Protocol of the Session on March 7, 2007

Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 54. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich elf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 6. März 2007 mitgeteilt, dass Frau Petra Schneppe aus der Landesreserveliste der Fraktion der SPD als Nachfolgerin des ausgeschiedenen Abgeordneten Jochen Dieckmann mit Wirkung vom heutigen Tag Mitglied des Landtags wird.

Ich bitte Frau Schneppe, zu mir zu kommen, damit ich die nach § 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

(Die Abgeordneten erheben sich.)

Ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen:

„Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.“

Sehr geehrte Frau Schneppe, ich heiße Sie als neue Abgeordnete in der 14. Wahlperiode herzlich willkommen und wünsche Ihnen viel Erfolg und viel Spaß bei der Arbeit.

Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir treten nunmehr in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Neue Sicherheit für unsere Kinder – Künftige Finanzierungsstruktur der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege

Unterrichtung durch die Landesregierung

Mit Schreiben vom 28. Februar hat der Chef der Staatskanzlei mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtigt, den Landtag in der heutigen Plenarsitzung zu dem erwähnten Thema zu unterrichten.

Ich weise auf den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/3915 hin.

Die Unterrichtung erfolgt durch den Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, Herrn Laschet, dem ich hiermit das Wort erteile. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat sich beim Regierungsantritt zum Ziel gesetzt, Nordrhein-Westfalen zum kinder- und familienfreundlichsten Land in Deutschland zu machen. Ich denke, auf diesem Weg sind wir in der vergangenen Woche einen großen Schritt vorangekommen. Wir haben Eckpunkte für ein neues Kindergartengesetz vorgelegt.

In einem bislang einmaligen Prozess wurden diese Eckpunkte gemeinsam mit den Trägern der Kindertageseinrichtungen und den kommunalen Spitzenverbänden verabredet. Wir haben in den letzten Wochen hier im Landtag, aber auch im gesamten Prozess immer wieder gesagt, dieses neue Gesetz im Konsens erarbeiten zu wollen. Sie können sich den mühsamen Prozess vorstellen, wenn auf der anderen Seite des Tisches jemand sitzt, der weiß, dass man einen Konsens braucht, weil es so erklärt wurde. Das sind nicht immer sehr leichte Verhandlungen. Deshalb danke ich allen, die an diesen Verhandlungen teilgenommen haben, dass sie ihre fachlichen Belange eingebracht, ihre klaren Forderungen auch in vielen sehr kritischen Situationen geäußert und trotzdem konstruktiv an diesem Prozess mitgewirkt haben.

Ein konsensualer Prozess hat ein zweites Problem: Er läuft öffentlich ab. Jeder einzelne Zwischenvermerk, jede kleinste Notiz, jede kleinste Randbemerkung des Ministers, selbst Briefe des Ministerpräsidenten an den Minister, die eigentlich nur den Charakter haben, alle zehn Minister über ihre Aufgaben in den nächsten Wochen zu informieren, sind im Internet auf einer speziellen Seite verfügbar.

(Britta Altenkamp [SPD]: Den habe ich nicht!)

Sie haben das deshalb sehr im Detail …

(Britta Altenkamp [SPD]: Habe ich nicht!)

Schauen Sie auf die Seite von Herrn Stranz. Da finden Sie auch diesen Brief. Sie können dort alles finden, was Sie brauchen: jede Zwischennotiz, aber auch viel Verunsicherung.

Bei der Veranstaltung der Grünen hat Herr Stranz gesagt, er trage ein Puzzle seines Wissens vor. Dieses Puzzle des Wissens hat die letzten Monate natürlich sehr stark bestimmt, weil damit auch ganz bewusst Verunsicherungen von denen, die den Prozess stören wollten, verbunden waren. Das ist aber der Preis eines konsensualen Prozesses.

Ich würde es heute jedoch erneut so machen, und ich danke allen, die daran beteiligt waren: den Bezirksverbänden der Arbeiterwohlfahrt, den Diözesan-Caritasverbänden, dem Landesverband des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, den Landesverbänden des Deutschen Roten Kreuzes, den Landesverbänden der Diakonischen Werke, den Landesverbänden der Jüdischen Kultusgemeinden, der evangelischen und der katholischen Kirche in Nordrhein-Westfalen, dem Städtetag Nordrhein-Westfalen, dem Landkreistag NordrheinWestfalen und dem Städte- und Gemeindebund.

Sie merken an dieser Auflistung, wie groß die Spanne der Beteiligten ist. Es ist ja nicht so, dass sich alle in jeder Interessenslage einig wären. Sie treten zwar gegenüber der Landesregierung einig auf, allerdings bestand eine Aufgabe in diesem Prozess darin, jedes Einzelinteresse und die Spannungsverhältnisse zu berücksichtigen.

Nun hat Frau Kollegin Asch das Ganze undemokratisch genannt. Ich möchte dieses Verfahren hier noch einmal verteidigen und würde es nicht undemokratisch nennen. Ich möchte dafür werben, dass wir als Politik in Zukunft versuchen, die Menschen in vielen Feldern auf diese Art und Weise mitzunehmen.

