Protocol of the Session on August 22, 2007

Meine Damen und Herren, leider können wir heute nicht mehr die verschiedenen Entwürfe gemeinsam zelebrieren und dann auch die Entscheidung treffen, welcher Gesetzentwurf denn nun der bessere ist, weil der Konkurrent auf der Strecke abhanden gekommen ist. Das ist zwar ein Dilemma. Ich muss es aber leider feststellen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ein bisschen Schwund ist immer!)

Bei der letzten Sitzung des Umweltausschusses hat die Landesregierung, vertreten durch ihren Staatssekretär, ihren Gesetzentwurf nicht ganz formgerecht zurückgezogen. Zumindest hat sie angekündigt, ihn zurückzuziehen. So etwas habe ich in diesem Landtag noch nicht erlebt. Für mich ist es dass erste Mal, dass in diesem Hause ein Gesetzentwurf Knall auf Fall zurückgezogen wird – obwohl das Kabinett noch gar nicht darüber befunden hatte, wie wir jetzt wissen. Mittlerweile ist das nachgeholt worden. Das sind die Chaos-Tage dieser Landesregierung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dies spricht Bände und sagt etwas über die Koordination zwischen den Regierenden aus – und auch über die Koordination in den Regierungsfraktionen; denn als der Staatssekretär bereits angekündigt hatte, dass man das Gesetz zurückziehe, versuchte der Kollege Kaiser noch, Änderungsanträge einzubringen. Das alles spricht für die hohe Regierungskunst dieser Regierungsfraktionen und dieser Landesregierung.

Zur Sache: Der Rückzug des Gesetzentwurfes ist damit begründet worden, mittlerweile sei absehbar, dass es ein Bundesgesetz geben werde, sodass man ein in Nordrhein-Westfalen in Kraft getretenes Gesetz möglicherweise innerhalb von zwei Monaten wieder außer Kraft setzen müsse.

Dieser Prognose würde ich noch nicht folgen; denn es ist nicht absehbar, dass dieses Bundesgesetz innerhalb kürzester Zeit Wirkung entfaltet. Meine Informationen gehen dahin, dass es bis dahin durchaus noch ein Dreivierteljahr dauern kann. Insofern verlieren die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen in diesem Zeitraum – wie sie mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung insgesamt verlieren, weil dort wichtige Punkte fehlen, die in unserem Entwurf enthalten sind. Das ist ein Verbraucherinformati

onsgesetz light. Ich will Ihnen das an drei Beispielen deutlich machen.

Erstens. Der Geltungsbereich ist begrenzt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bezieht sich ausschließlich auf Futtermittel und Lebensmittel. Dabei besteht auch auf vielen anderen Feldern die Notwendigkeit, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher Informationen bekommen. Ich nenne hier beispielsweise die Dienstleistungen oder auch andere Produkte.

Zweitens. Aus unserer Sicht ebenfalls unzureichend geregelt ist die Frage der Informationspflicht. Die Verwaltungen, die Regierungen und die Behörden dürfen nicht darauf warten, dass Bürgerinnen und Bürger sich melden, sondern müssen in wichtigen Fällen von sich aus informieren. Auch das fehlt in dem ursprünglichen Regierungsentwurf, aber auch im Diskussionsentwurf der Bundesregierung.

Der dritte wichtige Punkt ist, dass es in der Abwägung zwischen Verbraucherrechten und den Rechten der Unternehmen ein klares Prä für die Verbraucherrechte gibt. Das ist so nicht gegeben. Es steht zu befürchten, dass die behördlichen Hürden so hoch sind, dass es zur tatsächlichen Verbraucherinformation erst gar nicht kommt.

Meine Damen und Herren, wir sind nicht nur durch die Beratungen, sondern auch durch die Fakten überzeugt worden, dass der Gesetzentwurf, den wir eingebracht haben, der richtige ist. Von daher bitten wir Sie, die Beschlussempfehlung des Ausschusses abzulehnen und unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir sind im Übrigen sicher, auch wenn der Gesetzentwurf heute, was ich nicht glaube, keine Mehrheit finden wird, dass er zu gegebener Zeit und in aller Kürze auf der Tagesordnung stehen wird, weil die Diskussion um Verbraucherinnen- und Verbraucherinformation weitergehen wird. Sie wird nicht auf dem heutigen Stand stehenbleiben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie hängen einer Rechtsetzung an, die von gestern ist. Gehen Sie mit uns ein Stück in die Zukunft! – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Remmel. – Für die CDU-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Peter Kaiser.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen heute über einen Gesetzentwurf der Grünen ab, der, wie Herr

Remmel gerade sagte, angesichts der Entwicklungen der letzten Wochen überflüssig geworden ist.

