Protocol of the Session on November 14, 2007

(Beifall von den GRÜNEN – Carina Gödecke [SPD]: Richtig!)

Tatsächlich mussten die zentralen Prüfungen in diesem Jahr innerhalb von 28 Tagen durchgeführt werden. Die Lehrer werden zu Downloadern. Das Ganze artet in Symbolpolitik aus. Es findet in dieser Zeit auch keine Qualitätssicherung im Unterricht mehr statt, weil wir uns in einem Prüfungsmarathon befinden. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum genau in diese Zeit auch noch die Lernstandserhebungen fallen müssen, Frau Ministerin.

Das heißt, wenn wir hier im Sinne der Schüler handeln – ich glaube, es ist immer das Anliegen

der Ministerin gewesen, dass wir zum Wohle der Schüler handeln –,

(Frank Sichau [SPD]: Das hat sie zumindest gesagt!)

dann müssten wir an diesem Punkt dafür sorgen, dass Qualitätssicherung für die Schulen möglich ist – das heißt, wir dürfen Lehrer und Lehrerinnen nicht überfordern – und dass Schüler und Schülerinnen nicht zusätzlich in ein Prüfungsfieber hineinkommen. Das heißt aber auch konkret für die Schulen: Es muss, wenn man verantwortlich planen will, eine Entzerrung der Prüfungstermine stattfinden.

Niemand braucht die Lernstandserhebungen am Ende eines Schuljahres. Die können am Anfang des Schuljahres stattfinden, die können mittendrin sein; dann geben sie auch noch zusätzlich Rückmeldung. Die zentralen Prüfungen müssen stattfinden, aber auch hier könnte es eine Entzerrung geben.

Wenn Sie sich die Belastungen von Lehrern und Lehrerinnen anschauen – ich weiß das sehr gut, weil ich etliche Lehrer und Lehrerinnen im Freundeskreis habe –, dann stellen Sie fest, dass die in der Zeit der Lernstandserhebungen keine Zeit finden, sich privat zu treffen. Außerdem klagen sie ständig über ein Burn-out-Syndrom. Auch das ist eine entscheidende Frage, mit der wir uns im Landtag beschäftigen müssen: Wie gehen wir eigentlich mit Lehrergesundheit um?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Auf diese Frage haben Sie bisher keine ausreichende Antwort gegeben. Was tut die Landesregierung zum Wohle der Lehrer und Lehrerinnen, damit deren Leistungsfähigkeit erhalten wird?

Also: Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu und sind der Meinung, dass es überfällig ist, dass hier etwas passiert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Jetzt hat der Kollege Witzel für die Fraktion der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt bestimmte Dinge im Leben, die einfach logisch sind, so zum Beispiel, dass Abschlussarbeiten am Ende eines Schuljahres stattfinden. Es gibt vieles, was bei der Planung einer Schule im Jahresablauf – auch für die Prüfungstermine – vorgegeben ist.

Ich würde die Redner der Opposition sehr bitten, nicht nur eine theoretische Fiktion zu betrachten,

(Frank Sichau [SPD]: Eine praktische!)

wie dicht eine Prüfungsfolge sein könnte, wenn tatsächlich irgendwo in der Praxis jedwede Form von Prüfung an jeder Schule stattfinden würde.

So ist es ja ganz ausdrücklich nicht. Längst nicht an jeder Schule wird jedes Fach unterrichtet und geprüft. Längst nicht überall gibt es mündliche und schriftliche Prüfungen. Nachschreibetermine sind auch nur Reservetermine für die Schüler, die es in ganz wenigen Einzelfällen betrifft. Gleiches gilt für Abweichungsprüfungen. Längst nicht alle Unterrichtsfächer mit zentralen Prüfungsterminen werden an jeder Schule angeboten.

All das, was man hier theoretisch hochrechnen könnte und was von den Verbänden in Modellrechnungen vorgetragen wurde – es könnte fiktiv zu einer Situation kommen, wo innerhalb des Prüfungskorridors an 90 % der Tage irgendetwas zur Prüfung anstünde –, wird in der Praxis von keiner Schule erreicht. Auch das ergibt die Logik.

