Protocol of the Session on June 14, 2007

Es gab zwei Möglichkeiten: entweder den Weg zu gehen, den wir jetzt vorschlagen, oder aber – das haben viele Experten gesagt –, es auszusetzen. Herr Post, wenn Sie hier sagen, man hätte einen anderen Weg gehen sollen, wie auch immer – Stichwort: Rechtsunsicherheit –, dann ziehen Sie die Konsequenzen daraus: Streichen Sie Ihren Absatz im Gesetzentwurf und stellen Sie den Änderungsantrag, diesen Punkt auszusetzen!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Der ist nicht prak- tikabel! Genau!)

Dann können wir nach den entsprechenden Urteilen beraten, die wir in Zukunft erwarten, um dann eine Lösung zu fassen. Aber Ihre Lösung, die Sie im Gesetzentwurf vorgesehen haben, ist keine Lösung. Das verbessert nicht; das verschlimmbessert! Das wird andere Probleme aufwerfen und wird uns nicht helfen.

Ich finde es schon sehr problematisch, wie Sie mit dem dritten Punkt umgegangen sind. Klar ist, dass unseren Kommunen finanziell das Wasser bis zum Hals steht. Der Ost-West-Ausgleich war dafür vorgesehen, dass die benachteiligten Ostkommunen einen Ausgleich bekommen. Wir brauchen uns nicht nur Gelsenkirchen, Dortmund und Kommunen, die extrem belastet sind, anzuschauen. Wir wissen, dass es eine Reihe von Kommunen in Nordrhein-Westfalen gibt, die weitaus stärker als viele Ostkommunen belastet sind.

Was auf Bundesebene vonseiten der Regierung verhandelt worden ist, war nicht hilfreich für unsere Kommunen. Deswegen muss die Landesregierung an dieser Stelle ganz klar die Konsequenzen ziehen. Sie muss sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass dieser Ost-West-Ausgleich so nicht weiter stattfindet. Sie muss den Kommunen die ihnen zustehenden 220 Millionen € jetzt auf den Tisch legen!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Richtig!)

Wir haben die Zahlen. Wir wissen, wie problematisch es für die Kommunen ist.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die ohnehin mit 23 Millionen € dabei wären!)

Aber als Land auf Kosten der Kommunen zu leben, obwohl man weiß, wie problematisch das ist, finde ich inakzeptabel.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der FDP der Kollege Dr. Romberg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Steffens hatte sich gerade erregt, wie wir mit Kommunen umgehen.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Ich habe mich nicht erregt! – Ilka von Boeselager [CDU]: Das sieht ganz anders aus! – Barbara Stef- fens [GRÜNE]: Ja!)

Ich erinnere daran, dass die Hartz-Gesetzgebung zur Entlastung der Kommunen führen sollte. Das war Ihre Zielsetzung. Sie als Rot-Grün haben das nicht hinbekommen. Dann hier so aufzutreten, ist nicht ganz glaubwürdig.

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Ich möchte anerkennen, was Kollege Garbrecht gesagt hat. Ich danke den Oppositionsfraktionen dafür, dass wir dieses Beratungsverfahren zügig vor der Sommerpause hinbekommen haben.

Zu den einzelnen Punkten: Wir hatten gesagt, dass die Kommunen bislang die Aufgaben nach SGB II als weisungsfreie Selbstverwaltungsaufgaben wahrgenommen haben. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf sollen das Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung werden, damit landesweit eine einheitliche Rechtsanwendung möglich ist.

Minister Laumann hatte schon bei der ersten Debatte im Plenum auf die Notwendigkeit der Neuregelung hingewiesen, die dem überörtlichen Interesse einer landeseinheitlichen Auslegung der Regelung für diesen speziellen Fall geschuldet ist.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Hintergrund ist der starke Anstieg an Klageverfahren, Petitionen und Eingaben als Folge der Umsetzung des SGB II in NRW. Das ist nicht hinnehmbar. Eine Evaluation nach drei Jahren wird aber zeigen, ob sich diese Neuregelung bewähren wird.

