Protocol of the Session on December 20, 2006

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über das Gemeindefinanzierungsgesetz Drucksache 14/2302. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung Drucksache 14/3017 ab. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Damit ist die Beschlussempfehlung so angenommen.

Über die Rücküberweisung des GFG zur Vorbereitung der dritten Lesung werden wir morgen zusammen mit dem Haushaltsgesetz entscheiden.

Ich rufe den Einzelplan 11 auf:

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Hierzu liegt die Beschlussempfehlung Drucksache 14/3011 vor. Außerdem liegen Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Nummern 21 bis 30 der Tischvorlage vor.

Wir beginnen mit der Beratung des Teilbereichs „Arbeit und berufliche Weiterbildung“.

Dazu hat sich Herr Schmeltzer von der SPD gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Grundlage einer Haushaltsrede zum Einzelplan des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist der Einzelplan 11. So weit die Theorie.

Schaut man sich jedoch dann das Zahlenwerk des Einzelplans 11 im Bereich Arbeit an, kommt man schnell zu der Auffassung, dass diese Rede nicht mehr als zwei Minuten dauern kann. Zwei Minuten reichen völlig aus, um darzulegen, dass Sie sich darauf konzentrieren, so viel wie eben möglich an ESF-Mitteln in Ihren Haushalt zu stellen, Herr Minister. Dies geschieht zulasten klassischer landespolitischer Arbeitsmarktpolitik. Was Sie damit verkörpern, ist nichts anderes als das Symbol eines „Europamittel-Durchlauferhitzers“.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie vermitteln ja auch den Eindruck, ESF-Mittel seien mit Landesmitteln gleichzusetzen, die Sie dann in Gutsherrenmanier im Lande verteilen können. Auch an dieser Stelle wird deutlich: Sie täuschen.

Das ist der Ausdruck Ihrer Arbeitsmarktpolitik. Sie sind es, der den Menschen mit Überschriften wie „Werkstattjahr“ oder „Ausbildung 2006“ eine aktive Arbeitsmarktpolitik vorgaukelt, doch an vielen

Stellen des Landes tatsächlich kahle Arbeitsmarktfelder hinterlassen.

Sie sagten bei der Einbringung des Haushalts am 20. September im Ausschuss:

„Die Steigerungen sind aber im Wesentlichen auf Positionen zurückzuführen, auf die das MAGS und das Land keinen Einfluss haben.“

Richtig, Herr Minister. Das unterstreicht ausdrücklich, dass Steigerungen in diesem Haushalt definitiv nicht durch Ihr Dazutun, sondern durch Einflüsse Dritter zustande gekommen sind.

Sie führten weiter aus, dass insgesamt 23 Millionen € in der Arbeitsmarktpolitik beim Anteil des Landes an der kofinanzierten EU-Förderung gespart wurden. Genau das ist das Debakel Ihrer Art von Politik. Sie ziehen sich aus der Landesverantwortung zurück, prahlen aber an anderer Stelle mit enormen ESF-Mitteln.

Die rote Laterne, die wir Ihnen anlässlich der letzten Aktuellen Stunde bereits vorgehalten haben, tragen Sie im Rahmen der Langzeitarbeitslosigkeit. Im Vergleich zu allen anderen Bundesländern beweist dies ausdrücklich, dass Sie keinerlei Initiative, geschweige denn Erfolge zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit gebracht haben.

Als Lösung gegen die Langzeitarbeitslosigkeit solle – so haben Sie es einmal im Ausschuss erläutert – unter anderem das Werkstattjahr herhalten. Ich frage Sie: Wozu soll dieses Werkstattjahr, das sehr kläglich gestartet ist, noch alles herhalten? Wir können froh darüber sein, dass die Anregungen, die in der Anhörung, aber auch schon bei der Vorstellung des Werkstattjahres von der Opposition gegeben wurden, umgesetzt wurden, damit das Werkstattjahr wenigstens etwas in die Welt getragen wurde und etwas auf Zuspruch bei den jungen Menschen stößt.