Zu unserer großen Freude entspricht das Bundesgesetz dem, was die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung gewünscht und immer wieder vorangetrieben haben. Das zeigt, dass wir in Nordrhein-Westfalen auf dem richtigen Weg gewesen sind. An dieser Stelle gebührt unser Dank besonders Minister Uhlenberg.

(Svenja Schulze [SPD]: Was hat er denn da- zu beigetragen?)

Er hat durch seine Gesetzesinitiative, Frau Schulze, den Anstoß dafür gegeben, dass im Deutschen Bundestag schneller als von uns allen erwartet nun doch ein Verbraucherinformationsgesetz beschlossen wurde, und hat unsere Vorstellungen voll eingebracht.

Es gibt aber noch einen weiteren Grund, um ihn zu loben, und zwar für die Ehrlichkeit seiner Politik. Der Entwurf für ein Landesgesetz wurde vor dem Hintergrund der bundespolitischen Entwicklungen zurückgezogen. Das ist gerade heraus und ehrlich! Wir präsentieren also bewusst kein neues Gesetz für NRW.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Föderalismus lässt grüßen!)

Wir erfinden das Rad auch nicht neu, aber wir nehmen für uns in Anspruch, dass wir seine Drehung beschleunigt haben.

Im Übrigen tragen Sie, Herr Remmel, einen gehörigen Anteil daran, dass wir mit dem Verbraucherinformationsgesetz nicht schneller vorangekommen sind. Hätten Sie auf die Anhörung verzichtet, dann wäre das Verbraucherinformationsgesetz noch vor der Sommerpause in NRW verabschiedet worden. Sie wollten aber – natürlich völlig uneigennützig – Ihren abgeschriebenen und bereits abgelehnten Gesetzentwurf noch einmal medial vermarkten. Das allein war Sinn und Zweck der Übung. Der gesamte parlamentarische Beratungsprozess wurde unnötig verlängert. Den Aufwand hätte man sich sparen können. Dem Verbraucherschutz haben Sie damit nicht gedient, ganz im Gegenteil.

Sie fordern jetzt, was Sie in zehn Jahren Regierungsarbeit nicht zustande gebracht haben. Wir werden Ihren Gesetzentwurf ablehnen. Die Argumente sind bereits mehrfach ausgetauscht worden. Daher beschränke ich mich auf das Wesentliche.

Wir haben immer gesagt, dass wir einen fairen Ausgleich zwischen den Informationsbelangen der Verbraucherinnen und Verbraucher auf der einen Seite und den berechtigten Interessen der Wirtschaft auf der anderen Seite wollen. Diese Vorgabe erfüllt Ihr Gesetzentwurf nicht. Sie beziehen den Dienstleistungsbereich in Ihren Gesetzentwurf ein. Wir sehen hier die Gefahr, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen unzumutbar belastet werden.

Abzulehnen ist auch eine aktive Informations- und Unterrichtungspflicht von Behörden. Zusammen mit dem erweiterten Anwendungsbereich sehe ich nur zwei äußerst negative Wirkungen: großen bürokratischen Aufwand für die Kommunen, die das Gesetz umsetzen müssen, und hohe Kosten für den informationssuchenden Bürger, der das alles bezahlen darf. Kurz: Der Aufwand stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Wichtig ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher gesicherte Informationen erhalten und keine Halbwahrheiten. Halbe Wahrheiten helfen niemandem, sondern sorgen nur für Verunsicherung. Und Panikmache ist nach unseren Vorstellungen beim Thema Verbraucherschutz schlichtweg kontraproduktiv.

Wir unterstützen das konsequente Vorgehen der Landesregierung und lehnen den Gesetzentwurf der Grünen ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Kaiser. – Für die SPD spricht nun die Kollegin Watermann-Krass.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da wir heute, nachdem die schwarz-gelbe Landesregierung ihren Vorschlag für ein Verbraucherinformationsgesetz in NRW zurückgezogen hat, nur über den Gesetzentwurf der Grünen sprechen, will ich mich auf wenige Punkte beschränken.

Zuallererst freue ich mich, dass wir überhaupt diese Debatte zum Verbraucherinformationsgesetz führen. Ich sage das, weil über lange Zeit hinaus diesbezügliche Eingaben seitens der SPDFraktion vom zuständigen Minister Uhlenberg als ungerechtfertigte Panikmache abgetan worden sind.

