Protocol of the Session on May 4, 2006

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie an der Stelle anders denken, machen Sie so weiter. Unsere Meinung ist das nicht.

Dann war da die wunderbare Formulierung, wir würden uns aus dem Strukturwandel im Ruhrgebiet vollständig verabschieden. – Herr Römer, legen Sie diese Stehsätze allmählich an die Seite. Ihnen folgt kein Oberbürgermeister im Ruhrgebiet mehr.

(Beifall von CDU und FDP)

Die laden uns ein und fragen uns: Was, schon wieder ein Bewilligungsbescheid? Und dann auch noch Projekte, die das gesamte Ruhrgebiet gutheißen kann.

Nehmen Sie das Beispiel von der Pipeline. Ob Sie in Dortmund, Bochum oder wo auch immer fragen: Wir sagen, liebe Leute, wir haben umgeswitcht, die alte Landesregierung hat die Kraft nicht gehabt, die privaten Betreiber so ökonomisch in die Zange zu nehmen, dass die unterschreiben müssen. Sonst hätten wir die Fördermittel anders verwandt.

Wir finanzieren 20 % der großen Pipeline. 80 % werden privat finanziert. Das ist ein tolles Projekt zur Stabilisierung des Standortes im nördlichen Ruhrgebiet.

Als kleinen Ausgleich dafür verabschiedet man sich von O-Vision, für das Sie hier wider besseres Wissen gekämpft haben. Sie haben wenige Wochen später selber erkennen müssen, dass die Stadt imstande ist, einen privaten Investor zu finden, der nach dem Grundstück greift. Und plötzlich ist das ganze Thema weg. Vorher haben Sie hier aber Rotz und Wasser geheult, weil wir angeblich etwas ganz Schlimmes machten. Das ist doch unehrlich.

Die Kommunen im Ruhrgebiet sehen das anders. Fahren Sie dort einmal hin. Übrigens bin ich ganz sicher: Die Kraft im Ruhrgebiet – damit meine ich nicht die Abgeordnete Kraft – wird reichen, wenn wir zukünftig die Mittel stärker in dem Wettbewerb um gute Projekte ausloben. Dem Ruhrgebiet werden viele gute Projekte einfallen. Die werden wir begleiten und finanzieren, egal ob Ihnen das passt oder nicht.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Priggen, ich sage es Ihnen noch mal: Wir haben in diesem Haushalt von den EFRE-Mitteln 90 Millionen € noch nicht belegt. Wir haben für die Kofinanzierung aus Landesmitteln noch rund 50 Millionen €. 40 Millionen € sind nicht im Etat des Wirtschaftsministers darzustellen. Wir sind ganz sicher, dass wir es zum Teil aus anderen Etats bekommen. Wir sind da auch sehr zuversichtlich. Sie mögen es nicht sein. Wir sind es, weil wir die Signale haben, dass auch dabei die private Kofinanzierung gestattet wird.

(Zuruf von Reiner Priggen [GRÜNE])

Das stimmt, Herr Priggen. Das geht aber auch nicht anders bei Förderprogrammen – ob Sie eines auflegen oder ob wir eines auflegen. Die einzelne Bewilligung ist eben ein Verwaltungsakt. Wenn Sie jetzt immer sagen „Am liebsten möchte ich Verwaltung spielen!“, müssen Sie wechseln.

Die Etathoheit für Fördermittel sieht so aus, dass Sie Etats beschließen und bei Landesprogrammen auch noch politisch debattieren können, welche Zwecke Sie fördern wollen. Aber der Rest ist tatsächlich Verwaltung. Tut mir Leid!

(Heinz Sahnen [CDU]: So ist es!)

Zur Frage der neuen Strukturfondsmittel: Frau Kraft hat zwei verschiedene Pressemeldungen abgegeben, deshalb hatte ich vorhin gefragt. Ich möchte nur etwas zur Aufklärung sagen. Könnten Sie es ihr sagen, wenn Sie wiederkommt?

