Meine Damen und Herren, lassen Sie uns aber – wie Sie auch angeregt haben – einen Blick in die Sonderauswertung für unser Land aus der 18. Sozialerhebung der Studentenwerke werfen. Diese Erhebung wird alle drei Jahre durchgeführt. Jetzt haben wir einen Vergleich der Daten von 2006, unserer Bildungspolitik, und 2003, Ihrer Hinterlassenschaft. Man sieht zum Beispiel, dass der Anteil der Studierenden aus einer – wie man es da nennt – „niedrigen sozialen Herkunftsgruppe“ von 13 % im Jahr 2003 auf 15 % in 2006 gestiegen ist. Beim BAföG spiegelt sich das noch deutlicher wider: Von den etwa 415.000 Studenten in Nordrhein-Westfalen bezogen zum Erhebungszeitpunkt 22 % BAföG. Das ist mehr als im Bundesdurchschnitt und vor allem eine Steigerung von 2006 zu 2003 um drei Punkte bzw. 16 %.
Der BAföG-Höchstsatz, der bald 649 € beträgt, liegt dann allerdings immer noch weit unter dem Durchschnittseinkommen der – übrigens mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren meines Erachtens deutlich zu alten – Studierenden in Nordrhein-Westfalen, das erstaunliche 803 € gegenüber 770 € im Bundesdurchschnitt beträgt. Das ist
Den BAföG-Höchstsatz bekommen nur die Studierenden, die eine eigene Wohnung führen. Dass der Anteil der Elternwohner, also derjenigen, die bei ihren Eltern wohnen, mit 25 % in NordrheinWestfalen weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 16 % liegt, ist ein Relikt der falschen Wissenschaftspolitik Ihrer Regierungen, meine Damen und Herren der Opposition, die Hochschulen als regionale Bildungseinrichtungen begriffen und diese nicht fit gemacht haben für einen Wettbewerb um gute Studierende von überall her.
Nun aber zu Ihrer Anregung, die Studienbeiträge abzuschaffen – ich gehe gerne auf die Studienbeiträge ein, Frau Gebhard –: Nicht die Studienbeiträge sind das Problem, sondern es waren die unverantwortlichen Zustände in der Lehre an unseren Hochschulen. Wir haben angesichts der Finanzlage des Landes in sozial verantwortbarer Weise dafür gesorgt, dass den Hochschulen deutlich mehr Mittel für die Lehre zur Verfügung stehen. Wenn es etwa für einen Romanistik- oder Germanistikstudenten an einer unserer Universitäten nicht möglich war, ein Studium in der vorgesehenen Regelstudienzeit zu absolvieren, sondern er bei bestem Fleiß gezwungen war, zwei Semester mehr zu studieren, weil er die Seminare und Vorlesungen nicht bekam, dann war das ein Verbrechen an dem Studenten. Das war das Problem.
Ganz nebenbei sind die Lebenshaltungskosten für solche zwei Semester höher als die gesamten Studiengebühren für ein zehnsemestriges Studium.
Die Studierenden sind auch keineswegs so schlicht, wie Sie meinen. Sie gucken keineswegs einfach nach dem Preis. Sie sagen nicht: Ich gehe nach Kiel, weil es in Kiel billig ist. – Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine Hochschule, die nicht 500 € nimmt: Die zweitgrößte Universität des Landes, die Universität Münster, nimmt 275 €. Es ist aber keineswegs so, als hätte es in diesem Jahr einen riesigen Run auf die Universität Münster gegeben, weil es dort 225 € pro Semester billiger ist. Nein, im Gegenteil: Die Zahlen für Münster sind sogar ziemlich schlecht. Woran liegt das? Die Studierenden wollen an eine Hochschule, von der sie wissen, dass sie ihr Studium dort mit Einsatz
und Fleiß in einer angemessenen Zeit ordentlich abschließen können. Das ist der Wunsch der Studierenden.
Meine Damen und Herren, es gibt übrigens die erste Hochschule in Nordrhein-Westfalen, die Fachhochschule Münster, die einen Fonds aus Studienbeiträgen eingerichtet hat, mit dem sie selber ein eigenes Stipendienwesen einrichtet – eine hoch interessante Maßnahme, die sehr zu empfehlen ist.
