Meine Fraktion findet den von der Landesregierung vereinbarten und von Ihnen vorgelegten Aktionsplan ausgesprochen gut. Ausgesprochen wohltuend unterscheidet er sich auch von den bisherigen Versuchen insbesondere der CDU, konkrete Maßnahmen für die Integrationspolitik zu definieren. Ich erinnere nur an Ihren Gesetzentwurf eines Integrationsgesetzes, das am Ende eigentlich mehr ein Integrationsbeauftragtenberichtsgesetz war. So kommen wir nicht weiter. So sind wir auch nicht weitergekommen.
Deshalb meine ich, dass wir jetzt mit Erreichen der Evaluationsphase des Zuwanderungsgesetzes an dem Punkt sind, an dem das Land die Maßnahmen, die es als seine Aufgabe ansieht, verbindlicher formulieren muss. Es geht nach unserer Auffassung bei einem Integrationsgesetz eben um mehr Verbindlichkeit; jedenfalls um mehr Verbindlichkeit, als ein Aktionsplan sie bringen kann.
Welche Dinge gehören in ein solches Gesetz? – All die Dinge, die bei der Integration der bereits länger hier lebenden Menschen helfen und die auch den Kindern und den nächsten Generationen die Möglichkeit geben, in der Mitte der Gesellschaft zu leben und anzukommen.
Sprachförderung – nicht nur für Kinder, sondern auch für die Erwachsenen – ist ein wichtiger Aspekt, außerdem die Förderung und Absicherung der Regionalstellen und die Sicherung und Förderung der Migrantenselbstorganisation; wobei wir Sozialdemokraten immer sagen: Die Migrantenselbstorganisation ist kein Selbstzweck, sondern sie muss darauf gerichtet sein, tatsächlich zur Integration in diesem Land beizutragen. Diese Auseinandersetzung führe ich persönlich und führen viele meiner Kolleginnen und Kollegen immer wieder auch mit Migrantinnen und Migranten. Denn Migrantenselbstorganisation ist ein weites Feld.
Islamischer Religionsunterricht ist das Ziel, das wir alle hier in diesem Haus verfolgen. Die Förderung der islamischen Unterweisung gehört in das Integrationsgesetz.
Die Absicherung und Förderung der partnerschaftlichen Projekte mit den Kommunen, das sogenannte „KOMM-IN-Programm“, ist ebenfalls ein Punkt, bei dem ich der Landesregierung dankbar bin, dass sie ihn fortschreibt. Ich könnte allerdings ein bisschen ehrlicher mit Ihnen umgehen, hätten Sie einmal die Größe zuzugeben, dass Sie dieses „KOMM-IN-Programm“ nicht erfunden haben, sondern es noch unter der alten Landesregierung auf den Weg gebracht worden ist.
Die Unterstützung und Absicherung der Migrationsfachdienste ist auch ein wichtiger Punkt, der in ein solches Integrationsgesetz gehört.
All die von mir genannten Punkte – sicherlich kann man über andere auch noch diskutieren – sind im Aktionsplan der Landesregierung durchaus erwähnt. Einige Punkte finden auch in der CDU/FDP-Entschließung Berücksichtigung. Aber wir wollen mehr Verbindlichkeit in der CDU/FDPEntschließung –
Ziel muss es darüber hinaus sein, das Landesaufnahmegesetz in ein Integrationsgesetz einzubinden, um auch bereits länger in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen lebende Menschen bei der Verwendung der Mittel aus dem Landesaufnahmegesetz berücksichtigen und dabei auf die geänderten Anforderungen durch weniger Zuweisungen reagieren zu können.
Diesbezüglich unterscheiden wir uns ein bisschen von der Zielsetzung von Bündnis 90/Die Grünen. Denn wir sagen: Wie man mit der Landesstelle in Unna-Massen umgeht, darüber müssen wir diskutieren, aber man sollte nicht das Integrationsgesetz als Anlass dafür nehmen, sondern im Zuge der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes – und da geht es um Neuzuwanderer – darüber reden. Ich sehe auch durchaus Notwendigkeiten und Möglichkeiten, über Unna-Massen zu reden. Aber unser Ziel muss es immer sein, so viel Mittel wie möglich im System zu halten, damit wir die Menschen, die schon länger in der Bundesrepublik leben, hier im Lande auch mit besseren Maßnahmen versorgen können.
Wir wollen in der Integrationspolitik im Land einen Schritt weiterkommen und für die Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte das Zusammen
Da kann nach unserer Einschätzung ein Integrationsgesetz ein deutlicher Schritt nach vorne sein. Ich weiß, dass Sie in der vergangenen Legislaturperiode als Ausfluss aus der Integrationsoffensive auch schon einmal einen solchen Vorstoß unternommen haben.
Der CDU/FDP-Antrag versucht wenigstens, die wichtigen Teile des Aktionsplans als Initiative dieses Hauses zu übernehmen. Dies verstehe ich voll, aber ich meine, dass der Zeitpunkt wirklich gut ist, um ein Integrationsgesetz aufzulegen, weil wir jetzt in der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes an einigen Punkten wirklich deutlich machen können, wie sicher und verlässlich wir die Politik in Nordrhein-Westfalen im Bereich Integration gestalten wollen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Solf das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen – soweit Sie noch hiergeblieben sind und nicht unten in der Kantine oder sonst wo sind! Ich habe eben ganz genau zugehört, aber sowohl bei Ihrer Rede als auch bei Ihren Anträgen komme ich mir vor wie Bill Murray. Sie kennen sicherlich den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Die Hauptfigur wacht morgens auf und stellt immer wieder fest: Heute ist gestern. Sie ist in einer Zeitschleife gefangen.
