Protocol of the Session on September 28, 2006

Und – da will ich das Ordnungsrecht gar nicht ausnehmen – wir müssen ein starkes Ordnungsrecht im Hintergrund haben. Das, was Sie einfordern, Herr Remmel, dass dies auch verbindlich umgesetzt werden muss, ist doch selbstverständlich. Dies ist für uns so etwas von selbstverständlich, so etwas von allgemeingültig, dass ich es nicht für richtig gehalten hätte, dafür Papier zu beschmutzen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Jetzt wird es aber bitter! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Stamp- fen Sie lieber Ihre Parteiprogramme ein!)

Zum nächsten Punkt! Der Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW wird von der Philosophie getragen, dass wir auch auf Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen müssen. Ich habe überhaupt keine Probleme, zu sagen, dass der Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW letztendlich nicht nur auf eigenen Überlegungen fußt. Die drängenden Anträge in Richtung Umweltpakt von Hans Peter Lindlar, dem früheren umweltpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und heutigem Regierungspräsidenten von Köln, sind von der rot-grünen

Landesregierung jedes Mal abgeschmettert worden.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Ist doch Quatsch!)

Sie können nicht sagen „Quatsch“, Herr Remmel. Er ist abgeschmettert worden. Das können Sie im Protokoll nachlesen.

Wir müssen allerdings auch feststellen – dazu muss ich ein paar nachdenkliche Worte sagen –, dass diese Landesregierung gegenüber der Wirtschaft in vielen Bereichen in Vorlage getreten ist. Wir haben uns eindeutig festgelegt, EU-Standards 1:1 umzusetzen. Herr Minister Uhlenberg hat auf die ersten Vereinbarungen Bezug genommen und ausgeführt, dass wir bei der Abwärmenutzung und der energetischen Nutzung von Müllverbrennungsanlagen Fortschritte gemacht haben, dass wir Schlacken als Nebenprodukte des Hochofenprozesses akzeptiert haben. All das war eine Abkehr von bisheriger rot-grüner Politik. Wir wollen nicht draufsatteln, wir wollen 1:1 umsetzen, wir wollen einen effizienten Mitteleinsatz. Da sind wir nach vorne gegangen. Frau Ministerin Thoben, man muss auch sagen: Dialog bedeutet, etwas auf gleicher Augenhöhe miteinander zu vereinbaren. Da ist Nordrhein-Westfalen nach vorne gegangen.

Ich sehe im Bereich Altlastensanierungsverband Probleme; das will ich ganz deutlich sagen. Mir ist wirklich bewusst, dass innerhalb der Wirtschaft schon seit Langem über eine Lastenverteilung bei der Finanzierung des AAV diskutiert wird; das wissen wir. Das darf aber nicht zu einer zeitlichen Verzögerung oder gar einem Infragestellen dieses Prozesses der Finanzierung führen.

Es kann auch nicht sein, dass der Staat in die Koordination eingreift, wenn die Wirtschaft in einzelnen Sparten Probleme hat und die Koordination nicht hinbekommt. Wo sind wir denn? Wenn wir sagen „Privat vor Staat“, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Wirtschaft ihre internen Diskussionsprozesse koordiniert und nicht nach einer zeitverzögernden Hilfestellung durch den Staat ruft. Das muss man ganz klar sagen.

Herr Ellerbrock, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Remmel?

Aber selbstverständlich.

Das habe ich mir gedacht. – Herr Remmel, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Ellerbrock. Würden Sie denn zugestehen, dass Sie das Phänomen, das Sie gerade im Zusammenhang mit dem AAV aufseiten der Wirtschaft beschreiben, häufiger antreffen, wenn es darum geht, solche Kooperationen zu schließen?

