Protocol of the Session on February 20, 2008

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung und stelle fest, dass die Große Anfrage 12 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen damit diskutiert und erledigt worden ist.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu:

10 Einrichtung eines Internationalen Zentrums für Philosophie Nordrhein-Westfalen

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/6151 – Neudruck

Ich eröffne die Beratung und erteile Herrn Prof. Dr. Sternberg das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, ich hatte in der vergangenen Woche Gelegenheit, die achte Philosophische Winterakademie zu eröffnen. Das ist eine Veranstaltung für 25 junge Oberstufenschülerinnen und -schüler, die aus 450 ausgewählt wurden und die einen fremdsprachigen Essay zu einem philosophischen Thema schreiben, um dann als Gewinner an der Internationalen Philosophie-Olympiade teilzunehmen. Schon mehrmals waren Gewinner aus dem Land Nordrhein-Westfalen unter den Preisträgern des internationalen Wettbewerbs. Er findet in diesem Jahr in Rumänien statt und hat in den vergangenen Jahren beispielsweise in Japan, in Kanada, in den USA stattgefunden.

Meine Damen und Herren, es ist ausgesprochen schön zu sehen, auf welch hohem Stand Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen Philosophieunterricht bekommen und welch gute Philosophielehrerinnen und -lehrer es gibt. Allerdings ist auch schön zu sehen, wie gut die Ausbildungsorte sind und wie gut Philosophie in diesem Land unterrichtet wird. Meine Damen und Herren, es ist gut, dass Philosophie in NordrheinWestfalen ihren Ort hat.

(Beifall von der CDU)

Wenn wir heute einen Antrag stellen, die Kompetenz der Universität Bonn im Fach Philosophie besonders sichtbar zu machen und dafür eine Unterstützung zu geben, hat das folgende Gründe: Das Institut für Philosophie der Universität Bonn hat zurzeit sieben Professuren und zwei renommierte An-Institute, das Institut für Wissenschaft und Ethik und das Deutsche Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften. Sie erweitern das Angebot der Universität in Forschung und Lehre.

Das Institut und die beiden An-Institute sind jedoch auf mehrere Standorte in Bonn verteilt. Man sähe es gern – das ist ein Wunsch und würde die Attraktivität der Philosophie in Forschung und Lehre erhöhen –, gäbe es diese so vielen verschiedenen Standorte in Bonn nicht und stattdessen ein gemeinsames Haus.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich wissen wir, dass nicht allein in Bonn gute Philosophie

betrieben wird. Das gilt auch für andere Universitäten unseres Landes, wo es auch gute Forschung und Lehre in diesem Fach gibt; insofern ist Bonn nur einer von mehreren Orten.

Aber es ist der ausdrückliche Wunsch der Universität Bonn, dieses Zentrum einzurichten. Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität hat als einzige Universität in Nordrhein-Westfalen das Fach Philosophie ausdrücklich in ihren Ziel- und Leistungsvereinbarungen 2007 bis 2010 als einen Schwerpunkt genannt. Das neue Hochschulfreiheitsgesetz ermöglicht gerade Profilbildung der Hochschulen. In Bonn hat man als eine dieser Profilbildungen die Philosophie herausgestrichen. Insofern bietet die Universität Bonn beste Voraussetzungen, ein solches Zentrum zu errichten.

Wir möchten, dass unser Land die Initiative unterstützt, indem es die Namensgebung „NordrheinWestfalen“ ermöglicht. Das wird nicht zuletzt die internationale Ausrichtung dieses Zentrums erleichtern.

Aber, meine Damen und Herren, unser Antrag hat auch noch eine andere Zielrichtung: Wir möchten mit diesem Antrag noch einmal das gerade vergangene Jahr der Geisteswissenschaften ins Gedächtnis rufen.

Gerade das Fach Philosophie kann die Bedeutung der Geisteswissenschaften besonders hervorheben. Philosophie ist eine Reflexionswissenschaft und damit eine Wissenschaft, in der sich eine rationale Gesellschaft ein Wissen über sich selbst verschaffen kann. Das ist ein Gegengewicht zur Fokussierung auf Naturwissenschaften und zur Technologisierung der Welt.

In der Philosophie geht es nicht nur darum, gute Lehrer für die Schulen auszubilden, sondern es geht auch darum, Persönlichkeitsbildung für Studierende an den Universitäten zu fördern. Es geht darum, die Einheit der Wissenschaften in einem Grundlagenfach zu bündeln.