Wir haben für Entlastungsinstrumente gesorgt. Insofern ist es sehr schön, dass Sie sich auch der Korrekturlehrerproblematik annehmen, derer, die jedes Jahr 1.000 Klassenarbeiten und Klausuren korrigieren. Wir haben als Opposition in der letzten Legislaturperiode viele Vorstöße dazu unternommen. Da lag Ihnen das noch nicht am Herzen. Jetzt haben wir es als Koalition der Erneuerung in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht. Die Korrekturlehrer, die bis zu 1.000 Klassenarbeiten und Klausuren im Jahr bearbeiten müssen, haben Entlastungstage.

Es gibt natürlich, wenn zentrale Prüfungselemente hinzukommen, die die bisherigen „normalen“, nicht zentralen Prüfungen und Klassenarbeiten ersetzen, auch eine automatische Entlastung. Parallelarbeiten sind entfallen.

Mit dem Arbeitszeitmodell – Stichwort „Mindener Modell“; das hatten wir als Koalition schon vor einiger Zeit in den Landtag eingebracht – haben wir realistisch Perspektiven eröffnet, um für eine gerechtere Verteilung der Arbeitsbelastung zu sorgen. Uns ist vollkommen klar, dass abhängig von der jeweiligen Fächerkombination der Korrekturaufwand der Lehrerkollegen unterschiedlich ausfällt. Dem wollen wir auch in sachgerechter Weise Rechnung tragen.

Eines will ich aber auch ganz ausdrücklich sagen, damit diese Debatte keine Schieflage bekommt: Es geht darum, die Debatte im Grundsatz zu führen. Zentralprüfungen sind an sich wichtig und richtig

und sollten auch nicht durch vorgeschobene Vorwände in ihrer Wirkung und Notwendigkeit relativiert werden. Das gilt für Lernstandstests, das gilt für die Mittelstufenprüfung und das Zentralabitur, so wie wir nach der Neuordnung – da sind wir ja ausdrücklich Wünschen entgegengekommen, wie wir in den Jahrgängen die Lernstandstests in der Schullaufzeit zukünftig verteilen – ein, glaube ich, insgesamt konsistentes und schlüssiges Modell gefunden haben.

Insbesondere die Mittelstufenprüfung ist sehr wichtig. Die hatten Sie überhaupt nicht auf dem Radar. Beim Zentralabitur haben Sie ja bereits in der letzten Legislaturperiode geblinkt. Aber die Aufwertung der mittleren Bildungsabschlüsse – dass sich Ausbildungsbetriebe darauf verlassen können, dass das Gütesiegel, der Stempel eines mittleren Bildungsabschlusses, mit dem jemand bei ihnen eine Lehrstelle antritt, landesweite zentrale Standards repräsentiert – ist für Kernfächer in der Tat wichtig, wenn wir auch nur über dringend notwendige Qualitätsverbesserungen im Bildungsbereich reden, meine Damen und Herren.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Verdrehung der Ge- schichte!)

Deshalb geht dieser Antrag in eine völlig falsche Richtung. Er relativiert die Notwendigkeit von mehr Gerechtigkeit, von mehr Vergleichbarkeit auch in der Notengebung,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: So was Peinliches habe ich am späten Abend noch nicht ge- hört!)

weil er die zentralen Prüfungselemente der Landesregierung mit Skepsis und Kritik etikettiert.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Da sage ich Ihnen ganz ausdrücklich: Es ist auch eine Frage des pädagogischen Verständnisses. Dass es auch in der Erbringung von Leistungen Verdichtungen gibt, ist uns bewusst. Das gehört für uns aber ausdrücklich zur Qualitätsverbesserung hinzu. Mehr Qualität und mehr Standards, das ist im Sinne der Kinder und nicht gegen die Interessen, gegen das Wohl der Kinder. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Als nächste Rednerin hat nun Frau Ministerin Sommer für die Landesregierung das Wort. Bitte, Frau Ministerin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns heute Abend noch einmal Luft holen!

