2. Fahrpreiserhöhungen der Verkehrsunternehmen willentlich in Kauf genommen – Herr Minister, dass war übrigens gerade ein ziemlich hilfloser Einwand –,
3. das Erreichen von Klimaschutzzielen durch die Stärkung umweltfreundlicher Verkehrsträger konterkariert und
Die angekündigte Finanzreform findet nach diesem Gesetzentwurf erst einmal überhaupt nicht statt. Eine bedarfsgerechte Mittelverteilung rückt in weite Ferne. Gleichzeitig werden Verwaltungskosten von bis zu 22 Millionen € auf hohem Niveau festgeschrieben. Dem Gesetzentwurf fehlen jegliche Qualitätsanforderungen für den Nahverkehr in unserem Land.
Obwohl der Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen jährlich mit 1,3 Milliarden € Steuermitteln unterstützt wird, verbindet die Landesregierung keinerlei qualitative Gegenleistungen – zum Beispiel hinsichtlich Sicherheit, Sauberkeit oder Service im Nahverkehr – an diese Zahlungen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir Verkehrsfachleute wissen, dass viele Regelungen des vorliegenden Gesetzentwurfs erst durch Verwaltungsvorschriften konkretisiert werden. Eine sinnvolle Diskussion und Bewertung des Gesetzentwurfs ist erst auf der Basis der entsprechenden Verwaltungsvorschriften möglich. Daher erwarte ich, dass dem Landtag parallel zum Gesetzgebungsverfahren ein Entwurf der entsprechenden Verwaltungsvorschriften vorgelegt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf für den Nahverkehr zeigt, wie mut- und ideenlos die schwarz geführte Landesregierung in entscheidenden Fragen der Mobilität in unserem Land handelt. Dabei ist öffentliche und barrierefreie Mobilität eine zentrale Voraussetzung für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Sie eröffnet Märkte und Beschäftigungschancen, ermöglicht den Zugang zu Bildungs- und Freizeitangeboten und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Die nun vorgelegte Verschlechterung des öffentlichen Nahverkehrs ist ein weiterer Rückzug dieser Landesregierung aus der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Das erklärt auch, warum dieser Gesetzentwurf in wenigen Wochen im Hauruckverfahren verabschiedet werden soll. Herr Minister, diesen Weg gehen Sie alleine.
Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU nun Kollege Schulte das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wißen, nachdem Sie schon Glückwünsche verteilt haben, möchte ich mich gerne anschließen, und zwar mit Glückwünschen zur Begutachtung der Ihnen gewidmeten neuen Sendung im ZDF „Abenteuer Wissen“. Denn dass, was Sie hier dargelegt haben, ist wirklich in hohem Maße abenteuerlich.
Wir haben schon verschiedene Male bekräftigt, es ist nicht unsere Intention, Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung in konsumtive Aufgaben zu stecken. Unsere Schwerpunktaufgabe ist die Konsolidierung des Landeshaushalts, der Schuldenabbau – und das deswegen, weil Sie uns ein Erbe hinterlassen haben, das eine jahrelange Aufarbeitung erfordert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für den öffentlichen Nahverkehr haben sich in den letzten Monaten die Rahmenbedingungen grundlegend verändert. Durch die Kürzungen der für den ÖPNV bestimmten Regionalisierungsmittel erhalten die Länder bis 2010 rund 3,3 Milliarden € weniger. Nordrhein-Westfalen ist mit 516 Millionen € mit von der Partie.
Die Aufgabenträger haben 2006 und 2007 schon Erhebliches geleistet, um die Kürzungen aufzufangen. Darüber hinaus sehen wir uns gezwungen, die Finanzierung effizienter und die Organisation des Nahverkehrs im Lande schlanker zu gestalten.
Die Landesregierung hat nun einen Entwurf für ein neues ÖPNV-Gesetz vorgelegt, dem ein intensiver Dialog mit dem Landkreistag und den Spitzen der Zweckverbände vorausgegangen ist. Im Ergebnis haben wir unsere Ankündigung erfüllt: Es wird keine Lösung von oben nach unten
Die Finanzreform und die Strukturreform des öffentlichen Nahverkehrs wurden in einem Guss geregelt. Das Konzept verfolgt drei Prämissen:
Erstens. Das neue Gesetz wird einen effizienteren Einsatz der noch verbleibenden Mittel ermöglichen.