Mehrmals in diesem Jahr, letztmals im August, forderten Sie dazu auf, Projekte für Arbeitslose zu initiieren, um ESFMittel zu binden. Was Sie dabei nicht bedacht haben, ist, dass andere in diesem Land, die mehr an aktiver Arbeitsmarktpolitik interessiert sind, Ihnen dabei einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. So hat der Ausbildungskonsens in einer ungewohnten Einigkeit zwischen Gewerkschaftern, Arbeitgebern und Kammern deutlich gemacht, wie man im Rahmen der Ausbildungsnot tätig werden kann. Dem mussten Sie mangels eigener Konzepte folgen und somit eigenes Landesgeld in die Hand nehmen.

Da es für Sie bisher ein Fremdwort war, Arbeitspolitik mit eigenem Geld zu bestreiten, ging dies

zulasten der Langzeitarbeitslosen, der Frauen, Jugendlichen, Menschen mit Zugangshemmnissen, denen Sie durch Ihre Projektanforderung noch Hoffnung gemacht und durch den unmittelbaren Stopp zur Bewilligung von Projekten die letzten Perspektiven und den Mut unter den Füßen entzogen haben. Doch wenn Frauen und Männer vor Ort tatsächlich kommunale und regionale Verantwortung übernehmen, und das gegen die Weltanschauung des Ministers, dann schlägt ebendieser zu.

Es ist zu befürchten, dass der mutige Einsatz des Leiters der Regionalagentur in Aachen für eine aktive ehrliche Arbeitsmarktpolitik des Landes zu seiner Entlassung führt. Das, Herr Minister, ist Zentralismus in seiner brutalsten Art und Weise. Da zeigt sich das ganze soziale Gewicht des Arbeitsministers Laumann.

(Beifall von der SPD)

Da zeigt sich das Gewicht des Ministers, der ausschließlich in der Lage ist, Politik nach Gutsherrenart zu praktizieren. Da ist die Enttäuschung in den Regionen mit den Händen zu greifen. Herr Minister, ich erinnere Sie daran: Bis auf den unqualifizierten Zwischenruf in der Debatte: „Und er fliegt doch!“, haben Sie sich zu dem Vorgang bis heute an keiner Stelle geäußert. Das zeigt, was Sie für ein Gewissen bei einer solchen Art von Politik haben.

(Beifall von der SPD)

Wenn jetzt deutlich wird, dass das eine oder andere Projekt eventuell doch noch an den Start geht, dann sehe ich schon die Schlagzeilen, wie sich Minister Laumann damit brüstet, dass er neue Perspektiven für Arbeitslose durch neue Projekte schafft. Fakt ist, dass eine Bewilligung von Projekten ausschließlich dadurch zustande gekommen ist, dass ESF-Mittel seitens des Bundes an das Land Nordrhein-Westfalen rücküberwiesen wurden. Dies ist nicht Ihr Verdienst, Herr Minister Laumann. Das ist der Rettungsring, den Ihnen Bundesarbeitsminister Franz Müntefering zuwirft.

(Frank Sichau [SPD]: Ja, so ist es, Herr Laumann!)

Ich habe noch sehr gut die Anfrage der Kollegin Steffens im Ohr, die detailliert an das Ministerium die Bitte gerichtet hat, die bis zum 1. Oktober 2006 verausgabten Mittel im Rahmen der ESFkofinanzierten Landesarbeitsmarktpolitik vorzulegen. Die Antwort, die Sie uns schriftlich haben zukommen lassen, ist allerdings relativ dürftig ausgefallen.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das ist noch nett gesagt!)

Eine detaillierte Auflistung sieht alles vor, nicht nur Überschriften mit einigen wenigen Zahlen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Sie selbst nicht umfassend darüber informiert sind, was im Einzelnen mit ESF-Mitteln aus Ihrem Hause passiert. Oder, wie Kollege Garbrecht zu dem gleichen Thema am 8. November im Ausschuss formuliert hat – ich zitiere –:

„Solange die Landesregierung nicht erschöpfend über die Art der Bindung der ESF-Mittel in der auslaufenden Förderphase berichte, nähre sie die Vermutung, dass sie selbst nicht wisse, wie viele Mittel überhaupt zur Verfügung stünden. Deswegen habe sie die Programme gestoppt.“

Herr Minister, klären Sie endlich, wie der Stand der ESF-Mittel im Jahre 2006 detailliert war und wie die Zukunft hier im Detail aussehen soll. Nicht nur wir als Parlamentarier, sondern auch die Menschen draußen im Land, die Träger, die diese Projekte starten, haben ein Recht darauf. Sie sind diese Antwort bis heute im Detail schuldig geblieben.

