Protocol of the Session on March 13, 2008

(Christian Lindner [FDP]: Sehr richtig!)

Von der Bundesfamilienministerin konnten wir am 31. Oktober des letzten Jahres hören:

„Eine Zahlung für Eltern, die für ihre Kinder keinen Krippenplatz beanspruchen, ist bildungspolitisch eine Katastrophe“.

Das, meine Damen und Herren, stimmt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das können wir voll unterschreiben. Das ist richtig.

(Christian Lindner [FDP]: Genau!)

Nicht richtig und problematisch ist, dass genau diese bildungspolitische Katastrophe von der gleichen Familienministerin am 27. Februar gemeinsam mit ihrem sozialdemokratischen Finanzminister vereinbart wurde. Genau das ist festzustellen.

Hier im Landtag hatten wir ja schon einmal die Diskussion zum Betreuungsgeld. Das war auch interessant. Herr Minister Laschet hat damals eine Stellungnahme verlesen lassen, die ziemlich bemerkenswert war und exakt am Thema vorbeiging. Die SPD war gegen das Betreuungsgeld. Nur Frau Kastner als familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion hielt sich tapfer in der Plenardebatte an der Seite der CSU.

Da fragt man sich doch: Wie kann so etwas sein? Es gibt einen breiten Konsens unter Fachleuten. Große namhafte Teile der CDU – haben Sie das Lob gehört? – und des Koalitionspartners SPD argumentieren gegen das Betreuungsgeld und beziehen Position dagegen. Und dennoch wird dieser bildungspolitische Unsinn in der Bundesregierung in Berlin vereinbart.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jeder vernunftbegabte Mensch in diesem Land sieht, dass das familien-, frauen- und integrationspolitisch der falsche Weg ist und dass falsche Weichenstellungen vorgenommen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir müssen leider aber auch wahrnehmen, dass der konservative Teil der katholischen Kirche – zum Glück gibt es noch einen anderen – in Gestalt von Herrn Mixa über seinen verlängerten Arm, die CSU, offenbar noch enormen Einfluss auf die politischen Kräfte in diesem Land hat.

Wir sehen übrigens auch mit Interesse, dass die familienpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion Herrn Mixa offensichtlich näher steht als Ihrem Familienminister und Ihrem Ministerpräsidenten.

(Zuruf von Bernhard Recker [CDU])

Auch das haben wir wahrgenommen. Denn Herr Rüttgers hat vollkommen Recht, wenn er feststellt: Wenn wir wirklich finanzielle Unterstützung für Eltern geben wollen, die für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben und auf eine Berufstätigkeit verzichten, müssen wir bei den Rentenansprüchen ansetzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das heißt, die Erziehungszeiten müssen sehr viel stärker auf die Renten angerechnet werden. Was aber am Ende herauskommt, wenn der Vater oder die Mutter bei den Kindern zu Hause bleibt, ist wirklich armselig. Eine Änderung dessen wäre eine entscheidende, substanzielle, finanzielle Verbesserung für Eltern, die sich entscheiden, zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben.

Wir sehen alle, welch fatale Wirkung dieses Gesetz haben wird. Wir sehen das jetzt schon in Thüringen, wo es nämlich schon ein solches Betreuungsgeld gibt. Dort sind die Zahlen der Kinder und der unter Dreijährigen, die in einer öffentlichen Einrichtung, in einer Krippe betreut werden, tatsächlich gesunken.

Wir sehen in dieser Diskussion aber auch: Die CDU hat ein Problem mit ihrer grundsätzlichen familienpolitischen Ausrichtung. Da herrscht Verwirrung statt konzeptioneller Klarheit. Die CDU will irgendwie modern sein, andererseits kann sie sich von ihren alten Zöpfen nicht lösen. Das genau ist ihr Problem; das zeigt sich an dieser Frage überdeutlich. Die CDU hat keinen klaren Familienbegriff mehr. Deshalb schwankt sie wie ein Rohr im Wind zwischen Frau von der Leyen und dem besagten Herrn Mixa.

Jetzt passiert Folgendes: Mit der Herdprämie wird eine weitere Transferleistung eingeführt. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 3 Milliarden € zusätzliche Kosten jährlich anfallen. Zum gleichen Zeitpunkt – das sollten wir uns alle, meine Damen und Herren, klarmachen – gibt es eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission, die genau diese finanziellen Transferleistungen, die es bis jetzt schon gibt, auf den Prüfstand stellen soll. Das ist auch richtig so!

(Beifall von den GRÜNEN)

Es macht aber überhaupt keinen Sinn, in dieser Situation eine weitere milliardenschwere Transferleistung einzuführen.

Bitte kommen Sie zum Schluss, Frau Kollegin; Ihre Redezeit ist zu Ende.

Das ist Politik ohne Plan und Konzept; das müssen wir eindeutig feststellen. Wir brauchen und wollen keine Regelung, mit der der Staat dafür bezahlt, dass Kinder von Bildungseinrichtungen ferngehalten werden.

