Protocol of the Session on June 14, 2007

Der Kollege der Sozialdemokraten hat eben vorgetragen, dass das mit den Familienzentren zwar eine gute Idee sei. 12.000 € ist mehr als Null Euro. Selbst eine Arithmetikerin wie Frau Asch wird zugestehen, dass das mehr ist als Null, wenn man so etwas macht.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Lassen Sie das doch! Das ist billig!)

Frau Asch, Ihr Redebeitrag ließ diese Sachlichkeit vermissen, weil Sie da, wo mehr Geld gegeben wird, es verstehen, das herunterzureden und den Eindruck zu erwecken, als sei gekürzt worden.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Es ist gekürzt worden!)

Das haben Sie gestern gemacht, das haben Sie heute gemacht, das machen Sie immer. Insofern hat der Kollege, der das eben beschrieben hat, Recht damit, dass 12.000 € allein für die Vernetzungsarbeit benötigt werden. Das ist seine Aussage gewesen. Die Kindertagesstellen haben bereits vorher vernetzt, haben dafür aber kein Geld bekommen. Jetzt bekommen sie das Geld. Aber wenn die Nachfrage in der Familienbildung steigt, wenn das wirklich stimmt, dass das unterschwellige Angebot funktioniert, dann wird man in den nächsten Jahren natürlich genauer hinschauen müssen, ob wir nachsteuern müssen, ob wir vielleicht auch Familienbildung haushaltsmäßig noch besser ausstatten müssen, als sie heute ausgestattet ist.

(Beifall von der CDU)

Letzter Punkt ist die Schuldner- und Insolvenzberatung. Auch die unterstützt das Ministerium mit jährlich 5,4 Millionen €. 44.500 Schuldnerberatungen bieten Informationen, wie den Menschen der Weg aus der Armut geebnet werden kann. Auch das ist ein ganz wichtiges Thema.

Mit Hilfe des Landespräventionskonzeptes wollen wir auch die gesundheitliche Situation der Kinder in Nordrhein-Westfalen verbessern. Dazu gehören Landesprojekte wie das Projekt Gesundheit von Mutter und Kind sowie die Hilfe für übergewichtige Kinder. Auch das hat der Kollege Laumann eben beschrieben. Armut und Übergewichtigkeit stehen oft in einem eigenartigen Gegensatz. Gerade diejenigen Eltern, die eher in Armut leben, brauchen Beratung, wie man zur Gesundheit von Kindern beitragen kann. Das schaffen diese Konzepte, das macht das „Handlungskonzept für einen besseren und wirksameren Kinderschutz“ und viele weitere Aktivitäten.

Ich möchte jetzt noch einmal an das anknüpfen, was Bildungschancen von Kindern in Zukunft erhöht. Denn jedes Kind, das eine Bildungschance bekommt, hat auch eine Chance, aus der Armut herauszukommen. Genau das war der Weg, mit dem früher Menschen aus sozial benachteiligten Schichten den Aufstieg schaffen mussten. Wir brauchen eigentlich eine Renaissance bildungspolitischer Debatten, wo wieder darüber gesprochen wird, dass jeder dieselbe Bildungschance hat, egal wie sein Elternhaus dasteht. Da ist nach zwei Jahren vieles an Erfolg zu verkünden. Ganztagshauptschulen gab es in der Zeit, als der Armutsbericht erschien, nämlich im Jahre 2005, so gut wie gar nicht. Das war eine ideologische Entscheidung von Ihnen zu sagen, wir setzen auf andere Bildungssysteme, aber da, wo der Bedarf am größten ist, gibt es keine Ganztagsangebote. Insofern, meine ich, würde es Ihre Glaubwürdigkeit erhöhen, wenn Sie einmal sagen würden

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Frau Asch, ich kann Ihnen einen Tipp geben, falls es Sie interessiert, wie Sie sie erhöhen könnten –: Ja, es gab im Jahre 2006 100 Ganztagshauptschulen. – Im Jahre 2007 gibt es 34 mehr und im Jahre 2008 wird es noch einmal 116 mehr geben. Man kann das doch einmal anerkennen, dass für die Kinder in den Hauptschulen mehr Mittel zur Verfügung stehen. Insofern weiß ich nicht, weshalb man, wenn man über Angebote für Kinder spricht, dies nicht würdigt.

