Protocol of the Session on March 13, 2008

Ich weise noch darauf hin, dass der Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Sportausschuss mit der Maßgabe überwiesen wurde, dass eine Beratung und Abstimmung über den Antrag erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Die Beschlussempfehlung und der Bericht liegen vor.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Peschkes das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn die Dopingbekämpfung im Bündnis für Sport keinen Niederschlag gefunden hat, bleibe ich dabei: Die Dopingbekämpfung gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Sportpolitik.

(Beifall von der SPD)

Denn Doping ist Betrug, Betrug am Mitkonkurrenten im Wettkampf, Betrug gegenüber den Sponsoren, Betrug gegenüber den Zuschauern. Vor allem ist Doping ein ganz schlechtes Vorbild für Kinder und Jugendliche.

(Beifall von der SPD)

Deshalb ist es folgerichtig, dass der Bundesgesetzgeber durch das Antidopinggesetz den Kampf gegen die Betrüger und Manipulierer aufgenommen hat und das nicht alleine den Sportverbänden überlässt. Denn wer sich näher mit der Dopingproblematik befasst, weiß, dass der Sportler, der sich die leistungssteigernden Mittel aus der Apotheke besorgt, in diesem Kontext nicht das ganz große Problem ist.

Problematisch sind die Netzwerke, die hinter den Sportlern stehen. Das sind in der Regel Ärzte, Betreuer, Trainer, Händler und auch Manager, die alles Verbotene besorgen. Als Stichwort nenne ich nur Dr. Fuentes in Spanien. Dort wissen wir, wie Netzwerke aussehen. Die spanische Justiz bemüht sich bis heute, Dr. Fuentes zu belangen.

Das Antidopinggesetz, das wir jetzt haben, bietet die Möglichkeit, in die Netzwerke der Betrüger einzudringen. Aber auch mit diesem Gesetz bleibt die Bekämpfung eine hochkomplexe Materie. Deshalb ist es erforderlich, dass die staatlichen Dopingfahnder nicht mehr den berühmten Schritt hinter den Dopern zurückbleiben, sondern wissensmäßig und organisatorisch mit den Tätern auf Augenhöhe sind.

Deshalb sind wir der Meinung, dass eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Doping am ehesten etwas erreichen kann. Besonders geschulte und

mit den Methoden der Dopingszene vertraute Fachleute können eine abschreckende Wirkung entfalten, aber auch eine effektive Bekämpfung des Dopings betreiben.

Wir müssen nämlich davon ausgehen, dass in Dopingfällen die Akten- und Beweislage alles andere als klar ist. Das hat die Vergangenheit bei den Dopingfällen, die vor deutschen Gerichten verhandelt wurden, gezeigt. Wir müssen ferner davon ausgehen, dass verschleiert, vertuscht und verdunkelt wird. Das bringt einen unnötig langen Zeitablauf mit sich, und nicht selten kommt es dazu, dass es wegen Zeitablaufs nicht mehr zu einer Anklageerhebung kommen kann.

In der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität, die ähnlich komplex ist, ist man den Weg gegangen, dass man Schwerpunktstaatsanwaltschaften errichtet hat. Bochum und Wuppertal stehen für den Erfolg. Deshalb fordern wir auch für den Bereich der Dopingkriminalität eine solche Schwerpunktstaatsanwaltschaft.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Wegen der Nähe der Deutschen Sporthochschule mit ihrem Antidopinglabor bietet sich natürlich die Staatsanwaltschaft Köln als Standort an. Im Übrigen ist diese Forderung nach Schwerpunktstaatsanwaltschaften auch eine Forderung von Fachleuten. Auch in der Koalition wird diese Forderung im Grunde ja als richtig anerkannt, wie der Kollege Holger Müller im Sportausschuss erklärt hat. Nur, Herr Kollege Müller, ich muss es sagen: Ihre Verlautbarungen haben ein geringes Verfallsdatum. Das hat letztendlich die Abstimmung im Sportausschuss erneut gezeigt. Schade eigentlich! In der Sache haben Sie nämlich Recht.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir den Kampf gegen Doping auch in NRW ernst nehmen, müssen wir nach der Verabschiedung des Antidopinggesetzes die entsprechenden Konsequenzen ziehen und handeln. Deswegen unsere Forderungen.