Nein, dem würde ich so nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal auf das Thema AAV zurück. Wenn der von SchwarzGelb angebotene Kooperationsweg in der Finanzierungsfrage nicht rasch – ich betone: rasch! – zu einem vernünftigen Ende geführt wird – diese quälende Diskussion mit der Wirtschaft und innerhalb der Wirtschaft muss rasch ein Ende haben –, wenn nicht deutlich wird, dass dieser von dieser Landesregierung angebotene Kooperationsweg erfolgreicher ist als das, was Rot-Grün zusammengestoppelt hat, dann muss man über Ordnungsrecht nachdenken. Das sage ich als FDP-Mann. Ja, dann denke ich über Ordnungsrecht nach, und zwar ganz interessiert.

Die Oberziele „Privat vor Staat“ und „Dialog statt Dirigismus“ gelten für mich nach wie vor. Ich will, weil die Zeit dafür nicht ausreicht, nicht auf Einzelheiten eingehen, aber deutlich sagen: Der Weg, den diese Landesregierung geht, halte ich für richtig.

Die Kollegin Wiegand hat davon gesprochen, die Umweltverbände und andere würden ausgegrenzt. Sie werden aber genau wie alle anderen Teilnehmer behandelt. Gespräche finden nach wie vor statt.

Selbstverständlich – das werden Sie aus der letzten Legislaturperiode noch wissen – spreche ich den Gewerkschaften auch aufgrund ihrer Erkenntnisse im Arbeits- und Gesundheitsschutz hier einen hohen Stellenwert zu. Nur: Die Gewerkschaften haben sich aus dem Agendaprozess, weil er leider – ich betone: leider! – zu ideologisiert geführt wird, verabschiedet, weil ihnen die Zeit für diese ideologiebesetzten Veranstaltungen zu schade ist. Ich hoffe, dass die Gewerkschaften mit der neuen Landesregierung eine sachgerechte Zusammenarbeit suchen und weiterführen. Für uns ist es völlig klar, dass wir miteinander reden.

Viele Gewerkschaften – ich gucke gerade einen Vertreter der IG BCE an;

(Der Abgeordnete wendet sich dem Abge- ordneten Norbert Römer [SPD] zu.)

die ist für mich eigentlich ein Musterbeispiel; Herr Römer, ich schaue Sie an; ich schiele doch nicht –

(Allgemeine Heiterkeit)

sind sehr praxisorientiert. Damit habe ich überhaupt keine Probleme. Die Dialoge waren vernünftig. Vielleicht mehr davon in der zweiten Runde! – Zunächst einmal danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Das Wort hat nun für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Unterrichtung des Landtags erst heute erfolgt, liegt daran – Herr Remmel, dass wissen Sie selber sehr gut –, dass Sie an einer Verschiebung maßgeblich mitgewirkt haben.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Meine Güte!)

Ja, das ist so.

Was wir bei der Übernahme dieser Aufgabe vorgefunden haben, war ein total zerstörtes Vertrauen. Deshalb haben wir unseren Aufschlag, den Aufbau des Dialogs an den Anfang zu stellen, bewusst gewählt. Wer daraus den Eindruck mitnehmen möchte, wir würden dem Ordnungsrecht eine Absage erteilen wollen oder uns sei wirtschaftliches Wachstum um jeden Preis das Allerwichtigste, der kann nicht einmal drei Seiten lesen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Es sind bloß zwei Seiten!)

Ich will Ihnen deshalb gerne die entsprechenden Stellen zitieren:

„Der Dialog Wirtschaft und Umwelt baut eine neue Kommunikations- und Handlungsplattform für Landesregierung und Wirtschaft mit dem Ziel auf, im Konsens Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Entwicklung zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes NRW in Einklang zu bringen.“

Herr Remmel, selbst Ihren geliebten Begriff können Sie bereits im ersten Absatz finden.

