Protocol of the Session on June 14, 2007

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sind Sie Düsseldorfer oder Kölner?

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Kölner!)

Dann werde ich das dem Erzbischof Meisner mit auf den Weg geben. Der wird sich über diese Bemerkung sehr freuen.

(Beifall von der CDU)

Ich teile ausdrücklich Ihre Auffassung, was das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem und das öffentlich-rechtliche Angebot bezüglich der Qualität angeht. Ich teile es uneingeschränkt, dass wir die Qualität und die Entwicklung auf der privaten Seite noch nicht aufeinander bekommen haben, und die Bedenken, die Sie zur Entwicklung vorgetragen haben, zum Beispiel das Thema „Werbung nach 20 Uhr“. Was die Ablehnung angeht, gibt es bei den drei Fraktionen, die vorgetragen und sich mit den Antworten befasst haben, sehr viele Parallelen. Ich glaube, so weit sind wir da nicht auseinander.

Im Einzelnen möchte ich gerne deutlich machen, dass wir in Nordrhein-Westfalen als Medienland sehr gut aufgestellt sind. Die Fakten, dass wir das Medienland Nummer 1 in Deutschland sind, sind nachzulesen. Dieser Befund ist auch heute unverändert richtig. Die Medienbranche ist erfolg

reich. Sie wächst, und die Landesregierung unterstützt dieses Wachstum gezielt mit einer Förderstrategie unter dem Dach des zukünftigen Medienclusters. Auch das möchte ich an dieser Stelle deutlich machen.

Ein Blick nach Köln belegt das auch. Dort findet in der nächsten Woche das alljährliche Medienforum statt. Erstmals werden nicht nur der Ministerpräsident dieses Landes, sondern sogar die Bundeskanzlerin und die für Medien zuständige EUKommissarin Frau Reding erwartet. Also führende Köpfe des Medienumfelds, der Medienszene aus Unternehmen, aus Rundfunkanstalten und Plattformbetreibern diskutieren alle aktuellen Themen. Die Anmeldezahlen lassen auf weit mehr als 3.000 Besucher der Medientage schließen. Besser lässt sich die besondere Bedeutung des Medienlandes Nordrhein-Westfalen kaum unterstreichen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich möchte nun, Frau Nell-Paul, auf Ihre Kritik am Verfahren zu sprechen kommen, dass viele Sachen nicht aktuell sind, und hier auf einige Entwicklungen eingehen, die aus zeitlichen Gründen von der Großen Anfrage und der Antwort darauf nicht mehr erfasst werden konnten.

Im Bereich des Digitalfernsehens ist es der Landesregierung gelungen, einen sich anbahnenden Konflikt zwischen der Landesanstalt für Medien und dem WDR um die Übertragungsressourcen durch eine Vielzahl von Gesprächen zu befrieden. Am Dienstag dieser Woche – das haben Sie erwähnt, Herr Keymis – konnte deshalb wie geplant DVB-T im Münsterland für den WDR in Betrieb gehen. Bis auf den Raum Aachen ist damit unser Land vollständig mit digitalem Fernsehen versorgt. Tatsache ist aber auch, dass sich die privaten Veranstalter hier leider weiterhin noch zurückhalten. Wir in der Landesregierung wollen diese Veranstalter weiter ermuntern, sich noch stärker zu engagieren.

Für das mobile Fernsehen, DVB-H, laufen zurzeit die Vorbereitungen für die Schaffung der notwendigen rechtlichen Grundlagen in einem entsprechenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dem zehnten. Die Rundfunkkommission der Länder hat hierüber gestern in Berlin beraten. Die Entscheidung durch die Ministerpräsidenten ist für die Jahreskonferenz vom 17. bis 19. Oktober 2007 vorgesehen.

Das Inkrafttreten dieses Staatsvertrages ist allerdings erst für August 2008 geplant. Dies beruht auf den Landtagswahlen im Laufe des Jahres 2008 und die dadurch entstehenden Sitzungspau

sen. Es erscheint aber so, dass dies ein gerade noch vertretbarer Zeitrahmen ist, da insbesondere die Probleme der Beteiligung des öffentlichenrechtlichen Rundfunks an DVB-H zwischen den Beteiligten noch nicht abschließend geklärt sind.