Als die SPD – das zeigt erneut die Problematik dieser Landesregierung auf – im letzten Jahr die Forderung nach einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft zum ersten Mal öffentlich erhob, lief das Justizministerium richtig zur Hochform auf. Herr Minister Krautscheid, vielleicht können Sie es Ihrer Kollegin sagen: Diese Hochform hätte ich mir auch bei den Fällen Siegburg, Mönchengladbach und Krefeld gewünscht. Haben Sie vielleicht mittlerweile aus Krefeld eine neue Spur? Ist vielleicht

ein Fax vom Entflohenen eingegangen? Das wäre doch ganz schön.

Wie sah hier diese Eile aus? – Unsere Forderung war noch nicht ganz aus dem Ticker heraus, da reagierte das Ministerium schon. Aber wer glaubte, es würde sich etwas tun, der wurde mächtig enttäuscht, denn in alter Manier wird im Innenministerium nicht regiert, sondern verwaltet. Dort hieß es nur lapidar: Wir sehen keine Notwendigkeit.

(Beifall von der SPD)

Im Bereich der polizeilichen Ermittlung ist man allerdings schon erheblich weiter. Das BKA hat die Ermittlungen im Fall Patrik Sinkewitz übernommen. Da weiß man also um die Schwere der Schuld. Doping ist kein Kavaliersdelikt.

Ich habe ernsthaft Zweifel, dass man in NRW den Kampf ernsthaft aufnimmt. Nach den reflexartigen Äußerungen aus dem Justizministerium scheint der Kampf gegen das organisierte Doping auf der Strecke zu bleiben. Das ist das Schlimmste, was dem Sport passieren kann. Meine liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, das sollten Sie verhindern. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Dann tun Sie heute zumindest einmal ein gutes Werk. – Schönen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Peschkes. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Schick das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Doping ist eine Geißel des gesamten Sports. Durch besonders betroffene Bereiche geraten schnell auch andere Sportarten unter Generalverdacht. Bei Spitzenleistungen taucht schnell die Frage auf, ob die Ergebnisse auf sauberem Weg erreicht worden sind. Dieser Zustand muss nicht nur Sportpolitiker aufhorchen lassen. Mit dem Thema Doping beschäftigen sich daher Parlamente überall in Deutschland.

Der Antrag der SPD, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen einzurichten, bezieht sich auf das Antidopinggesetz des Deutschen Bundestages, das am 5. Juli des vergangenen Jahres verabschiedet wurde. Mit diesem Gesetz stehen der Dopingbekämpfung nunmehr wirksamere strafrechtliche Instrumentarien zur Verfügung. Der Bund und der deutsche Sport haben gemeinsam diese weitere gesetzliche Verschärfung des Antidopingkampfes entwickelt.

Darüber hinaus ist das Gesetz Teil eines umfassenden Pakets, das neben den rechtlichen Sanktionen auch die Förderung der Wissenschaft und der Praxis der Dopingbekämpfung umfasst. Was an dieser Stelle nicht vergessen werden darf, ist, dass auch Sanktionen von Sportverbänden ihre Wirkung und Abschreckungskraft zeigen. Gemeint sind an dieser Stelle zum Beispiel sofortige Wettkampfsperren.

Die Aktivitäten im Kampf gegen das Doping vom Deutschen Olympischen Sportbund und von den verschiedenen Sportfachverbänden werden daher vonseiten der CDU-Fraktion ausdrücklich unterstützt. Denn eines ist klar: Die Gewährung von Fördermitteln hängt auch von der uneingeschränkten und aktiven Mitwirkung der Fachverbände beim Kampf gegen das Doping ab. Die gesellschaftliche Bedeutung des Sports für Erziehung und Bildung, seine präventive Wirkung, die Gesundheit der Athletinnen und Athleten sowie das öffentliche Ansehen des Sports machen einen konsequenten Kampf gegen das Doping notwendig. Wichtig ist, dass die hochkriminellen Strukturen, die sich hinter dem Doping verbergen, mit Entschiedenheit bekämpft werden.

(Beifall von Theo Kruse [CDU])

Im Vordergrund steht, den gewerbsmäßigen Handel mit Dopingpräparaten zu unterbinden. Das kann natürlich der Sport nicht alleine leisten. Deshalb begrüßen wird, dass sich zukünftig auch das Bundeskriminalamt mit dieser Problematik beschäftigen wird.

