Protocol of the Session on May 24, 2007

Deshalb muss man solche Diskussionen anregen. Politik kann keine Förderprogramme für die Wirtschaft machen, wie sie das Potenzial erkennt. Aber sie kann Best-Practice-Beispiele von Unternehmen zeigen.

Der demografische Wandel findet vor allem in unseren Kommunen statt. Besonders in den Ruhrgebietsstädten werden prozentual zum Teil zweistellige Einwohnerverluste erwartet.

Die Gesellschaften werden dort schneller älter als im Rest der gesamten Republik. Kommunalpolitik so anzulegen, dass man diesem demografischen Wandel Rechnung trägt, halte ich für eine sehr wichtige Idee.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Die Stadt Schwerte beispielsweise hat einen Demografieausschuss, in dem alle kommunalpolitischen Entscheidungen, wie Stadtentwicklung, Wohnungsbau oder Sozialpolitik unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels heute schon betrachtet werden. Ich glaube, wir brauchen davon noch mehr.

Die Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind erwähnt worden. Auch das ist ein neuer Wandel, den wir in den letzten Jahren erleben. Früher gingen viele, wenn sie Rentner wurden, zurück in ihre Heimatländer. Heute bleiben sie auf Dauer hier und werden auch ihren Lebensabend hier beschließen. Darauf sind wir so gut wie überhaupt nicht vorbereitet. Altersgewohnheiten, Altenheime und Essgewohnheiten sind bei älteren Menschen mit Zuwanderungsgeschichte anders als bei Deutschen ohne Zuwanderungsgeschichte. Das können wir unter dem Blick der Politik in den Ausschüssen weiter erörtern.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Frau Präsidentin hat sich geräuspert. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/4243 an den Ausschuss für

Generationen, Familie und Integration – federführend –, den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll in öffentlicher Sitzung im federführenden Ausschuss erfolgen. Sind Sie damit einverstanden? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung mit Zustimmung aller vier Fraktionen angenommen.

Ich rufe auf:

6 Befreiung von der Rundfunkgebühr für Geringverdienende erleichtern

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4346

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD dem schon ungeduldig ans Rednerpult eilenden Kollegen Kuschke das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir greifen mit unserem Antrag ein Thema auf, das es als gerechtfertigt erscheinen lässt, es mit Ruhe und Sachlichkeit, nichtsdestotrotz aber mit Engagement zu verfolgen.

Die Ausgangssituation ist in unserem Antrag dargestellt. Ich will sie noch einmal kurz umreißen. Es geht um die Auswirkungen des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 1. April 2005, um die Auswirkungen auf die Anzahl der Befreiungstatbestände von der Rundfunkgebührenpflicht und um die sich daraus ergebenden Personenzahlen.

Ich will gleich zu Beginn, damit das nachher in der Debatte nicht unnötig eine Rolle spielt, darauf verweisen – Herr Kollege Hegemann und Herr Minister Breuer, Sie wissen das –: Ich habe damals den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag von dem Platz verfolgt, auf dem jetzt Minister Breuer sitzt. Ich will auch freimütig einräumen, dass es damals schon Hinweise gegeben hat – Herr Kollege Keymis, Sie nicken zustimmend –, die darauf aufmerksam gemacht haben: Die Änderungen des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrages können möglicherweise Auswirkungen auf die Befreiung haben, die gravierender sind als vermutet.

Wir wollen gern einräumen, dass es in der Tat zu einem Rückgang bei den Befreiungstatbeständen gekommen ist. Der weitere Ablauf bzw. die Geschwindigkeit bei den Rundfunkänderungsstaatsverträgen hat es nicht möglich gemacht, entsprechende Änderungen in den 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag einzubringen, sodass wir nun vor der Situation stehen, im Entwurfsstadium des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrages zu sagen, dass jetzt der geeignete Zeitpunkt ist, sich darüber Gedanken zu machen, was konkret verändert werden muss.

