Protocol of the Session on February 8, 2007

Neu ist: NRW kann aus den Absatzbeihilfen bereits 2015 statt 2016 heraus. Das ist gut. Das erspart dem Land in diesem Jahr 170 Millionen €. Das ist Ihr Verhandlungserfolg, Herr Ministerpräsident. In der Tat!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Und zwar nur!)

Neu ist aber auch: Im Gegensatz zu den Verabredungen im Koalitionsvertrag des Bundes wird der Bund jetzt gänzlich von Strukturhilfen freigestellt. Lediglich das Saarland erhält gemäß einer Fußnote 100 Millionen € Strukturbeihilfen von der RAG AG.

(Gisela Walsken [SPD]: Peinlich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Ministerpräsident, wir halten noch einmal fest: Ihre Forderung waren 500 Millionen € Strukturbeihilfen. Wir halten auch noch einmal fest: In den Eckpunkten vom 6. Februar gab es eine Textziffer 3, die schon nicht mehr streitig gestellt war. In der stand – ich zitiere –:

„Rechtzeitig vor der tatsächlichen Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus werden der Bund, das Land NRW und das Saarland eine strukturpolitische Abfederung in den jeweiligen Bergbauregionen im Lichte der dort bis dahin eingetretenen regionalen strukturellen Wirtschaftsentwicklung“

ich überspringe den Rest –

(Lachen von CDU und FDP)

ich kann es auch vorlesen –

„mit dem Ziel der Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Regionen des Steinkohlenbergbaus verabreden, soweit im Zuge des Auslaufbergbaus gegenüber den etatisierten Beträgen und für eine sozialverträgliche Abfederung des Steinkohlenbergbaus notwendige Beihilfen Kohlehilfen eingespart werden.“

Das heißt, die Strukturhilfen waren schon zugestanden. Sie haben in dieser letzten Verhandlungsrunde darauf verzichtet, Herr Ministerpräsident! Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Lebhafter Beifall von der SPD – Hans- Theodor Peschkes [SPD]: Tolles Verhand- lungsergebnis!)

Nachdem ich diese Verhandlungsstände hier noch einmal wiedergegeben habe, komme ich jetzt zur Gesamtbewertung. Das Wichtigste ist: Jetzt endlich gibt es Sicherheit für die Betroffenen: für die Bergleute

(Zuruf von der CDU)

in der Tat, dank unserer Hilfe –

(Lachen von der CDU)

für die Zulieferbetriebe, für die Mitarbeiter des RAG-Konzerns. Diese Sicherheit ist das Ergebnis des Einsatzes der SPD auf Bundes- und auf Landesebene, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall von der SPD – Lachen von CDU und FDP – Ralf Witzel [FDP]: Karneval ist erst nächste Woche! – Zuruf von der CDU: Karneval war doch gestern Abend!)

Diese Sicherheit wird gewährleistet in einer neuen rechtlichen Qualität in einem Steinkohlegesetz, das eine klare Optionsklausel für 2012 enthält. Wichtig ist: Die Bewilligungsbescheide für 2009 bis 2012 werden jetzt endlich nach ihrer Blockade auf den Weg gebracht. Das ist gut für unser Land.

(Beifall von der SPD)

Zweitens. Der RAG Konzern kann endlich an die Börse gehen. Auch das ist gut für die Entwicklung unseres Landes.

Drittens. Das Land spart gegenüber dem letzten Verhandlungsstand 170 Millionen € in 2015. Die Berichte, die heute Morgen in der Zeitung zu lesen waren, sind falsch, denn auch nach 2015 wird das Land noch zahlen. 2015 ist nicht das Ende aller Subventionen. Zu zahlen bleiben weiterhin die laufenden Altlasten, Stilllegungskosten und Anpassungsgelder.

(Gisela Walsken [SPD]: Aha!)

Und, meine Damen und Herren: Das Land muss auch in den nächsten Jahren behilflich sein, damit das Unternehmen nicht in eine Unterfinanzierung gerät, denn die sogenannte Sprechklausel gilt fort – auch für das Land. Das ist ein Risiko, und das müssen wir in dieser Diskussion offen aussprechen.

Viertens. Erinnern wir uns doch noch einmal – man kann es ja im Koalitionsvertrag von CDU und FDP nachlesen –: Welches waren denn Ihre drei Ziele laut Koalitionsvertrag, bevor Sie sich hier als Gewinner feiern, Herr Papke?

(Minister Dr. Helmut Linssen: Die haben wir erreicht!)