(Beifall von der CDU)

Ich kann ein Verfahren nicht als demokratisch bezeichnen, das folgendermaßen abläuft: Ministerialbeamte schreiben etwas in ihren Büros zusammen. Dann wird das im Kabinett beschlossen, und erst anschließend beginnt eine öffentliche Diskussion.

(Carina Gödecke [SPD]: Gilt das auch für das LPVG?)

Ich halte ein Verfahren für demokratisch, in dem man mit den Menschen spricht, anstatt über sie zu sprechen und Fakten zu schaffen.

(Beifall von der CDU – Sören Link [SPD]: Was sagt der Innenminister dazu?)

Wir haben nun am 26. …

(Sören Link [SPD]: Sagen Sie das Ihrem Noch-Innenminister!)

Auch unser Innenminister führt mit allen Beteiligten viele Gespräche.

(Lachen von den GRÜNEN)

All das steht nicht immer im Internet,

(Zurufe von den GRÜNEN – Gegenruf von Christian Lindner [FDP]: Das sind doch Kin- dereien, was Sie da betreiben!)

aber Sie können davon ausgehen, dass er mit allen spricht.

Am 26. Februar konnte nun das Konsenspapier abgeschlossen werden. Die heutige Landtagssitzung ist die allererste nach diesem Beschluss, und nun können wir Sie als Parlament im Rahmen des ersten Tagesordnungspunktes darüber unterrichten. Deshalb bin ich froh, dass Sie dies auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Nun beginnt ein sechs Monate andauernder demokratischer Prozess. Jetzt beginnen Verbändeanhörungen, jetzt beginnen Erörterungen in den Ausschüssen, und jetzt beginnen viele Beratungen im Landtag, sodass meiner Meinung nach genug Raum besteht, dieses Thema weiterhin öffentlich zu erörtern.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Wenn das die sachliche Unterrichtung ist!)

Den Auftrag der Landesregierung, ein solches neues Gesetz vorzubereiten und auf eine ProKopf-Förderung – so hieß es einmal – umzusteigen, hat Frau Kraft beschlossen. Denn im Jahre 2003 hat das Landeskabinett mit ihrer Stimme diesen Auftrag erteilt. Die alte Landesregierung hat das nicht mehr vollenden können, sodass wir quasi einen Kabinettsauftrag, der im Jahre 2003 ergangen ist, erfüllen. Wir sind froh, dass diese Diskussion nun nach vier Jahren mit der Zielsetzung, die man damals im Kabinett beschlossen hat, nämlich zu einer Pro-Kind-Steuerung im neuen Kindergartengesetz zu kommen, abgeschlossen werden kann.

Es hat sich in diesen vier Jahren allerdings eines verändert: die Debatte über Familienpolitik. Dieses Gesetz wird jetzt in einer Phase verabschie

det, in der auch die Große Koalition in Berlin und die Medien in sehr breiter Weise über Familienpolitik sprechen. Ich glaube, kein Bundeskanzler würde dieses Politikfeld heutzutage – dies tat allerdings der letzte sozialdemokratische Bundeskanzler – als „Gedöns“ bezeichnen. Alle haben erkannt, dass Familienpolitik eine Kernaufgabe der Politik ist, und ich freue mich, dass wir in diesen Wochen eine solch breite familienpolitische Diskussion in Deutschland führen.

(Beifall von der CDU)

Es besteht Einigkeit darüber, dass die Lebensbedingungen von Kindern und Eltern harte Fakten sind, die über die Zukunft der Gesellschaft mitentscheiden. Familien zu unterstützen ist eine wichtige Aufgabe des Staates und auch in NordrheinWestfalen. Deshalb möchten wir mit diesem Gesetz die Bedingungen für Familien verbessern.

Welches sind nun die Eckpunkte, um die es geht? Was ist der Konsens, und was bleibt einem Gesetzgebungsverfahren vorbehalten, in dem natürlich nicht jeder einzelne Punkt Konsens ist? Nicht jeder Satz im Gesetz wird am Ende Konsens sein. Konsens besteht bei den Eckpunkten wie der Finanzierungsstruktur, und diese wichtigen Aspekte möchten wir voranstellen.

Als Erstes wird dieses neue Gesetz wie kein anderes zuvor die Bedeutung frühkindlicher Bildung auch gesetzlich normieren. Auch im alten Gesetz gab es Bildungsanteile. Das Gesetz ist aber aus dem Jahre 1991. Insofern ist ein neues Gesetz auch parteiübergreifend ganz anders erörtert als ein Gesetz von 1991. Deshalb wird dieses neue Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern ein Gesetz sein, das frühkindlicher Bildung einen neuen Stellenwert gibt.

Erstmals wird in diesem Gesetz die Sprachförderung verankert als Regelaufgabe der Kindertageseinrichtungen mit einer finanziellen Rechtsgrundlage, mit der Sprachförderung stattfindet.