Protocol of the Session on September 28, 2006

Diesen Schülerinnen und Schülern einfach Englischstunden auf ihren bisherigen Unterrichtskanon obendrauf zu packen, scheint mir nicht die

pauschal sinnvolle Lösung zu sein. Wir müssen es vermeiden, diese Kinder und Jugendlichen zu überfordern. Vielmehr ist eine individuelle Anpassung des Englischunterrichts an die Leistungsfähigkeit der einzelnen Schülerinnen und Schüler geboten.

Die Intention des Antrags ist aber nichtsdestotrotz richtig. Es ist nun an der neuen Landesregierung, ein Konzept vorzulegen, das es verhindert, dass die Förderschulen in diesem Land abgehängt werden, das vielmehr dafür sorgt, dass gerade auch die schwächeren Kinder in diesem Land ganz im Sinne der von Ihnen gerne zitierten individuellen Förderung bekommen, worauf sie ein Recht haben: eine Chance.

Meine Fraktion wird deshalb diesem Antrag zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Link. – Nächste Rednerin ist Frau Pieper-von Heiden für die FDP-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Beer, ich will Ihnen gar nicht absprechen, dass Ihr Antrag ein hehres Ziel verfolgt, aber er entspricht nun wahrlich nicht der realen Situation. Zum einen ist das, was Sie fordern, in zielgleichen Förderschulen schon längst umgesetzt. Zum anderen gibt es im zieldifferenten Unterricht wegen der Schwere der Beeinträchtigungen von Schülern Notwendigkeiten, aufgrund derer die Befähigung zu einem selbstständigen Leben, soweit möglich, das oberste Bildungsziel sein muss. Da spielt Englischunterricht nun wirklich keine Rolle beziehungsweise wäre ein verfehlter und ein die Kinder eher belastender Faktor. Die gesamte Zeit, die für Unterricht zur Verfügung steht, muss je nach Schwere und Art der Behinderung in die Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung und ein möglichst selbstständiges Leben fließen. Ich glaube eher weniger, dass die betroffenen Schüler mit Berufen konfrontiert werden, in denen Englisch zur Grundvoraussetzung gehört.

In Ihrem Antrag ignorieren Sie völlig, dass Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen, die allgemeine Bildungsziele einer Regelschule verfolgen, seit 2003 Englisch bereits wie im Regelsystem ab der dritten Klasse unterrichten. Das haben doch sogar …

Frau Piepervon Heiden, ich wollte nur fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Frau Beer zulassen würden.

Ja. Bitte, Frau Beer.

Danke schön, Frau Pieper-von Heiden. Können Sie sich vorstellen, dass ich nicht gemeint habe – das habe ich auch nicht so vorgetragen –, dass beim zieldifferenten Unterricht der Englischbaustein nach EU-Referenzrahmen Niveau C erreicht werden soll, sondern dass es um ganz speziell angepasste Englischkenntnisse gehen soll, die ein grundlegendes Verständnis ermöglichen?

Das zur Regel zu machen halte ich eher für problematisch. Aber es gibt die Möglichkeit der Einzelvereinbarung. Keinem Kind, dem es möglich ist, das zu leisten, wird das verwehrt. Das wissen Sie.

Was die Förderschulen mit zielgleichem Unterricht betrifft: Das haben Sie im Jahr 2003 doch selbst eingeführt. Haben Sie das vergessen?

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Ab dem 1. August 2007 wird Englisch schon im zweiten Halbjahr der ersten Klasse auch an Förderschulen unterrichtet. Die Kinder haben da überhaupt keinen Nachteil. Lernbehinderte werde in gleichem Maße davon profitieren. In der Sekundarstufe I geht es in Klasse 5 nahtlos weiter. Da gibt es überhaupt keine Diskriminierung.

Natürlich erhalten auch Lehrer an Förderschulen, die Englisch unterrichten, ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen an regulären Schulen qualifizierte Fortbildung. Jede Förderschule für Lernbehinderte wird ab dem nächsten Schuljahr über eine qualifizierte Lehrkraft für Englisch verfügen. Das haben nicht Sie eingeführt; das macht die aktuelle Koalition. Was wollen Sie da mehr?