Abschließend stellt sich die Frage, ob die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften wirklich notwendig ist. Fakt ist, es gibt eine Inflation von Forderungen dieser Art. Egal ob es die Bekämpfung der Schwarzarbeit, des Menschenhandels, der Lebensmittelkriminalität oder der Kampf gegen die Produktpiraterie ist – immer wieder wird eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft als Allzweckwaffe gefordert.

Nicht erwähnt wird in diesem Zusammenhang, dass es in Staatsanwaltschaften längst Sonderdezernate zur Bekämpfung der Straftaten nach dem Arzneimittelgesetz gibt, die natürlich auch für Dopingstraftaten zuständig sind. Die jeweiligen Staatsanwälte verfügen über die notwendigen Spezialkenntnisse dieser besonderen Materie. Auch der in der Deutschen Sporthochschule Köln vorhandene Sachverstand zu diesem Thema wird im Bedarfsfall von den Staatsanwälten einbezogen. Das Gleiche gilt für das Wissen der Nationalen Dopingagentur und der verschiedenen Sportverbände.

Aus diesen Gründen werden wir den vorliegenden Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schick. – Für die FDP spricht Herr Abgeordneter Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Peschkes, natürlich haben CDU, FDP und die Landesregierung heute schon eine ganze Reihe von guten Werken auf den Weg gebracht. Anscheinend haben Sie das nicht mitbekommen. Aber ich kann Ihnen das gleich gerne einmal erklären.

Meine Damen und Herren, in diesem Hohen Hause besteht große Einigkeit, dass wir das Doping im Sport konsequent bekämpfen wollen. Das ist ein vorrangiges Ziel der Sportpolitik, also enorm wichtig.

Schwerpunktstaatsanwaltschaften sind vielleicht öffentlichkeitswirksam, weshalb uns auch dieser Antrag vorliegt. Die Frage, die wir uns alle gemeinsam stellen müssen, ist aber, ob wir damit wirklich unser Ziel erreichen, Doping konsequent zu bekämpfen.

Die Juristen, die sich damit im Detail ein bisschen besser auskennen als reine Sportpolitiker, sagen: Es gibt erstens kein Vollzugsdefizit, und zweitens ist diese Vorgehensweise arbeitstechnisch überhaupt nicht praktikabel; sie erschwert sogar die Dopingbekämpfung. Nun gibt es also in der Frage, wie man mit Dopingbekämpfung umgeht, einerseits die Meinung vieler Juristen und der Rechtsprechung, und auf der anderen Seite gibt es Sportpolitiker wie Herrn Peschkes. Jetzt müssen wir überlegen, wen wir als neutrale Institution fragen können

(Thomas Stotko [SPD]: Herrn Peschkes!)

ja, der ist total neutral; das haben Sie gut festgestellt –, die sich viel besser als wir im Sport, im Leistungssport und mit der Dopingbekämpfung auskennt. Da ist der Deutsche Olympische Sportbund genau die richtige Adresse.

(Lachen von Ewald Groth [GRÜNE])

Lieber Herr Peschkes, auch der Deutsche Olympische Sportbund schließt sich Ihrer Forderung in keinster Weise an.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Wie heißt der Ge- neralsekretär?)

Ist das wichtig? Ich glaube, ich kenne ihn gar nicht. Ist das eine wichtige Person? Herr Kuschke, Sie können mir helfen, wenn Sie den Namen wissen.

Meine Damen und Herren, die Vorgehensweise, die mein Kollege der CDU gerade dargestellt hat, ist genau richtig. Wir müssen den DOSB und die Verbände im gemeinsamen Kampf gegen Doping unterstützen. Wie schon beim Bündnis für den Sport trennen sich die Grünen – Herr Groth hat es ja gerade durch sein Lachen wieder deutlich gemacht – und die SPD von der großen Partnerschaft im Bereich des Sports. SPD und Grüne gehen bei der Dopingbekämpfung und beim Bündnis für den Sport einen anderen Weg als der Sport in Nordrhein-Westfalen, der Landessportbund, die Sportverbände und der Deutsche Olympische Sportbund.

(Zuruf von Hans-Theodor Peschkes [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie sollten sich einmal überlegen, ob Sie, wenn Sie völlig alleine dastehen, noch auf dem richtigen Weg sind. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Jetzt spricht für Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Groth.