Ich will, was den thematischen und inhaltlichen Hintergrund des Antrages und unseres Begehrens angeht, gar nicht abschweifen, sondern auf die Debatten verweisen, die wir heute im Laufe des Vormittags in diesem Hohen Hause geführt haben. Sie hatten sehr viel mit der sozialen Lage von Menschen in Nordrhein-Westfalen zu tun. Das Stichwort gesellschaftliche Teilhabe hat dabei eine große Rolle gespielt.

Nicht erst nachdem es höchstrichterliche Rechtsprechung über Ansprüche der Menschen auf Teilhabe an der medialen Kommunikation gibt, sind wir sicherlich einer Meinung: Die Entwicklungen der Medien in den vergangenen Jahrzehnten bei der Kommunikation machen es notwendig, dass wir die Frage, wer nicht nur aufgrund der technischen, sondern auch aufgrund der finanziellen Möglichkeiten und der sozialen Situation nicht daran teilnehmen kann, sehr ernst nehmen.

Wir diskutieren dieses Thema auch nicht theoretisch-abstrakt, sondern wir haben als Parlament einen Hintergrund der Lebensrealität. Sie hat sich beim Petitionsausschuss dieses Landtags gezeigt. Herr Kollege Hegemann, bestimmte Gespräche am Rande des Plenums haben es mit sich gebracht, dass ich jetzt gar nicht eine Diskussion führen möchte, wie groß der Konsens im Petitionsausschuss war, das zu einem Anliegen im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, im Hauptausschuss als zuständigem Medienausschuss und im Plenum zu machen. Aber ich glaube, es ist schon gerechtfertigt zu sagen, dass die Erfahrungen im Petitionsausschuss alle Fraktionen dazu gebracht haben, sich dieses Themas ernsthaft anzunehmen.

Es hat zahlreiche Eingaben von Petenten gegeben, die in sehr überzeugender Art und Weise stellvertretend für die Situation der jeweils betroffenen Gruppen dargestellt haben, dass es in der Tat zu einschneidenden Situationen durch die Unmöglichkeit gekommen ist, bestimmte Befreiungstatbestände wie noch beim 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag geltend zu machen.

Das hat dazu geführt, dass wir von folgenden Erfahrungen ausgegangen sind – so will ich das formulieren –: Die Praxis, die wir im Petitionsausschuss erlebt haben, und das, was auch zwischen den Fraktionen im Gespräch war, bringt uns dazu, dieses Thema aufzugreifen. Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist es ja aufgegriffen worden. Wir waren damals der Auffassung: Eigentlich würde das auch so sein, wenn es in dem für Medienfragen zuständigen Hauptausschuss beraten würde. Das war nicht der Fall. Das will ich nicht weiter beschreiben und auch nicht bewerten.

Unser Eindruck war, in der Sache sind wir soweit nicht auseinander. Das ist der entscheidende Punkt. Es gibt gleich noch die Chance und meine Bitte wäre, dass wir die auch nutzen. Wir gehen in der Tat übereinstimmend davon aus, dass wir beim entsprechenden § 6 im 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag Veränderungen benötigen werden. Dass wir noch etwas Zeit für die Formulierung der entsprechenden Änderung haben, ist klar. Wir möchten jedoch ungern in die Situation wie zwischen dem 8. und 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag kommen, als wir damals zu spät gekommen sind.

Ich will einen letzten inhaltlichen Punkt aufgreifen, der von den Antragstellern, von Bündnis 90/Die Grünen und uns, nicht ohne Grund noch einmal deutlich formuliert und festgehalten worden ist, nämlich auf Seite 2 am Ende des Absatzes II. Ich darf diesen Passus, Frau Präsidentin, zitieren:

„Ungeachtet der notwendigen Befreiungen, die in dem anstehenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag Aufnahme finden müssen, muss am Prinzip der Bedarfsermittlung durch die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzierungsbedarfs (KEF) zur Erfüllung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festgehalten werden.“

Wir wollten hier eindeutig dokumentieren, um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Wir verstehen das nicht als einen Eingriff in die Autonomie der entsprechenden Kommission, sondern wir möchten vor dem Hintergrund der Petenten, die sich an den Petitionsausschuss gewandt haben, als Parlament initiativ werden, um deutlich zu machen, dass wir hier eine entsprechende Änderung benötigen.

