Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag zur strukturellen Stärkung der Patente in unserem Bundesland hat Bündnis 90/Die Grünen eine in der Zusammenstellung und Analyse durchaus ordentliche, in den Schlussfolgerungen leider jedoch wenig stimmige Arbeit vorgelegt.
Nicht zutreffend ist Ihr Schluss, der Innovationsbericht attestiere deutliche Schwächen bei dem für die Innovationsfähigkeit stehenden Indikator Patente. Einige Schlaglichter aus dem Bericht sollen Ihre Fehldiagnose belegen. Wortlaut:
„Positiv ist auch der den absoluten Zahlen nach starke Anteil des Landes am deutschen Patentaufkommen. Nordrhein-Westfalen dominiert zusammen mit den beiden süddeutschen Bundesländern gewissermaßen die nationale Patentszene.“
„Aus gesamteuropäischer Sicht stellt sich die Innovationsbilanz Nordrhein-Westfalens aber doch eher günstig dar.“
Der Bericht verzeichnet aktuell erhebliche Steigerungsraten bei der Zahl der Patentanmeldungen in einigen Zukunftsfeldern: Biotechnologie, insbesondere weiße Biotechnologie, mit einer Steigerung von 53 %, Nanotechnologie mit einem Plus von 37 % – und das trotz der Trägheit der Systeme, die Sie als Opposition permanent außer Acht lassen. Auch hierzu lässt sich dem Bericht Erhellendes entnehmen. Ich zitiere:
„Die Chancen, in so kurzer Zeit ins Gewicht fallende Veränderungen vorzunehmen, sind naturgemäß stark begrenzt. Bildungs- und Innovationsindikatoren sind bekanntlich relativ träge und sind frühestens auf mittlere Sicht stärkeren Veränderungen unterworfen.“
Ich darf Sie darauf hinweisen, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Sie in den vergangenen Regierungsjahren insbesondere versäumt haben, den Anteil privater FuE-Ausgaben im Hinblick auf die Erreichung des BarcelonaZiels wirklich zu fördern.
Die Science-to-Business-Strategie wird in den kommenden vier Jahren mit einem Budget von 50 Millionen € dafür sorgen, dass eben keine Idee verloren geht.
PreSeed-Förderungen zur Weiterentwicklung marktfähiger Produktideen zu Patenten und Prototypen, Innovationsgutscheine für die von Ihnen eben angesprochenen mittelständischen Unternehmen zur Ankurbelung des Transfers zwischen Hochschule und KMU, qualifizierte Innovationsassistenten, die insbesondere Gründerinnen und Gründern helfen, neues Wissen in den Unternehmen umzusetzen, Patentscouts, die den Hochschulen bei der Bewertung patentrelevanter Forschungsergebnisse zur Seite stehen – all das ist bereits in der Umsetzung, Frau Dr. Seidl. Insofern ist Ihr Antrag obsolet.
Bereits dieser kleine Ausschnitt aus den Maßnahmen und Initiativen der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen zeigt, dass Nordrhein-Westfalen auf einem guten Weg ist, mit den Rohstoffen des 21. Jahrhunderts, eben mit Kreativität und Ideen, unserer Wirtschaft zu dauerhafter Stärke zu verhelfen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Löttgen. – Herr Kollege Bollermann von der SPD-Fraktion, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDFraktion begrüßt, dass sich der Landtag mit dem Themenbereich Patente auseinandersetzt. Was dabei herauskommt, müssen wir sehen.
In der globalen Wissensgesellschaft gewinnen der Anmeldungsprozess, die Verwertung und das Management von Patenten eine immer größere Bedeutung. Heute muss bereits die Idee als eine handelbare Ware begriffen werden. Während früher Patente in einer Art Wagenburgmentalität vor allem als Eigenschutz verstanden wurden, geht es immer mehr darum, Patente möglichst effizient an den Markt zu bringen.
schiedlich. Während in den USA die ColumbiaUniversität jährlich 115,4 Millionen € aus Patenten erwirtschaftet, gibt es mit Ausnahme des französischen Pasteur-Instituts in Europa nur fünf Universitäten mit einem einstelligen Millionenbetrag. Die deutschen Universitäten will ich nicht erwähnen; sie kommen in dieser Liste gar nicht vor.
Erfindungen und Ideen für Produkte, Verfahren oder Leistungen sind unersetzliches Kapital für jedes Unternehmen, gleich ob es sich um eine Existenzgründung, etablierte Unternehmen, eine Hochschule oder ein Forschungsinstitut handelt.