Die Kreise und die nach dem SGB II zugelassenen Träger enthalten nach dem Gesetzentwurf die vereinfachte Möglichkeit, von der gesetzlichen Kostenbeteiligung in Höhe von 50 % abzuweichen, und zwar im Benehmen mit den kreisangehörigen Gemeinden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die bisherige Regelung, die eine Einvernehmlichkeit vorsah, nicht bewährt hat. Die Voraussetzung für die Neuregelung besteht darin,

dass die Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden 50 % nicht überschreitet.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat diese Neuregelung in ihrer Stellungnahme ausdrücklich begrüßt, da auf diese Weise der gemeinsame kommunale Handlungsspielraum von Kreisen und kreisangehörigen Kommunen erweitert wird. Vor allem die vorgesehene Möglichkeit des Kreises, im Benehmen mit kreisangehörigen Kommunen Beteiligungen der Gemeinden unterhalb von 50 % durch Satzung festzulegen, stärke das Prinzip des solidarischen Ausgleichs innerhalb der Kreisgemeinschaft, so die Arbeitsgemeinschaft.

Ein wichtiger Aspekt aus kommunaler Sicht wird in § 7 geregelt, in dem es um die Änderung der Verteilung der Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben geht. Die Datenerhebung aus dem Jahr 2006 hat offengelegt, dass bislang eben nicht alle Kreise und kreisfreien Städte in NRW an den Entlastungen, die im SGB II vorgesehen sind, teilhaben. Der neue Verteilungsmaßstab hat das Ziel, für alle Kreise und kreisfreien Städte Entlastungen zu ermöglichen und im Umkehrschluss Belastungen zu vermeiden.

Die 31 Kreise in NRW haben zustimmend reagiert und das Bestreben des Landes gewürdigt, dass gerade die Kommunen entlastet werden sollen, die bislang finanziell besonders schwer an den Folgen des SGB II zu tragen hatten. Damit erfülle sich das Versprechen, dass durch die Arbeitsmarktreform keine Kommune rote Zahlen schreiben müsse. Gerade kleinere Städte und Gemeinden haben den neuen Verteilungsmaßstab ausdrücklich befürwortet.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Diese Zustimmung kommt nicht von ungefähr, denn vor allem die Kommunen im ländlichen Raum wurden bisher in besonderer Weise belastet.

(Zuruf von Günter Garbrecht [SPD])

Selbstverständlich ist klar, dass es immer Kommunen geben wird, die mit dem neuen Verteilungsmaßstab nicht zufrieden sind. Aber wir erhalten durch die Neuregelung unter dem Strich mehr Gerechtigkeit für alle. – Ich bedanke mich fürs Zuhören.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Romberg. – Als nächster Redner hat nun

für die Landesregierung Herr Minister Laumann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich beim Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Herr Garbrecht, dafür bedanken, dass wir das Ziel, noch vor der Sommerpause zur Verabschiedung dieses Gesetzes kommen, alles in allem eingehalten haben.

In diesem Gesetz werden drei wesentliche Bereiche geregelt. Wir geben den Argen die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen in Zukunft zu einem einheitlichen Personalrat zu kommen. Es gibt Argen, bei denen teilweise fünf oder zehn unterschiedliche Personalräte zuständig sind.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Und Arbeitgeber!)

Weil sie unterschiedliche Arbeitgeber haben; das ist klar. Jeder, der diese Problematik kennt, weiß, dass es richtig ist zu versuchen, sie in dem uns möglichen rechtlichen Rahmen zu lösen.

Darüber hinaus geht es darum, dass wir die Landesersparnis beim Wohngeld auf Heller und Pfennig an die Gemeinden weitergeben. Man mag kritisieren, dass wir den Ausgleich Ost in Höhe von 220 Millionen € vorher abziehen. Das hat Frau Steffens getan. Allerdings ist das auch die Praxis in den 15 anderen Bundesländern. Sie gehört zum Ergebnis des Vermittlungsverfahrens, als das SGB II geschaffen worden ist.