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass es richtig ist, sich zu engagieren, und sie engagiert sich in dieser Diskussion massiv. Denn wir haben mit den Rundfunkanstalten, mit den Plattformbetreibern, mit den Content-Herstellern und mit den Telekommunikationsunternehmen alle Player bei uns in Nordrhein-Westfalen ansässig. Wir sind daher am Gelingen dieses Projektes besonders interessiert und hoffen hierbei auf die Zustimmung des Landtages und aller vier Fraktionen.

Meine Damen und Herren, Sie haben in der Großen Anfrage danach gefragt, wie die Landesregierung zu der Verschlüsselung über Satellit ausgestrahlter Fernsehprogramme steht. Das Notwendige hierzu haben wir in unserer Antwort ausführlich dargelegt. Ich will deutlich machen, dass eine Entschärfung der Situation allerdings zwischenzeitlich dadurch eingetreten ist, dass ProSiebenSat.1 von diesem Vorhaben Abstand genommen hat. Es ist aber unübersehbar, dass die Verschlüsselung ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftsmodelle der Zukunft sein wird und auch keine Tabuisierung möglich ist.

Im Bereich der europäischen Medienpolitik ist der Inhalt der Änderung der Fernsehrichtlinie inzwischen bekannt. Deshalb möchte ich mich hier kurz fassen. Wir freuen uns aus Sicht der Landesregierung, dass es zwischenzeitlich aufgrund der Vorschläge der Länder gelungen ist, das Beihilfekontrollverfahren betreffend die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einvernehmlich abzuschließen. Die Europäische Kommission hat das Angebot der Länder zur rechtlichen Änderung akzeptiert und das Verfahren eingestellt. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen. Innerhalb eines Zweijahreszeitraums sind die gesetzlichen Änderungen vorzunehmen. Das wird dann in dem 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sein.

Die Landesregierung hat sich in Brüssel in der Viererverhandlungsgruppe sehr engagiert. Wir werden auch die sicher nicht ganz einfache Umsetzungsphase engagiert vorantreiben. Der zukünftige Public-Value-Test ist in seiner inhaltlichen und organisatorischen Umsetzung nicht ganz einfach zu bestehen. Er ist eine Herausforderung, aber wir werden uns dieser Herausforderung auch widmen.

Am Ende der Großen Anfrage findet sich ein großer Fragenkomplex zum Thema Medienkonzentrationsrecht. Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass der 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag voraussichtlich Änderungen in der Zusammensetzung der KEK – also der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – bringen wird. So ist es zumindest angedacht und geplant. Dieser werden erstmals auch Direktoren der Landesmedienanstalten angehören. Dafür soll zukünftig die Möglichkeit entfallen, gegen eine Entscheidung der KEK die KDLM – das ist die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten – anzurufen. Die Rechtssicherheit für alle an medienkonzentrationsrechtlichen Vorgängen Beteiligten wird hierdurch vergrößert werden. Änderungen des materiellen Medienkonzentrationsrechts sind nicht vorgesehen.

In Anbetracht der von mir bereits erwähnten Schnelllebigkeit der Medienbranche stellt die Antwort der Landesregierung natürlich immer nur eine notwendige Momentaufnahme dar, welche bereits zum Zeitpunkt der Drucklegung als Landtagsdrucksache in Teilbereichen überholt ist. Die aktuellen medienpolitischen Entwicklungen werden in der nächsten Woche auf dem Medienforum in Köln erörtert werden. Ich lade deshalb alle an der Medienpolitik Interessierten ein, in der nächsten Woche das Medienforum in Köln zu besuchen.

Abschließend schaue ich noch einmal auf meinen Zettel, ob ich alle Anmerkungen – auch von Ihnen, Herr Keymis – beantwortet habe. Ich glaube, das ist der Fall.

Einen Punkt möchte ich noch ergänzen. Sie wissen auch, dass die Frage der Intervention des damaligen Ministerpräsidenten Steinbrück von der jetzigen Landesregierung nicht geteilt wird. Sie wissen aber auch, dass es einen Kurswechsel gegeben hat. Wenn wir auf die Unterstützung aller vier Fraktionen im Parlament setzen können, da eine Beruhigung und Verstetigung hineinzubekommen, dann ist es auf jeden Fall klug, auch mit einer Zunge im Landtag und als Landesregierung zu sprechen. Ich möchte nicht sagen, dass die paar Cent Streit nicht wert sind, aber ich glaube, dass das Verfahren gezeigt hat, dass es Nordrhein-Westfalen im Endeffekt nicht genutzt hat. Ich würde den Zusammenhang, so wie Sie ihn vorgestellt haben, dass er deswegen auch abgewählt ist, so unmittelbar nicht herstellen.

