(Beifall von der FDP – Hannelore Kraft [SPD]: Weil wir das nicht gemacht haben, können Sie den jetzt ablehnen!)
Frau Kraft, Sie haben letztens bei Ihrer Wiederwahl, zu der ich Ihnen gratuliere, mitgeteilt, dass im Moment die Phase der inhaltlichen Erneuerung in Ihrer Fraktion ist. Hierzu sagten Sie:
Wir sind dabei, unser Programm zu erarbeiten und inhaltliche Positionen festzulegen. Ja, ich arbeite hart mit der Fraktion gemeinsam an den Inhalten, an den inhaltlichen Positionen. Wir müssen für die Menschen wieder als Alternative erkennbar werden.
Ja, mit diesem Antrag haben Sie heute einen „großen“ Beitrag geleistet, wieder inhaltlich erkennbar zu werden.
Meine Damen und Herren, ich komme nun auf den Antrag zu sprechen. Der Antrag der FDPBundestagsfraktion „Europäische Transparenzinitiative aktiv unterstützen“, Bundestagsdrucksache 16/2203, ist eine hervorragende Grundlage für die Positionsbestimmung des Landes NordrheinWestfalen. Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass die Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse auf der europäischen Ebene transparenter werden müssen. Ebenso sollte klar sein, dass wir keinen weiteren bürokratischen Aufwuchs gebrauchen können. Deshalb müssen wir die zu ergreifenden Maßnahmen effizient, praktikabel und kostenneutral machen. Ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die Länder muss vermieden werden. Die Aufbereitung und Veröffentlichung der Daten sollte auch, um eine EU-einheitliche Vorgehensweise zu gewährleisten, durch die EUKommission erfolgen. Schließlich müssen wir zu einer vernünftigen Abwägung zwischen den berechtigten Informationsbedürfnissen der Öffentlichkeit und dem wettbewerblichen Schutz von Be
triebs- und Geschäftsgeheimnissen kommen. Von daher sage ich Ihnen, Herr Kusche, Herr Kuschke, abschließend
im Gegensatz zu Ihrer Fraktionsvorsitzenden haben Sie sich jetzt nicht „verkuscht“ –: Der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion ist eine gute Grundlage für weitere Beratungen in diesem Hohen Hause. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Brockes. – Nun hat Frau Ministerin Thoben in Vertretung von Herrn Minister Breuer das Wort.
Herr Präsident, auch ich nutze die Gelegenheit, mich von Ihnen zu verabschieden. Ich habe derzeit übrigens drei Urkunden.
Wir haben vorhin über Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben gesprochen. Aufgrund meines hohen Alters habe ich das schon ein paar Mal hinter mir.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Veröffentlichung der Zuwendungsempfänger europäischer Förderung ist ein Thema, das die Unternehmen und damit mein Haus in einem hohen Maße berührt. Die Transparenzinitiative der EU-Kommission und das Grünbuch beinhalten aber noch viel mehr. Sie haben einen bedeutsamen europapolitischen Hintergrund. Es ist dringend erforderlich, dass wir Europa den Bürgerinnen und Bürgern näherbringen. Die Hinweise darauf vermisse ich im Antrag der SPD.
Die EU-Kommission möchte in ihrem Grünbuch vom 3. Mai 2006 mehr Transparenz der Interessenvertretung in Europa. Sie möchte mit Internetkonsultationen einen effektiven Meinungsaustausch mit den europäischen Zivilgesellschaften führen und nachvollziehbar machen, wofür das EU-Geld eingesetzt wird.
Wenn es heute um Europa geht, stehen meist Negativschlagzeilen im Vordergrund. Das Scheitern der Referenden zum Europäischen Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden
sind dafür Beispiele. Wir haben gelernt, dass hinter den gescheiterten Referenden eine tiefe Vertrauenskrise gegenüber Europa steht. Auch in Deutschland ist der Befund besorgniserregend.
Das Eurobarometer vom Frühjahr 2006 ergab: Von allen Europäern entwickeln die Deutschen die größte Skepsis gegenüber der EU. Es existiert im Durchschnitt nur ein oberflächliches und mangelhaftes Wissen über Europa, über Einrichtungen, Symbole, Projekte und Institutionen der EU. Die europäische Integration wird besonders von den Ostdeutschen als Gefahr für die Wirtschaft, für Arbeitsplätze und für die soziale Sicherheit gesehen.
Deutschland ist aber in einem hohen Maße auf eine funktionsfähige europäische Wirtschafts- und Währungsunion und Europäische Union angewiesen. Für Nordrhein-Westfalen als das am meisten europäisch und international ausgerichtete Land unter den deutschen Flächenländern gilt das ganz besonders.
Die europäische Transparenzinitiative geht weit über die Veröffentlichung von Förderprogrammen hinaus. Sie bezieht sich auf die Transparenz der europäischen Politik insgesamt. Insofern greift der SPD-Antrag sicherlich zu kurz.