Sie sehen: Ihr Antrag hinkt dem, was längst beschlossen ist, erheblich hinterher. Aber wir können über den Antrag im Ausschuss gerne reden und alles noch einmal wiederholen. Dennoch bleibe ich bei der Position, dass ich es für hoch problematisch halte, Kinder, die über schwerste Behinderungen verfügen, noch damit zu belasten, Englisch zu lernen. Da geht es um etwas ganz anderes. Wir können heilfroh sein, wenn wir es schaffen, sie zu einem regulären, selbstständigen Leben hinzuführen: dass sie ihr Leben meistern können, dass sie befähigt werden, eine Berufsausbildung – wenn vielleicht auch eine abge

speckte – anzutreten. Das muss das alleroberste Ziel sein. Wenn Eltern und Lehrer gemeinsam der Meinung sind, dass diese Schüler auch noch Weiteres leisten können, dass man sie wirklich mit einer Fremdsprache konfrontieren kann, dann steht dem überhaupt nichts entgegen. Das ist die Gesetzeslage. – Danke.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden. – Nun spricht die zuständige Schulministerin zu uns, Frau Ministerin Sommer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich hier sehr kurz fassen, weil meine Vorredner im Grunde genommen schon dargestellt haben, wie zurzeit mit Englischunterricht in Förderschulen verfahren wird.

Ich denke, an dieser Stelle ist es wichtig, noch etwas dazu sagen, wie es in Zukunft sein wird, wenn Englisch im ersten Schuljahr erteilt werden soll. Wir können da ähnlich oder analog verfahren, wie wir es jetzt in Klasse 3 praktizieren.

Wir müssen sehr deutlich nach dem verfahren, was eben schon gesagt worden ist. Das Prinzip der Durchlässigkeit ist wichtig. Ich verstehe auch sehr gut den Ansatz, der eben genannt worden ist: Wir wollen Förderschülerinnen und Förderschüler nicht diskriminieren und ihnen Fremdsprachenunterricht vorenthalten. – Das darf nicht sein, wenngleich es doch wichtig ist, dass wir gerade bei den Förderschülerinnen und Förderschülern sehr deutlich darauf abheben müssen, welche Qualifizierung an welcher Stelle vonnöten ist. Ist es wirklich wichtig, in Klasse 1 mit Englisch zu beginnen? Oder müssen wir da entsprechend der individuellen Förderung erst anders verfahren?

Wie gesagt: Es soll ein analoges Verfahren sein. Wir haben auch bereits Lehrerinnen und Lehrer für Förderschulen weitestgehend qualifiziert, sodass ich die Einführung 2008/2009 in der zweiten Hälfte des ersten Schuljahres für unproblematisch halte. Wir werden entsprechend den Vorgaben, die wir dann gemacht haben werden, diese Arbeit im ersten Schuljahr vollziehen und auf die Förderschulen genauso eingehen, wie wir das jetzt in Klasse 3 machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Sommer. – Weitere Wortmeldun

gen sehe ich nicht. Ich schließe deswegen die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/2589 – Neudruck – an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer spricht sich für diese Überweisungsempfehlung aus? Hände hoch! – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende unserer heutigen Sitzung.

Für mich war es die letzte Schicht. Ich bedanke mich für die freundlichen Abschiedswünsche, die Sie mir heute präsentiert haben. Wie der Rheinländer sagt: Man ist ja nicht aus der Welt. Ich denke, wir werden uns weiterhin sehen und Kontakt miteinander haben.

Die nächste Sitzung findet statt am Mittwoch, den 25. Oktober 2006, 10 Uhr.

Ich vermute, der erste Tagesordnungspunkt wird die Wahl eines Vizepräsidenten sein.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Palmen weist mich gerade darauf hin, dass vorher noch die Verpflichtung eines neuen Abgeordneten ansteht.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend und erholsame Herbstferien.

Die Sitzung ist geschlossen.