Protocol of the Session on June 14, 2007

7 Regionale Initiative aufgreifen – Nationalpark Siebengebirge voranbringen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4478

Ich eröffne die Beratung und gebe Herrn Remmel von der antragstellenden Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute die Chance, eine begonnene Entwicklung zu einer guten Tradition des Landtags Nordrhein-Westfalen werden zu lassen, nämlich nordrhein-westfälische Nationalparke durch den Landtag fraktions

übergreifend zu begleiten und zu befördern. Die Entwicklung hat mit dem Nationalpark Eifel begonnen und könnte heute und in der Folge zu einer guten Tradition bei der Beratung über einen Nationalpark Siebengebirge weiterentwickelt werden.

Deshalb legen wir heute einen Antrag vor und greifen damit eine regionale Initiative auf. Das ist ein erster Schritt, um einen fraktionsübergreifenden Konsens zur Begleitung und Entwicklung des Nationalparks in der parlamentarischen Beratung zu initiieren. Ich darf daran erinnern, dass der erste Nationalpark – eine erfolgreiche Initiative aus der letzten Legislaturperiode – einen ähnlichen Werdegang durch einen Antrag der damaligen CDU-Opposition genommen hat.

Nachdem dieser erste Nationalpark erfolgreich eingerichtet worden ist, besteht die große Chance, weitere Nationalparke in Nordrhein-Westfalen zu gründen und zu errichten. Meine Damen und Herren, dieses Land hat wahrlich ausreichendes Potenzial für weitere Nationalparke.

Wir begrüßen deshalb die regionale Initiative für einen Nationalpark Siebengebirge und fordern mit dem Antrag die Landesregierung auf, jetzt die notwendigen Schritte zu unternehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mit diesem Antrag wollen wir einen positiven Grundsatzbeschluss im Landtag NordrheinWestfalen herbeiführen. Dabei laden wir, wie gesagt, gerne alle ein, an einem solchen gemeinsamen Grundsatzbeschluss zu arbeiten.

Aber bis dahin ist noch gemeinsam eine Wegstrecke zurückzulegen. Auf der Grundlage der regionalen Initiative und auch der fachlichen Beschreibung – es hat ein entsprechendes Gutachten gegeben – gilt es jetzt, die Abstimmung mit der Region, mit der Bürgerschaft, aber auch mit den Naturschutzverbänden und den notwendigen nationalen und internationalen Standards, die Nationalparke erfüllen müssen, tatsächlich hinzubekommen.

Wir haben es hier mit der schwierigen Situation zu tun, dass die Fläche mit 4.500 ha eigentlich viel zu gering ist und die internationalen Standards auf den ersten Blick eigentlich nur schwer erfüllbar sind. Deshalb muss intensiv geprüft werden, wie den Standards Genüge getan werden kann – gegebenenfalls auch dadurch, dass man über eine Ausdehnung und Kooperation mit Rheinland-Pfalz nachdenkt.

Wir brauchen ein Nationalparkkonzept, in dem die vorhandenen Zielkonflikte, nämlich die Frage der

Besucherlenkung, des Verkehrs, der Waldbewirtschaftung und der Jagd, gelöst werden können und die regionale Initiative dann möglichst schnell in ein konkretes Verfahren gegossen werden kann.

Die Landesregierung soll durch unseren gegebenenfalls gemeinsamen Antrag beauftragt werden, ein konkretes Organisations- und Finanzierungskonzept vorzulegen sowie in einem solchen Prozess eine naturschutzfachliche Abklärung über das Rheinland hinaus vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben es hier mit einer regionalen Initiative zu tun. Deshalb ist es richtig, diese regionale Initiative zu begrüßen und aufzugreifen. Insbesondere der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, aber auch die Bürgermeister von Bad Honnef und Königswinter waren hier aktiv. Es scheint offensichtlich eine Initiative der gesamten Region zu sein.

Bei dem Siebengebirge handelt es sich um den ältesten Naturschutzteil in Nordrhein-Westfalen. Aber auch in der Bundesrepublik ist schon sehr früh auf vielfältigste Form Naturschutz betrieben worden. Dadurch zeigt sich, dass wir hier mit besonderer Sorgfalt drangehen sollten, wenn es um die Entwicklung hin zu einem Nationalpark geht, weil es schon verschiedene Vorprägungen durch menschliche Eingriffe und Nutzungen an den verschiedensten Stellen gibt. Das heißt, dass wir in der Tat besondere Sorgfalt walten lassen sollten, gerne in einem großen Konsens. Dazu wollten wir heute den Aufschlag machen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Frau Beer hat eine Zwischenfrage. Wollen Sie die zulassen, Herr Remmel?

Bitte.

