bildung und überhaupt dazu beitragen kann, Brücken zu schlagen und deutlich zu machen, welche Aufgabe für die Integrationspolitik besteht, ist herzlich eingeladen. Aber auch ohne diesen Integrationsbeirat hätten wir und auch Sie die Aufgabe, Integrationspolitik zu machen.
Vor diesem Hintergrund ist das ein Gremium, von dem ich weiß, dass sich viele Leute sicher ganz gerne abbilden lassen. Der Punkt ist aber: An ihren Taten sollt ihr sie messen. – Deshalb ist dieser Integrationsbeirat eine nette Idee, die öffentlichkeitswirksam ist. Ich würde auch furchtbar gerne einmal mit Wladimir Kaminer zusammensitzen. Das verstehe ich alles. Aber darum geht es nicht. Es geht hier um konkrete Maßnahmen und um harte Fakten.
Und da ist der Integrationsbeirat das Bonbönchen. Ich weiß aber auch, dass er bei Weitem nicht so unumstritten ist, wie Sie ihn gerade dargestellt haben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Solf erneut das Wort.
Frau Präsidentin, ich will nicht groß reden; aber zu drei Punkten muss ich doch noch eben etwas sagen.
Aber Sie zwingen mich mit Ihren Anträgen und mit Ihrer Rede doch geradezu dazu. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist doch ein beredtes Beispiel dafür, weil Sie genau wissen, dass die Verantwortlichen der SPD ungefähr ab dem Jahr 2002 Sand ins Getriebe geworfen haben. Sie haben manch einen guten Gedanken gehabt, auch wir. Wir kamen aber nicht weiter, weil die Hardliner Nein gesagt haben. Stattdessen ist von dieser Seite allzu oft eine rhetorische Lyrik, eine Verbalakrobatik betrieben worden. Was jetzt Minister Laschet macht, ist Handlungsprosa. Deshalb muss das auch gesagt werden.
Zweitens. Über alle Scherze hinaus werde ich sehr ernst, Frau Altenkamp, wenn es um den getrennten Unterricht von muslimischen Jungen und Mädchen angeht. Ich nehme durchaus zur Kenntnis, dass Sie jetzt etwas zurückgerudert sind. Aber ich bitte Sie wirklich, allen klarzumachen, dass diese Forderung, die Sie gestellt haben, zurückgenommen werden wird. Bedenken Sie bitte, welche Kerzen Sie da zum Brennen bringen, die wir möglicherweise nicht mehr werden ausblasen können. Meine Frau und ich haben drei Kinder, die alle in der Schule sind.
Wir haben drei Kinder. Zumindest das Mädchen hat mehrere muslimische Freundinnen. Wir wissen, in wie vielen Fällen die Mütter den Mädchen helfen möchten, indem sie sagen: Nehmt etwas von den deutschen Schülerinnen mit. – Es sind die Väter, die jede Möglichkeit suchen, dass ihre Kinder getrennt werden. Wenn wir denen die offizielle Erlaubnis und diese Möglichkeit geben, werden sie davon Gebrauch machen.
Drittens. Frau Düker, Sie sprachen die Geschlossenheit in der CDU-Fraktion an. Sie haben gesagt: Zwischen den Innenpolitikern, mir und Herrn Laschet läge ein ganzer Rubikon. Nun bin ich erst einmal für jeden Hinweis auf die nicht nur von mir so sehr geliebte Antike dankbar. Aber der Rubikon ist in Wirklichkeit ein ganz kleiner Fluss.
Etwaige Dissense zwischen dem von mir sehr geschätzten Kollegen Theo Kruse und mir sind noch kleiner, nämlich allenfalls so klein wie ein kleines sauerländisches Wiesenbächlein. – Danke.
