Protocol of the Session on January 24, 2008

ein System, das sich bewährt hat, ein System, das von den Bürgerinnen und Bürgern getragen wird; mehr als 60 % der Bevölkerung lehnt die Einführung einer Einheitsschule ab,

(Beifall von der CDU und von Ralf Witzel [FDP])

fast 70 % sind gegen die Abschaffung der Hauptschule;

(Wolfgang Große Brömer [SPD]: Ach!)

das wurde vor Kurzem noch einmal durch eine Umfrage bestätigt,...

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Frau Ministerin!

Nein, ich möchte gern weiterreden.

… ein Schulsystem, das wir verbessern wollen, wo es erforderlich ist, gemäß unseren Maximen „Mehr individuelle Förderung, mehr Durchlässigkeit, mehr Freiheit und mehr Leistung;“ Verlässlichkeit ist dabei unser Prinzip.

Der von Ihnen immer wieder beschworene Zusammenhang zwischen Schulstruktur und Lernerfolg ist wissenschaftlich nicht belegt. Das sollte gerade Ihnen zu denken geben, wo Sie immer wieder auf Expertenmeinungen verweisen. Prof. Helmut Fend kennen Sie sicher noch; er war zu SPD-Zeiten der Leiter des Landesinstituts in Soest. Anfang des Jahres stellt er erstmalig wesentliche Elemente einer Langzeitstudie öffentlich vor.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die nicht reprä- sentativ ist!)

Ich zitiere aus „Die Zeit“ vom 3. Januar. Dort heißt es:

„Die Gesamtschule schafft unterm Strich nicht mehr Bildungsgerechtigkeit als die Schulen des gegliederten Schulsystems – entgegen ihrem Anspruch und entgegen den Hoffnungen vieler Schulreformer, denen ich“

Herr Fend –

„mich verbunden fühle.“

Ich nenne auch die im September 2007 veröffentlichte Studie von McKinsey. Danach sind es drei Faktoren, durch die die besten Schulsysteme charakterisiert werden:

(Sigrid Beer [GRÜNE]: An erfolgreichen Schulsystemen, die nicht sortieren!)

erstens durch die Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer, zweitens durch die Qualität des Unterrichts und drittens durch individuelle Förderung – eben nicht, meine Damen und Herren, durch die Schulstruktur.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben sie in Nordrhein-Westfalen, die Kompetenz unserer Lehrerinnen und Lehrer, und indem sie individuelle Förderung immer mehr in den Blick nehmen, wird das Konsequenzen für die Qualität ihres guten Unterrichts haben.

Dabei sind das Aufgaben für uns heute, Aufgaben für die Zukunft, und wir ergehen uns nicht in wilden Bauplänen für eine Umstrukturierung des Schulwesens.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wilde Bauplä- ne?)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung setzt auf eigenverantwortliche Schulen.

(Zuruf von Ute Schäfer [SPD])

Sehr geehrte Frau Schäfer, der Aktendeckel ist weit geöffnet. Wer anderes behauptet, ist nicht auf der Höhe der Zeit.

(Beifall von CDU und FDP – Ute Schäfer [SPD]: Lesen Sie keine Zeitung?)

Das Land gibt den Rahmen vor. Nur so können Chaos und Durcheinander verhindert werden.

(Beifall von der FDP)

Eigenverantwortliche Schulen entwickeln ihr eigenes pädagogisches Profil. Sie gestalten den Unterricht und das Schulleben unter Berücksichtigung des lokalen und regionalen Umfeldes weitgehend selbstständig. So können beispielsweise Schulen selbst über die Aufhebung des 45Minuten-Rhythmus entscheiden. Sie können die

Ziele der innerschulischen Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung festlegen. Sie können selbst entscheiden, wie die grundlegenden gesetzlichen Vorgaben erfüllt und umgesetzt werden.

Sie können vor Ort passende Regelungen der Lehrerarbeitszeit beschließen. Sie können über die Einführung des Lehrerraum-Prinzips oder des Klassenraum-Prinzips entscheiden. Und dies, meine Damen und Herren, sind nur wenige Beispiele, die jetzt eigenverantwortlich umgesetzt werden. Ich erhoffe mir dadurch wichtige Impulse, die von anderen Schulen ebenso aufgegriffen werden können.

