Protocol of the Session on May 14, 2008

Drittens. Es ist gelungen, den integrierten Konzern zu erhalten und damit den konzerninternen Arbeitsmarkt zu sichern. Mit dem vorliegenden Modell konnte gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG und den Gewerkschaften die Schließung eines Beschäftigungssicherungsvertrags bis zum Jahre 2023 erreicht werden. Die Beschäftigten sind auch in dieser Hinsicht bei der Sozialdemokratie gut aufgehoben.

(Zuruf von der CDU)

Die neu generierten Mittel werden zu einem Drittel dem Bundeshaushalt zugeführt und zu zwei Dritteln in Deutschland investiert werden – ein Drittel direkt durch die Bahn AG, ein weiteres Drittel durch den Bund. Mit diesen Mitteln werden wir die Engpässe und Langsamfahrstellen beseitigen.

Wir wollen die Bahnhöfe und die Haltepunkte attraktiver machen. Auch wollen wir Lokomotiven und Wagen erneuern. Vor allen Dingen wollen wir den Schienenlärm gezielt bekämpfen. Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog ist bekannt und wird von der großen Mehrheit im Hause unterstützt.

Ich bin sicher, dass das hier vorliegende Modell viele Gewinner hat. Gewinner werden die Kunden sein, weil sie eine attraktive Bahn haben werden.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Das glaubt doch keiner!)

Gewinner werden alle Bürgerinnen und Bürger sein, weil der Bundeshaushalt an dieser Stelle entlastet wird. Gewinner wird die Wirtschaft sein, weil der Logistikstandort Deutschland deutlich gestärkt wird.

Gewinner werden auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, weil wir dafür gesorgt haben, dass ein Beschäftigungssicherungsvertrag für 15 Jahre geschlossen wird. 15 Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen bei der Deutschen Bahn AG – das ist konkrete sozialdemokratische Politik. Dazu stehen wir auch.

Kolleginnen und Kollegen, wir in NordrheinWestfalen müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, damit auch wir Gewinner der Bahnreform werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Jung. – Als Nächster steht Herr Abgeordneter Lehne für die CDU-Fraktion auf der Rednerliste. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Weltuntergangsantrag der Grünen verdrängt die Realität und soll lediglich Bange machen. Bangemachen gilt nicht.

Das auf einem Kompromiss der Großen Koalition in Berlin fußende sogenannte Holding-Modell erfordert lediglich eine untergesetzliche Regelung, also einen Kabinettsbeschluss, der allenfalls noch durch ein Votum des Bundestags sanktioniert wird. Die Beteiligung des Bundesrats an einem Gesetzgebungsverfahren ist daher überhaupt nicht vorgesehen.

Die Koalitionsfraktionen im Bund von CDU und SPD haben am 7. Mai 2008 einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Vorgesehen ist eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestags am 26. Mai 2008.

Der von den Fraktionen von CDU und SPD in Berlin eingebrachte Antrag berücksichtigt in weiten Teilen die Interessen der Bundesländer.

An erster Stelle zu nennen sind die Trennung von Netz und Betrieb sowie der hundertprozentige Verbleib der Infrastruktur im Eigentum des Bundes, wie Sie heute schon öfter gehört haben. Dieser Schritt ist wichtig und richtig. Aus unserer Sicht ist dies eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Teilprivatisierung unter Berücksichtigung des grundgesetzlichen Auftrags zur öffentlichen Daseinsvorsorge im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und damit auch beim Schienenverkehr.

Eine Teilprivatisierung bei der noch zu schaffenden Logistiksparte unter dem Dach der Deutschen Bahn AG in Höhe von 24,9 % ist zwar nicht ausreichend, jedoch zurzeit die einzig durchsetzbare Lösung. Ein Privatisierungsanteil von 49,9 % würde weit mehr Geld in die Kassen spülen.

Unter anderem der demografische Wandel führt dazu, dass immer weniger Menschen eine auf

wendige Infrastruktur mit neuen Bedarfen unterhalten müssen. Gleichzeitig werden gerade in den ländlichen Räumen nicht ausschließlich rentable Streckenverbindungen aufrechterhalten werden können, sondern um der Versorgungssicherheit willen auch unprofitable Abschnitte weiterbetrieben werden müssen. Diese Last haben schon heute zu einem großen Teil die Bundesländer zu tragen, die den Nah- und Regionalverkehr organisieren müssen.