(Marc Jan Eumann [SPD]: Keine Sorge!)

In Brüssel verhandeln über solche Themen die Bundeskanzlerin, der Außenminister und der Wirtschaftsminister. Herr Steinbrück kann irgendwann einen Brief schreiben, wenn er Zeit hat; er verhandelt aber nicht.

Deshalb müssen Sie schon ausdrücklich und nachdrücklich die Initiativen dieser Landesregierung loben. Wir haben in Brüssel mit hohem Nachdruck mit unseren Abgeordneten und mit den Leuten aus der Kommission verhandelt. Private Kofinanzierung ist ein ganz wichtiges Element; wir kennen ja die Finanzlage des Landes. Diese ist nun erreicht. Und zwischen den beiden unterschiedlichen Stellungnahmen von Frau Kraft – das muss ich so sagen – muss ihr jemand gesagt haben, was wirklich los gewesen ist. Aber das ist ja nicht so schlimm.

(Heiterkeit von Manfred Kuhmichel [CDU])

Bei der Meistergründungsprämie gibt es keine freie Spitze von 2 Millionen €. Ich muss Sie enttäuschen. Ich will Ihnen die Zahlen gerne nennen. Rechnerisch besteht eine geschätzte freie Spitze von 1 Million €. Wenn Sie alle einbeziehen würden, Herr Priggen, die Sie gern einbeziehen möchten, können Sie die wirkliche Förderung des klassischen Meisters nicht mehr sicherstellen, weil die Zahl der Anträge – so ist die Schätzung und ich habe keinen Grund, die Zahlen anzuzweifeln – das weit übersteigen würde. Sie würden dann nicht mehr dem einzelnen klassischen Meister den Zugang zu dieser Prämie offen halten können. Das wollen wir nicht. Deshalb werden wir diesen Kreis nicht ausdehnen.

Auch bei der Tariftreue werden Glaubensbekenntnisse ausgetauscht. Es gibt die Untersuchung eines angeblich sehr renommierten Instituts in Dortmund, das festgestellt hat: Die meisten Gemeinden und Vergabestellen wenden nicht nur das Gesetz nicht an, sondern Sie halten es auch nicht für anwendbar, was viel wichtiger ist.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist nur die halbe Wahrheit, Frau Ministerin!)

Wir sind, weil wir uns mit Sachverhalten und nicht mit Glaubensbekenntnissen befassen, der festen Überzeugung, dass das Entsendegesetz und die Mindestlohnregelung dem Baubereich einen nachvollziehbaren guten Schutz gegen Billigkonkurrenz geben. Wir sind sicher, dass wir zum Beispiel durch Verzicht auf weitere Modellvorhaben, die Nachverhandlungen verbieten, einen größeren Beitrag zur Stabilisierung erhalten.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Fragen Sie doch einmal Praktiker im Vergabeverfahren. Was macht man denn, wenn man nachverhandeln muss? Dann haben Sie den dritten oder vierten Sub-Sub-Subunternehmer. Wir sagen: Wir legen mehr Wert auf die Qualifizierung.

Frau Ministerin, Herr Abgeordneter Priggen verspürt den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Bitte schön. – Wird das von meiner Redezeit abgezogen?

Nein.

Frau Ministerin, Sie haben eben Nein gesagt zu der Ausdehnung der Meisterprämien, wie wir sie vorgeschlagen hatten, weil der Kreis derjenigen, die einen Antrag stellen könnten, dann wesentlich größer ist.

Sie haben die Zahl zwar nicht genannt, aber das würde ja heißen, dass die Reform der Handwerksordnung, die dazu führt, dass Altgesellen und andere gründen können, so erfolgreich war, dass dieser Kreis dadurch größer ist, als der Kreis derjenigen, die sonst eine Meistergründung machen. Das müssten Sie dann aber doch eingestehen.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Sie müsste, aber sie kann nicht!)

Ich muss nachschauen, was hier steht.