Mit dem im Gesetzentwurf vorgesehenen neuen Finanzierungssystem wird die kommunale Verantwortung deutlich gestärkt. Mit der Abschaffung der maßnahmenbezogenen Förderung und der Einführung der Pauschalen erhalten die kommunalen Aufgabenträger mehr Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortung.
Der Gesetzentwurf erteilt der Verstaatlichung des öffentlichen Nahverkehrs beispielsweise durch eine Landeseisenbahngesellschaft eine deutliche Absage
und setzt in vielen Teilen auf bewährte Organisationsstrukturen. Durch die Zusammenführung der Aufgabenträger in drei Kooperationsräume – Rheinland, Westfalen und Ruhrgebiet – werden keine neuen bürokratischen Gebilde geschaffen, weil die Organisation der drei Kooperationsräume aus den bestehenden Zweckverbänden rekrutiert werden soll. Damit bleiben die bisherigen Verbundstrukturen unangetastet.
Die drei Kooperationsräume werden Ansprechpartner und Vertragspartner für das Land sowie die Deutsche Bahn und weitere Eisenbahnunternehmen sein. Ebenso werden sie als Aufgabenträger des SPNV Zuwendungsempfänger der Investitionspauschalen sein. Und sie tragen die Verantwortung für das SPNV-Netz im besonderen Landesinteresse.
Für die Förderung von Investitionen im besonderen Landesinteresse und die sonstige Förderung lösen die drei Organisationen die Bezirksregierungen als zuständige Bewilligungsbehörde ab.
Die Zuwendungen für den Betrieb werden weiterhin vom Land direkt den kommunalen bzw. regionalen Aufgabenträgern zugewiesen. Die Aufteilung dieser Mittel richtet sich bis 2010 nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel. Alle Aufgabenträger – das ist eine wesentliche Neuerung – erhalten die Betriebsmittel als Pauschalen, über die sie frei verfügen können. Die Zweckverbände erhalten, je nachdem, in welcher Höhe die Regionalisierungsmittel dynamisiert werden, mindestens 800 Millionen €, die übrigen kommunalen Aufgabenträger zunächst 110 Millionen € pro Jahr.
Wir schaffen damit klare Organisations- und Finanzierungsstrukturen. Die Pauschalen schaffen Planungssicherheit und deutlich mehr Freiheit für die Aufgabenträger. Durch den Abbau der maßnahmenbezogenen Förderung wird staatliche Bürokratie abgebaut. Die Konzentration der regionalen Aufgabenträger auf drei Zweckverbände schafft sowohl in der interregionalen Abstimmung als auch in den Verhandlungen mit dem Land und den Eisenbahnunternehmen mehr Schlagkraft, ohne auf regionale Interessen und Besonderheiten zu verzichten. Landesweite Interessen, wie etwa voraussichtlich ab 2015 der Betrieb des Rhein-Ruhr-Expresses, werden durch das landesweite Netz abgesichert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das ist weitaus mehr, als die vorherige Koalition seit 1994 zustande gebracht hat,
und ein wesentlicher Schritt zu Neuorientierung und Anpassung des öffentlichen Personennahverkehrs im Lande an veränderte Verhältnisse.
Wir werden am 2. Mai diesen Gesetzentwurf intensiv mit den relevanten Kräften des Nahverkehrs diskutieren.
Ich bin mir sicher, dass mit diesem Gesetz neue Perspektiven und gute Wege eröffnet werden. In dem Sinne freue ich mich auf die auf uns zukommenden Diskussionen. – Vielen Dank.
Im Übrigen weise ich noch einmal darauf hin, dass ich nicht erkältet bin und mein Räuspern und Husten hier seinen Grund hat.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer schön zu hören, wie statisch, wie unpassend die Einteilung in konsumtive Ausgaben und investive Ausgaben durch die CDU erfolgt. Mein Vorredner hat das in der Tat etwas statisch getan, indem er den ÖPNV und die Ausgaben dafür konsumtiv nannte. Das ist eine mögliche Betrachtungsweise; das will ich nicht bestreiten. Aber ich glaube, der ÖPNV und die vernünftige Finanzausstattung von ÖPNV und SPNV ist vor allen Dingen eine vernünftige Investition in eine klimaverträgliche, in eine vernünftige Mobilitätspolitik. Und da scheitern Sie!
Meine Damen und Herren, Sie legen uns mit diesem Gesetzentwurf letztlich ein Dokument Ihres Scheiterns an Ihren eigenen Vorgaben vor.