Meine Damen und Herren, die zügige Weiterentwicklung der eigenverantwortlichen Schule bietet auch den Kommunen viele Möglichkeiten zur konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Land. Die Vernetzung der Schulen in den Bildungsregionen wird gestärkt. Es wird entsprechende Vereinbarungen mit den Kreisen und kreisfreien Städten zur Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von regionalen Bildungsnetzwerken geben. Ich freue mich, wenn die Kommunen, wie dies bereits vielerorts der Fall ist, hier ihre Verantwortung verstärkt wahrnehmen.

Reden Sie also bitte nicht die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen schlecht, meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen! Diese Zusammenarbeit funktioniert. Ich erinnere nur daran, dass Lehrerstellen auch für die Besetzung mit Sozialarbeitern geöffnet werden, dass die schulpsychologische Versorgung neu gestaltet wird.

Vergegenwärtigen Sie sich die vielen Facetten der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen im Ganztagsbereich der Primarstufe sowie in der Qualitätsoffensive Hauptschule. Diese Beispiele belegen, dass es bereits eine enge und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Land und Kommunen vor Ort gibt.

Und auch die sich verändernden Schülerzahlen haben wir sehr wohl im Blick. Das geltende Schulgesetz bietet flexible und pragmatische Lösungen, um insbesondere auch auf sinkende Schülerzahlen zu reagieren. Das Engagement von Kommunen in diesem Rahmen begrüßen wir ausdrücklich.

Lassen Sie uns die Felder der Kooperation von Land und Kommunen bei der Unterstützung der Schulen jeweils im Einzelfall aushandeln und erweitern. Die Gemeinden als Schülerträger organisieren das örtliche Schulangebot in eigener Zuständigkeit und Verantwortung. Im Rahmen der

Vorgaben des Schulgesetzes sind sie berechtigt, Schulen zu errichten, fortzuführen, zu ändern und aufzulösen. Der Rahmen für das schulorganisatorische Handeln der Gemeinden war, ist und bleibt das vom Landtag verabschiedete Schulgesetz.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, Freiheit ist nicht die Freiheit zu tun, was man will. Sie ist die Verantwortung, das zu tun, was man tun muss. Und dafür steht die schwarz-gelbe Landesregierung.

Meine Damen und Herren, ich kann es mir am Ende nicht verkneifen, meinen Kolleginnen von Bündnis 90/Die Grünen wörtlich zu sagen: Ich liebe Ihre oft symbolische und facettenreiche Sprache. Das ist auch ein Anspruch an den Redner, der darauf reagieren kann. Aber man muss manchmal auch die ganze Breite dessen im Blick haben, was man sagt: Die Farbe Lila, Frau Löhrmann. Ich zitiere jetzt den Volksmund, das ist nicht meine eigene Meinung. Sie haben gesagt: Die Farbe Lila ist die Farbe der Frauen. Es ist die Farbe für den letzten Versuch. Man könnte ergänzen: Es ist die Farbe

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Der katholi- schen Kirche!)

der Kirchen. Aber leider ist die Farbe Lila auch die Farbe der Gestörten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP – Michael Solf [CDU], der eine lila Krawatte trägt: Frau Mi- nisterin! – Ingrid Pieper-von Heiden [FDP] zeigt auf ihr lila Kleid. – Heiterkeit – Zurufe)

Danke schön, Frau Sommer.

(Zurufe – Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, wenn alle lila Farbkleckse gefunden sind, kann ich dem nächsten Redner, Herrn Große Brömer von der SPDFraktion, das Wort geben.

(Weitere Zurufe – Heiterkeit – Anhaltende Unruhe – Glocke)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss die Unruhe jetzt unterbrechen, weil die Zeit schon läuft. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass die Farbe Rot die Farbe der Liebe ist. Nehmen Sie deswegen unseren Antrag, unsere Redebeiträge auch liebevoll auf, auch wenn sie gleich etwas ernster werden sollten.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Schwarz ist Umnachtung!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Löhrmann hat eben von einem letzten Versuch bei ihrem Antrag gesprochen. Frau Löhrmann, ich hoffe, das war nicht so ernst gemeint. Denn das Allerletzte, was wir in der bildungspolitischen Diskussion gebrauchen können, wäre eine Kapitulation vor den Blockierern.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)