Viele Unternehmensführungen haben in den letzten Jahres Großes geleistet. Dafür verdienen sie Anerkennung und keine Kapitalismuskritik.
Der Preis für die Wettbewerbsfähigkeit ist allerdings hoch. Sie wurde durch harte, aber oft unumgängliche Rationalisierungsmaßnahmen erkauft. Wo sie nicht erfolgt sind, wie z. B. bei Babcock, haben die Firmen nicht überlebt, oder es wurden, wie bei der West-LB, Milliardenverluste gemacht. In diesem schwierigen Prozess hat sich die Mitbestimmung bewährt. Das stelle ich ausdrücklich fest.
Neue Arbeitsplätze entstehen aber nicht da, wo die alten verloren gingen. Sie entstehen da, wo durch neue Ideen, neue Produkte und neue Dienstleistungen neue Märkte erschlossen werden. Sie entstehen heute vor allem durch das Wachstum mittelständischer Unternehmen und durch Neugründungen. Deshalb rücken wir den Mittelstand in das Zentrum der Wirtschaftspolitik. Unser Ziel ist, Hürden und Hindernisse für unternehmerisches Handeln aus dem Weg zu räumen und die begrenzten Fördermöglichkeiten des Landes zielgenauer einzusetzen.
Wenn, meine Damen und Herren, aus Forschungsergebnissen schneller marktfähige Produkte werden sollen, dann müssen wir die Netzwerke zwischen Unternehmen und zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen stärken. Das werden wir tun. So bilden sich regionale Branchen und landesweite Technologiecluster, die die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen stärken.
Wir werden Berichtspflichten für mittelständische Unternehmen im Dialog mit der Wirtschaft reduzieren. Als Modell dafür dient uns die Region Ostwestfalen-Lippe. Wir wollen diesen Prozess auf das ganze Land ausdehnen.
Europäische Vorgaben werden in NordrheinWestfalen zukünftig nur noch im Verhältnis 1:1 umgesetzt. In NRW wird es kein Draufsatteln mehr geben. Das beinhaltet auch den Abbau und die Flexibilisierung von Standards.
Die neue Landesregierung wird ein verlässlicher Partner des Handwerks sein. Das Handwerk ist mit 150.000 Betrieben, einer Million Beschäftigten und einer Ausbildungsquote von 10 % in allen Regionen Nordrhein-Westfalens der beschäftigungs- und ausbildungsstärkste Sektor unserer Wirtschaft. Das Handwerk ist für die Qualitätskultur in unserem Land unentbehrlich. Um die Eigenkapitalausstattung von jungen Handwerkern zu verbessern, erhöhen wir die Meistergründungsprämie um 2 Millionen €.
Ordnungspolitik, meine Damen und Herren, bedeutet, dass der Staat nicht als Konkurrent auftritt. Dem Grundsatz „Privat vor Staat“ entsprechend werden wir staatliche Aufgaben auf ihre Privatisierungsfähigkeit prüfen und das Gemeindewirtschaftsrecht überarbeiten. Wo private Unternehmen eine Aufgabe ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen können wie die öffentliche Hand, ist für erwerbswirtschaftliche Aktivität des Staates und der Kommunen kein Raum.
Ordnungspolitik bedeutet, dass der Staat fairen und freien Leistungswettbewerb gewährleistet. Wir setzen uns deshalb für eine mittelstandsfreundliche Ausgestaltung und Vereinfachung des Vergaberechts ein und sorgen dafür, dass es auch von den Landesbetrieben angewendet wird.
Ordnungspolitik verbietet, dass der Staat gesetzlich regelt, was auch durch freiwillige Vereinbarungen erreicht werden kann. Die Landesregierung wird deshalb einen „Umweltdialog NRW“ mit der Wirtschaft ins Leben rufen. In NRW gilt in Zukunft der Vorrang freiwilliger Vereinbarungen.
Ordnungspolitik verbietet, dass der Staat Händlern vorschreibt, wann sie an Arbeitstagen ihre Läden öffnen dürfen und wann nicht. Wir werden unmittelbar nach der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder die Ladenöffnungszeiten an Werktagen vollständig freigeben, nicht aber an Sonn- und Feiertagen.
Die drückende Last hoher Energiepreise für Verbraucher und die mittelständische Wirtschaft muss reduziert werden, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, dass sie Arbeitsplätze kostet.