Patente signalisieren Innovationskraft und technische Kompetenz gegenüber Kunden, Wettbewerbern und Investoren. Sie sind ein wichtiger volkswirtschaftlicher Innovationsindikator und spielen eine bedeutende Rolle bei unternehmerischen Entscheidungen und Entwicklungen.
Bezogen auf die Hochschulen eines Landes können Erfindungen und daraus abgeleitete Patentanmeldungen und Patentverwertungen einen Wettbewerbsvorteil darstellen.
Die meisten Erfinder Deutschlands kommen aus Baden-Württemberg; das ist schon dargestellt worden. Nordrhein-Westfalen steht, wie das Deutsche Patent- und Markenamt im März 2008 berichtete, im Jahr 2007 auf Rang 3 im Vergleich mit anderen Bundesländern mit 8.190 angemeldeten Erfindungen von insgesamt 60.992.
Es lässt sich trefflich streiten und spekulieren, warum NRW 2007 auf dem dritten Rangplatz gelandet ist. Wir müssen leider feststellen:
Die Wirtschaft in NRW forscht weniger, zwangsläufig werden hier auch weniger Patente angemeldet. Zwar ist NRW 2006 bei den Hochschulpatenten an die Spitze der Bundesländer gerückt, aber es wurden 2006 gerade einmal 82 Hochschulpatente eingereicht.
Eindeutig ist: NRW braucht technologische Innovationsschübe durch Erfindungen. Innovationen sind die Chance, Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten.
Wir teilen die Auffassung der Antragsteller, dass Nordrhein-Westfalen sein Potenzial im Bereich der Patentverwertung und des Patentmanagements bei Weitem noch nicht ausgeschöpft hat. Was fehlt, ist eine Kultur der Unternehmensgründungen. Es muss selbstverständlicher werden, dass aus den Universitäten heraus mit Hilfe neuer Ideen Hightech-Firmen gegründet werden. Oft fehlt das nötige Eigenkapital, um die Ideen weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Technologiezentren müssen mehr noch als bisher Nischen
Uns fehlen im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen deutlichere Aussagen zu bestehenden Infrastruktureinrichtungen, wie zum Beispiel Technologiezentren stärker zu nutzen oder PROvendis und rubitec noch besser mit den Hochschulen und Drittmittelgebern aus der Wirtschaft dezentral zu vernetzen.
Unser Eindruck ist, dass Technologiezentren und Transferstellen von der Landesregierung stärker in das Feld der Patentverwertung und des Patentmanagements einbezogen werden könnten. Stattdessen müssen wir feststellen, dass Technologie- und Gründerzentren in der öffentlichen Kritik der schwarz-gelben Landesregierung und der Wirtschaftsministerin stehen.
Es fehlen forschende Mittelständler, weil viele finanzielle Risiken scheuen. Wo ist das Konzept der Landesregierung? Wir vermissen Initiativen in der Beratung und Unterstützung forschender KMUs.
Das weite Feld der Bedeutung des Patentrechts als Schutzinstrument und damit verbundene Fragen werden wir sicher, wie viele andere Fragen auch, in der Ausschussberatung noch ausführlich diskutieren. Ich verzichte aus Zeitgründen darauf, das auszuführen.
Hoffen wir, dass durch die parlamentarischen Beratungen Veränderungen erfolgen und viele Tüftler in NRW bei der Verwertung und beim Management ihrer Patente erfolgreicher werden, damit letztlich neue Produkte und neue Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen entstehen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein wichtiges Thema, das wir zu später Stunde zu beraten haben. Richtig ist bei der Analyse, dass Nordrhein-Westfalen seine vorhandenen Potenziale nicht ausschöpft, daneben aber auch noch eine ganze Menge aufzuholen hat, was andere – Baden-Württemberg – uns voraus haben. Wir haben verschiedentlich schon darüber beraten, auch in der vergangenen Legislaturperiode.
Nicht richtig ist, dass die Koalition, mithin die Landesregierung, in diesem Aufgabenfeld nicht tätig wäre. Der Innovationsbericht selbst ist Ausdruck der Maßnahmen der Landesregierung. Es gibt eine Science-to-Business-Strategie. Weitere Stichworte sind die Innovationsassistenten und die Technologieallianz, auf die ich noch näher eingehen will.
Die Technologieallianz, die die Hochschulen und die landesweit auch dezentral tätigen Akteure wie rubitec und PROvendis gebildet haben, leistet gerade einen Beitrag dazu, dass die Hochschulen selbst dezentral tätig werden.
