Bei vorgezogener Kommunalwahl muss man den neuen Kommunalparlamenten und Regionalräten Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Deren Beschlüsse können erst Ende 2009/Anfang 2010 gefasst werden. Dies bestimmt auch den Zeitplan für das Inkrafttreten des LEP 2025. Der für Landesplanung zuständige Ausschuss des Landtags wird selbstverständlich in den weiteren Fortgang umfassend einbezogen.
Die vorgesehenen konfliktentspannenden Elemente des voraussichtlich künftigen Regelungsregimes entfalten keine planungsrechtlichen Vorwirkungen. Dies ist erst dem Ergebnis der förmlichen Novellierung einschließlich der parlamentarischen Befassung vorbehalten. Die Möglichkeiten, aktuellen Raumkonflikten entgegenzuwirken, beschränken sich daher auf Regularien im Rechtsrahmen des geltenden LEP.
Und das ist so: Der geltende LEP beschreibt, legt rechtlich die Abbaubereiche für 25 Jahre fest. Das wird verlangt. Die Reservegebiete sind dort nicht
geregelt. Sie waren Gegenstand eines alten Erlasses, Herr Remmel, aus dem Jahr 1996, und Erlassregelungen fallen in die Hoheit der Landesplanungsbehörde. Diesen Erlass von 1996 haben wir modernisiert. Darin enthalten sind die Regelungen, auf die Frau Fasse eingegangen ist, und von denen wir glauben: Sie tragen dazu bei, vor Ort mit entstehenden Konflikten besser umgehen zu können und eine realistische Planung vorzunehmen.
Die Landesplanungsbehörde hat deshalb mit dem im Antrag zitierten Erlass vom 11. April 2008 im Interesse des betroffenen Raumes und der Planungsträger das, was außerhalb der gesetzlichen Regelung möglich ist, ausgeschöpft und den Planungshorizont für Abgrabungsbereiche bei gleichzeitiger Präzisierung des Überarbeitungsmodus moderat verkürzt.
Die Landesplanungsbehörde wird der künftigen Rohstoffsicherung nicht nur modifizierte Regelungen, sondern auch neue Instrumente zugrunde legen. Dies betrifft in erster Linie die neue Landesrohstoffkarte des Geologischen Dienstes, die für den Bereich der Lockergesteine eine umfassende kartografische Information über die tatsächlichen und wirtschaftlich nutzbaren Potenziale anbietet. Für die Regierungsbezirke Detmold, Düsseldorf und Münster ist es bereits fertig gestellt, für die Regierungsbezirke Arnsberg und Köln erwarten wir das für 2009.
Dann werden die Festgesteine zu bearbeiten sein. Damit liegt eine tragfähige Planungsgrundlage nach Rohstofflage, Menge und Güte vor, wie sie im Ländervergleich so nirgendwo zur Verfügung steht. Damit werden auch die Möglichkeiten zu konfliktminimierender standörtlicher Alternative erweitert.
Auch hat der Geologische Dienst ein Monitoring entwickelt, dass von Unternehmensdaten unabhängig ist, sich auf Luftbilder stützt und künftig landesweit angewendet werden soll. Es beobachtet im Dreijahresrhythmus die tatsächliche Inanspruchnahme planerisch gesicherter Flächen, um den Planungsträgern neutrale Empfehlungen für Planfortschreibungen zu machen.
Rohstoffkarte und Monitoring sind aktuelle Beispiele für wissenschaftlich fundierte, technologiegestützte Systeme, die vom Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen entwickelt und von der Politik beratend sowie begleitend angewandt werden können. Zweifellos hat das zukünftige Abgrabungsgeschehen einen besonders engen Zusammenhang zu Stand und Entwicklung von Recycling und Substitution.
Das Vorhaben, angesichts vergleichbarer Voraussetzungen, Probleme sowie grenzüberschreitender Massenströme diesen Themenkomplex gemeinsam mit den Niederlanden untersuchen zu lassen, ist bisher nicht auf die erwartete Unterstützung in den Niederlanden gestoßen. Es besteht die Absicht, das nun in einer selbstständigen Untersuchung aufarbeiten zu lassen.