Sie könnten gleich fortfahren und sagen: Ja, es stimmt, als der Bericht erschien, waren wir in der Regierungsverantwortung, und wir hatten Plätze

nur für 2,8 % der unter Dreijährigen. – Sie haben eben beschrieben: Da sitzen die unter dreijährigen Kinder vor dem Fernseher; es wäre mir lieber, wenn sie in guter Betreuung wären.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte das gerne zu Ende führen. – Sie könnten sich jetzt hier hinstellen und sagen: Ja, jetzt ist es so, und im Jahre 2010 werden 90.000 Kinder weniger vor dem Fernseher sitzen, wenn Ihre Analyse stimmt, als zu der Zeit, als wir die Regierungsverantwortung getragen haben. – Das wäre eine Bilanz zu dem Bericht, der im Jahre 2005 erschienen ist, und zu dem, was wir gemacht haben. Aber dafür gibt es selbst in einer Debatte, die eigentlich zur Sachlichkeit beitragen sollte, scheinbar keine Chance.

Sie sind gleich über den Ministerpräsidenten hergefallen, als er gesagt hat „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Natürlich sind 10 Millionen € vielleicht nicht genug; vielleicht könnten es auch 20 Millionen € sein. Aber wenn ein Ministerpräsident sagt, dass er sich dieses Thema vornimmt, dass er diesen Fonds gründet, dass er an die Kommunen appelliert, mitzuwirken,

(Beifall von der CDU)

dann könnten Sie doch einmal sagen: Das ist gut, Herr Rüttgers, 10 Millionen € für „Kein Kind ohne Mahlzeit“.

(Norbert Killewald [SPD]: Das hat er doch gar nicht gesagt, Herr Minister!)

Nein, das Grundprinzip ist, herumzunörgeln und das zu kritisieren.

Das hätte Herr Steinbrück, das hätte Herr Clement auch machen können. – Der Jürgen Rüttgers macht es, und das ist anerkennenswert und ein Signal an die Gesellschaft.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf)

Der Tagesordnungspunkt ist Kinderarmut und ob Kinder mittags etwas zu essen bekommen. Ich habe nicht gehört, dass Frau Asch den Ministerpräsidenten gelobt hat,

(Norbert Killewald [SPD]: Gestern war ein Antrag der Grünen, wo sie den Ministerprä- sidenten gelobt hat! Da waren Sie wohl nicht da!)

aber ich besorge mir schleunigst das Protokoll zur Wochenendlektüre.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das ist interessant, dass Sie es früher kriegen als wir!)

Lassen Sie mich mit einer Bemerkung, die den Finanzminister vielleicht interessieren könnte, schließen: Dänemark lag im 19. Jahrhundert nach verlorenem Krieg gegen England darnieder. Der König beschloss in dieser Situation,

(Britta Altenkamp [SPD]: Sein oder Nichtsein!)

den Haushalt für Kunst und Bildung zu erhöhen. Der Finanzminister protestierte. Der König aber antwortete: Arm und elend sind wir sowieso. Wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein.

(Beifall von der CDU)

Unser Glück ist: Wir haben einen Finanzminister, der so schlau ist wie der König, der nicht protestiert, sondern das Geld gerade in den Bereichen zur Verfügung stellt.

(Beifall von der CDU)

Der nächste Haushalt zeigt: mehr Geld für Kinder, mehr Geld für Bildung, mehr Geld für Ganztagshauptschulen. Das ist auch ein Signal, Menschen aus Armut herauszuholen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet. –Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir sind am Schluss der Beratung.

