Protocol of the Session on November 15, 2006

Wir schützen sogar die Zeit des Hauptgottesdienstes.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was ist denn mit dem Samstagabend?)

Ich wünschte, dass alle aus diesem Hause davon reichlich Gebrauch machen würden. Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock? – Offensichtlich nicht mehr.

Dann, meine Damen und Herren, hat als nächste Rednerin für die Fraktion der SPD die Kollegin Schwarz-Schumann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich muss Ihnen leider vorwerfen, dass Sie völlig beratungsresistent sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Nicht nur Sie, sondern auch die Regierungsfraktionen, die diese Landesregierung tragen, sind beratungsresistent. Wären Sie nur gegen die Argumente der Opposition beratungsresistent, könnte ich das vielleicht noch nachvollziehen, auch wenn es in der Sache nicht sinnvoll ist.

Aber Sie sind beratungsresistent gegen die Argumente der Kirchen, den Sonntag wirkungsvoll zu schützen. Den wenigen kleinen Korrekturen, die Sie vorgenommen haben, stehen andere Verschlimmbesserungen gegenüber, wie zum Beispiel die Freigabe eines Adventssonntages. Und das soll christlich sein, wo der Adventssonntag doch zur Vorbereitung auf Weihnachten dienen soll?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie sind beratungsresistent gegen die Argumente der Gewerkschaften, die immer wieder darauf hingewiesen haben, dass die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten zu prekären Beschäftigungs

verhältnissen und zu immensen sozialen Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen wird.

Sie sind aber auch gegenüber den Argumenten der Einzelhändler beratungsresistent, die in der Anhörung hervorgehoben haben, dass die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten zu einem weiteren Sterben der kleinen und mittleren Einzelhandelsgeschäfte führt. Letztlich tragen Sie deshalb dazu bei, dass die Verödung der Innenstädte noch ein Stück weiter nach vorne getrieben wird.

Sie sind selbst gegen die Vorschläge der Industrie- und Handelskammern beratungsresistent, die sich insbesondere gegen die Ausweitung der Öffnungszeiten und des Angebotes an Sonntagen ausgesprochen haben. Auch das haben Sie nicht vollständig berücksichtigt.

Beratungsresistent sind Sie gegen das Votum des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags, der deutlich macht, dass die Liberalisierung zu einem unübersehbaren Sterben kleinerer familiengeführter Einzelhandelsbetriebe führt.

Sie sind beratungsresistent gegenüber den Argumenten des Städte- und Gemeindebundes sowie des Städtetags, der auf die Problematik des ebenfalls zu verlängernden Personennahverkehrs hinweist. Diese Verlängerung ist nicht leistbar.

Sie sind auch gegen wissenschaftlichen und verfassungsrechtlichen Sachverstand beratungsresistent. Sowohl die Sozialforschungsstelle wie auch der Verfassungsrechtler Pieroth haben deutlich gemacht, dass es keinerlei wirtschaftliche Vorteile für die Unternehmen bedeutet, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer verschlechtert würden und sogar verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

Beratungsresistent sind Sie auch gegenüber den Vorschlägen des Frauenrates und des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte, der insbesondere auf die Belastung für Frauen hinweist.

Frau Kollegin Schwarz-Schumann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock?

Im Augenblick nicht. Ich möchte gerne zum Ende kommen und habe nur noch eine Minute Redezeit: Doch all jene Bedenken ignorieren Sie, vorbei an den Interessen der Beschäftigten, der Einzelhändler, der Interessenverbände und letztlich auch einem großen Teil der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Wir haben dazu eine Position. Der Kollege Schmeltzer hat sie deutlich gemacht: Wir brauchen keine Ausweitung des geltenden Rechts. Übernehmen Sie doch einfach die Regelungen des Bundes. Das, was Sie hier praktizieren, ist ein völlig falsches Verständnis von Föderalismus. Dem Gesetzentwurf werden wir daher nicht zustimmen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schwarz-Schumann. – Als nächster Redner hat für die CDU-Fraktion der Kollege Burkert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich mit einem Zitat von Karl Theodor von Gutenberg beginnen:

„Den Raum für Freiheit zu schaffen, ist Aufgabe der Politik. Die Freiheit selbst zu verwirklichen, ist Sache aller und eines jeden.“

Meine Damen und Herren, mit dem Ladenöffnungsgesetz hat die Politik einen solchen Raum für Freiheit geschaffen. Dieser Raum hat natürlich Grenzen. Um diese Grenzen sinnvoll abzustecken, haben wir alle in einer Anhörung Erwartungen und Bedenken derjenigen gehört, die diese Freiheit verwirklichen werden. Die Bedenken lagen vor allem aufseiten der Kirchen und beim Schutz der Sonn- und Feiertage. Auch ich habe – als wir das letzte Mal hier im Plenum über die Ladenöffnung gesprochen haben – den Schutz dieser Tage als wichtige Grenze des Raumes „Ladenöffnung“ verteidigt.

