Deshalb ist es auch richtig, dass die Genehmigung des Gefahrenabwehrplans als hoheitliche Aufgabe durch die Behörde vorgenommen wird. Aber die Umsetzung dieser Maßnahmen durch die Hafenbetreiber muss vor Ort erfolgen, weil die am besten wissen, wie man die Maßnahmen des Gefahrenabwehrplans möglichst unbürokratisch umsetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darum geht Nordrhein-Westfalen hier keinen Sonderweg, sondern setzt auf eine unbürokratische Abwicklung dieser europäischen Richtlinie. NordrheinWestfalen schreibt eben nicht hoheitlich vor, was zu tun ist, sondern die privaten Hafenbetreiber machen das gemeinsam mit den dafür zuständigen Behörden. Wir glauben, dass wir damit nicht nur die Sicherheit in unseren Häfen gewährleisten, sondern gleichzeitig auch eine praktikable und unbürokratische Umsetzung der europäischen Normen vollziehen.
Allerletzte Bemerkung. Herr Becker, ich habe nichts dagegen, wenn Sie hier Industrie- und Handelskammern als Kronzeugen für Ihre Argumentation anführen. Die Urteile der Vertreter der Industrie- und Handelskammer sind uns bei politischen Entscheidungsprozessen wichtig, nicht nur bei Betriebsgenehmigungen für neue Flughäfen, sondern auch bei diesem Gesetzesvorhaben. Aber sehen Sie doch bitte, dass es sich dabei um Interessenvertretungen handelt
und dass eine solche Auffassung deshalb nicht 1:1 übernommen werden kann, sondern dass abgewogen und bewertet werden muss.
Genau das haben wir getan, und das werden wir auch künftig im Interesse des Landes und der Menschen dieses Landes tun. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung.
Wir kommen erstens zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Drucksache 14/5178. Der Ausschuss für Bauen und Verkehr empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf Drucksache 14/4240 unverändert anzunehmen. Wer ist für diese Empfehlung? – Die Fraktionen der CDU und der FDP. Wer ist dagegen? – Die Fraktion der SPD, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Damit ist diese Empfehlung mit den Stimmen der Mehrheit angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 14/4240 in zweiter Lesung verabschiedet.
Ich komme zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/5274. Wer ist für diesen Entschließungs
antrag? – SPD, Grüne und der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Wir haben uns mit den Fraktionen einvernehmlich darauf verständigt, die Beratung über diesen Tagesordnungspunkt auf einen anderen Plenartag zu verschieben.
Ich weise noch darauf hin, dass dieser Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der GeschO vom Plenum an den Rechtsausschuss überwiesen wurde mit der Bestimmung, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Diese liegt vor.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass unserer Antragstellung war eine alarmierende Erklärung des Justizministeriums Mitte des Jahres. Es gab einen Höchststand bei der Zahl der Haftbefehlsaufhebungen im Rahmen der besonderen Haftprüfung gemäß der §§ 121 und 122 Strafprozessordnung.
Das heißt übersetzt: In 16 Verfahren mit insgesamt 19 Personen hat das Oberlandesgericht im rechtlich vorgesehenen Haftprüfungsverfahren befunden, dass eine Fortdauer der U-Haft nach sechs Monaten nicht gerechtfertigt ist. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass mutmaßliche Straftäter wegen einer verzögerten Fallbearbeitung wieder auf freien Fuß kamen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichzeitig gibt es bei den Gerichten einen Tiefstand bei der Abarbeitung von Strafverfahren innerhalb von sechs Monaten. Bei den Amtsgerichten sind es zurzeit 82,8 %, bei den Landgerichten sind es 75 % der Strafverfahren. Das ist das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren. Bei den Haftbefehlsaufhebungen haben wir übrigens auch den Höchststand seit zehn Jahren.
Diese traurige Bilanz lässt sich fortsetzen. Frau Ministerin, Sie haben uns unterstellt, dass wir hier mit falschen Zahlen agieren. Ich habe das noch einmal mit den Veröffentlichungen Ihres Hauses verglichen. Diese Zahlen entsprechen Ihren Veröffentlichungen „Justiz in Zahlen“, Ausgabe 2006.
Die traurige Bilanz, die sich fortsetzt, führt in die anderen Abteilungen. Die Erledigung der landgerichtlichen Zivilsachen in erster Instanz markiert 2005 mit 57,2 % den absoluten Tiefstand, 2000 waren es 63,7 %. Auch hat sich die Verfahrensdauer der Ehescheidungen auf 10,7 Monate verlängert. Nun kann man sagen, das sei nicht ganz so schlimm wie die Haftaufhebung, aber auch hier haben wir eine Verlängerung der Verfahren und so weiter und so fort – lauter Negativrekorde in der Justiz mit der neuen Regierung. Deswegen heißt es in unserem Antrag auch „Alarm bei der rechtsprechenden Gewalt“.
Frau Ministerin, wenn Sie sagen, dass die Belastung der Justiz kein Grund für die Aufhebung der Haftbefehle sei, dann finde ich das nicht nur bemerkenswert, sondern schlicht falsch. Es geht hier nicht um Fehlverhalten Einzelner. Es geht hier um eine strukturelle Unterversorgung der Justiz, die Verfahren verzögert und besonders bei den Haftbefehlsaufhebungen zu diesen Höchstständen geführt hat.