Ich bitte Sie deswegen, ein klares Signal von diesem Landtag ausgehen zu lassen – viele haben sich schon eindeutig positioniert –, dass wir diesen Rückschritt in die Familienpolitik der 50erJahre nicht mittragen werden. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Grunendahl.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen haben ein weiteres Mal einen Antrag vorgelegt, der staatlichen Dirigismus fordert und – das finde ich ganz schlimm, Frau Asch – die Familien weiter schwächt.

(Widerspruch von den GRÜNEN)

Ihr Antrag greift viel zu kurz. Auf der einen Seite loben Sie die Betreuung von kleinen Kindern außerhalb des Elternhauses heute über den grünen Klee. Auf der anderen Seite verteufeln Sie Eltern, die ihre Kinder selber erziehen möchten.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Wie bitte?)

Wir von der CDU-Fraktion setzen uns für Wahlfreiheit ein. Eltern sollen selbst entscheiden können, ob sie ihr Kind in eine Kindertageseinrichtung geben wollen oder nicht. Wir bauen in NordrheinWestfalen mit großem Erfolg die Betreuungsinfrastruktur weiter aus und setzen auf Wahlfreiheit und auf Flexibilität in den Einrichtungen.

Es ist das gute Recht der Eltern, ihr Kind gerade in den ersten drei Lebensjahren selber zu erziehen. Diese Eltern behandeln ihr Kind nicht schlechter als Eltern, die ihr Kind in eine Kindertageseinrichtung geben. Ganz im Gegenteil: Für die Entwicklung des Kindes sind die Eltern, ihre Liebe und ihre Fürsorge aus unserer Sicht besonders wichtig.

Meine Damen und Herren, ich halte es für grundlegend falsch, Eltern, die ihr Kind in den ersten drei Lebensjahren nicht in eine Kindertageseinrichtung schicken, so zu verteufeln. Es ist vielmehr die natürlichste Sache der Welt, dass Eltern ihr Kind selber erziehen, wenn es eben möglich ist.

(Beifall von der CDU – Andrea Asch [GRÜ- NE]: Zuhören!)

Wahr ist: Die Anerkennung der Erziehungsleistung der Familien und die Stärkung der Wahlfreiheit der Eltern sind und bleiben eine wichtige Aufgabe in unserer Gesellschaft. Wahr ist auch: Die Grünen leisten hierzu keinen Beitrag.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wo leben Sie denn? – Weiterer Widerspruch von den GRÜNEN)

Vielmehr behaupten Sie, Kinder seien nur in Kindertagesstätten gut aufgehoben. Das ist eine Verhöhnung aller Eltern, die ihr Kind selber erziehen möchten.

(Beifall von Wolfgang Hüsken [CDU] – Cari- na Gödecke [SPD]: Oi, oi, oi!)

Viele Familien nehmen ihren Erziehungsauftrag sehr verantwortlich wahr. Unsachgemäß ist, allein diejenigen Familien in den Fokus zu nehmen, die mit dieser Aufgabe offensichtlich überfordert sind und deshalb unterstützende Dienstleistungen benötigen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Löhrmann?

Nein, ich möchte weiter vortragen.

Sie gestatten keine Zwischenfrage. – Danke.

Es ist auch Aufgabe der Politik, meine Damen und Herren, sich den intakten und funktionierenden Familien zuzuwenden und sie zu stärken. Gerade wir in NordrheinWestfalen setzen vor dem Hintergrund der Wahlfreiheit der Eltern auf die Stärkung der frühkindlichen Förderung.

Sie stellen das in Ihrem Antrag so dar, als ließe der neue § 16 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes lediglich die Einführung eines Betreuungsgeldes zu. Dies wird aber lediglich als ein Beispiel genannt. Vieles spricht doch dafür, Eltern, die ihre kleinen Kinder gut erziehen und für sie sorgen, finanziell zu unterstützen. Das Erziehungsgeld kann ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Wahlfreiheit der Familien sein.

Genauso gut, meine Damen und Herren, kann ich mir aber vorstellen, dass die Erziehungszeiten noch stärker bei der Rentenzahlung der Eltern berücksichtigt werden. Auch das ist ein Beitrag zur Anerkennung der Erziehungsleistung innerhalb der Familien.

Ich fordere Sie deshalb auf, den Antrag gemeinsam mit uns abzulehnen und festzustellen: Eltern müssen ein echtes Wahlrecht haben, ob sie ihr Kind in den ersten drei Lebensjahren in einer Tageseinrichtung betreuen lassen wollen oder nicht. Das Betreuungsgeld, meine Damen und Herren, sowie der weitere Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige fördern die Wahlfreiheit der Familien. Das ist uns sehr wichtig.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie sprechen gerade gegen Ihren Ministerpräsidenten!)

Bevormundung durch den Staat, wie sie von den Grünen vorgeschlagen wird, Frau Löhrmann, brauchen die Eltern nicht. – Schönen Dank fürs Zuhören.