PEM-Maßnahmen hat sich allerdings die Zahl der Prüfer wieder etwas reduziert. Sie liegt aber immer noch weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Da sich die Wochenarbeitszeit der Beamten erhöht hat und ein freier Tag pro Jahr weggefallen ist, hat sich die Produktivitätskraft der Betriebsprüfung gegenüber den ursprünglichen Planungen praktisch nicht verändert.
Es gibt weitere Gründe, warum zurzeit eine Personalaufstockung nicht gerechtfertigt ist. Stichworte sind die Entwicklung risikoorientierter Fallauswahl- und Prüfungskriterien, der verstärkte Einsatz elektronischer Verfahren, unter anderem der Vorstoß, per Gesetz über kurz oder lang elektronische Steuerbilanzen übermitteln zu lassen, und die nicht haltbare Behauptung, jeder zusätzliche Betriebsprüfer erwirtschafte durchschnittlich Steuermehreinnahmen von rund einer Million € jährlich.
Die überdurchschnittlich hohen, teilweise von spektakulären Einzelfällen bestimmten Mehrergebnisse in Nordrhein-Westfalen resultieren aus den Prüfungen von Konzernen und Großbetrieben. Diese werden bereits jetzt fortlaufend geprüft. Eine Erhöhung der Prüferzahlen beträfe daher die Betriebsgrößenklassen, in denen künftig die Fallauswahl unter Anwendung von Risikokriterien noch zielgerichteter erfolgen soll. Die Hochrechnung zu erwartender Mehrergebnisse aufgrund von Personalaufstockung durch bloße Multiplikation ist daher überhaupt nicht möglich.
Zum Schluss möchte ich noch eines anmerken: Die Forderung nach 1.000 zusätzlichen Prüfern kann keine ad hoc-Ergebnisse bewirken, denn Betriebsprüfer kann man nicht vom freien Markt einstellen.
Die Zuführung aus dem Innendienst in die Betriebsprüfung kann nur sukzessive in Rotation mit der Nachführung ausgebildeter Anwärter erfolgen. Auch die Umschulung von Pfarrern bedarf eines gewissen Zeitraums, Herr Kollege Sichau, bis aus denen ein ordentlicher Betriebsprüfer geworden ist.
Bis ein neu eingestellter Anwärter in der Betriebsprüfung eingesetzt werden kann, vergehen mindestens fünf bis sechs Jahre Ausbildungszeit, Ersteinsatz in der Veranlagung, Einarbeitung und Tätigkeit in der Amtsbetriebsprüfung, Fortbildung zum Groß- und Konzernbetriebsprüfer. Durch die Erhöhung der Anwärterzahlen in den letzten Jahren haben wir sichergestellt, dass das Personal
für die Steuerverwaltung Nordrhein-Westfalens auch in der Betriebsprüfung in erforderlichem Umfang nachgeführt werden kann.
Herr Verkehrsminister, Herr Krückel hat ja gerade vom mittleren Dienst gesprochen. Könnten Sie dem Hohen Hause erklären, wie sich das auf die Steuerprüfung auswirkt? Und können Sie sagen, wie es mit der Anzahl der Steuerprüfer – 165 Steuerprüfer in diesem Jahr weniger – im nächsten Jahr weitergeht?
Herr Groth, wenn Sie gerade aufmerksam zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass die Anzahl der Stunden, die für Steuerprüfer zur Verfügung stehen, gleich geblieben ist, weil es eine Verlängerung der Arbeitszeit gegeben hat und weil diejenigen, die verblieben sind, deutlich mehr leisten, als das früher der Fall gewesen ist. Von einer Reduzierung kann also überhaupt keine Rede sein. Das heißt, wir haben heute mehr Betriebsprüfungsstunden, als wir jemals zuvor in der Geschichte der Steuerprüfung in NordrheinWestfalen gehabt haben. Wir haben das umgesetzt. Sie haben jahrelang nichts getan.
Selbstverständlich werden wir fortfahren, dafür zu sorgen, eine ausreichende Anzahl von Betriebsprüfern zur Verfügung zu haben. Diese Betriebsprüfer leisten im Übrigen eine exzellente Arbeit. Wenn Sie sich vor Augen führen, dass es unsere Behörden in Nordrhein-Westfalen waren, die die Liechtenstein-Affäre ins Rollen gebracht haben, und dass es unsere nordrhein-westfälischen Behörden sind, die nun schonungslos aufklären und für Ahndung sorgen, dann kann es so schlecht um die Betriebsprüfung und die Steuerprüfung bei uns in Nordrhein-Westfalen nicht bestellt sein kann.
Darum ist es absurd, zu behaupten, irgendjemand in Nordrhein-Westfalen wolle einem Freundeskreis Liechtenstein beitreten. Ganz im Gegenteil:
Wir sorgen dafür, dass diese Freundeskreise aufgedeckt und dass die Mitglieder ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.