Wir stimmen ab. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/4473 an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration – federführend –, den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie den Ausschuss für Schule und Weiterbildung zur Mitberatung. Die abschließende Beratung und Abstimmung wird im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist damit einverstanden? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Wir kommen zu:

5 Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2007 (Nachtragshaushaltsgesetz 2007)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/4460

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung dem Finanzminister, Herrn Dr. Linssen, das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So unterschiedlich können die Situationen an diesem Rednerpult sein. Im Oktober 2005 bei der Einbringung des zweiten Nachtragshaushalts für das Jahr 2005 musste ich eine Rekordnettoneuverschuldung von 7,4 Milliarden € ankündigen. Diese Milliarden – Sie erinnern sich – waren notwendig, um die unrealistischen Etatansätze der rot-grünen Vorgängerregierung zu korrigieren. Gottlob konnte dann dank Haushaltssperre und besser fließender Steuereinnahmen die tatsächliche Nettoneuverschuldung des Jahres 2005 auf 6,7 Milliarden € begrenzt werden und damit auf das Maß, das die Vorgängerregierung bereits in den Jahren 2003 und 2004 erreicht hatte.

Damals war auch schon absehbar, dass wir mit dem Haushalt 2006 bittere, aber nötige Zumutungen – im ganzen Land spürbare Einschnitte – durchführen mussten. So hatten wir es im Wahlkampf angekündigt, so ist es auch gekommen. Das waren mithin alles andere als erfreuliche Botschaften, die ich seinerzeit verkünden musste.

Nun – etwas mehr als anderthalb Jahre später und mit fast 4,4 Milliarden € Nettoneuverschuldung weniger – sieht das Bild schon anders aus. Gegenüber dem vom Landtag für das Jahr 2007 beschlossenen Haushalt wird die Nettoneuverschuldung nochmals von 3,2 Milliarden € auf 2,3 Milliarden € reduziert. Eine so niedrige Nettoneuverschuldung gab es in unserem Land zum letzten Mal im letzten Jahrtausend, nämlich im Jahre 1992. Innerhalb von gut anderthalb Jahren haben wir damit die Versäumnisse von 15 Jahren rot-grüner haushaltspolitischer Misswirtschaft wieder aufholen können. Das ist eine gute Botschaft für unser Land und die Menschen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich verspreche: Wir werden weiter aufholen.

Diese Entwicklung zeigt, dass der Kurswechsel zu einer neuen Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen richtig und nötig war. Sie zeigt, dass die Landesregierung finanzpolitisch die richtigen Weichen für

unser Land gestellt hat, und sie ist schließlich eindringliche Mahnung, den Konsolidierungskurs konsequent fortzusetzen. Nur dann werden wir zu einer wirklich nachhaltigen Haushaltswirtschaft kommen.

Im Jahr 2005 war der Landeshaushalt schon im dritten Jahr in Folge komplett aus den Fugen geraten. Von geordneten Staatsfinanzen konnte keine Rede mehr sein. Unrealistische Etatansätze ließen die Haushaltspläne eher wie ein Märchenbuch denn als eine verlässliche Planungsgrundlage erscheinen. Im vollen Bewusstsein der damit verbundenen Schwierigkeiten hat die Landesregierung gleichwohl einen neuen finanzpolitischen Kurs angekündigt und sich konsequent auf den durchaus steinigen Weg der Sanierung der Landesfinanzen gemacht. Der Landesregierung war dabei klar, dass das Umsteuern kurzfristig mit erheblichen und spürbaren Einschnitten verbunden sein würde, die Sie von der Opposition hier oft genug beklagt haben.

Aber wir waren und sind der festen Überzeugung, dass die neue Finanzpolitik langfristig zu soliden und stabilen Staatsfinanzen führen wird. Mit unserem klaren Kurs haben wir Wort gehalten, und es freut mich natürlich, dass die Menschen in unserem Land die positiven Wirkungen des Konsolidierungskurses sehen und verstehen können. Vom ersten Tag der neuen Finanzpolitik an war die Linie darauf ausgerichtet, trotz der Kürzungen, trotz der Sanierungsschritte und trotz der Einschnitte die Voraussetzung für eines zu schaffen: dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen wieder Vertrauen in die finanzpolitische Berechenbarkeit und Verlässlichkeit des Staates zurückgewinnen.

Die Menschen in Nordrhein-Westfalen sollen wieder spüren, dass die staatlichen Institutionen sorgsam mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger, dem Steuergeld, umgehen.