Von der Geschäftsordnung her ist dies ein Antrag, der heute direkt abgestimmt werden soll. Sollte sich in der Debatte zwischen den Fraktionen ergeben, dass es doch eine Möglichkeit gibt, zusammenzukommen, dann wären wir, Herr Kollege

Keymis, bereit, Urheberrechte und sonstige Rechte hintanzustellen und zu sagen, es geht uns um die gemeinsame Sache. Dann könnte man, Frau Präsidentin, sicherlich mit Ihrer Unterstützung und natürlich streng nach der Geschäftsordnung noch einen Weg überlegen, auf dem wir möglicherweise zu einem einheitlichen Votum im weiteren Fortgang der parlamentarischen Beratung kommen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wir freuen uns auf eine konstruktive Diskussion.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kuschke. – Für die weitere antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Kollege Keymis das Wort.

Vielen Dank. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kuschke hat schon auf die wesentlichen Zusammenhänge hingewiesen. Es handelte sich beim 8. Änderungsstaatsvertrag um einen sogenannten Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Das sind die, wo es um die Frage geht: Werden die Rundfunkgebühren angepasst, und wenn ja, in welcher Höhe?

Viele im Haus werden sich erinnern, dass wir heiße Debatten über die Frage geführt haben, inwieweit sich Ministerpräsidenten in diese Fragen einzumischen hätten. Die entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hierzu warten wir ja noch ab.

Dann gab es den 9. Änderungsstaatsvertrag, bei dem wir nichts geändert haben, jedenfalls nichts, was von Belang wäre, worüber wir in unserem Antrag heute sprechen. Die Initiative ist von der SPD-Fraktion ausgegangen, um das klar zu sagen. Wir haben sie aber sofort gerne mit aufgegriffen. Wir haben erkannt, dass sich die Dinge nicht so entwickelt haben, wie wir es ursprünglich vermutet haben.

Wir, Bündnis 90/Die Grünen und Sozialdemokraten, haben es immer so gesehen, dass wir den Menschen, die mit geringem Einkommen klarkommen müssen, verpflichtet sind und bleiben. Es geht darum, diese Menschen – das Stichwort Teilhabe ist gefallen – am öffentlich-rechtlichen Rundfunk teilhaben zu lassen, auch wenn sie sich die Gebühren nicht leisten können, weil sie unter die entsprechende Sozialgesetzgebung – in dem Fall SGB I – und die damit verbundenen geringen Beträge, die sie monatlich beziehen, fallen.

Vor dem Hintergrund macht es Sinn, die Befreiungstatbestände noch einmal neu zu definieren

und den engen Rahmen, den wir ursprünglich seitens der Staatskanzleien im 8. Vertrag gesetzt haben, spätestens mit dem nächsten, dem 10. Rundfunkgebührenstaatsvertrag zu ändern.

Wir hatten in Nordrhein-Westfalen mal eine sogenannte Befreiungsquote von etwa 10 %. Die Quote ist erheblich gesunken und ist ein Ausdruck dessen, dass die Menschen diese Befreiung nicht mehr so in Anspruch nehmen konnten, obwohl es immer noch genügend Leute gibt, die sehr geringe Einkommen im Monat aus Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II beziehen. Aus dieser Situation haben wir gelernt. Wir haben im Petitionsausschuss eine sehr hohe Eingabequote von betroffenen Menschen gehabt, auch von Einrichtungen, die diese Betroffenheit weitergegeben haben. Herr Kuschke hat schon darauf hingewiesen: Alle waren sich einig, auch alle Mitglieder des Petitionsausschusses, dass man diese Dinge genauer unter die Lupe nehmen muss und die entsprechenden rechtlichen Änderungen insbesondere in den § 6 des 10. Staatsvertrages einzuarbeiten sind.