Die damit verbundene Steigerung von Fallzahlen – ich beziehe mich auf § 7 Abs. 1 der Handwerksordnung – um weitere 1.883 Fälle ist nicht finanzierbar. Der Ansatz müsste dann verdoppelt werden.

Frau Ministerin, eigentlich ist Ihre Redezeit abgelaufen, aber Herr Eiskirch möchte auch eine Zwischenfrage stellen.

Vielleicht kann Herr Eiskirch die Frage in der zweiten Runde stellen.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Okay!)

Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit so viel Disziplin hatte ich jetzt gar nicht gerechnet. Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, da weitere Wortmeldungen zum ersten Teilbereich nicht vorliegen, ist damit der Teilbereich „Wirtschaft und Mittelstand“ abgeschlossen.

Wir kommen zum zweiten Teilbereich: „Energie“.

Als erster Redner hat Herr Abgeordneter Leuchtenberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein Thema hat in der Wahrnehmung der Menschen in den letzten Jahren eine solche Renaissance erlebt wie die Energiepolitik. Dies spiegelt sich auch am Umfang und an der Intensität der Debatten im Landtag in der letzten Zeit eindrucksvoll wider.

Energiepolitik wird zukünftig über den sozialen Frieden in unserem Land mitentscheiden. Dies hat die Landesregierung aus unserer Sicht wohl noch nicht wahrgenommen, denn im Haushalt finden wir nicht die entsprechende Rückmeldung dazu.

Die Energiepolitik ist aber auch ein gutes Spiegelbild für das breite Spektrum der Debattenkultur im Landtag. In einzelnen Fällen konnten gute Vereinbarungen zwischen den Fraktionen getroffen werden, die dem Energieland NordrheinWestfalen nützen. Ich erinnere nur an die Einrichtung der Enquetekommission, die sich mit stark steigenden Preisen von Öl und Gas intensiv beschäftigt und nach einigen Anlaufschwierigkeiten zu einer sehr konstruktiven Arbeitsweise gefunden hat.

Auch unsere Initiative, um zu einer gemeinsamen NRW-Position zum Nationalen Allokationsplan II zu kommen, zeigt, dass fraktionsübergreifende Initiativen möglich sind, die Nordrhein-Westfalen voranbringen.

Das Land nach vorne zu bringen, darauf kommt es mir und der SPD-Fraktion an. Gerade das Energieland Nordrhein-Westfalen ist darauf angewiesen, in vorderster Front sowohl hier im Land selbst wie auch in Berlin und Brüssel die energiepolitischen Themen zu besetzen und den Entwicklungen eine eigene Richtung zu geben.

(Beifall von der SPD)

Dies sollte sich auch im Haushalt widerspiegeln. Dies vermissen wir jedoch im Haushalt. Gerade für Nordrhein-Westfalen kann es nicht ausreichen, darauf zu warten, was von Berlin und Brüssel vor

gegeben wird. Energiepolitik erschöpft sich nicht in der falschen Forderung nach einem sofortigen Ausstieg aus der Steinkohle. Energiepolitik ist mehr. Ich habe es bei meiner letzten Rede hier im Plenum bereits gesagt, wiederhole es aber gerne noch einmal, damit der Stellenwert, den Energiepolitik für uns hat, klar wird: Energiepolitik ist nicht nur Wirtschaftspolitik. Energiepolitik ist Außenpolitik. Energiepolitik ist Standortpolitik. Energiepolitik ist Familienpolitik und Wohnungsbaupolitik. Und in Zukunft immer wichtiger: Energiepolitik ist vor allem Sozialpolitik.

Deshalb hat der damalige Ministerpräsident Peer Steinbrück die Energiepolitik, wo immer erforderlich, zur Chefsache gemacht. Er hat dies getan, um Investitionen anzuschieben. Er hat dies getan, um sozialverträgliche Lösungen für die Menschen im Bergbau sicherzustellen. Und er hat dies getan, um Klimaschutz und Investitionen vereinbar zu gestalten.