(Beifall von der SPD)

Herr Minister, Sie sind nichts anderes als der arbeitsmarktpolitische Täuscher der gegenwärtigen Landesregierung. Sie sind – ich benutze jetzt mit Blick auf Ihr stattliches Auftreten ein schiefes Bild – die Speerspitze der Täuschung bei der Arbeitsmarktpolitik. Sie stellen sich hier im Plenum wild aufgebracht hin und erzählen den Mitgliedern des Hohen Hauses, dass in Berlin durch Sie hart und erfolgreich für die Kommunen des Landes verhandelt werde. Dann folgt die bittere Wahrheit im Verhandlungsergebnis: Andere Länder bekommen mehr als Nordrhein-Westfalen.

Sie können bis heute nicht erklären, warum trotz Ihrer „harten“ Verhandlungen Kommunen in Nordrhein-Westfalen schlechtergestellt werden als in anderen Bundesländern. Die Spitze der Täuschung ist Ihr Vorstoß zur Verlängerung des Arbeitslosengeldes I. Was Sie als sozial titulieren, ist tatsächlich der Griff in die Taschen der Familien. Sie machen den Leuten vor, dass Almosen für eine kleine Gruppe ein großer Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit ist. Ich bin schon gespannt auf Ihre Rechnung, die Sie Bundesarbeitsminister Müntefering vorlegen sollen. Ich vermute, dass Sie mit Ihrer Rechnung durch den Mathetest des kleinen Einmaleins durchfallen werden und dass all das, was wir an Befürchtungen vorgetragen haben, Zustimmung finden wird. Sie spalten die Men

schen durch Ihren Vorstoß. Dies geht zulasten junger Menschen, junger Familien. So diktieren Sie soziale Gerechtigkeit. Das ist schäbig. Das ist Populismus. So etwas steht keiner guten Arbeitsmarktpolitik zu.

Sie können Kampagnen noch so gut organisieren: Am Ende wird die Wahrheit bei den Menschen ankommen. Die Wahrheit ist, dass Laumann und Rüttgers nicht für soziale Gerechtigkeit stehen, sondern ausschließlich für Täuschung – Täuschung, die am Ende auch in Enttäuschung bei den Wählerinnen und Wählern mündet. Sie, Herr Minister, sind das Musterexemplar für die Koalition der Täuschung und der Enttäuschung.

Hören Sie auf zu lamentieren! Beginnen Sie zum Wohle der Menschen zu regieren! Nach anderthalb Jahren muss jeder Arbeitnehmer seinen Job beherrschen. Ihre Probezeit, Herr Minister, scheint eine einmalige Ausnahmeregelung im deutschen Arbeitsrecht zu sein. Probezeitverlängerung bis zum ersten Erfolg – so lange, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann kein Arbeitsloser, kein Jugendlicher in diesem Land warten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Schmeltzer. – Für die CDU spricht nun der Kollege Tenhumberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schmeltzer, wir alle haben gehofft, Sie würden das einhalten, was Sie gesagt haben, nämlich zwei Minuten lang zu reden. Sie haben das wie üblich nicht eingehalten, sondern acht Minuten lang gesprochen,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Neuneinviertel Minuten!)

obwohl Sie eingangs erklärt haben, dass die Arbeitsmarktpolitik Sie sprachlos mache. Dass Sie die nicht verstehen, kann ich nachvollziehen. Dass Sie in sieben dieser acht Minuten auf den Herrn Minister eingedroschen haben, ohne inhaltlich und fachlich etwas zu sagen, zeigt eben die Qualität der SPD-Politik.

(Beifall von der CDU)

Herr Schmeltzer, Sie haben völlig vergessen, wer den Laden hier an die Wand gefahren hat. Sie haben die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt vernachlässigt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Dieser Minister trägt die rote Laterne! Sie reagieren seit an- derthalb Jahren!)

Sie haben zugelassen, dass wir die höchsten Raten für Langzeitarbeitslose haben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Quatsch!)