien an der Reihe sind. Genau das wird jetzt im Rahmen dieses Programms realisiert.
Im Primarbereich bauen wir ebenfalls Ganztagsangebote weiter aus. Wir haben auch nicht kritisiert, dass dies der einzige Bereich war, in dem Sie in der letzten Legislaturperiode zum Ganztagsausbau bereit gewesen sind, sondern haben die mangelnde Qualität bemängelt.
Deshalb haben wir als Koalition der Erneuerung nach dem Politikwechsel die Lehrerressourcen verdoppelt, damit eben nicht nur eine Verwahrung von Schülern stattfindet, sondern auch die für pädagogisch qualitätsorientierte Arbeit notwendigen personellen Ressourcen zukünftig im System vorhanden sind. Wir denken nämlich nicht nur in Quantitäten. Uns liegt auch die Qualität der pädagogischen Arbeit am Herzen, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Witzel, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss. Die Redezeit ist um 1:35 Minuten überschritten. – Danke.
Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen: Wir stehen zur Ganztagsoffensive, auch im Bereich der Hauptschulen. Wir stehen dazu, dass sie für einen Teil der Schülerschaft eine notwendige Schulform sind. Daher halten wir auch zukünftig an dieser Schulform fest. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion der Grünen hat sich noch einmal Frau Kollegin Beer zu Wort gemeldet.