Herr Remmel, angesichts der begrüßungswerten Initiative, zu der Sie gesprochen haben, frage ich Sie: Wie schätzen Sie die Entwicklungen in OWL dazu ein? Sind Sie auch der Meinung, wenn man sich das im Lichte der neuen Entwicklung anschaut, dass hier gerade diejenigen, die das Projekt Nationalpark Senne/Egge politisch vor Ort sabotiert haben, der Region einen Bärendienst erwiesen haben?

Ich habe bereits am Anfang deutlich gemacht – das kann ich jetzt

nur noch einmal unterstreichen –: NordrheinWestfalen hat Platz für mehrere Nationalparke, auch für Nationalparke, die weit über die Eifel und das Siebengebirge hinausgehen. Sie wissen, dass wir uns gemeinsam wünschen, dass es einen Nationalpark Senne gibt. Ich muss allerdings an der Stelle feststellen, dass das bisher auch durch das Handling der Landesregierung nicht mit Erfolg gekrönt war. Man muss auch anmerken, dass die rheinländischen Abgeordneten der CDU offensichtlich, was die Erkenntnis hinsichtlich des Gewinns des Nationalparks angeht, weiter sind als die ostwestfälischen und westfälischen Abgeordneten der CDU. Ich hoffe, dass diese Erkenntnis wächst und wir über kurz oder lang – wir jedenfalls würden gemeinsam daran arbeiten – zu einem solchen Nationalpark Senne kommen. Es sind nicht nur naturschutzfachliche Gründe, die das befördern sollten, sondern auch die ökonomischen Effekte, wie ja deutlich am Beispiel Nationalpark Eifel zu erkennen ist. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Remmel. – Herr Pick hat nun für die CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Als vor einigen Wochen die Berichterstattungen in den Medien zu lesen waren, dass ein Nationalpark Siebengebirge gewünscht ist, wollte ich mit einem Freund aus der Eifel eine Wette um ein Fässchen Eifeler Landbier abschließen, dass in den nächsten 24 Stunden ein Antrag der Grünen für den Landtag gestellt wird. Hätte ich gewettet, ich hätte gewonnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grünen haben hier einen Antrag gestellt und laufen damit offene Türen ein, wie das öfters der Fall ist. Sie sind mit Ihrem Antrag gekommen, als dieses Thema in die Öffentlichkeit hineingetragen worden ist. Herr Remmel, Sie haben es offensichtlich nicht gemerkt: Vorher hat man sich intensiv in der Region damit auseinandergesetzt, ob es nicht möglich ist, im Siebengebirge einen Nationalpark einzurichten. Man hat sich darüber verständigt und gehandelt. Nun kommen Sie hinterher und reklamieren für sich: Weil das in der Vergangenheit von uns ausgegangen ist, sind wir als Mütter und Väter von Nationalparken in unserer Aufgabe ein Stück weit eingeschränkt worden. – Wir brauchen Sie dazu nicht. Das funktioniert auch ganz gut so.

Im November des letzten Jahres – das dürfte Ihnen entgangen sein – haben der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, die Bürgermeisterin von Bad Honnef, der Bürgermeister von Königswinter sich in einem gemeinsamen Brief an unseren Umweltminister gewandt und gebeten, die naturschutzfachliche Wertigkeit des Bereiches des Siebengebirges zu überprüfen und in einen ergebnisoffenen Prozess einzutreten. Dieser Meinungsbildungsprozess hat dann sofort begonnen. Das Ministerium und der Minister haben unverzüglich gehandelt. Deshalb hat man im Vorfeld grundsätzliche Klärungen, die Sie heute fordern, schon abgearbeitet, nämlich ob das Siebengebirge überhaupt als Nationalpark ausgewiesen werden kann und ob es nicht unlösbare Konflikte zwischen einem Nationalpark anderen regionalen Entwicklungsmöglichkeiten gibt.

Man hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Beteiligt waren das MUNLV, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, der Landesbetrieb Wald und Holz, der Geologische Dienst NRW, die Bezirksregierung, der Verschönerungsverein Siebengebirge, der Rhein-ErftKreis, der Rhein-Sieg-Kreis sowie die Städte Bonn, Bad Honnef und Königswinter. Und Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, haben nichts davon gemerkt. Man hat Ergebnisse vorgelegt, die so aussehen – das ist ja auch deutlich gemacht worden –, dass das Siebengebirge aus naturschutzfachlicher Sicht für die Ausweisung eines Nationalparks geeignet ist.

(Beifall von der CDU)

Das geht auf eine sehr lange Geschichte zurück, denn das Siebengebirge spielt, gerade was die Naturschutzwürdigkeit angeht, eine hervorgehobene Rolle in unserer Region. Es hat bereits im vorletzten Jahrhundert, als man beabsichtigte, zum Zwecke des Abbaus das Siebengebirge zu zerstören, eine Bürgerinitiative gegeben, die das verhindert hat. Sogar der Preußische Staat hat im Jahre 1836 die Drachenfelsruine gekauft, um sie zu sichern. Das Ganze hat sich immer weiter fortgesetzt. Ich könnte das noch an einigen weiteren Daten festmachen.

