Protocol of the Session on December 19, 2007

Sie müssen ganz klar bekennen, dass Sie hier kürzen wollen. Das entlarvt in besonderer Weise Ihr Hauptargument – im Grunde genommen das einzige Argument –, was Sie für das KiBiz ins Feld führen können, dass nämlich angeblich 150 Millionen € mehr zur Verfügung stehen – in den Haushaltsberatungen waren es ja auf einmal noch mehr –, wobei Herr Lindner sich mit fremden Federn geschmückt und den Bundeszuschuss auch noch als eigene Leistung hineingerechnet hat.

(Christian Lindner [FDP]: Ich habe ihn doch als Bundeszuschuss ausgewiesen!)

Es ist die wundersame Geldvermehrung. Das hilft Ihnen aber alles nichts.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Was passiert? An dieser Stelle und durch dieses Vorgehen haben Sie einmal mehr das bereits schon stark strapazierte Vertrauen aller Kindergartenträger verspielt. Diese haben durch den ganzen chaotischen Prozess KiBiz – rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln –, durch gefundene Konsense, die keine waren, durch das Sprachstandserhebungsverfahren, was Sie revidieren müssen, durch das Zertifizierungsverfahren für die Familienzentren, das Sie revidieren müssen usw. sowieso kein Vertrauen mehr in diese Landesregierung. Jetzt legen Sie nach und nehmen noch einmal 40 Millionen € aus dem Etat heraus.

(Minister Armin Laschet: Das wissen sie doch!)

Das bedeutet: Die Verunsicherung der Träger wird steigen.

(Minister Armin Laschet: Das steht doch im Haushalt!)

Von einem seriösen Handeln dieser Landesregierung geht kein Mensch mehr aus.

Dann kommt es dazu, dass die katholischen Träger sagen: Wir können unsere Einrichtungen auf dieser Grundlage nicht weiterführen. Auf dieser Grundlage können wir sogar unsere Erzieherinnen nicht weiterbeschäftigen. Wenn wir keine Garantie bekommen, dass das Geld bis Ende März fließt, müssen wir die Erzieherinnen entlassen. – Dazu trägt dieses unseriöse und unverantwortliche Handeln Ihres Hauses bei.

Das bedeutet im Klartext: Die Träger, die wir dringend brauchen, um die Infrastruktur aufrechtzuerhalten und die Infrastruktur für den U3-Bereich auszubauen, werden uns von der Stange gehen. Herr Laschet, das haben Sie ganz konkret mit Ihrer Politik zu verantworten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Lindner, ich habe erwartet, dass Sie jetzt kommen und sagen, Sie setzen nur das fort, was Rot-Grün gemacht hat.

(Christian Lindner [FDP]: Das ist die Wahr- heit!)

Ich möchte noch einmal wiederholen: Rot-Grün das in einem Haushalt gemacht.

(Minister Armin Laschet: In zwei! In zwei!)

Sie haben Ihren Wahlkampf wortreich mit der Aussage bestückt, diese Belastung der Träger werde unter Ihrer Regierungszeit natürlich zurückgenommen. – Sie machen nun das Gegenteil davon.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Jetzt, wo Sie die Chance hätten, wo es Ihnen sozusagen unbewusst unterlaufen ist, könnten Sie dieses Versprechen endlich einmal einhalten. Sie tun es aber noch nicht einmal an dieser Stelle.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Ich kann Ihnen sagen: Es gibt nur eine Lösung, um das ruinierte Vertrauen der Träger wiederherzustellen: Geben Sie dieses Vorhaben auf und kürzen Sie nicht noch ein weiteres Mal um 40 Millionen €, sondern lassen Sie den Haushalt einfach so stehen! – Die Belastung für die Eltern, für die Träger und letztendlich auch für die Kinder ist in diesem Haushalt groß genug.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Asch. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann sind wir am Schluss der Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/5743 an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf:

14 Gründung einer Stiftung der gleichgeschlechtlichen Selbsthilfe unterstützen

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/5578

Entschließungsantrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/5843

Ich eröffne die Beratung und erteile als erstem Redner Herrn Ratajczak von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit etwa 7 % der Bevölkerung stellen homosexuelle Menschen in Nord

rhein-Westfalen eine zahlenmäßig starke Bevölkerungsgruppe. Das entspricht ungefähr 1,2 Millionen Menschen. Umgerechnet ist jeder 14. Bürger bzw. jede 14. Bürgerin in Nordrhein-Westfalen homosexuell. In Köln sind es vielleicht ein paar mehr, aber im Schnitt ist das so.

Schwulen und Lesben haben heute noch viele Hindernisse zu überwinden, um sich offen zu bekennen oder ihre Homosexualität zu leben. Vielen gleichgeschlechtlich empfindenden Frauen und Männern fällt der Weg oft schwer, sich zu outen, weil sie in ihrer Umgebung ein Klima erleben oder vermuten, in dem sie nicht verstanden oder akzeptiert sind oder sich fühlen und in dem ihnen die in dem Zusammenhang ganz wichtige Vertrauensbasis fehlt.

