Protocol of the Session on May 3, 2007

Das, was Sie als Beschlussvorschlag beschreiben, bleibt deshalb hinter den derzeit gültigen Sachverhalten zurück. Die Dienstleistungsrichtlinie befindet sich nämlich nicht mehr – so stellen Sie es dar – in der Entwurfsfassung. Also muss man hier jetzt nicht die Wünsche und Erwartungen vortragen, sondern an der Umsetzung arbeiten.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Richtig!)

Sie ist am 28. Dezember nach langer Diskussion und Befassung in vielen Gremien in Kraft getreten. Sowohl das Parlament als auch der Rat haben diese Richtlinie mehrheitlich so beschlossen.

Hiermit hat sich eine Überprüfung der Kompatibilität der Richtlinie mit dem deutschen Rechtssystem und der deutschen Wirtschaftsordnung erübrigt. Das soll nicht heißen, dass nicht überprüft werden muss, welche Regelungen und Verfahren zukünftig gegebenenfalls geändert bzw. angepasst werden müssen.

Wir haben drei Jahre Zeit, diese Richtlinie umzusetzen. Das ist ein sehr ehrgeiziger Zeitplan angesichts der Maßnahmen, die auch Sie in Ihrem Antrag richtig dargestellt haben. Eine Folgenabschätzung mit Auswirkungen auf die Dienstleistungsbranchen und die kleinen und mittleren Unternehmen ist von daher zu diesem Zeitpunkt wenig zielführend.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Wann dann?)

Art. 42 der Richtlinie sieht eine Überprüfungsklausel der Richtlinie vor. Das heißt, bis zum 28. Dezember 2011 soll ein Bericht über die Anwendung der Richtlinie erstellt werden. Dabei wird es auch um die Frage gehen, ob und gegebenenfalls welche zusätzlichen Vorschläge für die Anpassung der Richtlinie im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes erforderlich sind.

An der zügigen Umsetzung arbeiten wir. Den Bundesländern kommt im föderalen System eine zentrale Umsetzungsrolle zu, insbesondere hinsichtlich der geforderten Einrichtung einheitlicher

Ansprechpartner, der elektronischen Verfahrensabwicklung und des elektronischen Amtshilfesystems. Das Normenscreening wird eine konzertierte Aktion aller staatlichen und vom Staat mit Rechtsetzungsbefugnissen ausgestatteten Ebenen sein.

Trotz der verteilten Zuständigkeiten ist es daher sinnvoll, dass die Bundesländer und die betroffenen Ressorts der Bundesregierung eng zusammenarbeiten. Derzeit wird in einer Arbeitsgruppe auf Bund-Länder-Ebene, an der unterschiedliche Ressorts beteiligt sind, an gemeinsamen Eckpunkten und Prüfrastern gearbeitet. Ich nenne beispielhaft ein Anforderungsprofil und Pflichtenheft für einheitliche Ansprechpartner. Dieses wurde in einer ersten Fassung den interessierten Einrichtungen und Verbänden, kommunalen Spitzenverbänden und Kammern vorgestellt und mit diesen diskutiert.

Zum jetzigen Zeitpunkt würde ein Planspiel – das Beispiel REACH greift in diesem Zusammenhang nicht; dieses ist bei einem anderen Verfahrensschritt sehr erfolgreich gewesen – wenig helfen.

Auch das geforderte Normenscreening wird mit umfangreichen Arbeiten verbunden sein, da grundsätzlich alle für die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit geltenden Verfahren und Formalitäten auf allen Ebenen gesichtet werden müssen.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kuschke?

Bitte.

Bitte, Herr Kuschke.

Frau Ministerin, ich will gar nicht in Abrede stellen, dass Sie die richtigen Bereiche nennen, in denen die Umsetzung zu erfolgen hat. Aber Sie sind heute genauso wenig wie vor einigen Monaten, als wir diesen Antrag schon einmal gestellt haben, in der Lage, darzustellen, welche konkreten Schritte Sie in der Zwischenzeit gemacht haben. Sind Sie bereit – wir werden den Antrag ja überweisen; so lautet zumindest die Empfehlung –, das dann mit etwas mehr Ruhe und Zeit im Hauptausschuss und im Wirtschaftsausschuss zu tun?

Herr Kuschke, was ich nicht

verstehen kann: War es zu Ihrer Zeit nicht so, dass man, wenn eine Richtlinie in Kraft ist, in Arbeitsgruppen konkrete Umsetzungsschritte verabredet? Ich schildere gerade, wie das bei den einheitlichen Anlaufstellen geht, wie weit wir da sind. Ich kann Ihnen weiter sagen: Im Rahmen von Deutschland-Online wird die Übertragung dieser Verfahren geprüft. Da laufen die entsprechenden Vorbereitungen. Von der Kostenanalyse versprechen wir uns im Moment wenig.