Wir haben keine Angst vor der Privatisierung. Wir sehen hier eine große Chance. Konkurrenz belebt das Geschäft. Der Einfluss der Bundesländer auf den Erhalt und den Ausbau der Schieneninfrastruktur sowie die verkehrliche Dienstleistung darf sich aber nicht verringern. Wir müssen unbedingt Klarheit über den Zustand des Netzes auf der Grundlage eines den Bundesländern zugänglichen Qualitätsberichts erhalten.

Auf dieser Grundlage ist eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern in der Tat unabdingbar. Die Mitbestimmung der Bundesländer muss hinreichend gewährleistet werden. Hier steht der Bundesverkehrsminister bei den Ländern im Wort. Wir werden ihn hieran erinnern. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lehne. – Als letzten Redner zu diesem Tagesordnungspunkt rufe ich den fraktionslosen Abgeordneten Sagel auf. Bitte schön.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Zunächst muss ich feststellen, dass ich der Einzige im Landtag bin, der noch gegen die Bahnprivatisierung ist. Zuerst ist die SPD in Berlin umgefallen. In Nordrhein-Westfalen ist sie offensichtlich sowieso umgefallen, denn die Bahnprivatisierung wird auch hier verteidigt.

Mit dem heutigen Tag sind auch die Grünen umgefallen; denn mit ihrem Antrag stellen sie die Privatisierung der Bahn nicht mehr grundsätzlich infrage, sondern kritisieren nur noch das HoldingModell. Sie fordern: „Oberste Zielsetzung einer Bahnprivatisierung muss sein, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.“ Das macht deutlich: Auch die Grünen sind für die Privatisierung. Deswegen halte ich es für Schaumschlägerei, dass sie eine namentliche Abstimmung beantragen.

Klar ist – so argumentiert teilweise auch der grüne Antrag –: Auf Gedeih und Verderb wird und muss

gewinnorientiert gearbeitet werden. Der Profit ist auch bei der DB AG das Maß aller Dinge. Das Gemeinwohl muss zwangsläufig auf der Strecke bleiben. Das können wir hier ganz nüchtern feststellen.

Dasselbe haben wir schon einmal vor einigen Jahren im Energiebereich erlebt. Auch dort wurde von mehr Wettbewerb geredet. Das Ergebnis sehen wir: Wir haben heute vier Regionalmonopolisten in der Bundesrepublik. Ich nenne sie immer die vier Besatzer der Bundesrepublik im Energiebereich. Sie diktieren Preise und die Art und Weise, wie Strom erzeugt wird. Bei der DB AG werden wir Ähnliches erleben; zum Teil erleben wir es jetzt schon. Preissteigerungen für die Fahrgäste sowie Ausdünnung und Stilllegungen sind die Folge.

Der Schienenverkehr kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler heute mehr als 1994. Damals ist die Bahn schuldenfrei gestartet; heute hat sie Schulden in Höhe von ca. 20 Milliarden €. Ihr Eigenkapital ist fast aufgezehrt. Die Deutsche Bahn AG ist heute weniger kundennah als die alte Bundesbahn, denn im Vergleich zu 1994 wurde die Belegschaft halbiert. 500 Bahnhöfe und Tausende Schalter sind geschlossen worden. Die Verkehrsleistung der Bahn beim Schienenverkehr lag 2005 unter dem Niveau von 1993.

Man müsste mal in andere Länder schauen; das empfehle ich Ihnen. In Großbritannien beispielsweise führte die Bahnprivatisierung zu zahlreichen schweren Unfällen in Neuseeland wird die Bahn gerade für 336 Millionen € zurückgekauft. Der neuseeländische Finanzminister, der im Übrigen kein Linker ist – das betone ich, wenn ich hier für Die Linke rede –, erklärte wörtlich:

Der Verkauf der staatlichen Bahn zu Beginn der 90er-Jahre und der danach folgende Niedergang des Vermögens war eine schmerzliche Lektion für Neuseeland.

