Protocol of the Session on May 18, 2006

Ist diese süße Waffe „Umlage“ wirklich die Lösung, eine wirtschaftsnahe Ausbildung zu behalten, oder müssen wir nicht befürchten, dass dann noch mehr Betriebe nicht ausbilden mit dem Argument: „Jetzt zahle ich, dann sollen die anderen das machen“? Denn unser Dilemma ist – deshalb bin ich so vorsichtig –, dass wir die Wirtschafts- und Realitätsnähe des dualen Systems in keinem anderen System nachzeichnen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen ist das duale System ein gutes System, und das stellt auch niemand in Abrede. All das, was wir außerhalb des dualen Systems tun, ist richtig, aber ein Notnagel.

(Beifall von CDU und FDP)

Es kann das duale System nicht ersetzen. Mit der Umlage bin ich also so vorsichtig, weil meine Sorge ist, dass sich damit ganze Bereiche aus der Ausbildung mit den Worten verabschieden: Warum sollen wir uns damit noch herumschlagen? Soll es doch jetzt der Staat machen!

(Beifall von der FDP)

Deswegen sollten wir darüber nachdenken, ob das so einfach ist. Sie wissen, dass die Umlage quer durch alle Parteien – selbst in den Gewerkschaften – nicht sehr einheitlich bewertet wird.

Was tun wir? – Viele Programme zur Qualifizierung von Jugendlichen, zur Einführung von Jugendlichen in den Ausbildungsmarkt, zum Übergang Schule-Beruf, die es schon gibt, werden von uns weitergeführt oder sogar ausgebaut.

Die Mittel etwa für den Kompetenzcheck sind, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, von uns verdoppelt oder verdreifacht worden. Bei Programmen wie „Jugend in Arbeit“, bei denen die alte Landesregierung entschieden hat, sie auslaufen zu lassen – sie hat den Standpunkt vertreten,

das sei nicht mehr ihr Bier, sondern das sollten die Argen machen –, haben wir nicht nur das Auslaufen verhindert, sondern sie sogar zahlenmäßig erheblich erhöht.

(Beifall von der CDU)

Wir setzen die Politik der alten Landesregierung bei der Partnerschaft zwischen Schule und Wirtschaft fort. Das ist eine gute Sache, die mit ganzer Kraft weitergeführt wird. Denn in der Schule muss man wissen, was die Wirtschaft verlangt, um die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen zu erreichen. Ich bin sehr dankbar, dass sich viele Unternehmen dafür öffnen. Aber längst nicht alle Schulen haben einen Partner gefunden, wie wir uns das vorstellen.

Natürlich versuchen wir auch mit dem „Dritten Weg“ ein Stück Qualifizierung für diejenigen zu erreichen, die die immer schwerer gewordenen Abschlussprüfungen nicht mehr schaffen. In allen Berufen sind die Anforderungen in den Abschlussprüfungen gestiegen. Wir werden im Ausbildungskonsens nach dem Vorbild des KfzServicemechanikers – Sie haben während Ihrer Regierungszeit nur ein Serviceberufsbild neu eingeführt – am 7. Juni weitere Bilder vorschlagen.

Ich bin schon ein bisschen stolz darauf, dass meine Politik bei Gewerkschaften und Wirtschaft auf Einverständnis stößt, weil unsere Ausbildung nicht in eine Sackgasse mündet. Alle Module, die wir haben, bleiben vielmehr im Bild der gesamten Berufsausbildung, sodass unser Modell den Durchstieg ermöglicht.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Sie führen nur weiter, was wir an- gefangen haben!)

Wenn mir selbst Herr Schneider vom DGB sagt, dass ich auf dem richtigen Weg bin, sollten Sie Ihre Kritik daran einstellen. Das will ich konkret an der Altenpflegehilfeausbildung festmachen. In Deutschland gibt es ein Bundesgesetz, dass man für die Altenpflegefachausbildung einen mittleren Schulabschluss haben muss. Ein Hauptschüler bleibt bei dieser Ausbildung zunächst außen vor. Ich möchte schon, dass der attraktive Arbeitsbereich der Altenpflegefachkraft auch für Hauptschülerinnen und Hauptschüler geöffnet wird.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Sie haben doch die Ausbildungs- plätze versprochen!)