Also: Wir arbeiten zügig, unterrichten Sie auch gerne von Zeit zu Zeit darüber, wie weit wir sind. Bei den einheitlichen Anlaufstellen, Herr Kuschke, haben wir zum Beispiel die schwierige Frage zu beantworten, dass wir, je nachdem, wo wir sie hingeben, wegen des Konnexitätsprinzips sofort Mittel wieder bereitstellen müssen, wenn wir eine andere Organisationsform finden, möglicherweise deutlich weniger. Diese Gespräche können bei Ihnen doch nicht anders gelaufen sein – es sei denn, Sie hatten eine andere Einschätzung von der Selbstverwaltung. Die teile ich dann nicht.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir für heute am Schluss der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt sind.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/4249 an den Hauptausschuss – federführend –, den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform, den Innenausschuss sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Erheben sich gegen diese Überweisungsempfehlung Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist erkennbar nicht der Fall. Dann stelle ich die Zustimmung aller Fraktionen dieses Hauses zu dieser Überweisungsempfehlung fest.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt

10 Das Kindergartengesetz lässt weiter auf sich warten, weil die Landesregierung kein seriöser Verhandlungspartner ist! Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4237

Ich eröffne die Beratung zu diesem Antrag und erteile für die antragstellende Fraktion der Kollegin Asch das Wort.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ende März wurde der Öffentlichkeit – das haben wir alle wahrgenommen – mit viel Getöse und Eigenlob ein sogenanntes Konsenspapier zum Kindergartengesetz vorgestellt. Es wurde nach einem Jahr der intensivsten Verhandlungen zwischen kommunalen Spitzenverbänden, Kirchen und Freier Wohlfahrtspflege erstellt.

Minister Laschet überschlug sich in den Medien und auch hier bei der Vorstellung im Plenum, es habe etwas nie Dagewesenes stattgefunden, dieser Konsensprozess sei etwas ganz Einmaliges,

(Minister Armin Laschet: So ist es!)

die Landesregierung habe sich mit allen relevanten Gruppen zusammengesetzt, es seien bahnbrechende Ergebnisse erzielt worden,

(Minister Armin Laschet: Richtig!)

nichts weniger als die Grundlage zum modernsten Kindergartengesetz Deutschlands werde damit gelegt.

(Minister Armin Laschet: Richtig!)

Die Freie Wohlfahrtspflege war schon zu diesem Zeitpunkt nicht ganz so euphorisch. Sie hat deutlich gemacht, dass das Ganze ein Kompromiss sei und dass in diesem Prozess alle Beteiligten Abstriche hätten machen müssen.

Wir als grüne Fraktion und auch die SPD-Fraktion kritisierten bereits bei der Vorstellung hier im Parlament, dass relevante Gruppen wie Eltern und Erzieher/-innen nicht an diesem Prozess beteiligt waren. Wir hatten auch viele inhaltliche Kritikpunkte und haben dargestellt, dass hier eher ein fauler denn ein guter Kompromiss vereinbart worden war.

Auf der Grundlage dieses sogenannten Konsenspapieres sollte dann – das war ja der Sinn der Übung – der Gesetzestext formuliert werden. Was dann aber, meine Damen und Herren, im Kabinett als Referentenentwurf verabschiedet wurde, das war nichts weniger als ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die diesen Kompromiss monatelang in schwierigsten Verhandlungen ausgearbeitet hatten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sowohl die Wohlfahrtsverbände als auch die kommunalen Spitzenverbände haben Ihnen, Herr Laschet, Wortbruch vorgeworfen;

(Minister Armin Laschet: Das stimmt doch nicht!)

denn – so die Hauptkritik – Sie hätten das, was im Konsenspapier vereinbart worden sei, nicht in den Referentenentwurf aufgenommen. Der wichtigste Punkt war, dass Sie sozusagen das Herzstück dessen, was vereinbart worden war, nicht aufgenommen haben. Da ging es um die absolute Beliebigkeit durch die Kopfpauschale, mit der keinerlei Standards definiert wurden und die das Finanzierungsrisiko voll auf die Einrichtungsträger verlagert hätte. Diese Kopfpauschale sollte etwas abgemildert werden. Es stand im Konsens, dass über die Gruppengrößen und die entsprechende Finanzierung zumindest gewisse Standards definiert werden sollten.

Ich habe nicht genug Raum, um in fünf Minuten alle Vertragsbrüche im Referentenentwurf aufzählen.

(Minister Armin Laschet: Sie kriegen meine Redezeit!)

Aber Sie finden sie alle in unserem Antrag. Der liegt auf Ihrem Tisch. Sie können das nachlesen.

Ich möchte Ihnen den gravierendsten Vertragsbruch aber doch nicht vorenthalten. Sie haben die ausgehandelten Pauschalen, die sich mit den entsprechenden Berechnungen für den Personaleinsatz im Anhang zum Konsenspapier befunden haben, unter Haushaltsvorbehalt gestellt, hätten diese Pauschalen also ohne Beteiligung des Parlaments und der Öffentlichkeit jährlich festlegen können.

(Minister Armin Laschet: Sie verwechseln zwei Dinge! Der Haushaltsvorbehalt war et- was anderes!)

Damit hätten Sie den Trägern und allen Einrichtungen jede Planungssicherheit genommen. Herr Minister, das ist nichts Geringeres als die reinste Arroganz der Macht.

(Minister Armin Laschet: Boah! Eine Frech- heit!)

Sie haben sich hier vollkommen selbstherrlich über das, was vertraglich vereinbart worden war, hinweggesetzt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir sehen an diesem Punkt: Die Landesregierung ist zum wiederholten Male wortbrüchig geworden.

Offenbar kann man sich auf Sie als Vertragspartner nicht verlassen. Das haben wir schon bei vielen anderen Punkten im Zusammenhang mit Versprechungen, die Sie in der Öffentlichkeit gegeben haben, gesehen.

(Minister Armin Laschet: Auf Ihre Reden kann man sich auch nicht verlassen!)