Es ist der erste Naturpark in Deutschland gewesen, der ja, wie wir wissen, im letzten Jahr Jubiläum gefeiert hat. So haben wir hier ein exponiertes Gebiet mit einer Fläche von fast 5.000 ha, das die Voraussetzungen erfüllt. Insofern überwiegen die positiven Kriterien.

Die Einhaltung nationaler und internationaler Kriterien müssen überprüft werden und werden überprüft. Wenn das mit den Standards überein

stimmt – hier gibt es Handlungsspielräume – wird man anschließend entsprechend handeln können.

Was die Größe angeht, gibt es Ausdehnungsmöglichkeiten. Aber dadurch, dass schon 70 % im Eigentum der öffentlichen Hand sind, sind beste Voraussetzungen geschaffen. Wenn wir andere Nationalparke sehen, so kann man die Sollbestimmung, was die Größe angeht, sicherlich dann, wenn die anderen Kriterien stimmen, vernachlässigen.

Die einzelnen Wertigkeiten und Eigenarten sind ebenfalls bewertet. Geologisch-morphologische Einzelschöpfungen der Natur, die erdgeschichtliche Bedeutung und der landschaftsprägende Charakter sind hier eindeutig. Die Naturschutzwürdigkeit, die hier gefordert ist, ist allein schon dadurch begründet, dass dieses Gebiet schon seit über 75 Jahren unter Naturschutz steht. Sie sehen also: Alles das, was Sie hier fordern, ist schon eingetreten.

Der Zustand der Entwicklungspotenziale ist weitgehend erfüllt, sodass man jetzt zu weiteren Überlegungen kommen kann, wie das Ganze umgesetzt werden muss. Dazu gehört selbstverständlich ein Organisations- und Finanzierungskonzept. Das ist zu erstellen. Es sind die naturfachlichen Gesamtkonzepte und die Abstimmungen mit der Region zu entwickeln. Hier unterscheidet sich die Vorgehensweise, von dem, was in der Vergangenheit von den Grünen gemacht worden ist. Sie, Frau Beer, behaupten, der Nationalpark Senne sei boykottiert worden. – Nein, er ist nicht boykottiert worden. Der Nationalpark Senne ist von der Bevölkerung nicht gewollt. Das ist es.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE] – Johannes Remmel [GRÜNE]: Er ist vor die Wand ge- fahren worden!)

Wir haben hier genau wie beim Nationalpark Eifel einen Nationalpark, der sich als Bürgerinitiative aus der Bürgerschaft heraus entwickelt und deswegen auch Akzeptanz findet.

(Beifall von der CDU)

Es mag ja so sein, dass Sie eine Niederlage nicht verkraften können, die Sie sich in 20 Jahren eingehandelt haben, weil Ihnen die Bürgerinnen und Bürger nicht gefolgt sind, aber finden Sie sich bitte damit ab, und finden Sie sich bitte auch damit ab, dass wir als CDU und FDP mit dieser Landesregierung Bürgerwillen umsetzen und nicht Ideologie.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, die CDU wird den Antrag unterstützen. Deswegen sind wir gespannt auf die weiteren Vorgänge und sicherlich auch auf die weiteren Beratungen. Nur der Antrag, Herr Remmel, ist etwas zu spät.

Herr Kollege, Herr Unruhe hat noch eine Frage. Wollen Sie diese zulassen?

Ja, aber das verlängert nur meine Redezeit. Bitte schön.

Bitte schön, Herr Unruhe.

Danke, Herr Kollege. Sie sagten, die Größe des Nationalparks spiele keine Rolle, das sei nicht die entscheidende Größenordnung. Der Landrat von Lippe versucht jetzt einen Nationalpark im Bereich der Senne oder Egge einzurichten, der genauso groß ist. Wie stehen Sie zu der Forderung des Landrates?

Wenn die Region dahintersteht, wie das auch bei der Eifel und jetzt beim Siebengebirge der Fall ist, dann werden wir uns darüber unterhalten. Nur mit der Vorgehensweise in der Vergangenheit, auf dem Truppenübungsplatz in der Egge einen Nationalpark anzukündigen und dann jeden Monat eine andere Gebietskulisse auszuweisen, kann man kein Vertrauen gewinnen. Das ist der Fehler, den Sie in Ostwestfalen gemacht haben. Den würden Rheinländer nicht machen.

(Jürgen Unruhe [SPD]: Das ist ein CDU- Kollege!)

Es mag durchaus sein, dass das ein CDUKollege ist. Wir haben gesagt: Wir stehen dem offen gegenüber. Wollen wir einmal sehen, was daraus wird.