Wir bedanken uns für das Vertrauen, und ich glaube, dass wir noch spannende medienpolitische Diskussionen im Fachausschuss – in dem

Falle im Hauptausschuss – zu erwarten haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Breuer. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Da die Wortmeldungen damit abgearbeitet sind, schließe ich die Beratung und stelle fest, dass die Große Anfrage 4 der Fraktion der SPD damit erledigt ist.

Meine Damen und Herren, wir verlassen diesen Tagesordnungspunkt und kommen zu:

10 Mehr Ganztagsinvestitionen für NordrheinWestfalen – Bundesmittel nicht verschenken

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3172

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drucksache 14/4411

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4540

Ich weise darauf hin, dass dieser Antrag gemäß § 79 Absatz 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend – überwiesen wurde, und zwar mit der Bestimmung, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt.

Ich eröffne die Beratung. Frau Kollegin Beer steht bereit. Sie erhält das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast täglich erleben wir zurzeit Pressemitteilungen aus dem Schulministerium, die einräumen, dass die Opposition mit ihrer Kritik an der Koalition der Fehlsteuerung vollkommen richtig liegt.

(Beifall von den GRÜNEN)

In Salamitaktik muss die Ministerin einräumen, was falsch läuft: Unterrichtsausfall bei den Sprachstandserhebungen, Schulessen, kahler Ganztag am Gymnasium. Dann hilft es auch nicht, wenn Herr Witzel uns heute in lächerlich unsäglicher Weise weiß zu machen versucht, Kommunen hät

ten den Ganztag erst richtig mit dem neuen Schulgesetz entdeckt.

(Ralf Witzel [FDP]: So ist das!)

Seine künstliche Aufgeregtheit zeigt doch, dass er eigentlich von der kommunalen Ebene erstens überhaupt keine Ahnung hat – aber das ist für ein Mitglied der FDP überhaupt nicht untypisch, und er steht da auch nicht in der Gefahr des Erkenntnisgewinnes – und zweitens macht das eins nur deutlich: die Dünnhäutigkeit dieser Koalition der Fehlsteuerung, die nämlich langsam auffliegt, weil Eltern, Schulen und Kommunen auf den Budenzauber, den Sie hier veranstalten und vom Zaun brechen wollen, nicht mehr hereinfallen – ganz besonders auch nicht auf die FDP.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Schauen Sie sich die Anmeldezahlen an!)

Die Art und Weise, in der Sie hier sozialpolitische Initiativen wie das Schulessen oder auch die Befreiung von den Rundfunkgebühren kommentiert haben, zeigt doch nur eins: Soziale Ungerechtigkeit und FDP, das gehört zusammen und lässt sich nicht auflösen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

So wird auch hinsichtlich der Ganztagsschule deutlich, dass die Koalition der Fehlsteuerung bei einem weiteren zentralen Punkt versagt: Schulen, Eltern, Kinder und nicht zuletzt die Kommunen stehen wieder einmal im Regen. Im Klartext heißt das: Wenn Kommunen in diesem Jahr Anträge auf Investitionsmittel zum Ausbau ihrer Grundschulen gestellt haben, dann müssen sie mit einer drastischen Kürzung ihrer Zuweisung um mindestens 30 % bis hin zur Ablehnung ihrer Anträge rechnen.

Es ist völlig inakzeptabel, dass die Landesregierung parallel zum laufenden Bewilligungsverfahren für die offene Ganztagsgrundschule und Ganztagshauptschule die Förderkriterien rückwirkend zulasten der Schulen und Kommunen verändert. Es erwischt Schulen und Kommunen wieder einmal eiskalt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Überhaupt nicht akzeptabel ist auch, dass alle Anträge für den Ausbau der Hauptschulen, die ein Auslaufmodell im Schulsystem sind, bewilligt werden sollen, während Anträge für Grundschulen komplett über die Klinge springen.

(Zurufe von Ralf Witzel [FDP] und Ingrid Pie- per-von Heiden [FDP])

Das ist die Realität, so wie Sie hier versuchen, die Dinge zu steuern.

Frau Sommer, unsere Schulministerin, nimmt auch Zuflucht zum Glauben an die Schulform Hauptschule und die Dreifaltigkeit des Schulsystems.

(Beifall von den GRÜNEN)