Ich halte hier ein Eingreifen des Innenministeriums für dringend geboten, um diese Abschiebepraxis zu stoppen. Herr Minister, es reicht aus meiner Sicht nicht aus, in Stellungnahmen beispielsweise gegenüber dem Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen, der sechs problematische Einzelfälle dokumentiert hat, oder in der Antwort auf meine Kleine Anfrage, in der ich ebenfalls Einzelfälle dokumentiert habe, zu betonen, dass in den angesprochenen Fällen die Rückführungen in rechtlich einwandfreier Art und Weise durchgeführt worden seien. Das mag alles legal sein, was dort passiert.
Aber ist es auch legitim, Herr Minister, Kranke abzuschieben und die Abschiebung nur unter dem Aspekt zu betrachten, jemanden lebend von A nach B zu transportieren, Familien zu trennen, bewusst Kinder in unmögliche Situationen zu bringen? Vor allem kritisiere ich jedoch die nächtlichen Überfallkommandos, durch die die Menschen aus dem Schlaf gerissen werden.
Wir fordern Sie auf, die Ausländerbehörden zu verpflichten, den Informations- und Kriterienkatalog vom Dezember 2004 umzusetzen und geltend gemachte Krankheiten gewissenhaft durch die jeweiligen Fachärztinnen und Fachärzte überprüfen zu lassen.
Wir fordern Sie auf, dass diese Abschiebungen in jedem Einzelfall ernsthaft abgewogen und humanitäre Standards bei der Abschiebepraxis geachtet werden.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger fordern wir. Herr Innenminister, werden Sie tätig und machen Sie dieser Abschiebepraxis in unserem Land endlich ein Ende!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussionen zur Ausländerpolitik insgesamt, aber vor allem zur Vollziehbarkeit der Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer werden sehr häufig bei uns im
Land emotional geführt. Sie, Frau Kollegin Düker, haben dazu gerade ein weiteres Beispiel geliefert.
Immer wieder wird, und zwar aus unterschiedlichen Gründen, eine sogenannte Altfall- oder Bleiberechtsregelung gefordert, um ausreisepflichtigen Ausländern ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Aus meiner Sicht empfiehlt es sich nicht, in Veranstaltungen, die ja von vielen Menschen besucht werden, zu Einzelfällen Stellung zu nehmen, weil dazu die Kenntnis der Aktenlage, sprich des vollständigen Vorganges notwendig wäre. Ich erwähne dies deswegen, Frau Kollegin Düker, weil Sie in Ihrem Antrag genau solche Einzelfälle aufgeführt haben, die schon längst von den Behörden dieses Landes und von den Gerichten abgearbeitet sind. Im Übrigen haben Sie zu einem dieser Einzelfälle am 6. Juli 2005 eine Kleine Anfrage gestellt, die Ihnen am 17. August 2005 aus meiner Sicht im Vergleich zu früheren Arbeitsabläufen relativ zügig sowie außerordentlich erschöpfend und umfassend beantwortet worden ist; ich verweise auf die Drucksache 14/109.
Von daher ist Ihr Antrag, Frau Kollegin Düker, überflüssig. Dies vor allem auch deswegen, weil die Punkte, die Sie unter „IV. Handlungsbedarf“ anführen, weitgehend durch die Gerichte entschieden sind, insbesondere durch einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2004. Ich erinnere daran - das gehört mit in diese Debatte -, dass es nicht Aufgabe eines Parlaments ist, Urteile und Beschlüsse von Gerichten zu kritisieren und damit in die verfassungsrechtlich geschützte Unabhängigkeit der Gerichte einzugreifen.
Wir werden mit der neuen Landesregierung, Frau Düker, darauf achten, dass die Rechtsvorschriften in der ausländerrechtlichen Praxis beachtet werden.
Ich finde es abenteuerlich, dass Sie die Vorgehensweise der Ausländerbehörden im Land Nordrhein-Westfalen - so haben Sie es gerade formuliert - als „nächtliche Überfallkommandos“ bezeichnen. Das ist eine schlimme Sprache, die Sie hier verwendet haben.
Die im Zuwanderungskompromiss niedergelegte Grundentscheidung, die wir ja in einem mühsam erarbeiteten Kompromiss auf Bundesebene erzielt haben, ist für uns sowohl in der Praxis der Aus
Aufgrund der Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes sind die Ausländerbehörden grundsätzlich verpflichtet, den Aufenthalt ausreisepflichtiger Ausländer zu beenden, wenn diese ihrer Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht freiwillig nachkommen. Das ist die Rechtslage. Die Erfüllung ist nicht einfach.
Lassen Sie mich zu Abschluss, weil die Redezeit zu diesem Antrag außerordentlich knapp ist, einen Aspekt ansprechen, der aus meiner Sicht ebenso wichtig ist: Die CDU-Fraktion hat in der vergangenen Legislaturperiode deutlich gemacht, dass wir großen Handlungsbedarf bei der Integration dauerhaft und rechtmäßig in Nordrhein-Westfalen lebender Ausländer sehen. Wir haben die Integrationsoffensive betrieben. Wir haben das erste Integrationsministerium in Deutschland eingerichtet.