Aber auch beim Thema „Recycling“ ist es sinnvoll, sich die Sachverhalte anzusehen. Im Moment fallen bei den Baustoffen im Jahr 72 Millionen t mineralische Bauabfälle an. Die Zahl steigt übrigens nicht, sondern ist leicht rückläufig. Aus diesem Rohmaterial werden rund 49,6 Millionen t Recyclingbaustoffe hergestellt. Das entspricht einer Recyclingquote von über 68 %. Das ist zwar noch nicht die Ziellinie; aber man darf auch nicht so tun, als müsse hier das Rad noch erfunden werden.
Meine Damen und Herren, die Landesplanung setzt bei der nachhaltigen, umweltverträglichen Rohstoffsicherung auf neu entwickelte Instrumente auf der Höhe des wissenschaftlichen Fortschritts an und wird dieses Instrumentarium im laufen Aufstellungsverfahren für den LEP 2025 in Abstimmung mit anderen Raumbelangen einsetzen.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen bleibt sowohl sachlich als auch systematisch deutlich hinter diesem Nachhaltigkeitsansatz zurück.
Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Wißen das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann sagen, dass es bisweilen nahezu körperliche Schmerzen bereitet, hört man hier einigen Kolleginnen und Kollegen zu.
Das gilt insbesondere für die Landesregierung. Nur meine gute klösterliche Erziehung und die Höflichkeit verbieten mir, hier nicht etwas ausfallend zu werden. Ich behaupte, dass keiner von Ihnen – mit Ausnahme unserer Rednerin natürlich – die Dimension und die Probleme vor Ort erfasst hat.
Wer diesen Redebeiträgen gelauscht hat, weiß, dass Sie keine Ahnung davon haben, wie es vor Ort aussieht.
Herr Ellerbrock, ich fordere Sie dazu auf, hier einmal zu benennen, welche Kiesabbauflächen beispielsweise im Kreis Kleve, dem am stärksten betroffenen Kreis, aus dem ich komme, verfüllt wurden.
Ich bin dort Kreistagsmitglied und kenne die Situation, seitdem ich Kommunalpolitik mache, Frau Fasse. Übrigens sollten Sie einmal mit Ihren Leuten im Kreistag und den Leuten, die sich seitens der CDU ehrenamtlich gegen diesen Wahnsinn engagieren, der dort betrieben wird, sprechen, dann würden Sie hier anders reden.
Frau Fasse, wir müssen hier zusammenhalten, statt – wie das bei Ihnen festzustellen war – gegeneinander zu kämpfen.
Herrn Ellerbrock kann man nur noch marktradikale Ignoranz unterstellen. Etwas anderes haben wir hier nicht erlebt.
Das hat mich gewundert, weil ich dachte, dass das, was der Mann über das Ijsselmeer erzählt hat, gar nicht wahr sein kann, weil wir uns bisweilen am Niederrhein treffen. Sie sind ja ein sehr terminfreudiger Abgeordneter, der schon einmal in meinem Kreis zu Gast – ich sage bewusst: zu Gast – und dort herzlich empfangen ist. Herr Ellerbrock, dass Sie gerade vor diesem Hintergrund hier eine solche Rede halten und diesen – entschuldigen Sie bitte – Schwachsinn vom Ijsselmeer wiederholen, ist ganz schlimm.
Mein Dank richtet sich wirklich an die vielen Leute, die sich überparteilich – konservativ bis links, grün bis tiefschwarz; vor allen Dingen Tiefschwarze gibt es bei uns – mit mir für einen vernünftigen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Kiesindustrie und den berechtigten Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes einsetzen. Bei mir im Wahlkreis gibt es zum Beispiel eine Vereinigung, die sich für den Erhalt des Niederrheins und dessen Landschaft einsetzt, die Bürgerinitiative EDEN in Alpen-Bönninghardt – in der im Übrigen auch Kollegen von der Kreis-CDU aktiv sind, die sich gegen die Trockenabgrabung einer Endmoräne aussprechen.