Vielen Dank, Herr Kollege Solf. Als Sauerländerin würde sich jetzt zwar das eine oder andere anmerken lassen, aber das gebietet im Augenblick die Situation nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung dieses Tagesordnungspunktes sind und zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates kommen können.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge, also des Antrags in der Drucksache 14/2585 und des Antrags in der Drucksache 14/2591, einschließlich des Entschließungsantrags in der Drucksache 14/2628 an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration – federführend –, an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sowie an den Innenausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Möchten Sie dieser Überweisungsempfehlung zustimmen, dann bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit Zustimmung aller Fraktionen so beschlossen.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der CDU der Kollegin Kastner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Schulgesetz ist verabschiedet und am 1. August 2006 in Kraft getreten. Die Umsetzung in die schulische Praxis muss jetzt erfolgen. Die Koalition der Erneuerung legt Ihnen heute einen Antrag vor, der die sonderpädagogische Förderung in unserem Land neu justieren soll. Wir möchten dahin kommen, dass die neue Philosophie des Schulgesetzes – das Recht auf individuelle Förderung – für alle Schülerinnen und Schüler, für hochbegabte und weniger begabte, gilt. Der Grundsatz der individuellen Förderung stand bei der Förderung von Kindern mit besonderem Förderbedarf von jeher im Mittelpunkt. Wir möchten nun den Anspruch und die Verwirklichung weiterentwickeln.
Meine Damen und Herren, betrachten wir für wenige Augenblicke den Status quo: Circa 125.000 Jungen und Mädchen haben einen in einem aufwendigen Verfahren ermittelten und von der Schulaufsicht bescheinigten sonderpädagogischen Förderbedarf. Das sind rund 5,2 % aller Schülerinnen und Schüler in unserem Bundesland.
Schon in der letzten Legislaturperiode wurde bedauert, dass wir hier an der Spitze aller Länder liegen. Die alte Landesregierung hat darauf reagiert, indem sie versucht hat, von oben administrativ zu steuern. Das war bekanntermaßen nicht glücklich und nicht besonders erfolgreich, da die Maßnahmen unangemessen waren und die Schulen und die Lehrkräfte nicht mitgenommen wurden. Wir haben diese Maßnahme deshalb aufgehoben.
Von 125.000 Kindern werden circa 88 % in Förderschulen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung und 12 % im gemeinsamen Unterricht gefördert. So weit, so gut beziehungsweise nicht gut, zeigen sich doch seit Jahren Schwierigkeiten und Handlungsbedarf.
Es ist absehbar, dass der demografische Faktor auch auf den Bereich der sonderpädagogischen Förderung zuschlagen wird. Schon heute wissen wir, dass es insgesamt ein Absinken der Schülerzahlen geben wird. Davon werden auch die Förderschulen nicht unberührt bleiben. Das bedeutet, dass die Förderschulen mit den einzelnen Förderschwerpunkten, wie sie sich im Augenblick darstellen, Existenzprobleme bekommen werden.
Mir geht es bei dieser Feststellung, die ich mir beileibe nicht wünsche, nicht um die Existenz der Förderschule schlechthin; es kann nur darum gehen, dass für Kinder mit besonderem pädagogischem Förderbedarf wohnortnahe Beschulung und Förderung in allen Förderschwerpunkten schwierig wird oder entfallen muss. Alleine die Berechnung der notwendigen Schulwege lässt mich schaudern.
Darüber hinaus müssen wir darauf reagieren, dass sich das Erscheinungsbild der Behinderungen und damit die Förderbedarfe stark geändert haben. Behinderungen lassen sich häufig nicht mehr so klar voneinander abgrenzen. Behinderungsgrade sind unterschiedlich und vielfältig.
Manche Kinder haben mehrere Behinderungen. Es gilt nun, wie bei jedem anderen Schüler, wie bei jeder anderen Schülerin auch, die Stärken und Fähigkeiten zu entdecken, zu fördern und das Lernumfeld der Kinder zu berücksichtigen. Das ist hier genauso, wenn vielleicht auch ein wenig komplizierter, wie bei allen anderen Schülerinnen und Schülern. Das erfordert letztendlich genau die individuelle Förderung.
Die Förderschulen sind die eine Säule der bestehenden sonderpädagogischen Förderung. Die andere wesentlich schmalere Säule ist die Förderung in den sogenannten Regelschulen, der gemeinsame Unterricht. Er wurde vor vielen Jahren
als Modellprojekt gestartet und so ausgestattet, dass es fast zu einer Doppelbesetzung im Unterricht kam. Das kam der Förderung der behinderten Kinder deutlich zugute.
Dahinter stand die Vision einer Ablösung oder zumindest das Auslaufen der Förderschulen. Die ideologischen Auseinandersetzungen um die Organisationsform der Förderschulen oder des gemeinsamen Unterrichtes waren sicherlich keine Sternstunden der Pädagogik.