Ich bin nun einmal, wie ich bin, und sage mir: Bevor ich es geschafft habe, ein Bundesgesetz zu ändern, lege ich lieber ein Projekt auf. Wir werden in diesem Jahr ein weiteres Angebot für 700 Aus

bildungswillige machen. Wir werden in den Ausbildungsbildern der Fachkraft und in den gleichen Schulen bleiben. Anbieten dürfen das nach meiner Vorstellung nur diejenigen, bei denen die Auszubildenden, wenn sie nach einem Jahr die Prüfungen gut bestehen, die nächsten zwei Jahre absolvieren können, um Fachkraft zu werden wie alle anderen.

Ich glaube im Übrigen nicht, dass wir so weit auseinander liegen. Warten wir ab, wie wir darüber nächste Woche im Ausschuss abstimmen.

Wir liegen da aber wohl ganz richtig. Man muss allerdings abwarten, wie sich der Arbeitsmarkt diesbezüglich entwickelt. Ich höre dazu Unterschiedliches. Das hat aber auch etwas damit zu tun, was diese Kräfte tun dürfen und wie die Vergütung im Tarifvertrag in diesem Bereich aussieht. Wenn die Unterschiede zwischen Gelernten und Ungelernten so groß sind, wie ich das hier und da höre, bekommen wir ein Problem. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen, sondern müssen offen aussprechen, wie wir damit umgehen.

Ein weiterer Punkt: Es gibt in diesem Land seit ewigen Zeiten eine Krankenpflegehelferinnenausbildung. Ich möchte in der nächsten Zeit dieses Theater beenden, dass diese Ausbildung teilweise auch an Einrichtungen stattfindet, wo es keinen Durchstieg zur Krankenpflegefachkraft gibt. Das sind Sackgassen, die wir schnellstens beseitigen müssen, damit auch in diesem Bereich Durchstiege möglich sind.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie wissen doch, dass wir gemein- sam daran arbeiten!)

Gut, daran arbeiten wir gemeinsam. Ich wollte Ihnen nur sagen: Werfen Sie mir nicht immer vor, dass ich zwar für die Ausbildung von Altenpflegehilfskräften sorge, und hören Sie mit Ihrer einseitigen Kritik auf, wenn ich jetzt dabei bin – zugegeben, mit Ihnen zusammen; wir sind in guten Gesprächen –, die Ausbildung für die Krankenpflegehilfskräfte, für die Sie seit Jahren nichts getan haben, zu reformieren und wir über Fragen reden, bei denen es viele Gemeinsamkeiten gibt!

(Beifall von der CDU)

Ich lasse mich nicht davon abbringen: Der „Dritte Weg“ wird beschritten; er ist auch richtig.

Weiterhin ist richtig, dass wir in 19 Innungen dafür gesorgt und angeboten haben – das werden gar nicht alle in Anspruch nehmen –, dass wir im zweiten, dritten oder vierten Lehrjahr, wenn die Lehrzeit dreieinhalb Jahre dauert, den zweiten Berufsschultag haben entfallen lassen. Eine sol

che Abmachung erreichen wir in der Kultusministerkonferenz nur, wenn wir diesen Schulblock davor legen. Das ist heute schon angesprochen worden. Als ich vor zwei Wochen das nordrheinwestfälische Tischlerhandwerk aufgesucht habe, hatte ich schon den Eindruck, dass diese Maßnahme die Ausbildungsbereitschaft der Tischler erheblich stärken

(Beifall von CDU und FDP)

oder zumindest dafür sorgen wird, dass die Ausbildungsbereitschaft in gleichem Umfang erhalten bleibt.