Frau Fasse, hören Sie mir zu, dann können Sie etwas lernen. Es ist nämlich ziemlich selten, dass wir am unteren Niederrhein so etwas wie Berge
haben. Jetzt haben wir endlich einen Berg; da gibt es eine Endmoräne. Und was machen wir? – Wir baggern den „Scheiß“ weg. – Ich entschuldige mich für diesen unparlamentarischen Ausdruck. – Das geht aber nicht!
Ich darf auf Folgendes hinweisen: In meiner Kommune, der Stadt Rees, Herr Ellerbrock, in der Sie, glaube ich, auch schon einmal gewesen sind,
Wir haben mit der Kiesindustrie ein wirklich gutes Auskommen gehabt. Das ist eigentlich bis heute so. Allerdings lassen die neuen Beantragungen, die zum Glück eingeschränkt werden konnten, daran etwas zweifeln.
Unsere SPD-Vertreter im Regionalrat in Düsseldorf haben keinen leichten Stand gehabt, weil sie Gebiete ausweisen mussten, obwohl sie das eigentlich nicht wollten. Das war deswegen erforderlich, um rechtlichen Komplikationen entgehen, die mit Bundesrecht zusammenhängen.
Im Unterschied zu den Grünen stellen wir uns den Realitäten und wissen, dass wir Versorgungssicherheit und Naturschutz miteinander versöhnen müssen. Wir wissen auch, dass Frau Höhn damals einen Bärendienst erwiesen hat, als sie die Verfüllung mit Material sehr hoch angesetzt hat. Das Material, das wir aus der Erde entnehmen, können wir nicht einmal nutzen, um wieder zu verfüllen. Das ist eigentlich Wahnsinn. Das muss man sich einmal vorstellen. Wir holen etwas aus der Erde. Um den landesplanerischen Grundsätzen Rechnung zu tragen, müsste doch die Qualität, die wir aus der Erde holen, auch wieder verfüllt werden können. Aber nicht einmal das war unter Frau Höhn möglich. Sie hat viel höhere Standards gesetzt, worunter wir heute leiden.
Als Mitglied des Ausschusses für Bauen und Verkehr weiß ich natürlich um die Bedeutung der Kiesindustrie. Das ist gar keine Frage.
Ich will auch nicht den Eindruck erwecken, als ob wir sehr egoistisch nur darauf achten, dass bei uns kein Kies abgebaut wird. Das ist nicht die Po
Wir wissen sehr wohl, welche Verantwortung wir für die Versorgungssicherheit, für die Bevölkerung und für die Wirtschaft in unserem Land haben. Wir wissen auch, dass wir gerne Rohstoffe etwa aus der Aachener Börde oder aus dem westlichen Münsterland nehmen, wo etwa Sandabbauten existieren usw. Insofern haben Sie mit dem Einwand nicht ganz unrecht, dass wir gerne Rohstoffe aus anderen Bereichen nehmen und deswegen auch etwas geben müssen, Herr Ellerbrock. Dem hat sich vor Ort aber auch niemand wirklich verschlossen.
Wir setzen uns nur gegen die hemmungslose Beantragung durch die Kiesunternehmen zur Wehr. Wir müssen da zusammenhalten und nicht gegeneinander arbeiten, Frau Fasse. Die juristischen Ausweichmanöver, die im Moment insbesondere einem Rechtsanwalt kräftig die Taschen füllen, gehen nicht. Auch an dieser Stelle ist die Landespolitik gefordert. Sie müssen in der Wirklichkeit ankommen und wirklich regieren.
Wir können Instrumente schaffen, um den Kies zu verteuern, Frau Thoben. Wir können nicht verhindern, dass Kies in die Niederlande geht. Das können wir überhaupt nicht. Im Moment wird dort heftig gebaut. 80 % des Kieses, der dort im Moment benötigt wird, stammt von der deutschen Seite des Niederrheins.
Der Niederrhein ist ja grenzübergreifend. Deswegen müssen wir den Kies verteuern. Wir wollen auf deutscher Seite nicht die Billigheimer beim Kies sein. Wir wollen natürlich Kies liefern, aber keinen Billigkies. Ich darf an den Niederrheinappell zum Stopp des Kiesabbaus erinnern, der im Übrigen auch sehr differenziert formuliert ist.