Da inzwischen ein eigenes Gesetz der Landesregierung – das betone ich – vorgelegen hat, kann wohl niemand mehr ernsthaft den tatsächlichen Handlungsdruck bei der Verbraucherinformation

bestreiten. Die große Frage ist nun, ob eine NRWweite Regelung der richtige Weg ist. Hier sage ich für die SPD-Fraktion: Nein, wir brauchen kein eigenes Verbraucherinformationsgesetz für NRW, sondern ein bundeseinheitliches Gesetz.

In der Anhörung zum NRW-Gesetzentwurf ist einiges deutlich geworden: Landesregelungen sind unzureichend. Dagegen stellen wir eine bundeseinheitliche Regelung zum Wohl der Verbraucherinnen und Verbraucher, da nur sie dafür sorgt, dass es keinen Flickenteppich aus unterschiedlichen Landesregierungen gibt.

(Beifall von der SPD)

Insofern bin ich sehr dankbar, dass der Deutsche Bundestag im Juli dieses Jahres auf SPDInitiative hin das Verbraucherinformationsgesetz beschlossen hat. Man sollte hier bei allen Manövern der CDU nicht vergessen, dass die SPD eine erneute Initiative für ein Verbraucherinformationsgesetz im Koalitionsvertrag durchgesetzt hat.

Die CDU hat sich in Sachen Verbraucherschutz wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert, sondern hat aus parteitaktischen Gründen in den letzten Jahren bei diesem Thema gemauert.

(Beifall von der SPD)

Im Bundesrat wollten die CDU-geführten Länder Sachsen und Baden-Württemberg durchsetzen, dass Auskünfte über Rechtsverstöße künftig kostenpflichtig sind. Das entspricht nicht unserer Vorstellung von einem bürgerorientierten Verbraucherschutz.

Die Anhörung des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die vielen Probleme und Unklarheiten aufgezeigt, die länderspezifische Verbraucherschutzgesetze mit sich bringen: sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die vielen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit mit zum Teil einander entgegengesetzten, rechtlichen Regelung herumschlagen müssen.

Deshalb begrüßen wir das Bundesgesetz. Damit wird ein neues Kapitel in der Verbraucherinformation aufgeschlagen. Erstmals erhalten Verbraucher und Verbraucherinnen einen gesetzlich geregelten Anspruch auf Zugang zu Informationen für den Bereich des Lebens- und Futtermittelrechts, die bei Behörden vorhanden sind. Darüber hinaus wird das Recht der Behörden zur Information der Öffentlichkeit erweitert. Deshalb – das wiederhole ich noch einmal – begrüßen wir es, dass die Landesregierung ihren Gesetzentwurf zurückgezogen hat. Das ist sinnvoll.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich feststellen, dass mit der Ablehnung dieses Gesetzentwurfs der Grünen keineswegs eine Absage an einen wirkungsvollen Verbraucherschutz für Nordrhein-Westfalen einhergeht. Vielmehr sieht die SPD-Fraktion in einem einheitlichen Verbraucherschutz im ganzen Bundesgebiet den großen Nutzen für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

In zwei Jahren – auch das hat die SPD durchgesetzt – steht das Bundesgesetz wieder auf dem Prüfstand und wird auf Wirksamkeit und Nutzen für die Verbraucherinnen und Verbraucher geprüft. Dann reden wir weiter darüber. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Watermann-Krass. – Herr Ellerbrock hat nun das Wort für die FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wissen: Für die FDP ist der mündige Bürger immer ein informierter Bürger. Wir haben das Verbraucherinformationsgesetz auf Bundesebene grundsätzlich begrüßt. Das Thema Verbraucherschutz und Verbraucherinformation hat uns in dieser Legislaturperiode schon mehrfach beschäftigt. Über den Verfahrensablauf hat Frau Watermann-Krass ein paar Worte gesagt.

Das Bundesgesetz ist nicht durchgekommen. Dann hat der von Schwarz-Gelb getragene Umweltminister Uhlenberg die Initiative ergriffen und gesagt: Wenn der Bund nicht fähig ist, ein vernünftiges Gesetz auf die Reihe zu bringen, dann gilt: Nordrhein-Westfalen vorn! Dann machen wir hier etwas! – Er hat einen Gesetzentwurf eingebracht. Dieser Gesetzentwurf ist zum Glück durch das Gesetz des Bundestags überholt worden. Jetzt wäre es eigentlich daran, den Gesetzentwurf in NRW zurückzuziehen. Das hat der Umweltminister getan. Dies ist im Sinne der Verfahrensvereinfachung und der Entbürokratisierung ausgesprochen sinnvoll; denn jetzt ein Gesetz einzubringen, das ein halbes Jahr später überholt ist, bedeutet im Endeffekt nur zusätzliche Bürokratie, ist völlig überflüssig und dient keinem. Deswegen ist dieses nur zu begrüßen.