Die Wachstumsraten der Reallöhne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern können mit den Wachstumsraten der Managerbezüge nicht mehr
Schritt halten. Von 2005 bis 2006 haben die Manager der DAX-Firmen einen Einkommenszuwachs von 16 % verzeichnen können, während die Reallöhne rückläufig waren. Das Durchschnittseinkommen der Manager der DAX-Firmen liegt in diesem Jahr bei 2,5 Millionen € pro Jahr.
Gleichzeitig gibt es in unserer Gesellschaft immer mehr Menschen, die Hartz-IV-Aufstocker sind. Das sind Menschen, die, obwohl sie den ganzen Tag arbeiten gehen, von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können. Das ist der Skandal, den die Menschen thematisieren. Sie sagen: Das ist ungerecht!
Diese Entwicklung wird, fürchte ich, nicht ohne Folgen bleiben. Die Fliehkräfte in unserer Gesellschaft nehmen zu. Der Glaube an die soziale Marktwirtschaft nimmt rapide ab. Die Menschen glauben nicht mehr, dass unser Wirtschaftssystem in der Lage ist, für eine gerechte Verteilung von Einkommen zu sorgen.
Das Misstrauen richtet sich ausdrücklich gegen die Manager, die jeglichen Bezug zur Realität verloren haben bzw. die diesen Bezug gar nicht erst hatten. Ich nenne das unanständig.
Das hat – das empfinden viele Menschen – mit Leistung nichts mehr zu tun. Keiner ist tausendfach besser als die Mitarbeiter in seinem Unternehmen; kein Mensch kann so viel besser sein!
Es hat auch nichts mehr mit Leistung zu tun, wenn Manager mehr als 10.000 € pro Stunde verdienen; auch da fehlt jeglicher Bezug zur Leistung. Auch das muss man in dieser gesellschaftlichen Diskussion offen sagen dürfen.
Aber für die Menschen ist weitaus schlimmer, dass es keine wirkliche Abhängigkeit von Leistung gibt. Manager gehen doch meistens überhaupt nicht ins Risiko. Wenn es daneben geht, sind sie über Versicherungen abgesichert. Nein, wenn sie den Laden ruinieren, gehen sie noch mit dicken Abfindungen nach Hause, während die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen. Das ist die Ungerechtigkeit, die die Menschen in diesem Land empfinden!
Allzu oft sind in den letzten Jahren Manager nicht wegen ihrer guten Leistung hoch bezahlt worden – das finden die Menschen noch in Ordnung –, sondern trotz ihrer schlechten Leistung.
Wir in Nordrhein-Westfalen haben das in guter Erinnerung. Denken wir einmal an BenQ. Was ist da passiert? Siemens entledigt sich der Managementprobleme, die sie auf diesem Feld hatten, indem an einen Investor aus Taiwan die Telekommunikationssparte verkauft wird: aus den Augen, aus dem Sinn!
Ein Jahr später macht dieser Investor, nachdem er das Geld herausgesogen hat, den Laden dicht. Just zu dem Zeitpunkt, als die BenQ-Insolvenz angemeldet wurde, wollten sich die Vorstände der Siemens AG die Bezüge um 30 % erhöhen lassen.
So weit ist es nicht gekommen. Nein, die gesellschaftliche Debatte hat das verhindert. Auf diesen Druck hat Siemens reagiert. Ich fürchte allerdings, dass diese Gehaltserhöhung nur verschoben und nicht aufgehoben worden ist.
Was die Menschen allerdings ärgert, ist, dass dieses Debakel Siemens round about 100 Millionen € gekostet hat. Der Aktienkurs geriet unter Druck. Das Image war beschädigt. Von den 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei BenQ suchen heute immer noch 900 einen Job. In rund zwei Wochen läuft die Transfergesellschaft aus. Dann stehen diese Menschen bei den Arbeitsagenturen. Sie sind die Leidtragenden dieser Entwicklung!
Was passiert mit dem Chef von Siemens? – Herr Kleinfeld hat zwar gut ein Jahr später den Hut nehmen müssen. Er hat allerdings – so will ich es mal sagen – einen vergoldeten Hut zum Abschied bekommen, nämlich 5,75 Millionen € an Abfindung. Er ist jetzt bei einem anderen Dow-Jonesgelisteten Unternehmen tätig. Er hat noch ein Handgeld von 6,5 Millionen € und eine Umzugspauschale von 1,2 Millionen € bekommen.
