Protocol of the Session on November 14, 2007

von denen wir alle wissen, dass sie ins krude Elend führen und nicht in eine Zukunft.

(Beifall von CDU und FDP – Ralf Jäger [SPD]: Wir sind die fünfte Kolonne Moskaus! Ich weiß!)

Ich will das auch beweisen. Sie haben hier den gesetzlichen Mindestlohn verlangt. Es ist unglaublich leicht,

(Heike Gebhard [SPD]: Marxistische Ver- hältnisse in ganz Europa!)

bei den Menschen das Gefühl zu erwecken, dass es, wenn sie eine bestimmte Lohnhöhe pro Stunde nicht erreichen, nicht in Ordnung ist. Wer arbeitet, muss selbstverständlich einen gerechten Lohn bekommen. Mindestlöhne in einer Größenordnung anzusetzen, die der Markt und die Arbeitgeber nicht mehr hergeben, wird hoch wahrscheinlich zu Arbeitslosigkeit führen. Wir setzen nicht darauf, dass der Staat Löhne gesetzlich festlegt, sondern darauf, die Tarifvertragsparteien und die Tarifpartnerschaft zu stärken und, wo es notwendig ist, branchenspezifisch zu arbeiten, wie es Karl-Josef Laumann in Nordrhein-Westfalen tut. Das ist der richtige Weg; man kann nicht mit dem Rasenmäher durch die Tariflandschaft fahren.

(Beifall von CDU und FDP – Ralf Jäger [SPD]: Frau Merkel ist weiter als Sie! – Rai- ner Schmeltzer [SPD]: Wir haben doch Tarif- verhandlungen bei der Post! – Weitere Zuru- fe von der SPD)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben in der ersten Hälfte dieser Legislaturperiode gut gearbeitet. Der Fahrplan für die zweite Hälfte steht.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wie bei der Deut- schen Bahn!)

Der Ministerpräsident hat ihn vorhin vorgestellt.

Wir machen Politik mit Sinn. Sinngebend für unser politisches Handeln ist ein Prinzip, das gleichermaßen auf das konservative wie auf das liberale wie auf das christlich-soziale Denken zurückgeht, das in der Tradition aller drei Strömungen fußt. Dieses Prinzip ist das Subsidiaritätsprinzip. Es besagt: Was der Einzelne, die Familie, die kleine Gruppe oder die kleinere Gemeinschaft aus eigener Kraft lösen kann, muss ihr überlassen bleiben. Umgekehrt gilt: Die größere Gemeinschaft hat der kleineren, wenn sie der Unterstützung bedarf, zu helfen, damit sie tatsächlich die Aufgaben wahrnehmen kann.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Dann finanzieren Sie doch endlich das Schulmittagessen!)

Dieses Prinzip liegt sowohl der Landesverfassung als auch den europäischen Verträgen als auch dem Grundgesetz zugrunde. Wenn Sie eine Messlatte an unsere Politik der letzten zweieinhalb Jahre anlegen – das können Sie auch in Zukunft tun –, werden Sie feststellen, dass dieses Prinzip durchgehender Maßstab unseres politischen Handelns ist.

Der Ministerpräsident hatte darauf hingewiesen, dass wir den Hochschulen die Freiheit gegeben und ihnen alle Aufgaben übertragen haben, die sie aus eigener Kraft lösen können. Ich bin sicher: Sie werden sie besser lösen können

(Beifall von CDU und FDP)

als schurigelt zu werden über ein Ministeriums, dem Sie, Frau Kraft, einmal vorgestanden haben.

Wir verlagern Verwaltungsaufgaben auf Kommunen und Landkreise, weil sie dort bürgernäher und effektiver wahrgenommen werden können. Wir stärken die Schulen in ihrer Eigenständigkeit, weil die Schulen vor Ort um Längen besser wissen, was pädagogisch notwendig und sinnvoll ist, als Bezirksregierungen oder ein Ministerium.

(Beifall von der CDU – Widerspruch von Ute Schäfer [SPD])

Die Liste dieser Beispiele ließe sich deutlich verlängern. So sieht Zukunftspolitik aus.

(Ute Schäfer [SPD]: Nein, so sieht sie nicht aus!)

Sie funktioniert nicht von oben herab, sondern mit den Menschen vor Ort in unserem Land.

Das lässt in Nordrhein-Westfalen eine Kultur der Freiheit, eine heimatverbundene Weltoffenheit, eine Bürgerlichkeit in ihrem ursprünglichen Sinne und ein solidarisches Miteinander wiedererstehen. Leitbild unserer Politik ist es, allen Menschen bestmögliche Chancen für ihre Entfaltung zu geben und ihnen nicht von oben herab vorzuschreiben, was gut oder was weniger gut ist. Das unterscheidet im Übrigen auch Christliche Demokraten und Sozialisten: Sie denken vom Staat zum Bürger, wir denken vom Bürger zum Staat.

(Ralf Jäger [SPD]: Gerade haben Sie noch von Marxisten gesprochen, Herr Stahl!)