Unsere Regierungspolitik wird sich nicht im Schönreden, im Wegschauen, im Verharmlosen und in der Tabuisierung von Besorgnis erregenden Fehlentwicklungen erschöpfen. Wir werden in der Regierung vielmehr eine aktive Politik betreiben, um diese Menschen zu unterstützen und ihnen zu helfen, in der deutschen Gesellschaft und in der Arbeitswelt möglichst gut Fuß zu fassen.
Ihr Antrag, Frau Düker - ich wiederhole es -, ist überflüssig, weil die Fälle von den Gerichten entschieden und abgearbeitet worden sind
und weil Ihre Fragen durch die Antwort der Landesregierung ausreichend und erschöpfend für Sie beantwortet worden sind. Deswegen ist Ihr Antrag abzulehnen.
(Beifall von der CDU - Monika Düker [GRÜ- NE]: Das hat doch nichts mit Gerichten zu tun! Es geht um Ermessen! - Zuruf von Jo- hannes Remmel [GRÜNE])
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Grünen greift eine Problematik auf, die sich - das müssen wir ehrlich zugeben - in der Regel abseits der Öffentlichkeit abspielt. Deswegen ist es gut,
Es ist unbestritten und klar, dass gesetzliche Ausreiseverpflichtungen, sofern ihre Erfüllung nicht freiwillig erfolgt, von den zuständigen Ausländerbehörden durchgesetzt werden müssen, wenn im Einzelfall keine Abschiebungshindernisse vorliegen. Ich gebe auch gerne zu: Es kann sicherlich Gründe geben, weshalb Abschiebungen außerhalb der üblichen Tageszeiten vorgenommen werden müssen.
Jetzt ist der Fall eingetreten, dass uns nach den letzten Sammelabschiebungen in NordrheinWestfalen zunehmend alarmierende Berichte aus einigen Städten und Kreisen des Landes erreichen,
nach denen Gesetze in einer Art und Weise vollzogen wurden, die zu großem menschlichen Leid geführt hat.
Deswegen möchte ich im Namen des gesamten Hauses sagen können, dass bei jedem Gesetzesvollzug die Beachtung der Menschenwürde und der Grundrechte nicht aus dem Blick geraten darf.
Das gilt besonders dann, wenn Familien mit Kindern betroffen sind. Es ist - dass muss jeder, auch Sie, Herr Kollege, zugeben - problematisch, wenn Familien bei Abschiebungen getrennt werden, wenn es dazu kommt, dass schlaftrunkene Kinder aus den Betten geholt werden, nachts in Autos gesetzt werden und frühmorgens in einem Flugzeug sitzen, das sie in ein fernes Land und eine Umgebung bringt, die ihnen völlig fremd ist.
Die Abschiebungen zu kostengünstigen Flugzeiten sind sicherlich die eine Seite, jedoch dürfen die humanitären Aspekte dabei nicht außer Acht bleiben.
Inzwischen gibt es eine Erklärung, eine klare Absprache zwischen dem Kirchenkreis, dem Hochsauerlandkreis und der Kreisverwaltung, wonach der Kreis jetzt nachgegeben hat und zugesteht,
dafür sorgen zu wollen, dass solchen Härten, wie sie durch nächtliche Abschiebungen entstehen, in Zukunft vermieden werden. Das liegt, so glaube ich, im Interesse des ganzen Hauses und stellt einen Gesetzesvollzug dar, der so weit in Ordnung ist.
Die vom Innenministerium herausgegebene Checkliste bietet darüber hinaus bei Abschiebungen eine wichtige Orientierung.
Ich will noch einen weiteren Punkt nennen: Ich halte es nicht für hinnehmbar - das ist auch in der letzten Zeit eingetreten -, dass Betroffenen im Sicherheitsbereich von Flughäfen anwaltliche Unterstützung verwehrt wird. Das ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Das darf nicht sein. Es darf in einem Rechtsstaat keinen rechtsfreien Raum geben - auch nicht im Sicherheitsbereich des Frachtflugteils internationaler Flughäfen, über die diese Abschiebungen abgewickelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Abschiebungen sind die Ultima Ratio. Sie stehen am Anfang einer Entscheidung, die einem hier lebenden Ausländer sagt: Du darfst nicht in Deutschland bleiben. Du musst zurück in dein Heimatland.
von Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, die teilweise seit über zehn Jahren hier leben, die einen Arbeitsplatz haben, deren Kinder bei uns geboren wurden und die in deutsche Kindergärten und Schulen gehen. Jeder von uns hat wohl in seinem Wahlkreis einen solchen praktischen Fall vor Augen.