Ich bitte Sie, auch das leise zu tun, damit der nachfolgende Redner Gelegenheit hat, in Ruhe zu denjenigen, die bleiben wollen, zu sprechen.
4 Bundesratsinitiative des Landes NRW zur Einführung eines generellen Tempolimits von 130 km/h auf deutschen Autobahnen
Intelligente Verkehrsleitsysteme für Klimaschutz und Verkehrssicherheit – Kein Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen
Ich eröffne die Beratung. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Becker das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal finde ich es bemerkenswert, dass wir diese Debatte auch deswegen neu führen können, weil ein Parteitag – in diesem Fall der Parteitag einer Regierungspartei im Bund – einen richtigen Beschluss gefasst hat – ich sage das auch ganz bewusst am Anfang meiner Ausführungen –, einen im klaren Licht der vorliegenden Fakten aus meiner Sicht richtigen Beschluss. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass Sie alle zusammen dort nicht etwas ohne Faktenwissen beschlossen haben.
Die Fakten, meine Damen und Herren – auch in Richtung FDP und CDU und Verkehrsminister –, liegen in der Tat klar auf dem Tisch: Ein Tempolimit ist ein wirksamer und preiswerter Beitrag zum Klimaschutz –
entgegen allen Behauptungen –, mit dem sich Sprit sparen lässt. Das liegt glasklar auf der Hand, wenn man sich ein wenig mit den physikalischen Tatsachen beschäftigt.
Das wird ganz deutlich, wenn Sie sich einmal folgende Fakten vor Augen führen: Ein Auto, das 180 km/h fährt, verbraucht – je nachdem, um welches Auto es sich handelt, beispielsweise um einen Porsche Cayenne – 60 l auf 100 km. Wenn Sie sich mit einem BMW Turbo Diesel, einem 535d, bei 220 km/h bewegen, haben Sie immerhin – bei einem Diesel! – noch über 20 l Spritverbrauch auf 100 km. Dass das mit einem vernünftigen Klimaschutz nicht zu verbinden ist, liegt meiner Meinung nach auf der Hand.
Also: Nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums werden durch ein Tempolimit 2,5 Millionen t klimaschädliches Kohlendioxid pro Jahr eingespart. 2,5 Millionen t entsprechen im Übrigen 7 bis 8 % des durchschnittlichen Spritverbrauchs bzw. der Emissionen, die hier vom Autoverkehr auf Autobahnen jedes Jahr ausgestoßen werden.
Meine Damen und Herren, das ist aber auch aus einem anderen Grund wichtig. Der Umweltminister hat, weil die Bundesregierung mit der Bundeskanzlerin an der Spitze ein Klimaschutzziel für 2020, nämlich eine Reduktion von 40 %, ausgegeben hat, in den letzten Tagen ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das mit den einzelnen Maßnahmen optimistisch gesehen eine Reduzierung der klimaschädlichen Gase um 35 bis 36 % hinterlegt. Wenn wir die 40 % erreichen wollen, dann sollten wir uns um jedes Prozent mühen und sollten alle Maßnahmen einsetzen, die möglich sind. Das Tempolimit ist eine solche Maßnahme.
Aber die Fakten, die für ein Tempolimit sprechen, liegen auch aus einem anderen Grund auf dem Tisch. Sie alle wissen, dass die Unfallzahlen auf Autobahnen zwar niedriger sind als auf dem Rest der Straßen, aber immer noch sehr hoch. Wir verzeichnen nach wie vor über 600 Tote durch Unfälle auf Autobahnen. Wir haben übrigens auch da erstmals seit dem letzten Jahr wieder eine steigende Zahl.
Wenn man das einmal nachhält, stellt man fest, dass auf den Autobahnabschnitten, die ein Tempolimit haben, unterproportional viele Tote zu ver
zeichnen sind, obwohl genau diese Autobahnabschnitte Unfallschwerpunkte sind. Das heißt, wir haben unterdurchschnittlich viele Tote aus Verkehrsunfällen auf den Abschnitten mit Tempolimit und überproportional viele Tote auf den Abschnitten ohne Tempolimit.