Denn seit zehn Jahren werden die Ausbildungsplätze in diesem Lande weniger. Wenn wir das Problem lösen wollen, müssen wir erst einmal den Abbau stoppen, bevor wir eine Umkehr erreichen.

(Beifall von CDU und FDP)

Dafür ist das ein gutes Instrument.

Wer irgendwann vor meiner Zeit eingeführt hat – das war keine rein nordrhein-westfälische Entscheidung, sondern eine der KMK –, dass jeder gleich viele Anteile theoretischen Unterrichts bekommt, ob Bäcker oder Elektroniker, war zumindest nicht von einer Fachvorstellung im Handwerk geprägt. Ich komme selber aus dem Handwerk. Aber wenn man bei der KMK etwas verändern will, müssen sich in Deutschland 16 Kultusminister einigen. Da muss man wieder praktisch vorgehen. Da ist unsere Idee mit dem Schulblock, die wir zum 1. August alleine durchsetzen können, einfacher. Wenn ich auf die KMK warte, sind die Lehrlinge fast in Rente, bis wir 16 Kultusminister unter einen Hut gebracht haben.

(Beifall von der FDP)

Denn der Vatikan in Rom ist im Gegensatz zur KMK in Deutschland ein überstürzt handelndes Unternehmen. Das ist die Wahrheit, wenn Sie an die Rechtschreibreform und andere Dinge denken.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Treten Sie in Konkurrenz zu Frau Sommer?)

Wir sind ja nur eine Landesregierung. Mit Frau Sommer wäre es überhaupt kein Problem gewesen. Aber Sie wissen, was in der KMK los ist. Ich sagen Ihnen: Wir haben hier eine Regelung gefunden, die vom Handwerk begrüßt wird, die den Schulunterricht der Kinder oder der Jugendlichen sicherstellt, und dann warten wir doch einmal ab, was sich da tut.

Die Kritik an unserer Landesregierung, dass wir das neue Berufsbildungsgesetz des Bundes nicht

umsetzen, verstehe ich nun gar nicht. Das Kabinett hat beschlossen, dass wir zum 1. August – nicht in Projekten, sondern für ganz NordrheinWestfalen – die Möglichkeit eröffnen, über die Berufskollegs mit Praktikaanteilen bis zur Kammerprüfung zu gehen, um die Warteschleifen aufzulösen. Denn die Warteschleifen etwa in Ostwestfalen-Lippe von 60.000 jungen Leuten werden sich nicht einfach so „simsalabim“ auflösen.

(Ute Schäfer [SPD]: Wann haben Sie das beschlossen?)

Das haben wir in der letzten Kabinettssitzung beschlossen. Wir werden es in den Regionen machen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Es wird in den Regionen – da kann es eingeführt werden – ein Zusammenwirken von Kammern, Gewerkschaften, Arbeitsverwaltung und Berufsschulen geben.

Herr Minister, kommen Sie bitte zum Schluss.

Dann kann das in den Regionen – ich bin sofort am Ende – beschlossen werden, und die Regionen, die den Druck haben, werden es beschließen. Es ist nun einmal so, dass die Ausbildungssituation im Raum Düsseldorf Gott sei Dank wesentlich besser ist, aber die Kollegen in Bielefeld unter einem erheblichen Druck stehen. Da wir nicht einer Verschulung der Ausbildung in ganz Nordrhein-Westfalen Vorschub leisten wollen, sagen wir, dass dies regionale Entscheidungen werden müssen.

(Beifall von CDU und FDP)

Dass wir das – auch im Zusammenwirken mit allen Beteiligten – hinbekommen haben, war schon ein Kunststück.

Herr Minister!

Die Situation ist zwar schwierig, aber das Land hat seinen gesamten Instrumentenkoffer in die Hand genommen, um diese Situation so gut zu gestalten, wie es geht.

Herr Minister, ich darf Sie jetzt wirklich bitten, zum Schluss zu kommen.