Härter durchgreifen ist kein Selbstzweck, sondern hat einzig und allein die Funktion, gerade die jungen, männlichen Gewalttäter auf den richtigen Weg zurückzubringen. Mit geltendem Recht oder mit neuem Recht – darüber kann man trefflich streiten.
Aber eines muss doch unstrittig sein: Es ist falsch, dass wir Diebstahl und Raub von MP3-Playern, CD-Playern, Markenklamotten jetzt einigermaßen relativierend als „Abziehen“ bezeichnen und so tun, als müsste man sich darum nicht kümmern. Es ist falsch, dass die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen ertragen müssen, ständig angepöbelt zu werden, gerade die Lehrerinnen. Es ist falsch, dass wir still und heimlich akzeptieren, dass unsere Schulhöfe nachmittags kaputt gehauen werden.
Es ist falsch, dass wir akzeptieren, dass es in unseren Städten Ecken gibt, in die man sich besser nicht verirrt. Es ist falsch, dass wir zulassen, dass sich Familien ihrer Verantwortung entziehen, ihren Kindern charakterliche Bildung und emotionale Kompetenz zu vermitteln. Deshalb müssen wir ein realistisches Bild der Situation zeichnen und uns zumuten, uns dem zu stellen und aufzuhören, die Zuständigkeiten zwischen Schule, Elternhaus, Ju
Machen wir uns nichts vor: Es gibt Jugendliche und Heranwachsende, die keinerlei Bindung mehr haben an das, was wir in irgendeiner Form als Regeln in unserer Gesellschaft festgelegt haben. Diese Gruppe der 8.000 jugendlichen Intensivtäter in Nordrhein-Westfalen ist immer noch erschreckend groß.
Wenn bei denen mit 14 Jahren anfängt, das Strafrecht zu greifen, Frau Düker, ist meistens schon vieles zu spät. Bei vielen von diesen 8.000 Jugendlichen hat es viel früher angefangen.
Es gibt Kinder- und Jugendpsychiater, die sagen: Leute, verabschiedet euch von 14, geht runter auf zwölf als Strafmündigkeitsalter! – Ich halte das für den falschen Weg. Aber wir müssen das vorhandene Recht konsequenter anwenden
Jugendlichen muss klargemacht werden, dass der Staat nicht bereit ist, Gewalt gegen Menschen und Sachen zu akzeptieren. Gefährdete Kinder müssen frühzeitig abgefangen werden, bevor sie völlig in die Kriminalität abrutschen.
Deswegen ist es gut, dass Justizministerin MüllerPiepenkötter jetzt mit der „Gelben Karte“ und dem „Staatsanwalt vor Ort“ dafür sorgt, dass Strafe gerade bei den jungen Leuten auf dem Fuß folgt.
Bei den noch Jüngeren müssen wir den Mut haben, auf die Familien einzuwirken. Das, was bisher gemacht wird, reicht nicht. Die Niederlande machen vor, wie man Eltern dazu zwingt, sich ihrer Erziehungsverantwortung zu stellen.
Bisher völlig ausgeklammert – das ist typisch für die Debatte – ist die Tatsache, dass von den unter 21-jährigen Gewalttätern 50 % einen Migrationshintergrund haben.
Darüber reden Sie ungern. Aber diese Tabuisierung wie in der Vergangenheit hilft niemanden – weder den Opfern noch den Tätern.
dass man den Tatsachen jahrzehntelang nicht ins Auge geschaut hat. Herr Schnoor hat hier Pressekonferenzen gegeben – ich habe Abschriften gelesen –, wo er wie ein Wilder herumgeeiert ist, weil er die Zahlen nicht nennen wollte.
Meine Damen, meine Herren, es gibt archaische Familienverhältnisse, in denen Kinder die Strafe nur als Sühne kennenlernen und nicht als Beitrag zur Besserung oder als Beitrag zur Pädagogik. Deshalb ist es wichtig, diesen jungen Menschen neue Chancen zu geben.
70 % der Heranwachsenden – Herr Kutschaty, die Zahlen würde ich Ihnen gerne noch mitgeben – werden heute nach Jugendstrafrecht verurteilt. Daran sieht man, dass das Ausnahme-RegelVerhältnis auf den Kopf gestellt worden ist. Wir werden an diesem Thema dranbleiben, weil es die Menschen bewegt und weil da noch einiges zu tun ist. – Vielen Dank.
(Beifall von der CDU – Johannes Remmel [GRÜNE]: Sie instrumentalisieren diese Fra- ge! Gefährlich ist das! – Zuruf von der SPD: Das sind die Jungreaktionäre! – Dr. Robert Orth [FDP] schüttelt den Kopf.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Orth, Ihr Kopfschütteln ist hier ausnahmsweise einmal angebracht. Da kann ich Ihnen wirklich nur zustimmen.
Ich bin von Ihrem Auftritt, Herr Wüst, ehrlich gesagt sehr erschüttert. Sie können uns doch hier nicht allen Ernstes „Härter durchgreifen! Jetzt machen wir mal Law and Order!“ als Konzept der CDU gegen Jugendkriminalität verkaufen. Kommen Sie doch einmal in die Fachausschüsse, hören Sie sich die Fachdebatten an! Das geht doch nicht, das erschüttert mich wirklich, das ist echte Steinzeit, Herr Wüst.
Es geht doch nicht um eine ideologische Debatte: hier die Kuschelpädagogen und dort die Law-andOrder-Typen, die mutig mal so richtig durchgreifen. Die haben wir längst hinter uns, das ist doch eine Debatte von vorgestern.
Worum geht es, Herr Wüst? Es geht um Wirksamkeit und nicht um Law and Order gegen Kuscheln. Es geht darum, ehrlich zu analysieren: Was wirkt? Wo müssen wir ansetzen? Welche Konzepte greifen? Ich gehe einmal alles durch.
Bei der Prävention muss man früh anfangen – das haben Sie zu Recht gesagt –, aber nicht mit Wegsperren. Man muss früh anfangen im Kindergarten, in der Schule. Dafür brauchen wir Ganztagsschulen. Dafür brauchen wir in den Kindergärten höhere Standards und nicht geringere Standards und weniger Personal, wie Sie es machen.
Wir brauchen bei den Hilfsinstrumenten in den Kommunen, bei den Sozialdiensten sinkende und nicht steigende Fallzahlen mit mehr Personal. Da brauchen wir nicht das Instrument des Zwangs. Man muss nur bei den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern vom allgemeinen Sozialdienst die Fallzahlen halbieren, dann hat man auch da mehr Erfolge.
Wir brauchen in der Jugendhilfe mehr und nicht weniger Mittel. Sie haben doch den Landesjugendplan gekürzt.