Nach dem Erfolg der ersten Phase unserer Politik gehen wir unseren Weg tatkräftig weiter. Der Ministerpräsident hat einen Ausblick auf die Arbeit gegeben, die uns in der kommenden Zeit fordern wird. Dabei hat die Landesregierung unsere volle Unterstützung.

Darüber hinaus wird die CDU als stärkste Fraktion in diesem Landtag Akzente einer zukunftsweisenden Politik setzen, entsprechende Konzepte erarbeiten und weiterentwickeln.

(Zuruf von der SPD: Das ist ja mal was Neu- es!)

Zukünftig werden wir uns verstärkt um Optionen familienintegrierender Erwerbsarbeit kümmern.

Wir werden erkunden, wie man Wohnen, Familie und Erwerbsleben wieder enger zusammenbringen und die Trennung aufheben kann, die die Industriegesellschaft erzwungen hat.

Wir werden uns um die Inhalte kümmern, die in unseren Bildungseinrichtungen vermittelt werden, um Werte, um die Qualität dessen, was Schulen und andere Bildungseinrichtungen unter dem Vorzeichen einer Wissensgesellschaft und einer globalisierten Welt zu vermitteln ist.

Wir werden uns mit der Zukunft der beruflichen Bildung auseinandersetzen. Wir wollen die berufliche Bildung stärken und darüber auch den Zugang zur Hochschule verbreitern. Wir wollen für qualifizierte Facharbeit auch in Zukunft sorgen.

Wir werden uns auch dem Boden widmen. Jeder, der einmal mit Ökonomie zu tun hatte, weiß, dass er eine Renaissance erfährt. Jahrelang haben wir Flächen stillgelegt; jetzt geht es darum, neue Ansprüche bei knapper werdenden Ressourcen zu befriedigen. Das gilt für die Nahrungsmittelproduktion und die Energiegewinnung. Zugleich werden wir Sorge dafür tragen, dass der Naturschutz und die Artenvielfalt erhalten bleiben. Dieses Verhältnis neu zu justieren und neu in Übereinstimmung zu bringen ist eine Zukunftsaufgabe, der wir uns stellen werden.

Wir werden uns stärker um die Dörfer und die Städte in ländlichen Räumen kümmern. Hier leben 60 % der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

(Ute Schäfer [SPD]: Die Menschen werden erleichtert sein!)

Das sind 60 % der Menschen, die einen Anspruch darauf haben, dass ihre Interessen stärker berücksichtigt werden.

Wir werden uns auch um das Thema innere Sicherheit kümmern; das hat der Ministerpräsident ausgeführt.

Für diese Legislaturperiode kommt jetzt die zweite Luft. Wir werden engagiert und konsequent für unser Land weiterarbeiten. Ich bin sicher: Wenn wir uns den Bürgerinnen und Bürgern 2010 erneut zur Wahl stellen, werden wir eine herausragende Bilanz vorzuweisen haben:

(Beifall von CDU und FDP)

Die Bilanz einer Politik, die Nordrhein-Westfalen wieder zum Aufsteigerland gemacht hat, durch die unmittelbare Erfolge am Arbeitsmarkt sichtbar werden, durch die familiengeführte mittelständische Unternehmen neue Perspektiven erkennen, durch die gerade für Kinder sogenannter bildungs

ferner Schichten mehr Bildungschancen gegeben sind.

Und dann werden wir aussichtsreich erneut für eine Politik mit Sinn werben – mit einem Sinn, wie ihn die Bürger verspüren: Ad multos annos! Auf viele Jahre erfolgreiche Arbeit!

(Lang anhaltender lebhafter Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Stahl. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Papke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ministerpräsident unseres Landes Nordrhein-Westfalen hat heute mit Fug und Recht eine überaus erfolgreiche Zwischenbilanz unserer gemeinsamen Regierungsarbeit gezogen: Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren erkennbar gute Jahre für NordrheinWestfalen.

Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen Ihnen, Herr Ministerpräsident,

(Michael Groschek [SPD]: Erst einmal dan- ken!)

zunächst einmal im Namen der FDP für die hervorragende Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren sehr herzlich Dank sagen.

(Beifall von FDP und CDU)

Ich erwidere sehr gerne den Dank, der von Helmut Stahl an unsere Fraktion gerichtet war.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie müssten ei- gentlich rot werden!)

Wir haben auch zwischen den Koalitionsfraktionen hervorragende Diskussionen über den besten Weg zu unseren gemeinsamen Zielen erlebt. Da ist man nicht immer einer Meinung. Das ist halt so in einer guten Partnerschaft, und das wird auch in den nächsten zweieinhalb Jahren so bleiben.

(Michael Groschek [SPD]: Herr Pinkwart ist schon in Deckung gegangen!)

Aber wir haben immer gemeinsame Positionen bezogen bei der Umsetzung dessen, was wir den Menschen in Nordrhein-Westfalen versprochen haben. Lieber Herr Stahl, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, das werden wir in den nächsten zweieinhalb Jahren genauso wie in der erfolgreichen ersten Phase unserer Zusammenarbeit halten.