Es steht weiter in diesem Text:

„Er ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung von Staat und Wirtschaft für umweltverträgliches Wachstum …!“

Das geschieht also auch nicht um jeden Preis. – Dann heißt es weiter:

„Er gründet in der Überzeugung, dass die natürlichen Lebensgrundlagen mit Hilfe einer zuverlässigen Kooperation … besser geschützt werden können als nur durch staatliches Regulieren.“

Ich weiß nicht, was Ihnen da fehlt.

Minister Uhlenberg hat eben in seinem Einstiegsbeitrag gesagt, er könne zwei Beispiele bereits jetzt vorweisen und es könne konkrete Verabredungen geben, wenn man vertrauenswürdig miteinander umgehe. Weitere sind in Vorbereitung. Würden Sie zuhören, würden Sie die kennen. 16 Betreibergesellschaften der Hausmüllverbrennungsanlagen haben mit ihm eine Verabredung getroffen. Er hat eine Übereinkunft mit dem Vorstandsvorsitzenden von Thyssen-Krupp Stahl getroffen, dass Hochofenstückschlacken verwandt werden und nicht mehr unter das Abfallrecht fallen. Das heißt, sehr konkret arbeiten wir an Nachhaltigkeit, an umweltverträglichem Wachstum. – Das ist die erste Klarstellung.

Es gab Hinweise, dass es falsch sei, Umwelttechnologien mit dem Ziel zu exportieren, damit sehr viel für den Klimaschutz zu organisieren. Ist Ihnen gar nicht bewusst, was in China an Steinkohlenkraftwerken läuft? Nein. Sie haben gesagt, das würde heißen, wir wollten uns hier nicht mehr anstrengen. Aber in China laufen Steinkohlenkraftwerke mit einem Wirkungsgrad von 27 %. Wir bauen hier die neuesten Steinkohlenkraftwerke mit Wirkungsgraden von über 40 %.

(Britta Altenkamp [SPD]: Sie bauen?)

Wir hier im Land. – Wer von Ihnen möchte uns unterstellen, wir wollten das Kraftwerkserneuerungsprogramm nicht, sondern lieber etwas in China machen? Der Umweltminister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die eingesetzte Mark zur CO2-Reduzierung in einem Land, das praktisch gar keine Standards kennt, höher ist als bei uns. Das kann man schlicht nicht bestreiten.

(Beifall von der FDP)

Dann werden wir gefragt, ob wir uns eigentlich überhaupt um Umweltschutz kümmern. Was haben wir denn beim Nationalen Allokationsplan II gemacht, Herr Remmel? Wir sind unter anderem aufgrund der Intervention der Grünen, die uns dabei geholfen haben, bei der Laufzeit von Gaskraftwerken recht erfolgreich gewesen. Warum kehren Sie das alles unter den Tisch? Wir machen es konkret und schreiben keine Aufsätze.

Schließlich gibt es noch den Hinweis, wir kürzten Ren-Programme und wollten uns daraus in Zukunft wohl ganz zurückziehen. An die SPD gerichtet sage ich: Wer uns das vorwirft, sollte uns helfen, schneller Mittel aus der Subventionierung der Steinkohle freizubekommen, um solche Kürzungen nicht durchführen zu müssen.

(Beifall von CDU und FDP)

Hinzu kommt: In der Ziel-2-Phase – das werden wir im Wirtschaftsausschuss noch intensiv beraten – werden wir die Möglichkeit haben, gerade auch im Zusammenhang mit modernsten Energietechnologien landesweit Projekte zu fördern. Das werden wir nutzen.

Dann hat Herr Remmel viel dazu vorgetragen, was eigentlich passieren müsste. Nun ist ein solches Aufschlagpapier, mit dem man klarmacht, in welchen Strukturen man Themen zukünftig behandeln will, natürlich kein Ersatz für all das, was Sie hier anmahnen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Tja!)

Das hat auch keiner behauptet.

(Hannelore Kraft [SPD]: Aber reichen zwei Seiten? – Johannes Remmel [GRÜNE]: Sie müssen doch mal Ziele benennen!)