Wir werden die Kompetenzen, die uns das neue Energiewirtschaftsgesetz bei der Ausgestaltung marktgerechter Nutzungsentgelte für die Netze im Bereich der Strom- und Gasversorgung bietet, konsequent nutzen.
Ordnungspolitik bedeutet Verzicht auf Dauersubventionen. Wir werden im Bundesrat initiativ, um die Überförderung der Windkraftnutzung im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu stoppen. Wir schaffen die planerischen Voraussetzungen dafür, dass die Beeinträchtigungen durch die Nutzung der Windkraft minimiert werden. Wir wollen die Privilegierung der Windkraft im Baugesetzbuch streichen.
Nordrhein-Westfalen ist das Energieland Nr. 1. Wir brauchen ein starkes NRW-Unternehmen RAG. Wir begrüßen deshalb den Börsengang der RAG, erwarten aber zugleich die Unterstützung der Gesellschafter beim Ausstieg aus dem subventionierten Kohlebergbau.
Wir wissen, dass die Zuwendungsbescheide über die kommenden drei Jahre dem Unternehmen einen Anspruch auf die zugesagten Steinkohlebeihilfen gewähren. Gleichwohl wollen wir bis 2010 kumulierte Einsparungen in Höhe von 750 Millionen € erreichen. Unser Ziel ist der Auslauf des subventionierten Steinkohlebergbaus. Das ist möglich, ohne den Weg der sozialverträglichen Anpassung zu verlassen. Wir werden gemeinsam mit der neuen Bundesregierung, mit dem Unternehmen, seinen Gesellschaftern und der Gewerkschaft Gespräche aufnehmen, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen ist auch ein starkes Medienland. Der Mediensektor gehört zu den Grundpfeilern des Hightechlandes NRW. Die hohe Beschäftigungswirkung und die Wertschöpfung unserer Medienunternehmen müssen erhalten und ausgebaut werden. Die neue Landesregierung wird dazu die notwendigen Schritte tun.
Unser Landessender WDR soll dauerhaft in die Lage versetzt werden, die technischen Innovationen der Gegenwart und Zukunft gemäß seinem Programmauftrag zu nutzen. Die privaten Sender wie RTL, Sat 1 und andere sollen sich im Markt behaupten können. Durch neue, attraktive Ausbildungs- und Fortbildungsstrukturen und durch eine unmittelbare Verzahnung mit den bei uns ansässigen öffentlich-rechtlichen und privaten Medienunternehmen schaffen wir insbesondere für den
Durch die Abkehr vom förderpolitischen Gießkannenprinzip und die Erarbeitung einer ClusterStrategie verstärken wir die Wachstums- und Expansionschancen in diesem Bereich.
Die Zeitungsverleger unterstützen wir bei dem Versuch, Kooperationen zur Aufrechterhaltung eines hohen journalistischen Anspruchs herbeizuführen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen braucht ein starkes Ruhrgebiet. Ich weigere mich, wie ich es schon gehört habe, zu sagen, NRW ginge es gut, wenn es das Ruhrgebiet nicht gäbe. Wenn es einem Teil des Landes nicht gut geht, dann geht es dem ganzen Land nicht gut.
Es wird zwar keine Bevorzugung des Ruhrgebiets geben, aber wir werden im Rahmen einer „Initiative Zukunft Ruhr“ dafür sorgen, dass das Ruhrgebiet neue Chancen bekommt. Die „Initiative Zukunft Ruhr“ soll dem Ruhrgebiet helfen, sich als Innovationsregion Deutschlands zu profilieren. Zur Unterstützung des Strukturwandels setzen wir bei den vorhandenen Stärken an: Im mittleren Ruhrgebiet ist es die Gesundheitswirtschaft, im Raum Dortmund die Mikrosystemtechnik, im Raum Duisburg die Logistik, im Emscher-Lippe-Raum sind es die Wertschöpfungsketten der chemischen Industrie.
Wir wollen leistungsfähige wissenschaftliche Einrichtungen stärken und neu ansiedeln. Wachstums- und Ansiedlungsanreize für mittelständische Unternehmen und Existenzgründer in den innovativen, zukunftsträchtigen Sektoren sollen helfen, zusätzliche Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Unser Ziel ist, einen Teil der Mittel dafür einzusetzen, die durch den Abbau der Steinkohlesubventionen gewonnen werden, meine Damen und Herren.