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Die Schulen sollen Luft holen!)

Wir müssen auch Luft holen. Frau Kollegin Beer, auch Sie kommen nicht ohne Luft aus.

(Heiterkeit und Beifall von CDU und FDP)

Frau Hendricks hat es eben gesagt und ich kann ihr zustimmen: Wir brauchen auf der einen Seite Freiräume für die Schule, auf der anderen Seite brauchen wir aber auch – das ist genauso natürlich – Standards,

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Standards, die ländervergleichend sein müssen, die auch dokumentieren, auf welcher Qualitätsebene sich unsere Schülerinnen und Schüler befinden.

Durch die zentralen Prüfungen hatten wir eine völlig neue Situation. Dass eine terminliche Enge besteht, das weiß ich auch. Aber auch bei dem frühen Termin der Sommerferien ist es unseren Lehrerinnen und Lehrern gelungen, diese Aufgabe glänzend zu meistern. An dieser Stelle möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen vor Ort einfach mal danken.

(Beifall von CDU und FDP)

Nun zu der Belastung. Ich kenne auch Zahlen, die beispielsweise der Philologenverband aufgeworfen hat. Da heißt es: Annähernd 40 von 44 Tagen waren Schulen mit Prüfungen befasst. Das kann man rein rechnerisch so festlegen, muss dann aber auch hinzufügen, welche wundervolle Schule das wohl ist, denn sie wird dann alle Fächer prüfen lassen müssen. Da hätte beispielsweise von Chinesisch bis Neugriechisch alles vorhanden sein müssen. Zudem hätten alle Haupt- und Nachschreibetermine erfasst werden müssen. Ich glaube, das ist ein wenig zu weit gegriffen.

Wir haben – das müssen wir bei unserem Bestreben konstatieren; ich weiß um die problematische Situation – letztlich Probleme, diese enge Terminierung zu verändern. Denn wir unterliegen wirklich einigen Bedingungen, die man nicht außer Acht lassen darf.

Abschlussarbeiten auf das Ende eines Schuljahres zu legen – sonst wären sie keine Abschlussarbeiten –, ist erforderlich, da sie dazu dienen, abzuprüfen, was im letzten Jahr behandelt worden ist.

Die Durchführung der Lernstandserhebung – das haben Sie eingefordert – in Klasse 8 folgt leider länderübergreifenden Vereinbarungen in den Gremien der Kultusministerkonferenz. Es ist also nicht so, dass wir sie festlegen könnten. Es ist aber Auftrag eben auch der Kultusminister, darüber wirklich ausführlich zu reden.

Wegen der notwendigen Bindung der Lernstandserhebungen an die Standards der Kernlehrpläne ist eine Durchführung möglichst zeitnah zum Schuljahresende hin erforderlich.

Frau Hendricks, Sie haben eben betont, es gehe um Schülerinnen und Schüler – selbstverständlich –, aber es geht auch um so etwas wie Lehrer- und Lehrerinnengesundheit. Ich denke, wir haben einiges an Entlastungsmechanismen eingebracht. Ich darf Ihnen ins Gedächtnis rufen: Wir haben die Zahl der Klassenarbeiten in Klasse 8 um je eine Klassenarbeit pro Unterrichtsfach ab dem Schuljahr 2006/2007 reduziert. Zur Erinnerung und damit Sie nicht immer sagen, wir würden all das, was Sie getan haben, vergessen: Die Zahl der Klassenarbeiten war bereits ab dem Schuljahr 2004/2005 in den Klassen 9 und 10 um je eine Klassenarbeit verringert worden.

Es werden keine Parallelarbeiten mehr in den Klassenstufen 7 und 10 durchgeführt.

Das Halbjahresende in der Jahrgangsstufe 13 ist auf den letzten Schultag vor den Weihnachtsferien vorverlegt worden.

Eine gestaffelte Terminierung der zentralen Prüfungen und der Lernstandserhebungen im Schuljahr 2007 ist auch durchgeführt worden.