Meine Damen und Herren, Studienbeiträge haben durchaus viel mit BAföG zu tun. Wir haben die Studienbeiträge gedeckelt. Kein Studierender hat nach seinem Studium mehr als 10.000 € Schulden.
Das sind 5.000 € weniger als in anderen Ländern. BAföG-Empfänger sind bereits ab einem BAföGZuschuss von 330 € im Monat effektiv von Studienbeiträgen freigestellt. Das ist nur in NordrheinWestfalen so.
Auch da gibt uns der Sozialbericht wieder eine Auskunft, die mir allerdings zu denken gibt. 20 % der Befragten antworten nämlich auf die Frage, warum sie keinen Antrag auf BAföG stellen, sie möchten keine Schulden machen. Hier ist erhebliche Informationsarbeit zu betreiben, in welcher Weise es verantwortlich ist, durch den Bezug des BAföG und die Nachlagerung der Studienbeiträge eine überschaubare Schuldengröße von 10.000 €, die erst in dem Moment rückzahlbar ist, in dem ein entsprechendes Einkommen vorliegt, einzugehen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch einen Hinweis geben: Zwei Drittel der Studierenden attestieren ihren Eltern, dass sie sie, so gut sie können, unterstützen. Es heißt im Bericht: „Die größere finanzielle Zurückhaltung der Eltern bei der Studienfinanzierung ihrer Kinder wird durchaus akzeptiert.“ Diese Zurückhaltung ist nicht etwa Eigensinn der Eltern. Das ist das Problem, das wir in Deutschland als Mittelstandsloch bezeichnen; denn eigentlich sind nicht die Anspruchsberechtigten auf den BAföG-Höchstsatz das Problem, sondern die Eltern, die aufgrund ih
Herr Schultheis, das werfe ich Ihnen vor. Sie wussten ganz genau – auch bei der miesen Wahlkampfkampagne 2005 –, dass Annette Schavan von der „Korblösung“ gesprochen hat, die jeder Wissenschaftspolitiker diskutiert, um das BAföG elternunabhängig zu machen.
Frau Seidl, Sie haben davon gesprochen, und Herr Lindner hat davon gesprochen. Das war immer das Thema. Darüber werden wir uns natürlich Gedanken machen müssen.
Aber, meine Damen und Herren, über die BAföGErhöhung der Regierung Merkel freuen wir uns alle. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Gebhard, Sie haben hier gestern leider nicht intensiv und aufmerksam genug die Regierungserklärung und die damit verbundene Debatte verfolgt,
sonst wüssten Sie, dass das, was Sie zum Thema Bildungschancen und soziale Herkunft vorgetragen haben, absolut unhaltbar ist.
Sie haben am Ende Ihrer abgelaufenen rotgrünen Regierungszeit kurz vor Ihrer Abwahl hier in Nordrhein-Westfalen selber in amtlichen Landtagsdrucksachen publiziert, dass bei der Kernkompetenz für junge Menschen zur Teilhabe an Bildung und im Leben, nämlich der Lesekompetenz, in keinem anderen Bundesland der Zusammenhang zwischen Bildungschancen und sozialer Herkunft so groß ist wie in Nordrhein-Westfalen. Das ist Ihre „Pleiten, Pech und Pannen“-Bilanz.
Wir sorgen dafür, dass in Nordrhein-Westfalen zukünftig die Leistung die entscheidende Variable ist, wenn differenziert wird.
Bei Ihnen gab es früher beim Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule die Möglichkeit für vermögende Eltern, die Grundschulübergangsempfehlung wegzuwerfen und ihr Kind gegen jeden fachlichen Rat an der gewünschten Schule anzumelden.
Wir objektivieren das Verfahren. So etwas geht bei uns nicht mehr. Bei uns gibt es keinen zügellosen Elternehrgeiz. Bei uns müssen die Kinder, die von ihrer Schule eine andere als die gewünschte Grundschulempfehlung ausgestellt bekommen,