Die „Initiative Zukunft Ruhr“ soll zu einer flexibleren Nutzung und Verbesserung des Verkehrssystems und zur städtebaulichen Innovation in der Region beitragen. Wir wollen gemeinsam mit dem Bund das Express-Bahn-System ausbauen, mit dem die Infrastrukturdefizite im Ballungsraum überwunden werden. Zunächst wollen wir das bestehende Netz benutzerfreundlich optimieren. Unser Ziel ist ein Bahn-Ring für die Regionen Rhein
Ruhr und Wupper. Bei den Straßen ist der dreispurige Ausbau der B1 erforderlich. Bis dahin soll - wo möglich - die Standspur mit benutzt werden können, um Staus zu vermindern.
Wir wollen verhindern, dass Teile des Ruhrgebiets zu städtebaulichen und sozialen Brennpunkten werden.
Der Emschergenossenschaft und den Kommunen stehen wir bei dem zukunftsweisenden Gemeinschaftswerk „Neues Emschertal“ als Partner zur Seite, um den Menschen einen fast verlorenen Lebens- und Arbeitsraum im Herzen des Ruhrgebiets zurückzugeben. Wir müssen verhindern, dass Slums mitten in unserem Land entstehen. Das liegt mir sehr am Herzen.
Die „Initiative Zukunft Ruhr“ soll die bessere Vernetzung der Kulturregion und des Kongressstandortes Ruhrgebiet unterstützen. Die Landesregierung begrüßt und unterstützt nachdrücklich die Bewerbung Essens als Kulturhauptstadt 2010. Das Motto „Kultur durch Wandel und Wandel durch Kultur“ steht für die massiven Veränderungen, die das Ruhrgebiet hinter sich hat, und die Chancen, die es nutzen kann. Wir wollen helfen, dass sich das Ruhrgebiet weiter als Kulturregion profiliert: durch seine herausragenden Einrichtungen und seine Beiträge von nationaler und internationaler Bedeutung.
Die „Initiative Zukunft Ruhr“ soll die Einheit der Region vorantreiben und ein einheitliches Regionalmarketing unterstützen. Das Ruhrgebiet soll stärker für sich selbst verantwortlich sein. Wir werden deshalb die bisher durch die drei Bezirksregierungen Arnsberg, Münster und Düsseldorf wahrgenommenen Zuständigkeiten für die Regionalplanung auf den Regionalverband Ruhr verlagern.
Meine Damen und Herren, die Wiederbelebung der sozialen Marktwirtschaft erfordert den Abbau bürokratischer Strukturen. Das schafft Arbeit. Auf Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zu setzen heißt, den Menschen nicht mehr vorzuschreiben, wie sie zu leben haben - weder durch Gesetze noch durch den goldenen Zügel. Mit uns hört der Staat auf,
Wir nehmen Subsidiarität ernst. Der Staat übernimmt nur dann Aufgaben für den Einzelnen, wenn dieser dazu selbst nicht in der Lage ist. Staatliche Macht wird beschnitten. Weniger Staat führt zu mehr Selbstbestimmung.
Deshalb stellen wir die öffentliche Verwaltung neu auf: Kann eine staatliche Aufgabe entfallen, entfällt sie. Kann sie privatisiert werden, wird sie privatisiert. Kann sie kommunalisiert werden, geht sie in die kommunale Selbstverwaltung über. Wir beseitigen Doppel- und Mehrfachzuständigkeiten. Sonderbehörden werden so weit als möglich aufgelöst, kommunalisiert beziehungsweise in die allgemeine Verwaltung integriert. Wir werden Standards abbauen und den Kommunen in einem Gesetz zur Standardflexibilisierung den Entscheidungsspielraum zur Abweichung von kostspieligen Standards geben.
Wir beginnen mit der Neuaufstellung der Verwaltung sofort. Bis zur Mitte der nächsten Legislaturperiode wird sie abgeschlossen sein. Dann gibt es einen auf seine Kernaufgaben konzentrierten Staat, eine starke kommunale Selbstverwaltung und drei Regionalpräsidien für das Rheinland, das Ruhrgebiet und Westfalen.