Was ist Ihre Antwort? Es kursieren Zauberworte wie Verfahrensbeschleunigung, Vorrang von Haftsachen, Sensibilisierung, Dienstaufsicht, Fortbildung. All dies trifft nicht den Kern des Problems. Hier leidet der Rechtsstaat an Magersucht, wenn wir die Justiz nicht angemessen ausstatten. In einer ähnlichen Debatte in der letzten Legislaturperiode hat Herr Söffing, jetzt Staatssekretär im Justizministerium, zu Recht festgestellt: Der Rechts
staat kostet Geld. Herr Söffing, das stimmt. Aber dann setzen Sie es auch um! Nicht umsonst herrscht Alarm bei der rechtsprechenden Gewalt. Richter und Staatsanwälte, sonst nicht gerade die Zielgruppe, die mit großen Demos vorm Landtag aufmarschiert, haben eindrucksvoll in einer Demonstration im Hafen gezeigt, dass ihnen die Sorge unter den Nägeln brennt.
Eine angemessene Ausstattung der Justiz ist die Grundvoraussetzung für das Funktionieren eines Rechtsstaats, beileibe kein Luxus. Deswegen sind unsere Forderungen im Antrag sehr bescheiden, eigentlich sind es nur Mindestanforderungen. Wir fordern die Landesregierung auf, bei Gerichten und Staatsanwaltschaften die personellen und strukturellen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Haftsachen im Regelfall innerhalb von sechs Monaten einer erstinstanzlichen Entscheidung zugeführt werden können. Das sind Sie dem Rechtsstaat schuldig.
Es geht hier um U-Haft, d. h. es geht noch um Unschuldige. Und hier muss es Anliegen des Rechtsstaats sein, Ermittlungen rasch und zielstrebig voranzuführen, um auch zeitnah zu einem Urteil zu gelangen. Diesen Anforderungen werden Sie zurzeit mit der Justiz nicht gerecht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen! Zunächst einmal freue ich mich, dass ich feststellen kann, dass Ihre Fraktion, nun in der Opposition, sich plötzlich für eine angemessene Ausstattung der Justiz interessiert.
Ihre Fraktion war in der vergangenen Legislaturperiode maßgeblich daran beteiligt, dass in der nordrhein-westfälischen Justiz massiv Personal abgebaut wurde. Das sollte man einmal in Erinnerung rufen. Jetzt wollen Sie davon nicht nur nichts mehr wissen, sondern Sie beklagen nahezu mit Tränen in den Augen eine angeblich unzureichende Personalausstattung in der Justiz in unserem Bundesland.
Die tatsächliche Lage ist allerdings eine völlig andere. Sie haben zutreffend in Ihrem Antrag geschrieben, dass zwischen 2000 und 2005, also in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung, ein historischer Tiefstand bei der Abarbeitung von Strafverfahren innerhalb von sechs Monaten erreicht
wurde. Leider erwähnen Sie nicht, dass seitdem die Erledigungsquote wieder gesteigert werden konnte und sich auch die durchschnittliche Dauer der Strafverfahren vor den Amtsgerichten reduziert hat.
Sie behaupten ferner in Ihrem Antrag, es gebe steigende Verfahrenszahlen bei sinkendem Personal. Diese Aussage ist falsch. Seit der Regierungsübernahme im Jahre 2005 haben diese Koalition und die von ihr getragene Landesregierung den von Rot-Grün bereits vorgenommenen sowie weiterhin geplanten Personalabbau gestoppt. Dies geschah durch die Streichung der von Ihnen beschlossenen kw-Vermerke sowie die Einrichtung neuer zusätzlicher Stellen.
Ebenfalls geht die Aussage in Ihrem Antrag fehl, dass die Zahl der Freilassungen von Untersuchungshäftlingen nach sechs Monaten Untersuchungshaft in einem Zusammenhang mit der personellen Ausstattung der Strafgerichte bzw. Strafkammern hier in Nordrhein-Westfalen steht.
Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich betont, dass Verzögerungen von Strafverfahren – jetzt kommt es –, die der Überlastung der mit dem Fall befassten Gerichte und Staatsanwaltschaften geschuldet sind, mit rechtsstaatlichen Vorgaben nicht vereinbar sind. Hier nun müssten Sie, liebe Frau Düker, darlegen, dass die Zahl der Freilassungen aus Untersuchungshaft wegen etwaiger Überlänge derselben in einem direkten Zusammenhang mit der konkreten Arbeitsbelastung eines Strafrichters oder einer Strafkammer zusammenhängt.
Genau diesen notwendigen Zusammenhang können Sie aber nicht darlegen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit 2003 hat sich die Zahl derjenigen, die wegen Überlastung der Justiz als mutmaßliche Straftäter freigelassen worden sind, mehr als verdoppelt. Noch nie sind 19 Straftäter in NRW freigelassen worden – und das bei einem Schnitt von zehn Freilassungen in den letzten siebzehn Jahren, Frau Ministerin. Das sind Ihre Zahlen.