Und hier ist es genauso. Es ist gerade einmal zwei Wochen her, dass wir hier im Plenum über einen Antrag der Grünen gesprochen haben, der – ganz ähnlich – einen Teilaspekt des Aktionsplans Integration vom 27. Juni diesen Jahres der neuen Landesregierung aufgriff, ihn nicht einmal nannte, aber den Eindruck erwecken wollte, man selbst sei ganz weit vorne.
Nun denn, bleibe also auch ich in der Zeitschleife und wiederhole mich: Grüne – und jetzt auch die SPD – haben gute Augen, erkennen die Scheune, sehen das Scheunentor weit offen und rennen auch los. Probleme haben die Grünen nur mit der Feinmotorik: Leider rennen sie vor lauter Eifer gleich wieder durch das hintere Tor hinaus.
Also will ich Sie einmal in der Scheune festhalten und sagen, wie wir – gerne auch gemeinsam – weiterkommen. Natürlich weiß jeder – aber auch
wirklich jeder –, dass das Zuwanderungsgesetz in einigen Bereichen den aktuellen Entwicklungen angepasst werden muss. Jeder – aber auch wirklich jeder – weiß, dass wir uns noch einige Wochen in der Evaluierungsphase befinden – in allen 16 Bundesländern. Es war vereinbart – auch das weiß jeder –, dass wir danach überlegen wollten, was genau zu tun sei. Noch besser: Bei uns in NRW gibt es sogar eine gemeinsame Basis: die Initiative aus dem Jahre 2001. Ja, das Scheunentor ist weit offen.
Sie, meine Damen und Herren von Rot und Grün, wissen das und schreiben trotzdem solche Anträge. Was treibt Sie um? – Zwei Antworten sind denkbar.
Nr. 1. Angesichts einer entschlossen, geschlossen, zielorientiert und zügig handelnden Integrationspolitik der Koalition der Erneuerung wollen Sie die Spuren Ihrer eigenen Versäumnisse verwischen. Ich erinnere an den Entwurf der CDU vom 17. September 2002 – vier Jahre ist es her – für ein Integrationsgesetz, in dem wir ein ganzes Maßnahmenpaket geschnürt und nicht nur – wie Sie jetzt – eine Sache aufgegriffen hatten.
Es ging dabei um Integrationsberichte, Schulpflicht, Integrationskurse, Integrationsvertrag, vorschulische Sprachförderkurse etc. – ein ganzes Paket.
Sie von Grün machten das ebenfalls, wenn auch erkennbar eher nur, weil der große Bruder – oder soll ich sagen: die alte Tante – Sie dazu gezwungen hat.
Nein, bei der Kritik, Frau Altenkamp, wissen Sie, meine ich nicht Sie, sondern damit meine ich ganz andere bei Ihnen. Das weiß wohl jeder.
Ich erinnere weiter an den CDU-Antrag vom 26. Mai 2003 „NRW braucht eine Integrationsoffensive in Grund- und Hauptschulen“. – Wiederum: Abgeschmettert von Rot und Grün unter Absingen sehr schmutziger Lieder. Wir waren konkret und konstruktiv, aber Sie haben uns alles um die Ohren gehauen. In drei Jahren rot-grüner A
Dann hat unser Integrationsplan vom Juni Sie endlich wieder wach gerüttelt. Jetzt – so die Vermutung – dient der ganze Aktionismus dazu, schnell noch irgendwie auf den fahrenden Zug aufzuspringen und doch noch in die Scheune zu kommen.
Aber: Auch eine zweite Antwort ist möglich. Sie wird plausibel, wenn man den Antrag der Grünen als eine Reaktion auf das Papier der SPD interpretiert, das einige Tage älter zu sein scheint.
Das SPD-Papier greift nämlich etwas auf, was sich Rot-Grün in den Chaosmonaten vor dem Ende ihrer Herrschaft noch gemeinsam auf die Fahnen geschrieben hatten.
Da gab es im Januar 2004 beim Haushalt einen gemeinsamen Entschließungsantrag bezüglich des Landesaufnahmegesetzes. Wie so oft, helfen auch hier die stets freundlichen Damen und Herren des Landtagsarchivs, die im Übrigen viel zu wenig gewürdigt werden. Es ist die Drucksache 13/4965. Die damals zuständige Ministerin hat das Papier – nehme ich an – in irgendeiner Schublade versteckt, denn es geschah nichts. Auf diese Drucksache kommt nun die SPD zurück, aber blöderweise ohne die Grünen.
Hier wird es dann wirklich grotesk: Die damaligen Dauerbremser von der SPD kommen jetzt, wo in der Integrationspolitik endlich entschlossen, geschlossen, zielorientiert und zügig gehandelt wird, jammernden Auges, was noch alles nicht erledigt sei.
Ein solch dreistes Vergessen-machen-Wollen der eigenen Vergangenheit sind wir in diesem Hause eigentlich nur von Frau Schäfer gewohnt. Solche Fehler dürfen nicht passieren, selbst wenn man ächzt unter der Last so bewegender innerfraktioneller Entscheidungsfragen wie etwa, ob Herr Horstmann sich ein wenig dazuverdienen dürfe oder ob Frau Schäfer sich ein klein wenig zurücknehmen solle.
Dann vor drei Tagen der Gipfel: Die SPD, diese Partei der Freiheitsrechte, der Aufklärung, der Emanzipation, diese SPD NRW will für muslimische Mädchen und Jungen wieder getrennten Un
terricht im Schulfach Sport und bei der Sexualkunde. Da halte ich ganz hart dagegen und behaupte: Diese Forderung ist unausgegoren, ja, sogar gefährlich.