Protocol of the Session on February 20, 2008

6 Das Land muss die Kommunen bei der Schaffung von U3-Plätzen unterstützen – nicht bremsen

Eilantrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6213

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 18. Februar 2008 fristgerecht diesen Eilantrag eingebracht.

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Kollegin Asch für die antragstellende Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf will, muss ausreichende und bedarfsgerechte Betreuungsplätze schaffen. Wir müssen vor allen Dingen – das ist die familienpolitische Aufgabe – Krippenplätze schaffen. Da ist der Bedarf bei den Eltern, in den Familien am stärksten.

Nun ist in diesem Jahr genau das passiert, was wir bei den Beratungen über das KiBiz immer vorausgesagt haben, nämlich dass die Kontingentierung – diese Planungsdaten, die im KiBiz stehen – nicht ausreichend ist, um die Bedarfe der Eltern vor Ort zu decken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben erlebt, dass die Anmeldezahlen der örtlichen Jugendhilfeplanung die Zahl der Plätze, die in den planwirtschaftlichen Daten des KiBiz enthalten sind, um 17.000 übersteigen. Wir freuen uns jetzt natürlich, dass aufgrund der Öffentlichkeitsarbeit, die wir Grüne gemacht haben, und aufgrund unseres Antrags …

(Lachen von Christian Lindner [FDP] – Zuru- fe von CDU und FDP)

Herr Lindner, vor zwei Wochen habe ich in meiner Presseerklärung auf dieses Problem hingewiesen und gesagt, dass es Schreiben der kommunalen Spitzenverbände an die Landesregierung gibt, in denen die Landesregierung dringlichst aufgefordert wird, die Deckelung aus dem KiBiz zu entfernen

(Beifall von den GRÜNEN)

und in diesem Jahr die U3-Plätze, die Krippenplätze, die die Kommunen einzurichten bereit sind, mit Landesmitteln auszustatten. Darum geht es.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kern?

Bitte, lieber Walter Kern.

Bitte, Herr Kern.

Danke schön, Andrea Asch. – Ich möchte fragen, ob es richtig ist, dass wir zum Ende der letzten Legislaturperiode 11.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige hatten, was einer Quote von 2,8 % entsprach?

(Britta Altenkamp [SPD]: Nein! Das ist nicht richtig! – Weitere Zurufe von der SPD)

Lieber Kollege Walter Kern, ich spreche nicht über die Vergangenheit, sondern über die Politik, die Sie seit drei Jahren in diesem Land betreiben. Das ist mein Thema.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn Sie über die Vergangenheit sprechen wollen, können Sie das gerne tun. Ich glaube aber nicht, dass das die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land interessiert. Die interessiert, welche Politik heute für Familien, welche Politik heute für Kinder und welche Politik heute für Eltern gemacht wird, aber nicht, was vor x Jahren passiert ist.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lind- ner [FDP]: Aber man kann das doch bewer- ten!)

Wir freuen und, dass das Land jetzt bereit ist, zumindest in einem Teil nachzubessern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen wir uns klarmachen: In den Kommunen wurden 17.000 Plätze mehr angemeldet. Von diesen 17.000 Plätzen ist aber lediglich ein Teil, nämlich 6.000 Plätze, zusätzlich bewilligt. Der gesamte Mehrbedarf in der Kindertagespflege ist nach wie vor gedeckelt. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Das heißt, dass Sie interessanterweise in einem Bereich, auf den Sie immer besonderen Wert legen, offenbar nicht nachbessern wollen. Dieses Thema werden Sie auch noch mit den Kommunen auszufechten haben. Diesen Sachverhalt müssen wir feststellen.

Jetzt haben wir ja die Situation, dass Sie für dieses Haushaltsjahr offenbar eine Nachbesserung vornehmen wollen. Damit lösen Sie aber nicht das Grundproblem, das im KiBiz angelegt ist. Im KiBiz steht nach wie vor, nämlich in § 21, dass die U3Kontingente jährlich nach der Haushaltsgesetzgebung festgelegt werden.

(Minister Armin Laschet: Wie früher!)

Wenn Sie wirklich eine Verbesserung wollen, wenn Sie wirklich wollen, dass die Kommunen diese Plätze für die Eltern vorhalten können, die Sie anbieten wollen, dann müssen Sie Ihr Gesetz

ändern, dann müssen Sie dieses KiBiz, das ja noch nicht einmal in Kraft getreten ist, ändern,

(Beifall von den GRÜNEN)

weil Sie nur dann verhindern, dass wir im nächsten Jahr die identische Diskussion bekommen werden, die wir jetzt führen.

Ich weise darauf hin, dass Sie dieses Gesetz, das erst frisch verabschiedet ist, ändern müssen, wenn Sie entsprechend verfahren wollen. Diese 34.000 Plätze stehen im Gesetz.

(Minister Armin Laschet: Im Haushaltsge- setz!)

Gut, dann müssen Sie das Haushaltsgesetz ändern. Das ist alles nicht schön. Das hätte Ihnen auch früher einfallen können. Offenbar hat es aber des Druckes aus den Kommunen und aus der Opposition bedurft, damit Sie feststellen, dass Ihre Kontingentierung nicht dem Bedarf vor Ort entspricht.

(Minister Armin Laschet: Wie war es mit dem GTK?)

Meine Damen und Herren, ich kann Folgendes feststellen: Dieses Gesetz leistet nicht das, was Sie als Ziele formuliert haben. Es entspricht nicht dem Bedarf, den die Eltern vor Ort haben.

Herr Laschet, Sie haben immer wieder betont, Sie wollten das von der Bundesregierung vorgegebene Ziel erreichen, bis zum Jahr 2013 35 % des U3-Bedarfs zu decken. Das sind 160.000 Plätze. Herr Lindner, das wissen Sie genauso gut wie ich. Wenn Sie im Jahr 2008 52.000 Plätze bewilligen und finanzieren wollen, dann frage ich mich, wie Sie Ihr Ziel, im Jahr 2010 eine 20-prozentige und im Jahr 2013 gar eine 35-prozentige Bedarfsdeckung, nämlich 160.000 U3-Plätze, zu erreichen, jemals realisieren wollen. Nehmen Sie also die Kontingentierung heraus, ändern Sie Ihr Gesetz, das noch nicht in Kraft getreten ist!

Sie müssen sich auch noch mit dem zweiten Punkt, über den wir heute nicht sprechen, aber über den wir in den nächsten Wochen zu sprechen haben, der Kontingentierung bei den Ganztagsplätzen befassen. Wir haben dazu Meldungen aus den Kommunen. Frau Kastner, in der Stadt Münster, in der Sie zu Hause sind, wollen nur 5 % die 25-Stunden-Plätze. In Ihrem Gesetz steht als Planungsdatum 25 %.

(Minister Armin Laschet: Wieder falsch in- formiert!)

In Düsseldorf ist es genauso. Dort gibt es auch nur eine Bedarfsanmeldung von 5 % für die 25

Stunden-Plätze. Auch in diesem Punkt werden Sie also noch einmal deutlich nachbessern müssen, wenn die Gesamtfinanzierungsarchitektur Ihres KiBiz greifen soll.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich kann Sie nur noch einmal auffordern: Beenden Sie diese Planwirtschaft. Ändern Sie Ihr Gesetz und nehmen Sie die Kontingentierung für die U3Plätze und für die Ganztagsplätze aus dem Gesetz heraus!

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Kastner.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Rede heute mit einem innigen Dank an die Fraktion der Grünen beginnen. Die Fraktion der Grünen hat mit ihrem Eilantrag etwas getan, was wir sonst mühsam über eine Aktuelle Stunde hätten machen müssen. Sie hat dafür gesorgt, dass wir die Botschaft der Woche hier sehr laut und deutlich verkünden können.

(Beifall von der CDU)

Liebe Frau Asch, mit dem Beschluss des Kabinetts von gestern ist die Kontingentierung aufgehoben worden. Ich sage Ihnen das, falls Sie es noch nicht begriffen haben sollten.

Wir haben die Zahl der Plätze für die unter Dreijährigen nicht verdoppelt, sondern vervierfacht. Das ist ein Quantensprung. Dies verwirklicht die Wahlfreiheit für viele Familien und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir werden – auch wenn Sie das immer wieder bestreiten – nicht weniger Geld für Kinder ausgeben, sondern mehr. Wir werden bei weniger Kindern im nächsten Jahr nichtsdestotrotz für das Angebot der Tagesbetreuung von Kindern mehr als eine Milliarde € ausgeben.

Frau Asch – ich sage das auch gleichzeitig der Oppositionsfraktion der SPD –, Sie mögen so viel gegen das KiBiz schimpfen, wie Sie wollen. Die Horrorszenarien, die Sie entwickelt haben, passen nicht. Ich darf einmal ein paar Zeitungsüberschriften vorlesen: „Die Angst ist weg vor dem KiBiz“, „Der Kindergarten wird nicht teurer“, „Kindergartenbetreuung fast zum Nulltarif“. „Mehr Plätze in Kitas“ hieß es gestern aus Münster; „Stadt sieht bessere Möglichkeiten zu Ganztagsbetreuung durch das neue Kinderbildungsgesetz“. Sie haben beschworen, dass all das nicht eintreten würde.

Jetzt tritt es aber ein. Die Städte wissen mit diesem Instrument umzugehen. Sie wollen keine Planwirtschaft mehr. Ich verweise dazu einmal auf Aachen, wo gerade beitragsfreie Kindergartenjahre entwickelt werden.

(Zuruf von der SPD)