Protocol of the Session on June 21, 2006

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist bitter für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land. Das ist bitter für die ökonomische Entwicklung in unserem Land, weil es – da stimme ich ausnahmsweise Frau Pieper-von Heiden zu, auch da aber nur in der Zielsetzung – hier wirklich um viel geht und weil es ein folgenschweres Gesetz ist. Aus unserer Sicht ist es ein ganz großer Rückschritt.

Jetzt komme ich noch einmal auf ein Beispiel, weil das hier ja alle teilen. Die individuelle Förderung als Prinzip verträgt sich nicht damit, dass man entscheidet, wer rausfliegt. Die individuelle Förderung verträgt sich nicht damit, dass man im Grunde dabei bleibt, dass Unterricht so organisiert ist, dass er in 45-Minuten-Takten allen Kindern in gleicher Weise erst einmal so zukommt. Individuelle Förderung verträgt sich auch nicht damit, dass man glaubt, der Unterricht läuft jetzt hier so, und dann gibt es dazu die Nachhilfe demnächst für die, die sie nicht privat organisieren, im Lernstudio.

Die individuelle Förderung muss Kernbestandteil jedes Unterrichts und jedes Lernens sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von der CDU)

Ja, es ist ja schön, wenn ich Sie erreichen kann. Das zeigt ja, dass es auch hier nicht nur hoffnungslose Fälle gibt.

Letzter Gedanke: Frau Sommer, Sie haben auch das sehr nett gesagt, Sie seien herumgereist und hätten sich umgeschaut. Ich kann nicht erkennen, dass Sie in die Welt gereist sind, nach Schweden, nach Kanada, nach Finnland und sich das dort angeguckt haben, sondern Sie haben „Einzelelementchen“ herausgepickt, Sie haben aber an den Grundlagen nichts geändert.

(Zurufe von der CDU)

Deswegen schaffen Sie mitnichten das modernste Schulgesetz, sondern es ist ein Rückschritt. Es ist nicht gut für die Kinder und Jugendlichen. Es ist auch nicht gut für die ökonomische Entwicklung von Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, nun hat sich der Ministerpräsident, Herr Dr. Jürgen Rüttgers, zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein wichtiges Gesetz, über das wir hier beraten und heute befinden. Das ist der Grund, weshalb ich einige wenige Bemerkungen machen möchte.

Ich bin fest davon überzeugt: Das ist ein guter Tag für die Kinder in unserem Land.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich bin auch davon überzeugt: Es ist ein wichtiger Tag für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

Und ich weiß: Es ist ein schlechter Tag für all diejenigen, die sich noch immer nicht von den ideologischen Verirrungen der 60er- und 70er-Jahre haben trennen können.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Es ist ein schlechter Tag für diejenigen, die immer noch glauben, dass sie unsere Gesellschaft durch Schulen verändern wollen, statt unseren Kindern neue Chancen zu eröffnen. Es ist ein schlechter Tag für all diejenigen, die lieber tiefe Ungerechtigkeit in Kauf nehmen, als von ihren ideologischen Vorstellungen Abschied zu nehmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist ein guter Tag für all diejenigen, die wollen, dass Schule für unsere Kinder da ist und nicht umgekehrt.

(Zuruf von der SPD: Welche Erkenntnis!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt viele Monate über das neue Schulgesetz diskutiert.

(Martin Börschel [SPD]: Sie haben nichts da- zugelernt!)

Dieses Schulgesetz bringt für die Eltern mehr Entscheidungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten in den Schulen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wo denn?)

Wenn dieses Gesetz umgesetzt wird, können Sie zum Beispiel entscheiden, an welcher Grundschule Sie Ihre Kinder anmelden. Und das ist gut so.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie haben mehr Entscheidungsmöglichkeiten, weil durch dieses Gesetz angesichts zurückgehender Schülerzahlen kleine und wohnortnahe Grundschulstandorte gesichert werden. Das ist wichtig gerade auch für den ländlichen Raum.