Ein weiteres verbreitetes Missverständnis bei der Transparenzinitiative ist, dass Transparenz oft mit der Effizienz und Wirksamkeit der Förderprogramme gleichgesetzt wird. Effizienz und Wirksamkeit sind mir sehr wichtig. Wir haben hierüber schon oft in diesem Hause im Zusammenhang mit den Förderprogrammen diskutiert. Unser vorrangiges Interesse muss es sein und ist es, die europäischen Mittel so effizient wie nur irgend möglich einzusetzen. Das ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir stehen.
Die Eckpunkte dazu, landesweite Förderung, Mittelvergabe im Wettbewerb, Konzentration auf Innovation und Forschung, habe ich ebenfalls in diesem Hause ausführlich dargelegt. Wir müssen die EU-Mittel effizient einsetzen und über die Erfolge und Wirkungen informieren, gerade auch im Interesse einer Werbung für Europa.
Bereits in der laufenden Planungsperiode gibt es viele Quellen, bei denen sich Bürgerinnen und Bürger über die Umsetzung und Wirkungen der EU-Strukturpolitik und der EU-Politik zur Förderung des ländlichen Raumes informieren können. Die NRW-EU-Programme werden regelmäßig von unabhängigen Forschungsinstituten evaluiert. Die Ergebnisse werden publik gemacht. Die Evaluierungsberichte sind auf den Internetseiten der Landesregierung abrufbar.
Für das Ziel-2-Programm werden drei- bis viermal im Jahr ein Newsletter unter dem Titel „Ziel 2 Konkret“ herausgegeben. Der Newsletter mit der Auflage von 2.000 wird insbesondere den Wirtschafts- und Sozialpartnern zugestellt. Er enthält unter anderem Informationen zu wichtigen Projekten und ist ebenfalls im Internet abrufbar. Die jährlichen Durchführungsberichte für das NRW-Ziel-2Programm, die für die Europäische Kommission erstellt werden, stehen ebenfalls im Internet zum Download bereit.
Über den aktuellen Umsetzungsstand der Ziel-IIFörderung geben die vierteljährlich erscheinenden Monitoringberichte Auskunft, die ebenfalls über das Internet abgerufen werden können. Über diese Monitoringberichte sind in anonymisierter Form Informationen über alle Projekte abrufbar. Auch über das Programm der Gemeinschaftsinitiative INTERREG III A der Euregio – der Euregio RheinWaal und der Euregio Rhein-Maas-Nord – wird jährlich ein Rückblick veröffentlicht, der im Netz abrufbar ist. Die ausführliche Fassung des jährlichen Durchführungsberichtes kann bei den Geschäftsstellen auf CD-Rom angefordert werden.
Über die erste und zweite Säule der Agrarpolitik gibt der Jahresbericht der Landwirtschaftskammer mit regionalen Daten Auskunft. Auch die Bundesregierung informiert mit ihrer Agrarberichterstattung.
Diese Informationen sind aber noch zu verstreut und für die Bürgerinnen und Bürger schwierig auszuwerten. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die NRW-EU-Strukturpolitik im Land weit mehr als jetzt auch als Gesamtbild wahrgenommen werden kann. Die Landesregierung hat deshalb am 12. September beschlossen, für das NRW-Ziel-2-Programm 2007 bis 2013 ein Kommunikationskonzept zu entwickeln. Wir wollen die Öffentlichkeit über die bedeutsamen Projekte offensiv und intensiver als jetzt informieren, damit die NRW-EU-Strukturpolitik die Aufmerksamkeit findet, die sie verdient.
Die EU-Kommission möchte darüber hinaus die Namen der Zuwendungsempfänger öffentlich nennen. Die Bundesregierung hat sich inzwischen dem Transparenzanliegen der EU-Kommission angeschlossen. Sie befürwortet, dass über alle Fonds die Namen der Zuwendungsempfänger, die Fördersumme und der Förderzweck veröffentlicht werden. Die Bundesregierung hat damit ihre anfänglich skeptische Haltung revidiert. Sie hat angesichts der Meinungsbildung in Europa dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit ein höheres Gewicht eingeräumt als dem Schutzbedürfnis der Zuwendungsempfänger.
Die Bundesregierung hält es für erforderlich, dass die Daten in Europa nach einem einheitlichen Schema aufbereitet und veröffentlicht werden und über eine einzige Anlaufstelle abrufbar sind. Die Bundesregierung hat sich deshalb dafür ausgesprochen, dass nicht die Verwaltungsbehörden in den Mitgliedstaaten die Förderdaten veröffentlichen, sondern dass das der EU-Kommission übertragen wird. Einen entsprechenden Brief hat Bundesaußenminister Steinmeier an den zuständigen Kommissar Siim Kallas gerichtet.