Ich erinnere an den ersten Satz in § 3 unseres Hochschulfreiheitsgesetzes. Da heißt es, Ziel der Wissenschaft sei „Erkenntnis“ – im breitesten Sinne. Diese Erkenntnis wird nicht nur in vorgegebenen Rahmensetzungen erzielt, in denen man eine bestimmte Antwort auf eine bestimmte Frage will, sondern es braucht auch den Ort, wo das größere und zusammenhängende Nachdenken institutionell und nach wissenschaftlichen Maßstäben und Rahmengebungen passiert.

Es ist natürlich auch ein Ort der Ethik für Fragen, die auch für die Politikberatung immer wichtiger werden, an dem Maßstäbe des Handelns erörtert

und reflektiert werden – nicht zuletzt für ein Thema wie die Stammzellenforschung, für das das Deutsche Referenzzentrum in Bonn ein herausragendes Institut ist.

Meine Damen und Herren, meine Redezeit ist zu Ende. Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Die jungen Leute, die die Philosophische Winterakademie mitgemacht haben, werden, egal was sie studieren, in der Philosophie und mit der Philosophie gelernt haben, dass es nicht nur auf das Know-how, sondern auch auf das Know-why ankommt, nämlich zu wissen, warum man etwas tut. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Prof. Sternberg. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Lindner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer Welt entfesselter Dynamiken und eines sich zunehmend beschleunigenden technologischen Fortschritts brauchen wir die Geisteswissenschaften, um von unserem Selbstverständnis aus auch ethisch mit diesen Entwicklungen mithalten zu können. Sie müssen die Welt erklären, sie reflektieren und die moralischen, aber auch die erkenntnistheoretischen Grundlagen für diesen technologischen und gesellschaftspolitischen Wandel bereithalten. Darauf hat dieser Tage auch Jürgen Habermas hingewiesen.

Deshalb müssen wir auch die Philosophie als erste Wissenschaft stärken. Gerade am Standort Bonn verfügen wir über ausgezeichnete Voraussetzungen; Kollege Sternberg hat darauf hingewiesen. Als ehemaliger Studierender am Philosophischen Seminar der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität kann ich auch selbst bezeugen, dass die fachliche Qualität dort in besonderer Weise vorhanden ist. Auch die Einbindung in die Wissenschaftslandschaft der anderen Institute ist in Bonn vorzüglich.

Ein Profil zu bilden und einen Schwerpunkt in einer Disziplin auszuprägen, gehört zum Normalbereich unseres Hochschulfreiheitsgesetzes. Das steht den Hochschulen offen. Bonn hat von diesen Freiheiten nicht nur hinsichtlich der Ziel- und Leistungsvereinbarungen, sondern auch, als es darum ging, einen Beitrag zur Exzellenzinitiative zu erarbeiten, hinreichend Gebrauch gemacht.

Wir begrüßen diese Bewegung in Bonn. Wenn es seitens der Hochschule den Wunsch und seitens des Landes die Möglichkeit gibt, die dort begonnene Initiative eines Zentrums für Philosophie zu

verstärken, zu begleiten und landesweit sichtbar zu machen, indem gestattet wird, „NordrheinWestfalen“ im Namen dieses Zentrums zu führen, wollen wir als FDP-Landtagsfraktion das gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen der Union sehr gerne tun.

Der Antrag ist gut. Ich werbe sehr um die Zustimmung auch der anderen Fraktionen, damit die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn diesen vorzüglichen und über das Land hinaus wichtigen Beitrag zur Begleitung der Technikwissenschaften durch das Grundlagenfach Philosophie leisten kann. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Abgeordnete Boos.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem wohlklingenden Antrag auf Einrichtung eines „Internationalen Zentrums für Philosophie Nordrhein-Westfalen“ auf Initiative der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn erweist sich die Politik von FDP und CDU einmal mehr als eine Wundertüte. Man weiß nie so genau, was noch drinnen ist und was dabei herauskommt. Genauso präsentiert sich auch dieser Antrag.

(Beifall von der SPD)

Die Geisteswissenschaften haben sich bisher nicht unbedingt großer Aufmerksamkeit der Landesregierung und der schwarz-gelben Fraktionen erfreuen dürfen. Das liegt wohl vor allem daran, dass ihr Nutzen gemessen an einem gesellschaftlichen Maßstab zwar herausragend, ökonomisch aber nur schwer zu quantifizieren ist.