Meine Damen und Herren, ob er sich jemals gefragt hat, wie viele Arbeitsplätze allein mit diesen 10 Millionen € bei BenQ hier am Standort in Nordrhein-Westfalen hätten gesichert werden können? Ob er sich jemals diese Frage gestellt hat?
Das sind Situationen, in denen die Menschen den Glauben an unser Wirtschaftssystem verlieren. Das ist – so glaube ich – Anlass genug, auch hier
in unserem Kreis darüber zu diskutieren, wie wir diesen sozialen Verwerfungen einen Rahmen entgegensetzen können. Diesen Rahmen müssen und sollten wir heute diskutieren.
Wir brauchen diese Debatte, damit die Manager in die Diskussion hineingezogen werden. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, reden doch sonst so viel über Ethik und Moral. Dann heben Sie doch an dieser Stelle einmal den Zeigefinger! Hier wäre es angebracht.
Wir brauchen diese Diskussion aber auch, um den Aufsichtsräten und denen, die in diesen Gremien sitzen, Rückendeckung zu geben. Auch dafür brauchen wir diese Diskussion in der Gesellschaft und in der Politik.
dass in den Aufsichtsräten auch Mitglieder der SPD und der Gewerkschaften sitzen. Ja, das ist so. Aber diese Menschen brauchen die gesellschaftliche und politische Debatte, damit sie dort in ihrer Einflussnahme unterstützt werden. Deshalb müssen wir hier über diese Dinge diskutieren.
Heute ist der Ministerpräsident leider nicht da. Er hat versucht, sich dieser Debatte zu entziehen. Das nehme ich ihm schon übel. Denn dieser Spagat, sich in die Schlagzeilen bringen zu wollen, ohne sich gleichzeitig zu positionieren, hat ihn in einen dicken Fettnapf treten lassen. In den „Ruhr Nachrichten“ vom 5. 12. führt er aus – ich zitiere –: „Wenn wir die Tarifautonomie ernst nehmen, dürfen wir die Gehälter von Managern nicht festlegen“. – Da ist viel Unwissenheit drin.
Diese Unwissenheit unterstelle ich ihm nicht. Aber er hat mit Absicht versucht, sich hier nicht zu positionieren, um niemandem auf die Füße zu treten, und das ist der eigentliche Skandal in dieser Debatte.
Ich kann es Ihnen gerne geben, Herr Weisbrich. Das ist ein Zitat von ihm. Er weiß doch, dass das nichts mit Tarifautonomie zu tun hat. Denn Managergehälter sind nun wahrlich außertariflich und
Was wir in diesem Feld brauchen, ist Transparenz. Wir müssen über wirkliche Transparenz, über Vergleichbarkeit, über Veröffentlichungen, über Antrittsprämien, Umzugsprämien, Immobilien, die mitgeliefert werden, und Aktien, die dazugehören, reden.
Wir haben zwar eine Veröffentlichungspflicht, aber diese bezieht sich lediglich auf das aktuelle Jahr. Wo sind die Vergleichszahlen? Wo sind die Wachstumsraten? – Damit bringt man eine Diskussion in Gang. Dafür müssen wir – auch über gesetzliche Vorschriften – den Rahmen setzen. Das ist unsere Aufgabe in der Politik.
Der wichtigste Punkt, den wir regeln müssen, ist folgender: Es muss Schluss damit sein, dass Abfindungen – und ich rede hier von überzogenen Abfindungen – steuerlich abgesetzt werden können und letztendlich die Allgemeinheit in Fällen von Herrn Schrempp und anderen diese Abfindungen bezahlt. Dort hat Unfähigkeit Unternehmen ruiniert, und am Ende werden dicke Abfindungen gezahlt, damit man die Leute loswird. Es darf nicht sein, dass über steuerliche Absetzbarkeit auch noch die Bürgerinnen und Bürger diese Abfindungen mit bezahlen!
Ich weiß, dass das nicht einfach ist; das wissen wir. Da muss man aber ran. Mit den jetzigen steuerrechtlichen Regelungen wird es allerdings schwer. Dann muss man das Steuerrecht eben neu gestalten. Wir in der SPD wollen uns auf den Weg machen. Wir haben auf Bundesebene über das Präsidium eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Wir werden bei diesem Thema nicht lockerlassen. Denn diese gesellschaftliche Diskussion wird laufen.
Diese Arbeitsgruppe ist letzte Woche eingesetzt worden, Frau Thoben, und das Ergebnis werden Sie zur Kenntnis bekommen. Wir tun was. Sie tun nichts. Das ist der Unterschied.
Zwischenfrage gestellt, aber Sie waren zu schnell vom Pult weg, als dass er Ihnen die Frage hätte stellen können.