Nein, jetzt würde ich gerne zum Ende meiner Rede kommen. Im zuständigen Finanzausschuss wird ausreichend Zeit sein, alle Fragen zu beantworten, Frau Präsidentin.
Aufgrund der gerade von mir geschilderten langen Vorlaufzeiten ist die Landesregierung bemüht, das Personal mit steuerlicher Ausbildung wo es geht zu halten. Dies ist auch ein Grund, warum bei Finanzamtsfusionen das im Querschnittsbereich frei werdende Personal nicht abgebaut, sondern – im Gegenteil – wieder in die Produktion versetzt wird. Unter dem Strich wird also mehr Zeit zur Verfügung stehen, um Steuersünder in NordrheinWestfalen zu ermitteln,
um Betriebsprüfungen durchzuführen und um eine sach- und fachgerechte Arbeit zu leisten. – Ich danke herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, die tausend Leute weniger scheinen Sie zu ignorieren. In den Finanzämtern biegen sich die Schreibtische. Sorgen Sie dafür, dass im Innendienst mehr Leute an die Schreibtische kommen! Die winken die Akten manchmal nur noch durch. Gehen Sie doch einmal in ein Finanzamt. Sie werden feststellen, dass dort keine Leute arbeiten. Es gibt keine Steuergerechtigkeit.
Frau Freimuth, in den ersten drei Sätzen haben Sie über Steuerflucht und Straftaten gesprochen. Den Rest der Rede haben Sie damit zugebracht, die armen Leute zu bedauern, die jetzt im Fernsehen als Steuerstraftäter vorgeführt werden.
So wollen wir das nicht. Wir wollen, dass die Leute erwischt werden. Wir wollen ein engmaschiges Netz, damit diese Leute vorher auffliegen. Die sollen nicht erst durch den BND über CDs und DVDs entlarvt werden. Wir wollen, dass die hier anständig geprüft werden. Wir wollen, dass Betriebe und
Einkommensmillionäre wissen, dass sie, wenn sie schummeln, auffliegen – und das nicht erst in 20 Jahren oder wenn der Opa tot ist. Wir wollen, dass das sofort passiert.
Das Finanzamt weiß von jedem Lohn- und Gehaltsempfänger sofort, wie viel er eingenommen hat und weiß auch sofort, wie viel Steuern er zu zahlen hat. Bei Millionären und Betrieben ist das anders. Viel schlimmer ist aber, dass diese Einkommensmillionäre genau wissen: Es gibt kaum ein Risiko, dass sie gepackt werden. Das ist eine Einladung zur Unehrlichkeit, die Sie zu verantworten haben, meine Damen und Herren. Sorgen Sie für Abhilfe!
Danke schön, Herr Groth. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zum Schluss der Beratung.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/6337 an den Haushalts- und Finanzausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Beer von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Frau Beer.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was haben unter anderem Krefeld, Mönchengladbach, Paderborn, Lippstadt, Iserlohn, Bünde, Wuppertal, Bonn, Köln, Düren, Siegburg, Alfter und Leverkusen gemeinsam? – In all diesen Orten wird über Gesamtschulneugründungen diskutiert, und zum Teil wird das sogar von der CDU gefordert.
Diese Standorte mit Hunderten von Kindern, die keinen Gesamtschulplatz bekommen haben, wie in Bonn oder Köln, sind jedoch nur die Spitze des
Eisbergs. Die Attraktivität der Gesamtschulen in NRW ist ungebrochen. Die Eltern wollen, dass ihre Kinder an Gesamtschulen lernen. Tausende bekommen aber wiederum keinen Platz.
Ja, Herr Witzel, wir wissen, dass Sie ein bisschen neurotisch auf dieses Thema reagieren. Das hatten wir immer schon. Sie müssen sich das heute trotzdem anhören.
Die Eltern wollen die Schullaufbahnen ihrer Kinder länger offenhalten. Sie wissen, dass die Berufs- und Arbeitschancen immer stärker von höheren Abschlüssen abhängig sind. Die Eltern wollen außerdem für ihre Kinder kein Turbo-Abitur zwangsverordnet bekommen. Die Eltern wissen auch, dass die Hauptschulen keine Zukunft mehr haben. Die Eltern wollen ein anderes Lernen, ein Lernen, das sich über den ganzen Tag erstreckt. Sie wollen längeres gemeinsames Lernen.
Aus all diesen Gründen wählen Eltern ganz bewusst Gesamtschulen. Damit sind sie ein Dorn im Auge der Landesregierung. Deren Beauftragter für die Wahrung der heiligen Schuldreifaltigkeit, Staatssekretär Winands, versucht mit allen Mitteln, die Gründung neuer Gesamtschulen im Land zu vereiteln und Eltern das Leben schwerer zu machen.