Das Ladenöffnungsgesetz in seiner jetzigen Form beinhaltet keine Aufweichung des Sonn- und Feiertagsschutzes. Im Gegenteil: Wir haben sogar strengere Regeln für Sonn- und Feiertage als zuvor.

Bürger beschwerten sich bei mir über die Öffnung von Geschäften in ihrer Gemeinde am Totensonntag und am Volkstrauertag. Im neuen Gesetz sind diese Tage genauso wie alle anderen stillen Feiertage geschützt. Das bedeutet: Am Totensonntag, am Volkstrauertag sowie an Karfreitag und Allerheiligen bleiben die Geschäfte geschlossen. Zusätzlich sind Ostersonntag und Pfingstsonntag geschützt. Das war bisher nicht der Fall.

Beim 1. Mai und 3. Oktober geben wir die Verantwortung für die Ladenöffnung an die Kommunalpolitik weiter. Es kommt wohl kein Kommunalpolitiker auf die Idee, einen verkaufsoffenen Tag

der Arbeit oder Tag der Deutschen Einheit zu genehmigen.

Wie sagte schon Rudolf Virchow – ich zitiere noch einmal mit Genehmigung der Präsidentin –:

„Freiheit ist nicht die Willkür, beliebig zu handeln, sondern die Fähigkeit, vernünftig zu handeln.“

Das trauen wir Kommunalpolitikern durchaus zu.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben die Sonderöffnungszeiten in speziellen Gewerbegebieten gestrichen. Wir haben das Warenangebot deutlicher formuliert, wie es der Einzelhandelsverband gefordert hat. Wir haben klare Regeln für die Landwirte beim Verkauf eigen erzeugter Produkte geschaffen. Die regierungstragenden Fraktionen haben die Anregungen aus den Anhörungen in dieses Gesetz eingearbeitet.

Befürchtungen, samstags würden die Angestellten bis weit in den Sonntag hinein arbeiten, sind unnötig und falsch. Herr Schmeltzer, kennen Sie das Arbeitszeitgesetz und die daraus resultierenden Bestimmungen?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ich glaube, bes- ser als Sie, Herr Kollege Burkert! Sonst wür- de ich nicht darüber debattieren!)

Nach dem Arbeitszeitgesetz beginnt die Nachtarbeit bereits um 23 Uhr. Das bedeutet de facto, die Geschäfte werden nur bis 21 Uhr geöffnet sein, damit die Arbeitszeit der Angestellten nicht in die Nachtzeit zum Sonntag fällt. Hinzu kommt, dass bereits ab 20 Uhr Zulagen für Nachtarbeit zum Tariflohn der Angestellten fällig sind.

Wir geben den Verantwortlichen die Freiheit wieder. Herr Schmeltzer, ich finde es toll. Ich freue mich schon auf den nächsten Bundesparteitag der SPD, bei dem Sie mit geballten Fäusten auf Ihre Kollegen der anderen Bundesländer – besonders aus Berlin – losgehen werden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie haben schon versucht, diese Mär beim letzten Mal zu er- zählen, Herr Burkert! Das wird Ihnen nicht gelingen, weil Sie dafür zu leise sind und nicht wahrheitsgemäß sagen, was Sache ist!)

Berlin hat viel Schlimmeres in sein Gesetz hineingeschrieben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wollten Sie nicht beim letzten Mal die großen Ticker- Meldungen gegen mich loslassen? Wo war das denn? Wer hört denn da auf Sie, Herr Kollege?)

Wie sagte gerade Ihre Kollegin: Die Berliner sind absolut beratungsresistent. – Einigen Sie sich in Ihren Gruppen erst einmal darauf, wie es ausgehen soll!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das werden wir den Menschen draußen sagen, damit sie wissen, wo die CDU steht!)

Sie erwähnten eben die CDA. In unserer Fraktion sind über 40 Mitglieder der CDA. Sie stehen genauso zu diesem Gesetz wie alle anderen in der CDU-Fraktion und in der FDP-Fraktion.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Bei meinen Gesprächen mit den Verantwortlichen von inhabergeführten Geschäften wurde mir durchweg Zustimmung zu diesem Gesetz entgegengebracht. Genauso klar wurde, dass überhaupt keine Absicht besteht, ein Geschäft rund um die Uhr zu öffnen. Öffnungszeiten werden auf die Bedürfnisse der Käufer und auf das Warenangebot im Laden abgestimmt. So wird der Bäcker nicht mehr – wie bisher – heimlich früh morgens an der Hintertür zur Backstube seine Brötchen an die ersten Kunden verkaufen müssen, sondern er kann seine Verkaufsstelle ganz legal öffnen.

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! Auf diese Regierung und die sie tragenden Parteien ist Verlass. Wieder wurde ein Punkt der Koalitionsvereinbarung abgearbeitet und sinnvoll umgesetzt. Wir halten, was wir versprechen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das war ja dünn! Mal sehen, was er den Hammensern dazu zu sagen hat, Herr Burkert!)

Vielen Dank, Herr Kollege Burkert. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Priggen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.