Wir haben noch einen Versuch gestartet, der leider in der politischen Debatte, wenn ich das richtig nachvollziehen konnte, vonseiten der FDP ein Stück weit infrage gestellt gewesen ist, wie weit man mit den Änderungen geht. Wir hatten unter den übrigen Fraktionen schon eine relativ weitreichende Übereinstimmung erreicht. Es wäre schön – deshalb ist der Vorschlag, den wir heute unterbreiten, richtig –, wenn wir eine gemeinsame Initiative schafften. Mit Blick auf die Medienpolitik würden wir dann eine an sich schöne Tradition aus der vorherigen Legislaturperiode fortsetzen.

Herr Hegemann, Sie werden nach mir sprechen und es möglicherweise in die Richtung vorantreiben können, dass wir zu einer gemeinsamen Initiative aus dem Landtag heraus kommen, die sich an die Landesregierung richtet, die diesen Vertrag mit den übrigen 15 Staatskanzleien in unserer Republik auszuhandeln hat.

Ich will es an der Stelle kurz machen und die Redezeit nicht ausnutzen, sondern Ihnen meinen Appell mitgeben und damit unterstreichen, was Kollege Kuschke gesagt hat: Lassen Sie uns im Parlament zu einer möglicherweise gemeinsamen Initiative kommen. Dann könnten wir an der Stelle heute auf die kontroverse, die direkte Abstimmung, die wir zunächst im Blick hatten, verzichten. Vielleicht gelingt uns ein gemeinsames Papier, das wir der Staatskanzlei als Arbeitsauftrag mit auf den Weg geben können. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Für die Fraktion der CDU hat als nächster Redner Kollege Hegemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist ein Antrag, der in der Tat wenig strittig ist, und es wird nicht ganz einfach sein zu erklären, warum wir welchen Verfahrensablauf bisher hatten.

Ausgehend vom Petitionsausschuss ist die Problematik in den Sozialausschuss gekommen und dort, wie ich höre, mehr oder weniger durchgewunken worden.

(Günter Garbrecht [SPD]: Das haben wir in- tensiv diskutiert! Da wird nichts durchgewun- ken!)

Wenn das stimmt, dann müssen Sie auch sagen, ob Sie bei dieser Diskussion die Wahrheit gesagt haben. Wenn Sie durch Ihren Zwischenruf eine Konfrontation wollen, dann könne Sie die haben. Ich bin darauf vorbereitet. Dann dürfen Sie nicht sagen, das sei in den Fraktionen abgesprochen gewesen. Sie müssen die Wahrheit sagen, wenn Sie mit anderen Fraktionen verhandeln. Ich bin also gerne bereit, auf Zwischenrufe einzugehen.

Mittlerweile ist dieses Thema im Hauptausschuss gelandet. Ich bin mir sehr sicher, dass wir auch nach dem heutigen Tage in der Sache in dieselbe Richtung gehen, Herr Kuschke und Herr Keymis. Eines ist jedoch bemerkenswert: Niemand von Ihnen hat bisher über die Kosten geredet.

Normalerweise stehen in Gesetzesinitiativen die Kosten und Finanzierungsalternativen. Sie sprechen nur Befreiung, sagen aber nicht, welche Einnahmeverluste es bei den Rundfunkanstalten geben wird. Allein das Soziale Jahr, das Sie angesprochen haben, ist finanziell erfasst. Hier geht es um 8 Millionen €. Gemessen an 7,1 Milliarden €, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk kostet, ist das eine Petitesse. Ich meine auch, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch Einsparpotenzial hat. Wir könnten auf Werbung verzichten. Da bin ich völlig Ihrer Meinung.