Wir geben 350 Millionen € an die Kommunen weiter. Mit der jetzt gefundenen Verteilung sorgen wir dafür, dass es in ganz Nordrhein-Westfalen keinen einzigen Kreis und keine einzige kreisfreie Stadt mehr geben wird, der bzw. die durch die Hartz-IV-Gesetze belastet wird. Vor einem Jahr haben wir die Debatte darüber geführt, was mit den vielen Landkreisen ist, die durch Hartz so stark belastet wurden, dass es dort erhebliche Probleme gab. Wir nehmen zunächst einmal jede kommunale Gebietskörperschaft aus der Belastung heraus.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Sie sollten aber entlastet werden!)

Das halten wir für eine absolut richtige Entscheidung.

(Beifall von der CDU)

Denn wir wissen schon, dass die Städte und Gemeinden durch die Einführung des SGB II unter

schiedlich stark entlastet worden sind. Ich höre landauf, landab eigentlich nur, dass man die Maßnahme, erst einmal alle zu entlasten, für richtig hält. Dass andere, die in der Vergangenheit besonders stark entlastet worden sind, das nicht richtig finden, verstehe ich. Aber fachlich ist diese Maßnahme nicht kritisiert worden; sie kann auch nicht kritisiert werden.

Dan gehen wir hin und verteilen die Summe, die wir darüber hinaus haben – das sind knapp 100 Millionen € – genau nach dem, was der eine oder andere von der Opposition gefordert hat, nämlich nach der Belastungswirkung, wenn erst einmal alle heraus sind. Ich glaube schon, dass das eine vernünftige Regelung ist und wir gut verantworten können, was wir vorgeschlagen haben, denn es ist fachlich einfach richtig.

Die Frage ist immer, auf welcher Datenbasis wir das machen. Es gibt nur eine Möglichkeit, nämlich nach der kommunalen Datenerhebung vorzugehen. Es gibt keine andere Grundlage. Bei der Erstellung dieser Listen haben wir nun einmal die aktuellsten uns zur Verfügung stehenden Daten der Kommunen aus Nordrhein-Westfalen genommen. Diese Datenerhebung organisieren die Kommunen in Deutschland selber. Jede Kommune leistet ihren Beitrag dazu, dass ihre Zahlen stimmen. Dass sie nicht immer stimmen, zeigt sich daran, dass wir die Anlage noch einmal verändern mussten, weil einige Kommunen aus Nordrhein-Westfalen falsche Zahlen – versehentlich oder aus welchen Gründen auch immer – gemeldet hatten.

Ich möchte nun etwas zum Thema „Erfüllung nach Weisung“ sagen. Persönlich bin ich der Meinung, dass es jetzt sehr darauf ankommt, wie das Land mit diesem Instrument umgeht. Wir wollen auf jeden Fall nicht im Land Nordrhein-Westfalen – da muss auch niemand in der kommunalen Familie Sorge haben – eine Anweisungskultur entfachen, wie es die Bundesagentur für Arbeit in ihren Bereichen tut. Davon wollen wir uns sehr unterscheiden. Ich glaube schon, dass es richtig ist, dass vor allen Dingen ein Austausch von Fachwissen über die richtigen arbeitsmarktpolitischen Instrumente in Form von Kooperation und Beratung unser Weisungsrecht, das wir jetzt haben, bestimmen wird.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Es ist nun einmal so, dass die Arbeitsmarktpolitik in den verschiedenen Regionen NordrheinWestfalens sehr unterschiedlich ist. Es gibt zum Beispiel auch in Nordrhein-Westfalen Gebiete, in denen die Langzeitarbeitslosigkeit zunimmt. Da

muss man sich schon darüber unterhalten, welche Arbeitsmarktpolitik dort betrieben wird. Dass im letzten Jahr von den uns zustehenden 1,2 Milliarden € 300 Millionen € nach Berlin zurückgegeben worden sind – das ist mehr, als ich beim ESF überhaupt zur Verfügung habe –, bedeutet entgangene Chancen für Langzeitarbeitslose in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen meine ich, dass auch dieses Instrument ein Instrument ist – nicht das Instrument –, um in einer vernünftigen Kooperation mit den Argen, mit den Optionskommunen und mit der kommunalen Seite in den Argen zu einer guten Arbeitsmarktpolitik für die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen zu kommen.