Warum aber dann dieser große Medienrummel und dieser Sturm im Wasserglas? – Vielleicht handelt es sich um die Enttäuschung darüber, dass die Ergebnisse des Ladenöffnungsgesetzes keineswegs so katastrophal ausgefallen sind, wie Sie das im letzten Jahr in den Debatten vorausgesagt haben.
Der Sonntagsschutz ist ein hohes Gut, und zwar nicht nur nach der Landesverfassung und dem Grundgesetz. Und die christlichen Feiertage gliedern unseren Jahresablauf. Das gilt natürlich vor allen Dingen für den wechselnden Ostertermin, der nicht nur unseren Karneval und den Ostertag bestimmt, sondern auch Christi Himmelfahrt und
Pfingsten. Das heißt, es ist tief in unser Selbstverständnis eingegangen, dass wir immer fragen, wann nächstes Jahr Ostern liegt. Genauso spannend ist die Frage, auf welchen Tag Weihnachten fällt. Diese christlichen Feste gliedern unseren normalen Ablauf, und es ist nicht nur ein religiöses, sondern auch ein kulturelles Phänomen, das unser Land und unsere Gesellschaft nach wie vor wesentlich bestimmt.
Der Schutz dieser wichtigen Feiertage ist ein hohes Gut. Es geht ausdrücklich um den Schutz der Feiertage und nicht um den Schutz der Folgetage.
Jetzt haben Sie die Stellungnahmen der Kirchen angesprochen. Ich gestehe ein: Die Stellungnahmen der Kirchen irritieren etwas.
In den Beratungen hat die evangelische Kirche gesagt, nicht der Sonn- und Feiertagsschutz, sondern seine Durchbrechung sei legitimationsbedürftig. Die katholische Kirche hat folgende Formulierung vorgeschlagen: Am Ostersonntag, am Pfingstsonntag, am Volkstrauertag, am Totensonntag sowie an Sonntagen, auf die ein Feiertag fällt, dürfen Verkaufsstellen überhaupt nicht geöffnet werden.
Ich bin schon erstaunt, dass jetzt im Grunde genommen ein vermeintlich kleineres Gut in der Hoffnung hingegeben wird, eine Neuregelung an anderer Stelle zu erreichen.
Meine Damen und Herren, man muss sich folgende Frage stellen dürfen: Macht es nicht Sinn, dass an so großen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten nur diejenigen arbeiten, die unbedingt arbeiten müssen? Wer fragt eigentlich danach, wer die Brötchen am Ostersonntag backt? Wen schicken wir am Ostersonntag statt in die Osternachtsfeier in die Backstube, damit all die Leute, die diesen Medienrummel veranstaltet haben, um 10 Uhr ihre Brötchen mit nach Hause nehmen können?
Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu Bischof Genn – ich weiß nicht, ob er es so gesagt hat – backe ich am Ostersonntag Brötchen vom Vortag auf.
Sie haben doch immer besonders scharfe Forderungen gestellt. Herr Schmeltzer, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus Ihrer Plenarrede am 13. September. Da haben Sie gesagt:
„Das zeigt, dass Sie offensichtlich Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht kennen. Das will ich lediglich am Beispiel von Weihnachten, Ostern und Pfingsten festmachen. In der Vergangenheit war auch der zweite Feiertag geschützt, Sie schützen nur noch den ersten.“
Was machen Sie jetzt? – Jetzt haben Sie einen Antrag gestellt, in dem Sie diese Verlagerung vom ersten auf den zweiten Feiertag fordern. Diese Verlagerung wird dann mit dem dürftigen Argument begründet, es gäbe dann frischere Ware. Meine Damen und Herren, das ist doch nicht Ihr Ernst!
Die Blumen, die am Samstag angeliefert werden, sind am Sonntag nicht sehr viel frischer als am Montag. Das sind auf jeden Fall die Blumen, die wahrscheinlich vor Ostern, nicht einmal am Karsamstag, sondern sogar am Gründonnerstag, für den Verkauf vorbereitet wurden.