Die Hochschulen haben mit dem Hochschulfreiheitsgesetz und mit der damit verbundenen veränderten Philosophie auch neue Eigeninteressen, sich mit in das Management und die Verwertung von Patenten zu begeben. Nur dann kann die Operation gelingen, wenn die Akteure vor Ort willens sind und in die Lage versetzt werden, zusammen mit KMUs und großen Unternehmen Patente zu verwerten. Da können wir den eingeschlagenen Weg nur entschieden weitergehen.
Ich bin nicht sehr überzeugt, geschätzter Kollege Prof. Bollermann, dass wir hier mit neuen Institutionen erfolgreich sein können.
Ich glaube auch nicht, dass die Bilanz der Technologie- und Gründerzentren in NordrheinWestfalen, um es vorsichtig auszudrücken, eindeutig positiv gewesen wäre. Hier ist viel in Steine und wenig in Köpfe investiert worden. Ich will das nicht für jede Initiative und jede Maßnahme generalisieren, aber cum grano salis war das eine nicht nur erfolgreiche Initiative der Vergangenheit.
Also: Unsere Philosophie ist, Anreize setzen, Möglichkeiten schaffen, dezentral im Land Knowhow bereitstellen, und dann können wir diesen Weg weitergehen. Das ist ein Antrag, der es lohnt, ihn und das Thema weiter im Auge zu behalten. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich, dass sich der Landtag mit einem wichtigen Anliegen, das die Landesregierung unmittelbar nach Regierungsübernahme aufgegriffen hat, intensiv beschäftigen möchte. Es ist bereits von Herrn Löttgen und von Herrn Lindner angesprochen worden, welch vielseitige Maßnahmen wir ergriffen haben: Science-to-Business-Strategie, Innovationsallianz, die Neuausrichtung von PROvendis und rubitec in einer stärkeren Anbindung an die Hochschulen, die mehr Eigenverantwortung übernehmen wollen, um diese landesweiten Einrichtungen unternehmerischer zu führen. All das sind ganz entscheidende Maßnahmen, um das Patentgeschehen anzuregen.
Ich will aber noch auf ein paar grundlegendere Zusammenhänge hinweisen, wie ich sie in der Regierungserklärung zum Innovationsgeschehen in Nordrhein-Westfalen 2006 für die Landesregierung bereits beschrieben habe. Das hatte, liebe Frau Seidl, nichts damit zu tun, dass die Landesregierung den Standort schlechtreden wollte. Das Gegenteil ist der Fall. Man kann aber einen Standort nur in eine bessere Zukunft führen, wenn man das vor dem Hintergrund einer ehrlichen Analyse macht.
Deswegen sind wir auch dazu gekommen, dass wir jedes Jahr neu einen Innovationsbericht für Nordrhein-Westfalen erstellen lassen, um auch Zwischenstände zu ermitteln und zu schauen: Wo stehen wir? Und wo können wir noch besser werden?
Herr Bollermann, es ist richtig, dass es auch um Endverwertung geht. Sie können am Ende aber nur das verwerten, was vorher auch ins System hineingekommen ist – und zwar nicht nur quantitativ, sondern vor allen Dingen auch qualitativ.
Die Innovationsberichte haben uns ja doch gezeigt – auch jene, die wir von der Vorgängerregierung noch in den Schubladen gefunden haben, die aber nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben –, dass im Vergleich von Bayern und Baden-Württemberg, die tatsächlich auf Rang 1 und Rang 2 stehen, nicht nur quantitativ mehr in Forschung und Entwicklung investiert worden ist, sondern dass insbesondere der Anteil der Mittel, die in Spitzenforschung investiert worden sind, viel höher lag als in Nordrhein-Westfalen. Der Anteil der FuE-Ausgaben für Spitzenforschung liegt in Baden-Württemberg bei 60 % und in Bayern bei 40 %. In Nordrhein-Westfalen waren es im Jahr 2004 10 %.
Das heißt, dass unsere Forschungseinrichtungen, die öffentlich finanzierten wie die privaten, sich nicht in der Weise in der Spitzenforschung profiliert haben, wie das in anderen Bundesländern, gerade im Süden Deutschlands, der Fall war. Und wenn Sie sich weniger um Spitzenforschung kümmern, haben Sie auch weniger Potenzial, um in die neuen Bereiche hineingehend Patente anmelden zu können.