(Beifall von der CDU)

Sie haben mehr Möglichkeiten, weil die Schulen künftig ihr eigenes Profil stärker ausgestalten können. Das heißt für die Eltern mehr Wahlmöglichkeiten, mehr Verwirklichung auch eigener Erziehungsvorstellungen in Zusammenarbeit mit den Schulen in unserem Land.

Die Eltern erhalten mehr Möglichkeiten und Rechte, sich am Schulalltag zu beteiligen,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Drittelparität gestri- chen! Entbürokratisierung!)

zum Beispiel dadurch, dass sie in Zukunft über die Schulleitungen mitentscheiden können.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Schulgesetz bringt auch mehr Möglichkeiten, mehr Rechte und mehr Chancen für die Lehrerinnen und Lehrer. Die Schulen in Nordrhein-Westfalen werden durch dieses Gesetz schrittweise mehr und mehr zu eigenverantwortlichen Schulen. Die Schulen bekommen mehr Gestaltungsspielraum, den Unterricht und die Unterrichtsentwicklung so zu gestalten, wie sie es für richtig halten.

Sie erhalten mehr zusätzliche Unterstützung durch regelmäßige Qualitätsprüfungen, die auch

ein Stück Rückmeldung über das sind, was gut und was weniger gut ist. Damit tragen diese Qualitätsprüfungen zur Verbesserung der schulischen Arbeit bei.

Die Lehrerinnen und Lehrer erhalten mehr Möglichkeiten durch das neue Schulgesetz, weil die Schulaufsicht in Zukunft nicht mehr kontrolliert und anweist, sondern primär die Schulen bei der Profilbildung berät und unterstützt.

(Martin Börschel [SPD]: Sie müssen noch mal etwas zum Aufwecken sagen!)

Die Lehrerinnen und Lehrer erhalten mehr Entscheidungsmöglichkeiten durch die Abkehr von der Drittelparität, weil sie damit ihrer Verantwortung gemäß auch in der Schulkonferenz ein wichtigeres Wort sprechen.

(Ute Schäfer [SPD]: Was halten Sie eigent- lich von der Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern?)

Sie bekommen direkter wirkende disziplinarische Rechte, was pädagogisch wichtig und auch wichtig für die Schule und die Schülerinnen und Schüler ist, weil etwa Entscheidungen über die Überweisung in eine Parallelklasse oder den vorübergehenden Ausschluss vom Unterricht jetzt nicht mehr mit aufschiebender Wirkung angefochten werden können.

Ich glaube, dass die Möglichkeit, härter gegen hartnäckige Schulschwänzer ab dem 14. Lebensjahr vorzugehen, auch wichtig für guten Unterricht in unseren Schulen ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist wichtig für die Lehrerinnen und Lehrer, dass ihre Entscheidung in der Frage, welche weiterführende Schule ein Kind besuchen soll, größeres Gewicht erhält, genauso wie jetzt klar ist, werte Kolleginnen und Kollegen, dass die von der Vorgängerregierung beabsichtigte Abschaffung des Beamtenstatus nicht stattfinden wird.

(Sören Link [SPD]: Donnerwetter!)

Es ist, werte Kolleginnen und Kollegen, nach meiner Einschätzung wichtig für die Schülerinnen und Schüler, dass wir mit der individuellen Sprachförderung jetzt bereits zwei Jahre vor der Einschulung beginnen. Das ist für alle Kinder wichtig, nicht nur für die Kinder, die eine Zuwanderungsgeschichte haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist zudem wichtig, dass es in den Schulen in Zukunft schulinterne Förderkonzepte gibt und die

Eltern, wenn ein solcher Förderbedarf festgestellt wird, sehr frühzeitig in die Förderung einbezogen werden mit dem Ziel, dass möglichst wenige Schülerinnen und Schüler in Zukunft nicht versetzt werden.

Ich glaube, dass auch, obwohl Frau Löhrmann das eben anders bewertet hat, die Regelung, wonach der Aufstieg leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler in eine andere Schulform in Zukunft leichter möglich ist, ein ganz wichtiger Reformschritt ist, genauso wie die Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler.