Diese Regelung werden wir daher im Einzelnen kritisch prüfen und uns gegenüber der Europäischen Kommission und der Bundesregierung positionieren.
„Es hat keinen Sinn, dass Europa streng ist, wenn das bloß die Verlagerung der Produktion in Länder bedeutet, in denen Emissionen unbegrenzt erlaubt sind.“
Ja, das heißt etwas Konkretes. Wir debattieren da nicht nur über mögliche Lohnkostenunterschiede wie im Fall Nokia, wenn sich einer davon stiehlt, sondern wir debattieren auch darüber, ob wir mit unseren Rahmenbedingungen zusätzliche Industriearbeitsplätze aus unserem Land vertreiben.
Dann nehmen wir das Beispiel der Weltklimakonferenz. Der Versuch der Europäischen Union, in den Bali-Action-Plan für die Industrieländer explizit einen Minderungskorridor von 25 % bis 40 % gegenüber 1990 aufzunehmen, scheiterte zwar am Widerstand der USA; allerdings haben sich einige Länder, die noch nicht mitmachen, verpflichtet, Verhandlungen über messbare Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung aufzunehmen.
Auf nationaler Ebene legte die Bundesregierung am 5. Dezember zum Auftakt der Vertragsstaatenkonferenz den ersten Teil eines umfassenden Energie- und Klimaprogramms vor. Nochmals, Herr Priggen: Mit 14 Gesetzen und Verordnungen wurden weltweit Maßstäbe gesetzt. Ein zweites kleineres Paket mit weiteren Rechtssetzungsvorhaben soll am 21. Mai 2008 folgen.
Die Landesregierung unterstützt die Bundesregierung auf ihrem Wege, ihre sehr ambitionierten europäischen und internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.
Wir haben bereits vier Bausteine vorgelegt. Und wir werden in diesem Frühjahr ein umfassendes Klima- und Energieprogramm für das Land erarbeiten – das möchten Sie nicht gerne hören, denn Sie fordern immer ein umfassendes Konzept, und dann picken Sie sich einen Aspekt heraus und sagen: In dem einen Aspekt steht aber leider nicht alles drin –, mit dem wir die nationalen Maßnahmen, zu denen wir uns einlassen, durch etwas ergänzen werden, was wir auf Landesseite tun können.
Aber wir müssen und werden – auch wenn es Sie stört – die Gegebenheiten des Landes berücksichtigen. Ich will die Gegebenheiten gerne noch einmal umreißen.
Ja, aber warum redet denn Herr Römer so einen Unsinn? Er sagt, die alte Landesregierung hat ein Kraftwerkserneuerungsprogramm auf den Weg gebracht, das ein Abschalten alter Anlagen nicht enthielt,
und jetzt stellt er sich hier hin und fordert: Nun machen Sie mal endlich. – Das ist doch unehrlich.
Fragen Sie doch mal die Energieversorgungsunternehmen, welche Rahmenbedingungen sich seit damals verändert haben und wie man mit diesen veränderten Rahmenbedingungen umgehen muss.
Ich will sie abgeschaltet wissen. Wir haben darauf gedrängt, dass der Plan, der überhaupt nicht rechtsverbindlich war, jetzt von uns verstärkt eingefordert wird. Denn ich sehe das Problem ebenso wie Sie. Aber tun Sie nicht so, als ob wir pennen würden! Das ist doch nicht wahr!
Nordrhein-Westfalen ist aus unserer Wahrnehmung die bedeutendste Energieregion, sowohl was die Erzeugung als auch den Verbrauch angeht. Wir haben Anbieter aller Technologien hier im Land, und wir nutzen diese auch. Das ist ein Stück Stärke, und diese wollen wir nutzen.
Es ist aber nicht so, als ob unser Land nicht von den aufstrebenden Ländern, die einen größeren Energiehunger haben als wir, bereits jetzt erheblich profitieren würde. Ich habe vorgetragen, in welchem Umfang wir gerade in diesem Feld Auftragseingänge aus dem Ausland bekommen. Das sichert Arbeitsplätze hier. Wir wollen mehr und nicht weniger Aktivitäten auf diesem Feld. Deshalb unternehmen wir zusätzliche Anstrengungen zum Beispiel in Australien, um dort die Märkte, die sich jetzt ergeben, für unsere Unternehmen zu öffnen. Ich glaube, dass das richtig ist.
Wir wollen unser Know-how gezielt nutzen, um den Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen voranzubringen und unsere weltweite Führungsposition bei der Entwicklung und Vermarktung von Energie- und Klimaschutztechnologie auszubauen; das werden Sie im Klimaschutzprogramm wiederfinden.
Ich möchte noch eine Anmerkung zur Vorlage der Kommission machen. – Sie müssen wissen, dass diese Vorlage zwei Elemente enthält, die uns nach bisheriger Bewertung sehr wehtun werden. Und ich bin sehr gespannt, ob Sie uns helfen werden, diese beiden Elemente anders zu gestalten, damit sie uns nicht so wehtun.
Das ist zum einen die Berücksichtigung von Prozesswärme. Wir eröffnen am Montag das modernste Stahlwerk mit dem modernsten Hochofen der Welt. Es erfüllt die strengsten Klimaschutzanforderungen und setzt damit weltweit eine Benchmark. Wenn die Kommission bei ihrer jetzigen Vorgabe bleibt, dass sie die endgültigen Regelungen darüber, was sie im Bereich der Prozessenergie anerkennt, erst 2010 festlegt, dann werden die nächsten Hochöfen nicht mehr hier, sondern woanders gebaut. Wollen Sie das? – Dann helfen Sie uns, wenn Sie es nicht wollen.
Zum anderen will die Kommission begrenzen – das halte ich fast für noch schlimmer –, dass man durch CO2-Reduzierung und Finanzierung von Projekten im Ausland einen Teil dessen erfüllen kann, was man hier macht. Da geht um die sehr zentrale ökonomische Frage: Reduzieren wir den CO2-Ausstoß da, wo es mit dem geringsten Aufwand möglich ist, oder verhalten wir uns so, dass wir hier am Standort Industriearbeitsplätze kaputtmachen? – Ich bin dafür, dass wir dieses neue Instrument in Zukunft eher mehr nutzen. Das eröffnet zugleich Exportchancen. Denn die Lösung in den Ländern wird wahrscheinlich mit unseren Technologien gut gelingen; ich setze darauf. Also, seien Sie nicht beruhigt, aber vielleicht gespannt auf die Vorlage.
Je kleinräumiger Sie gerade den Klimaschutz betrachten – das muss ich hier wiederholen –, desto früher haben Sie irgendwann ein CO2-freies Dorf. Dann sichern Sie aber nicht unseren Standort, von dem aus wir zum Beispiel ziemlich viel Strom exportieren; andere Elemente wie beispielsweise die Kraft-Wärme-Kopplung behandeln wir gleich bei einem anderen Tagesordnungspunkt. Dann müssen Sie sagen, ob Sie all das nicht mehr wollen. Sagen Sie, dass Nordrhein-Westfalen für sich ganz alleine dastehen und weder Export noch Import betreiben soll? Wollen Sie das alles mit Windmühlen schaffen? – Das reicht nicht.
Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Als nächste Rednerin hat nun die Kollegin Wiegand für die Fraktion der SPD das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brockes, ich frage mich: Sieht die FDP die Chan
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, aus umweltpolitischer Sicht kann ich hier nur wiederholen, was der Vorredner meiner Fraktion, Norbert Römer, bereits gesagt hat: Die Beantwortung der Großen Anfrage macht deutlich, dass die aktuelle Landesregierung die Datenlage nicht kennt und keine Konzepte hat.
Nur ein Beispiel: In meinem Nachbarwahlkreis betreibt die Entsorgungs-Gesellschaft Westmünsterland mbH, EGW, seit November 2004 eine Vergärungsanlage in Gescher/Nordvelen. Die Anlage setzt jährlich 15.000 t Biomasse um. In der Antwort auf Frage 11 unter Punkt X, Biomasse, fehlt diese Anlage komplett. Also: Die Landesregierung kennt das Land nicht.
Zur Bedeutung der Biomassenutzung sind die Fakten aber bekannt: Mit Biogas kann man Strom produzieren – das ist gut. Mit Biogas kann man Strom und Wärme produzieren – das ist besser. Diese Form der Kaskadennutzung nutzt den Energiegehalt der Biomasse optimal aus. Hierzu antwortet die Landesregierung allgemein, dass sie sehr wichtig ist. Sie verliert allerdings kein Wort dazu, wie diese auch praktisch erreicht werden kann.
Die Praxis kann ich bei mir im Wahlkreis beobachten. – Im ländlichen Raum Borken gibt es viele Biomasseanlagen; ständig kommen neue dazu.
Wo stehen diese Anlagen schon? Wo werden gerade neue gebaut? – Die Anlagen stehen mitten auf dem freien Feld, also weit weg von jeder Chance, die Wärme zu nutzen. Also nichts mit Kaskadennutzung von Biomasse! Nichts mit hoher Wertschöpfung und hoher energetischer Effizienz!
Dies kann man entweder bedauernd zur Kenntnis nehmen, oder man kann aktiv handeln. Das muss eine Landesregierung entscheiden.
Gelingt es, Anreize für mehr Kaskadennutzung zu setzen? Brauchen die Landwirte die Unterstützung, um die energetische Nutzung und die stoffliche Nutzung der Biomasse weiter zu optimieren?
Mit ihrem Dogma „Privat vor Staat“ sind staatliche Leitplanken nicht vereinbar, auch wenn sie den Landwirten und der Region helfen würden. Die Tatenlosigkeit schadet vor Ort. Auch hierfür gilt, was Herr Römer bereits ausgeführt hat: kein Konzept, keine Anreizprogramme, keine Unterstützung der Energiewirtschaft in puncto Klimaschutz durch Biomasse!
Als Vertreterin des ländlichen Raumes möchte ich Sie daran erinnern, dass gerade im ländlichen Raum ein riesiges Potenzial für Klimaschutzmaßnahmen vorhanden ist. Dabei sind die Startchancen gut. Innovative Ansätze in Sachen Biomasseanlagen gibt es von kleinen, aber feinen mittelständischen Unternehmen auch in meinem Wahlkreis. Aber auch hierbei gilt: Fehlanzeige in Sachen Unterstützung bzw. Anschubfinanzierung für den Zusammenschluss von mehreren Anlagen oder für Kaskadennutzung. Das ist nicht vorhanden und auch nicht in der Planung. Hierfür fehlen durchdachte und vor allem überregionale Konzepte.