Nun wollen Sie diese Lektion offensichtlich auch für Deutschland; das ist die Wahrheit.

Wir brauchen die Bahn im öffentlichen Eigentum, damit wir öffentlich reden und entscheiden können – von mir aus auch mit unterschiedlichen Konzepten. Privatisierung bedeutet aber immer, dass man die Politik aus der Verantwortung entlässt. Es geht nur noch um Profit.

Von dem SPD-Kollegen habe ich gerade gehört, es gebe eine Arbeitsplatzgarantie. Mir liegt ein aktueller Presseartikel vor, in dem sehr deutlich gesagt wird:

„Die Deutsche Bahn AG will zur Kosteneinsparung rund 9.000 Beschäftigte in bis zu 30 regionale Tochtergesellschaften auslagern.“

Wir haben bei anderen Firmen erlebt, zum Beispiel bei BenQ, wie mit den Beschäftigten umgegangen wird. Das ist Ihre Politik, die Politik der SPD, der Grünen, der FDP und der CDU. Ich bin der Letzte, der gegen die Privatisierung ist.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Zu einem Kurzbeitrag hat sich Herr Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet.

Meine Damen und Herren! Wegen der Bedeutung der Frage und der unterschiedlichen Prognosen, die Sie bezweifeln, beantragen wir eine namentliche Abstimmung. Dabei handelt es sich um Prognosen von KCW, derer sich Herr Wittke an anderer Stelle im September letzten Jahres gerühmt hat. Wir denken, das Abstimmungsergebnis sollte dokumentiert werden.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Schaumschlä- gerei!)

Darüber hinaus möchte ich ganz deutlich anmerken, dass alles das, was zumindest vonseiten der CDU-Fraktion als Bedingung vorgetragen worden ist – in Teilen hat es auch die SPD-Fraktion gefordert –, interessanterweise nicht irgendein Land, sondern Sachsen-Anhalt beantragt hat, das den Vorsitz der Landesverkehrsministerkonferenz innehat. Nordrhein-Westfalen schert aus. Hessen und Bayern hingegen versuchen sogar, dass es zu einer Direktabstimmung kommt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich stelle fest, dass die Damen und Herren von der SPD-Fraktion behaupten, 24,9 % seien das Ende der Fahnenstange; das würden sie sicherstellen. Die Damen und Herren der CDU-Fraktion hingegen behaupten: Sobald sich die Mehrheit verändert,

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

werden es 49 %. An dieser Stelle kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie alle ihre Forderungen ernst meinen und tatsächlich glauben, dass sich der Bund beim Fernverkehr festlegen muss – selbstverständlich kann man ihn festlegen –, müssten Sie Sachsen-Anhalt, Bayern und Hessen unterstützen und dürften sich nicht zusammen mit Brandenburg da herausstehlen. Sie stehlen sich an einem entscheidenden Punkt aus der Solidarität der Länder, nachdem Sie jahrelang den Lauten

gemacht haben. Deswegen hat das überhaupt nichts mit Schwarzmalerei zu tun.

Damit wir sehen können, wer schwarz gemalt und wer die Dinge nur verkleistert und vernebelt hat, wenn wir uns beispielsweise in zwei Jahren wieder treffen, wollen wir die namentliche Abstimmung, der Sie sich freudig stellen sollten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Beratung.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat gemäß § 43 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung zum Antrag Drucksache 14/6689 beantragt. Nach Abs. 2 erfolgt die namentliche Abstimmung durch Aufruf der Namen der Mitglieder des Landtags. Die Abstimmenden haben bei Namensaufruf mit Ja oder Nein oder mit Enthaltung zu antworten.

Ich bitte Herrn Abgeordneten Jung als Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Disziplin aufbringen würden, konzentriert zu folgen, weil unsere Tagesordnung heute eher gegen 22 Uhr denn gegen 21 Uhr abgearbeitet sein wird. Es liegt also in unserem gemeinsamen Interesse, konzentriert zu arbeiten.

(Der Namensaufruf erfolgt; Namensliste sie- he Anlage 1.)