Protocol of the Session on September 14, 2006

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das kann doch nicht im Sinne dessen sein, den wir da in Nordrhein-Westfalen als Stadtoberhaupt installiert haben – und dann auch noch für acht Jahre

Das Schlimmste aber, meine Damen und Herren, wäre das von den sogenannten Liberalen geplante faktische Verbot der kommunalen und wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden. Das ist noch nicht angesprochen worden.

Hier droht das Credo „Privat vor Staat“ dauerhaften, bleibenden Schaden für die wirtschaftliche Substanz in unseren Städten und Gemeinden anzurichten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Führen Sie sich das doch bitte einmal genau vor Augen, meine Damen und Herren! Wenn Sie den Kommunen jegliche wirtschaftliche Betätigung verbieten

(Helmut Stahl [CDU]) : Wer sagt das denn? – Sie wissen das ganz genau –, (Helmut Stahl [CDU]: Sachlich falsch! – Wei- tere Zurufe von der CDU)

stärken Sie die Energiemonopolisten, verhindern Sie Wettbewerb, den wir in diesem Bereich gemeinsam wollen,

(Helmut Stahl [CDU]: Sachlich falsch!)

und Sie ruinieren die kommunalen Wohnungsbauunternehmen.

(Lebhafter Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von der CDU)

Die Folge wird sein – das möchte ich hier deutlich sagen –, dass noch mehr Schwimmbäder, noch mehr Jugendeinrichtungen und noch mehr Bildungsangebote in den Kommunen den Bach heruntergehen.

(Ralf Witzel [FDP]: Wo leben Sie denn!)

Das ist nicht im Interesse der Kommunen; das ist vor allen Dingen nicht im Interesse der Menschen, die in unseren Kommunen leben, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das kann nicht im Interesse von Parteien sein, die sich als Kommunalparteien verstehen. Ich schaue ausdrücklich die CDU an, die sich ja auch als Kommunalpartei versteht, meine Damen und Herren. Das ist Politik gegen die kommunale Selbstverwaltung.

(Volkmar Klein [CDU]: Was sagen denn Ihre Bürgermeister dazu?)

Es ist nicht erstaunlich, dass Sie sich aufregen. Es ist sehr bezeichnend, dass Sie sich so aufregen.

Es ist doch kein Wunder: Die gesamte kommunale Familie steht gegen diese Pläne einer Minderheit in diesem Haus.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zu 100 %! Auch hier im Landtag sind im Kern 14 von 15 Abgeordneten gegen diese absurden Vorschläge. Nur ein Fünfzehntel hat ein handfestes Interesse an diesen Plänen. Sie wissen alle, wen ich meine. Nur die FDP hat Interesse an diesen Plänen. Dass die Kommunen weniger Gestaltungskraft haben, ist wunderbar für die FDP. Sie ist immer froh, wenn es gegen den Staat geht.

(Helmut Stahl [CDU]: Humbug!)

An dieser Stelle vertritt Herr Papke handfeste Klientelinteressen.

(Ralf Witzel [FDP]: Absolut peinlich!)

Handfeste Klientelinteressen vertreten Herr Papke und seine FDP hier:

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Was ist das peinlich!)

gegen die Demokratie, gegen die Bürgerrechte und gegen die Kommunen.

(Zuruf von der CDU: Gehen Sie an die fri- sche Luft!)

Ich hole gerne Luft. Ich kann auch noch länger, wenn Sie möchten.

Die marktradikale und kommunalfeindliche Politik einer kleinen Minderheit darf sich nicht durchsetzen. Deswegen appelliere ich an die CDU: Entscheiden Sie klug am kommenden Wochenende! Hören Sie auf Ihre Praktiker, auf Ihre Kommunen! Und ebnen Sie den Weg der Vernunft! Für diesen Weg der Vernunft, den Ihre Leute vor Ort teilen, den wir teilen, gibt es in diesem Hause eine ganz, ganz große parlamentarische Mehrheit,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

fast so groß wie eben bei dem Antrag zu Bonn/Berlin. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Löhrmann. – Für die FDP spricht der Kollege Engel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Löhrmann, ich möchte zu Beginn einmal auf eine „taz“-Ausgabe von dieser Woche hinweisen.

(Edgar Moron [SPD]: Was Sie so alles le- sen!)

Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin Lothar Mittag, 52, Grünen-Politiker und seit sieben Jahren Bürgermeister der münsterländischen Kleinstadt Rhede.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie scheinen selbst keine guten Argumente zu haben, wenn Sie einen Grünen zitieren müssen!)

Er sagt zur Amtszeit der Bürgermeister:

„Eine Wahlperiode von acht Jahren ist ausdrücklich zu begrüßen. Gerade für neue Bürgermeister. Acht Jahre sind ungefähr die Zeit, in der er oder sie nachweisen kann, ob er die Fähigkeit und die Fertigkeiten besitzt, dieses Amt in seiner Vielschichtigkeit zu beherrschen.“

Ende der Durchsage, Frau Löhrmann!

Ihr Verständnis von Staat wurde hier auch wieder deutlich, wenn Sie behaupten, wir kämpften gegen den Staat. – Niemand kämpft hier gegen den Staat. Was wir aber wollen, ist ein starker Staat nur in seinen Kernbereichen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Privat vor Staat!)

Das sind die ordnungspolitischen Rahmen, die wir setzen.

(Beifall von der FDP)

Sie sind von der Allmacht des Staates überzeugt. Schauen Sie doch einmal auf den 9. November 1989 zurück! Damals ist das Modell, das hinter dem Eisernen Vorhang lebte und das Sie wahrscheinlich in den Köpfen haben, untergegangen.

(Beifall von der FDP – Gisela Walsken [SPD]: Hey! Teufelswerk! – Zuruf von der SPD: Das ist nur peinlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Jahre 1994 wurde die Gemeindeordnung einschneidend novelliert.

So wurde mit Wirkung zur Kommunalwahl im Jahre 1999 die Doppelspitze von Bürgermeister und Gemeindedirektor in der Kommunalverwaltung abgeschafft. Der hauptamtliche Bürgermeister konnte erstmals von den Bürgern direkt gewählt werden. Auch die 5-%-Klausel konnte entfallen, wenngleich zuvor der Verfassungsgerichtshof „nachgeholfen“ hatte.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Dadurch sind die Räte und Kreistage deutlich bunter, man könnte auch sagen: bürgernäher geworden.