Ich denke, es gibt genauso gute Gründe, Kinder in Förderschulen zu fördern, wie es gute Gründe gibt, sie im gemeinsamen Unterricht zu fördern. Für die einen steht die dem Förderbedarf angemessene spezielle Förderung im Fokus; für die anderen bedeutet das soziale Lernen, das gemeinsame Miteinander den wesentlichen Erfolg. Ich bin immer vorsichtig, Erfolgsbescheinigungen in die eine oder andere Richtung auszusprechen, da wegen der Einmaligkeit einer jeden Bildungsbiografie nur schwer festzustellen ist, wo der Erfolg liegt.
Schon seit langem ist der GU nicht mehr die Erfüllung eines individuellen Förderbedarfs der Kinder. Er ist wohl eher eine statistische Größe geworden. Wir bescheinigen einen Förderbedarf und stellen die nach dem Förderschlüssel erforderlichen Stellen im Haushalt ein. Jeder kämpft für sich; Vernetzungen finden nur dort statt, wo sich Lehrerinnen und Lehrer freiwillig engagieren. Vonseiten der Politik haben wir bisher keine Anreize geschaffen, um zu mehr Vernetzung und vielleicht auch zu einer besseren Ressourcenauswertung zu kommen.
Was muss geschehen? Wo soll der Weg hingehen? Oberstes Ziel einer jeglichen sonderpädagogischen Förderung muss es sein, die Fähigkeiten der Kinder so zu fördern, dass am Ende eine berufliche Eingliederung erfolgt und möglichst die Fähigkeit steht, ein eigenständiges Leben zu führen.
Wir müssen all die Kompetenzen, die wir in unserem Land haben, effektiv zur Förderung der Kinder mit besonderem Förderbedarf nutzen und bündeln. Dazu macht es Sinn, die schon in § 20 Abs. 5 Schulgesetz beschlossenen Kompetenzzentren auf den Weg zu bringen. Dort heißt es – ich zitiere aus dem Gesetz –:
„dienen der schulischen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Angeboten zur Diagnose, Beratung und ortsnahen präventiven Förderung.“
Diese Beratung durch Kompetenzzentren soll unserer Meinung nach dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler auch ohne die Durchführung eines komplizierten VO-SF-Verfahrens mehr Förderung, mehr sachkundige Hilfe erfahren. Das heißt aber nicht, dass wir dieses Verfahren abschaffen wollen. Aber wir waren uns bereits in der letzten Legislaturperiode darüber einig, dass es ausgesprochen ungünstig ist, dass erst nach einem solchen Verfahren Förderung zur Verfügung steht.
Durch die Vernetzung der Kompetenzzentren mit den Regelschulen wird individuelle Förderung so möglich, wie es das Schulgesetz verlangt. Wir sind uns sicher, dass durch diesen Weg viele Jungen und Mädchen nicht erst auf Förderschulen verwiesen werden müssen, um qualitativ mit und ohne sonderpädagogische Fachkräfte gefördert zu werden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Beispiel aus der letzten Woche anführen. Ich war in eine Förderschule eingeladen. Der dortige Schulleiter bat mich, ein oder zwei Stunden später zu kommen, weil er zu einer Regelschule gerufen wurde, wo es schwierige Kinder gibt. Er hat sich dem Klassenkollegium gestellt in der Hoffnung, dass er dieses Kind dann nicht beschulen muss, dass Hilfe auch so möglich ist.
Meine Damen und Herren, im Verlauf des Entstehens dieses Antrags ist mir auch die Frage gestellt worden, ob ich mit den Kompetenzzentren den gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf abschaffen wolle. Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Nach unserer Philosophie sollen Kinder mit besonderem Förderbedarf ohne Stigmatisierung eine normale Schule besuchen können. Es muss das Ziel einer echten Integration sein, ohne ISchulen und I-Klassen auszukommen. Alle Kinder könnten im Sinne des dänischen Normalisierungsprinzips die allgemeinen Schulen besuchen und dort die Förderung erhalten, die sie brauchen. Das müssen wir dadurch erreichen, dass die Kompetenzzentren in enger Zusammenarbeit mit den allgemeinen Schulen und den Erziehungsberechtigten jedem Kind im Einzelfall die benötigten Förderressourcen zukommen lassen.