Die Geisteswissenschaften beschäftigen sich aber nun einmal mit kulturellen Bedeutungszusammenhängen, mit Sinnstrukturen, mit Verstehens- und Wahrnehmungsweisen. Das hat wenig mit Dingen zu tun, die man einfach in Euro und Cent messen kann.

Zwar ist das Jahr der Geisteswissenschaften schon vorbei, aber 2008 ist das Jahr der Mathematik, die die Königsdisziplin der Geisteswissenschaften ist. Insofern sollten wir froh sein, dass man aufseiten der Koalition die Geisteswissenschaften und besonders die Philosophie wieder in Augenschein nimmt. Entsprechend liest sich ihr Antrag auf Anhieb ganz hervorragend. Teilweise haben Sie auch recht.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Na also!)

Die Universitäten in NRW gehören zu den besten in Deutschland. Die Erfolge bei der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern kommen nicht von ungefähr. Sie sind vor allem die Erfolge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die über viele Jahre grundsolide und beachtliche Rahmenbedingungen durch die Politik vorgefunden haben.

Hier zeigt sich der erste grobe logische Fehler im Antrag: Angeblich hat die Wissenslandschaft in NRW einerseits einen längeren Stillstand zu beklagen; andererseits sind die nordrheinwestfälischen Universitäten aber ganz besonders gut. Im Grunde lautet Ihre Aussage also wie folgt: Unter der früheren Landesregierung sei nichts passiert, aber trotzdem ist alles ganz hervorragend. – Diese Aussage ist nicht sinnvoll. Die Logik, die in der Philosophie auch eine wichtige Disziplin ist, lässt im Antrag ein wenig zu wünschen übrig.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Si tacuisses, phi- losophus mansisses!)

Erstaunlich ist die Forderung nach der Einrichtung eines Internationalen Zentrums für Philosophie aber auch im Zusammenhang mit der generellen Hochschulpolitik, die von Minister Pinkwart zu verantworten ist. Sie ist bisher durch den Rückzug des Staates aus einem extrem wichtigen Verantwortungsbereich geprägt. Die Hochschulen werden in allen Belangen immer mehr alleine gelassen. Jetzt soll also an dieser Stelle so konkret Aktivität vorgetäuscht werden?

Klar ist, dass wir es hier mit einem Leuchtturmprojekt zu tun haben. Es soll verdecken, dass gerade die Geisteswissenschaften extrem vernachlässigt worden sind.

Zusätzlich fehlen im Antrag zahlreiche Fakten. Er lässt notwendige Konkretisierungen vermissen. Was ist mit der Ausstattung des Instituts? Vor allem: Müsste ein solches Projekt nicht landesweit ausgeschrieben werden? – Darauf gibt es hier keine Antworten.

Nicht nur an dieser Stelle erweist sich der Griff in die Wundertüte ein weiteres Mal als Mogelpackung. Schon wieder zeigt sich: Reden und Handeln von Schwarz-Gelb weisen große Unterschiede auf. Gefordert wird, dass das Zentrum für Philosophie ein herausgehobener Ort in unserem Land sein soll. An ihm soll Spitzenforschung betrieben werden. Er könnte über internationales Renommee verfügen.

Dies sind schöne Worte, die nicht dazu passen, dass das Wissenschaftszentrum NRW mit seinem

Kulturwissenschaftlichen Institut zerschlagen wurde. Dieses KWI, das genau über die gewünschten Attribute verfügte, wurde in die Universität Duisburg-Essen integriert. Wie passt das zu dem hier und heute zu beratenden Antrag?

Nach Meinung der SPD-Fraktion versuchen Sie hier, ein Feigenblatt über Ihre verfehlte Hochschulpolitik im Allgemeinen zu decken. Dabei werden wir sicherlich nicht mithelfen.

Wir freuen uns sehr über die Erfolge nordrheinwestfälischer Universitäten. Hierbei betonen wir besonders das hohe Engagement der Forscherinnen und Forscher am Institut für Philosophie der Bonner Universität. Der Antrag weist aber Fehler auf und dient offenbar nur dazu, die eigentlichen Zielsetzungen der schwarz-gelben Politik zu verschleiern. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)