Ich zitiere sie gerne noch einmal. Im Koalitionsvertrag steht erstens:

„Die Landesregierung strebt für die Legislaturperiode ein kumuliertes Einsparvolumen von 750 Millionen € für das Land an.“

„Die Koalitionspartner sind sich deshalb einig, dass das Land Nordrhein-Westfalen weder in der Lage noch bereit dazu ist, die Altlasten aus dem Steinkohlebergbau zu tragen.“

Und drittens:

„Wir wollen die Bundesregierung dafür gewinnen, einen möglichst großen Teil der eingesparten Subventionszahlungen des Bundes für Zukunftsinvestitionen in den Bergbauregionen zur Verfügung zu stellen.“

Ich stelle fest, meine Damen und Herren: Alle drei Ziele sind nicht erreicht worden.

(Beifall von der SPD)

Da alle Einsparungen erst ab 2015 laufen werden, wird es in dieser Legislaturperiode keine Einsparungen geben. Ein Problem wird da in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes entstehen, Herr Finanzminister; denn dort sind ja die 750 Millionen € vorgesehen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns nach vorne blicken und nicht zurückschauen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie haben davon gesprochen, dass Sie Antworten vorlegen. Ich habe die Antworten nicht gehört. Die Menschen in den Regionen, in denen in den nächsten Jahren die Zechen und Betriebe schließen werden, fragen: Was kommt anstelle der Kohle? Sie fragen konkret: Welche Perspektiven habe ich, haben meine Kinder? Und, Herr Ministerpräsident, wie stellen Sie die jetzt notwendigen Strukturveränderungen sicher? Wo ist Ihr Konzept und wie wird es finanziert? Diese Antworten sind Sie uns heute hier schuldig geblieben, Herr Ministerpräsident.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wie immer!)

Nach den Ergebnissen der Verhandlungen werden Sie, werden wir es als Land allein schultern müssen. Das ist nicht mehr Aufgabe des Bundes. Und die Einsparungen werden erst ab 2015 verfügbar sein.

Unsere Fragen heißen daher ganz konkret: Welche Auswirkungen wird es im Haushalt NordrheinWestfalens geben, wenn ein Programm kommt, wie es angekündigt ist, Initiative Metropole Ruhr? Werden Mittel dafür aus dem Haushalt bereitgestellt? Wenn ja, wer muss dafür bluten? Woher wird das Geld kommen? Das sind die Fragen, die wir heute hier stellen müssen.

Und: Welche Auswirkungen, Frau Ministerin Thoben, sind denn bei der EU-Strukturförderung konkret geplant? Wir kennen doch Ihre Pläne! Bleibt es bei einer wettbewerblichen Vergabe? Bleibt es dabei, dass Sie nur noch 50 % der Mittel für diese Region reservieren wollen? Das ist die falsche Politik in diesem Land. Die Menschen in diesen Regionen wollen Antworten von Ihnen.

(Beifall von der SPD)

Und dann kommt der Ministerpräsident, von dem ich einen anderen Auftritt, nämlich einen staatsmännischen, erwartet hätte.

(Zurufe von der CDU – Minister Prof. Dr. Andre- as Pinkwart: Staatsmännischer geht doch nicht!)

Ich sage: Er kam heute mit viel Pathos daher und versucht, das strategische Chaos zu kaschieren, das er in den letzten Wochen hier angerichtet hat. Das ist die Realität, Herr Ministerpräsident.

(Lebhafter Beifall von der SPD)

Und: An einer Stelle haben Sie wirklich überzogen. Wenn Sie nach einer solchen Entscheidung und nach dem, was in den letzten Wochen und Monaten hier passiert ist, in dieser Sitzung den Bergleuten für ihren Einsatz danken, dann sage ich: Die empfinden das als heuchlerisch, Herr Ministerpräsident.

(Lebhafter Beifall von der SPD)

Sie kündigen ohne viel Konkretes eine Initiative „Metropole Ruhr“ an. Das klingt gut und ist ein guter Begriff. Aber das kennen wir ja: Überschriftenpolitik, Symbolpolitik!

Sie sagen erstens, die Region solle sich besser präsentieren, man solle sich dort besser verstehen. Deshalb gäben Sie die Zuständigkeit für die Planung in die Region zurück. Herr Ministerpräsident, das Beispiel, das Sie anschließend geschildert haben, ist der Stand dessen, was wir beim RVR nach vorne gebracht haben. Und es war der richtige Weg, diese Region auf der Basis freiwilliger Kompetenz und der Entwicklung gemeinsamer Projekte sich selbst nach vorne bringen zu lassen. Das wäre auch der richtige Weg, was die Planung der Region Ruhrgebiet angeht.