Unsere Gesellschaft hat diese Lebensform und die Stärke dieser Lebensgemeinschaften noch nicht hundertprozentig erkannt. Es ist noch immer traurige Realität, dass die Selbstmordrate vor allem bei homosexuellen Jugendlichen viermal höher ist als bei ihren heterosexuellen Freundinnen und Freunden. Der Grund ist oftmals eine Außenseiterrolle, sind Probleme zu Hause, in der Schule oder im Betrieb. Ihr Umfeld ist oft schlecht über Homosexualität informiert.

Nicht besonders hilfreich sind an dieser Stelle zudem etwas verstaubte Ansichten einiger Gesellschaftsgruppierungen. So wurde beispielsweise erst 1992 das Thema „Homosexualität als Erkrankung“ von der WHO-Liste gestrichen.

Noch heute ist es schwulen Männern nach einer Richtlinie zur Gewinnung von Blutbestandteilen verboten, Blut zu spenden. Hier werden wir im Zusammenhang mit Drogenabhängigen, Prostituierten und Häftlingen genannt. Moralisch und in Zeiten knapper Blutkonserven und modernster Analysetechniken ist dieses Verbot aus meiner Sicht völlig überholt.

Es ist durchaus leichter geworden. Das ist gar keine Frage. Es ist aber immer noch nicht einfach. Das Wort „outen“ ist längst in die Alltagssprache eingegangen. Doch so leicht wie uns das Outen in alltäglichen Situationen über die Lippen kommt, ist das Coming-out für junge Menschen noch immer nicht. Die Erwartung, dass einen das Umfeld plötzlich mit völlig anderen Augen betrachten könnte, wirkt für viele junge Menschen beängstigend. In dieser Situation stehen ihnen inzwischen zunehmend Selbsthilfegruppen, Vereine und Verbände helfend zur Seite.

Um solche Hilfeleistungen und darüber hinaus wichtige Initiativen wie Altenprojekte, Projekte zur Akzeptanzförderung und gegen Gewalt zukünftig

noch besser abzusichern, möchten engagierte Bürgerinnen und Bürger die Arcus-Stiftung gründen, die fehlenden öffentlichen Mittel für diese und vor allen Dingen für neue Projekte ergänzen und verlässliche Strukturen in diesem Bereich schaffen.

Dieses Vorhaben nach dem Vorbild der deutschen AIDS-Stiftung unterstützen wir als CDUFraktion natürlich gerne. Die Aidshilfe ist durch das außerordentliche Engagement ihres Initiators Rainer Jarchow zu einem Erfolgsmodell geworden, auch wenn man das vor einem relativ traurigen Hintergrund sehen muss. Auch bei deren Gründung vor 20 Jahren war das Land NRW ebenfalls maßgeblich beteiligt. Bis heute hat die Stiftung bereits nahezu 27 Millionen € für Projektförderung zur Verfügung gestellt.

Mit der Unterstützung dieses Engagements können wir privaten Einsatz für das Gemeinwohl stärken. Es geht dabei nicht in erster Linie um den finanziellen Beitrag des Landes NordrheinWestfalen. Die Landesregierung soll vielmehr – so sehen wir unseren Antrag zunächst – im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe vor allem das bei ihr bereits vorhandene Know-how beisteuern und der Stiftung partnerschaftliche Zusammenarbeit anbieten.

Ich bin sicher, dass die professionelle Herangehensweise der Gründer schnell dazu beitragen wird, dass die Stiftung ein großer Erfolg für uns alle wird. Ich freue mich sehr, dass wir die Gründung der Arcus-Stiftung mit der Initiative der Regierungskoalition unterstützen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke, Herr Ratajczak. – Für die FDP spricht Kollege Lindner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Bürgerrechtspartei ist die FDP seit jeher gesellschaftlichen Benachteiligungen und Diskriminierungen entgegengetreten. Auch im Bereich der gleichgeschlechtlich Liebenden haben wir uns dafür engagiert, dass solche Lebensentwürfe die Akzeptanz erfahren, die sie verdienen.

Es war uns deshalb ein Anliegen, diesen politischen Ansatz hier in Nordrhein-Westfalen in Regierungsverantwortung zu verwirklichen, und wir können uns glücklich schätzen, dass das politische Ziel, der Diskriminierung von Homosexuellen entgegenzuwirken, Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat.

Trotz der schwierigen Lage des Landeshaushalts ist es den Koalitionsfraktionen gelungen, überproportionale Kürzungen der Landesförderung für die gleichgeschlechtliche Selbsthilfe abzuwenden. Dort sind die Mittel nur so zurückgefahren worden, wie das in anderen Programmen ebenfalls vorgesehen war.

Jetzt können wir feststellen, dass die engagierten Ehrenamtler die Zeit und die finanzielle Sicherheit durch die Förderung des Landes genutzt haben, ihre Strukturen weiterzuentwickeln, fachlich neue Akzente zu setzen und sich in noch stärkerem Maße um privates zusätzliches Kapital zu bemühen, um zu einer größeren Unabhängigkeit vom Landeshaushalt zu kommen. Ich will ausdrücklich sagen: „Größere Unabhängigkeit vom Landeshaushalt“ heißt nicht, dass das Land auf seine notwendige Mitfinanzierung verzichten sollte. Aber angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung dieser Aufgabe ist es mit Sicherheit erforderlich, in der Zukunft weitere Mittel zu gewinnen.