Sie von der SPD-Fraktion haben in einem Antrag vom 5. Juli – das ist die Drucksache 14/28 – letzten Jahres geschrieben:
„Der Landtag unterstützt den Widerstand dieser gesellschaftlichen Gruppen gegen eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten auch an Sonn- und Feiertagen.“
Und am 14. November haben Sie in einem Änderungsantrag – das ist die Drucksache 14/2928 – geschrieben:
Vielen Dank, Herr Kollege Sternberg. – Für die Fraktion der FDP hat nun der Kollege Brockes das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist kaum an Scheinheiligkeit zu überbieten, was uns Rot-Grün heute mit diesem Gesetzentwurf präsentiert. Man könnte wirklich meinen, dass Sie vom Saulus zum Paulus geworden sind, nachdem Sie uns noch vor gut einem halben Jahr hier vorgeworfen haben, es sei alles Teufelszeug, was wir hier mit der Liberalisierung des Ladenöffnungsgesetzes böten.
Meine Damen und Herren, insofern ist auch bemerkenswert: Dieser Gesetzentwurf beschäftigt sich einzig und allein mit einem Punkt, hinsichtlich dessen Rot-Grün Korrekturbedarf sieht. Das zeigt, dass wir mit unserem Gesetzentwurf, der über 3.800 Stunden pro Jahr in diesem Land liberalisiert hat, auf dem richtigen Weg sind. Schließlich streiten wir uns gerade einmal über 15 Stunden, die noch nicht liberalisiert sind.
Lieber Kollege Schmeltzer, Sie haben eben die kleine Julia genannt. Ich möchte die Debatte vom letzten Jahr aufgreifen. Ich bin sehr gespannt, was Sie denn der kleinen Julia erzählen, wenn die Mutter Floristin wäre oder in einer Bäckerei arbeiten würde.
Ich denke, Sie haben alle Möglichkeiten, dies in den weiteren Beratungen vorzutragen. Denn ich gehe davon aus: Wenn Sie Ihren Gesetzentwurf ernst nehmen, werden Sie eine Anhörung fordern.
Frau Steffens, wir haben unseren Gesetzentwurf damals auch an den Frauenausschuss überwiesen, weil wir einräumten, dass er auch Auswirkungen auf die Frauen hat. Das erachten Sie für Ihren Gesetzentwurf heute als nicht notwendig.
Meine Damen und Herren, die Erfahrungen am diesjährigen Ostersonntag haben gezeigt, dass in breiten Kreisen der Öffentlichkeit kein Verständnis dafür vorhanden ist, dass am ersten Feiertag ein Verkaufsverbot für Blumen, Brötchen und Zeitschriften gilt. Hinzu kommt, dass dies auch ein Tag ist, der enorme Umsatzeinbußen gerade für
kleine und mittelständische Floristen und Bäckereien bringt. Vor diesem Hintergrund sehen wir als Liberale Handlungsbedarf.
Wir wollen die Ladenöffnungszeiten auch am Pfingst- und Ostersonntag sowie am ersten Weihnachtstag für ein begrenztes Warensortiment wie Blumen und Brötchen freigeben. Dieses Anliegen wird sogar von den Kirchen geteilt; ich erwähne Prälat Vogt, Bischof Genn oder den Weihbischof aus Köln, der auch am Sonntag – auch am Ostersonntag – gerne ein Brötchen isst. Dem wollen wir nicht nachstehen. Nein, dem wollen wir gerne gerecht werden.
Von daher verschließen wir uns einer weiteren Liberalisierung keineswegs. Nein, hier werden wir gerne konstruktive Gespräche auch mit dem Koalitionspartner aufnehmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Als nächste Rednerin hat nun Frau Ministerin Thoben für die Landesregierung das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Versorgung der Bevölkerung mit Waren, über die wir hier heute aufgrund Ihres Antrags debattieren, ist für die Feiertage aufgrund der Möglichkeit einer längeren Öffnung an den Werktagen mit Sicherheit ausreichend sichergestellt.
(Beifall von der CDU – Marc Jan Eumann [SPD]: Thema verfehlt, Frau Ministerin! Mit- telstandsfeindlich!)
Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gebotenen Sonn- und Feiertagsschutzes sind die ersten Feiertage höher einzuschätzen als die zweiten. Aus diesem Grund haben wir den Tausch vorgenommen.