Um dem Datenschutz Rechnung zu tragen, sollen die Förderanträge einen Passus enthalten, wonach sich die Zuwendungsempfänger mit der Veröffentlichung der Förderungsdaten einverstanden erklären. Nach dem derzeitigen Stand der Meinungsbildung in Europa ist also zu erwarten, dass in der nächsten Förderperiode über alle Fonds hinweg eine Information über die Zuwendungsempfänger in ganz Europa erfolgen wird.
Die Länder sind für die Umsetzung der EUStrukturpolitik und der Entwicklungspolitik des ländlichen Raumes zuständig. Wegen dieser Umsetzungsperspektive haben wir die Schutzinteressen unserer Zuwendungsempfänger besonders im Blickfeld. Schließlich nehmen die Unternehmen, wenn sie EU-Mittel erhalten, auch eigenes Geld in die Hand. Man muss das sorgfältig abwägen. Es sprechen aber gewichtige Gründe für noch mehr Transparenz. Lassen Sie mich das gerade hier im Parlament ganz deutlich sagen.
Natürlich werden wir, Herr Kuschke, in diesem Prozess sehr genau beobachten, ob die Veröffentlichung der Namen der Zuwendungsempfänger Auswirkungen auf die Akzeptanz der Förderprogramme hat und ob die Effizienz unserer Programme beeinträchtigt werden könnte. Das ist für mich keine Frage. Aber wir vergeben unsere Mittel in einem Wettbewerbsverfahren. Bei uns kommen die besten Projekte zum Zuge. Warum sollte man das nicht öffentlich sagen dürfen?
Vielen Dank. – Wir kommen zur zweiten Runde. Frau WatermannKrass hat um das Wort gebeten. Sie soll es erhalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerne nehme ich die Gelegenheit noch einmal wahr, mich an einer Debatte zu beteiligen, die ich hier nicht zum ersten Mal erlebe. Ich bedanke mich auch bei Frau Thoben. Das war sehr sach
Ja, aber wir haben natürlich auch ein Interesse an dem, was die Landesregierung in NordrheinWestfalen in dieser Sache genau mitverfolgt.
Die Skepsis ist bei Herrn Dr. Berger und bei Herrn Brockes zu vernehmen. Deswegen möchte ich gern noch einmal etwas zum Sachverhalt darstellen.
Am 14. September hatten wir eine leidenschaftliche Debatte über den Antrag „Endlich Transparenz bei EU-Agrarsubventionen“. Diesen Antrag haben wir von der SPD ausdrücklich unterstützt; denn wir meinen, die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, wo, wie und an wen die Gelder – das sind immerhin Steuergelder – der Europäischen Union fließen.
Schließlich schafft mehr Klarheit auch mehr Vertrauen. Herr Dr. Berger, Vertrauen ist ganz wichtig. Auch Herr Kuschke hat das eben dargestellt. Gerade die gemeinsame EU-Politik braucht Vertrauen, damit auch die Menschen in unserem Land verstehen, dass nur ein starkes Europa die Antwort ist, wenn wir hier über globale Zusammenhänge reden.
In der eben erwähnten Debatte über die Transparenz der EU-Agrarsubventionen hat sich die Landesregierung, damals durch Herrn Uhlenberg vertreten, zunächst auf den Datenschutz zurückgezogen. Er will die Zahlen für den Agrarsektor nur bei Veröffentlichung der Zahlen für alle Subventionsbereiche offenlegen. Seine damaligen emotional gefärbten Ausführungen lassen doch sehr vermuten, dass der Minister sehr wohl weiß, dass die Offenlegung der Zahlen für die Agrarsubventionen eine gesellschaftliche Diskussion auslöst.
Er selbst hält sie für eine Neiddiskussion. Erst am Schluss seiner Ausführungen hat er erklärt – ich zitiere –:
Soll heißen: Wir setzen uns auch nicht aktiv für eine Umsetzung der Transparenzinitiative im Land NRW ein. Frau Thoben, deswegen hätte ich auch von Ihrer Seite gern eine klare Aussage gehabt.
Aber auch Herr Seehofer brauchte länger, um diese Transparenz zu befürworten. Selbst Herr Glos, der eine namentliche Veröffentlichung erst ab einer
Größenordnung von 2 Millionen € haben wollte, hat seine Forderung jetzt aufgegeben. Erst jetzt, nachdem erkennbar wird, dass sich in der EU eine Mehrheit für die völlige Offenlegung der Zahlung abzeichnet, sind die CDU-Bundesminister bereit, sich der Transparenzinitiative anzuschließen.
Jetzt zur FDP! In der Plenardebatte, die ich angesprochen habe, hat sich die FDP, damals durch Herrn Ellerbrock, gegen den Antrag der Grünen ausgesprochen, uns aber ausdrücklich aufgefordert, den FDP-Antrag der Bundestagsfraktion zu übernehmen. Deshalb hätte ich mich gefreut, heute an dieser Stelle aus Herrn Ellerbrocks Ausführungen, wie er das in den Plenardebatten sonst fast immer macht, zu zitieren und sie zu bewerten.