Wenn man sich die Zahlen ansieht, die zum Beispiel in Brandenburg Ihr Verkehrsminister, ein Verkehrsminister der SPD, jetzt im November vorgestellt hat, dann wird man finden: Das Durchschnittstempo – nicht mit LKW, denn das liegt bei ungefähr 118 oder 120 km/h – aller PKW liegt bei ca. 138 km/h. Das heißt ganz deutlich: Es wird insgesamt zu schnell gefahren. Die Risiken, die ich eben beschrieben habe, sind da. Die Fakten liegen auch hier klar auf dem Tisch.
Meine Damen und Herren, ich will an wenigen anderen Punkten festmachen, was noch für ein Tempolimit spricht.
Lärmschutz spricht ganz klar für ein durchgängiges Tempolimit auf den bundesdeutschen Autobahnen. Ein einziger PKW, der 160 km/h fährt, macht so viel Krach wie zwei PKW, die jeweils 130 km/h fahren.
Folgendes spricht ebenfalls für ein Tempolimit – auch das ist durch die Studie in Brandenburg nachgewiesen worden –: Wenn wir die Tempi auf den Autobahnen verstetigen, wenn wir also die Spitzen kappen, dann wird der Durchfluss auf den Autobahnen um 15 % erhöht. Gerade für ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen, das sich immer wieder mit Staus auseinandersetzt, wäre es ein hohes Ziel, mit dieser einfachen und wirksamen Maßnahme Staus zu verhindern,
Die Uhr wird gestoppt in der Zeit. Da brauchen Sie keine Befürchtung zu haben. – Herr Burkert hat jetzt das Wort. Bitte schön, Herr Burkert.
Herr Becker, Sie nannten vorhin ein Fahrzeug, das bei höherer Geschwindigkeit 60 l auf 100 km verbraucht. Wird dieses
Fahrzeug bei Tempo 130 zum Sparwunder? Oder haben Sie damit die These vertreten, dass man den Bau dieser Fahrzeuge verbieten sollte, weil wir dann Ihrer Meinung nach wahrscheinlich diese Probleme nicht hätten?
Ich antworte Ihnen natürlich sehr gerne auf diese Frage, weil ich für Vorlagen immer dankbar bin, Herr Kollege. Ich bin der Meinung, dass man einen Porsche Cayenne nicht verbieten sollte. Ich halte den allerdings für ein Auto, das einem Dinosaurier gleichkommt und aussterben sollte.
Um das einmal ganz deutlich zu sagen: Ein Auto, welches bei Tempo 260 66 l Sprit auf 100 km verbraucht – diese Zahl ist verbrieft; die ist nicht von mir, sondern die ist wissenschaftlich belegt –, ist gesamtgesellschaftlich gesehen eigentlich eine Zumutung. – Das ist die erste Bemerkung, die ich gerne machen möchte.
Zweite Bemerkung: Nein, ich bin nicht für verbieten. Ich bin aber dafür, dass ein solches Auto steuerlich drastisch mehr belastet wird.
Ich bin dafür, dass ein solches Auto für Firmen in keiner Form mehr steuerlich absetzbar sein sollte, dass diese Vergünstigung absolut zu streichen ist. Ich bin dafür, dass der Staat mit allen Regularien jenseits von Verboten dafür sorgt, dass solche Autos Stück für Stück aus dem Straßenverkehr verschwinden.
Ich will Ihnen eine weitere Antwort auf Ihre Frage geben. Wenn jemand schon mit einem solchen Auto fährt, ist es selbstverständlich wünschenswert, dass er dann 130 km/h fährt und 20 l pro 100 km verbraucht, statt im wahrsten Sinne des Wortes über die Autobahn zu heizen, das Klima aufzuheizen, indem er mehr als 60 l verbraucht. Das ist die Antwort, die ich Ihnen gerne darauf geben möchte.
Meine Damen und Herren – auch der SPD –, die Fakten liegen vor. Insofern – seien Sie mir nicht böse, ich muss Ihnen das so deutlich sagen –: Wir brauchen heute kei
Was wir auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse Ihres Brandenburger Kollegen und aller Fachliteratur zur Unfallforschung, zur Klimaforschung und zu vielem anderen brauchen, sind Handeln und klare Beschlüsse. Folgen Sie Ihrem Parteitag. Wenn ich das so offen sagen darf: Schwiemeln Sie sich nicht weg. Das wäre schön am heutigen Tag. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Lehne das Wort.