Protocol of the Session on May 3, 2006

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Beratung des Einzelplans 10:

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ich gebe Frau Watermann-Krass von der SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung kündigt für ihre Politik im Bereich Umwelt, Naturschutz, Verbraucherschutz und Landwirtschaftspolitik in blumigen Worten Veränderungen an. Sie müssen sich aber daran messen lassen, was Sie tatsächlich verändern und wo Sie tatsächliche Schwerpunkte setzen.

Wir sind uns alle einig, dass die Gestaltungsspielräume in den Haushalten heute eng sind. Aber gerade dann ist es wichtig, ganz genau hinzusehen. Da ist es schon spannend, wie Sie Ihre Spielräume nutzen.

Sie schwächen die, die bei Ihnen keine Lobby haben: Verbraucherinnen und Verbraucher, alle im Umweltschutz und in der Umweltbildung wie die biologischen Stationen, kleine und mittlere Landwirte, vor allem die Bio-Branche, Firmen, die auf Nachhaltigkeit und Effizienz setzen, und Sie stärken die, die bei Ihnen eine gute Lobby haben.

Minister Uhlenberg outet sich ganz offen als Cheflobbyist des Agrobusiness. Auf der einen Seite stärken Sie aus dem Umweltetat einen Flughafen, betreiben aber auf der anderen Seite einen beispiellosen Kahlschlag in der Naturschutz- und Umweltpolitik des Landes.

Sie verteilen in Ihrem Etat gezielt um. Ich will das hier nur an wenigen Punkten beispielhaft deutlich machen.

Sie reden von neuer Verantwortung. Doch was ist mit der Verantwortung für die Verbraucherinnen und Verbraucher in NRW? Sie streichen bei der Verbraucherzentrale mehr als 1 Million € heraus. Das führt dazu, wie heute aus der Pressemitteilung der Verbraucherzentrale bekannt wurde, dass konkret bis zu acht Verbraucherberatungsstellen geschlossen werden müssen. Die Städtenamen werden darin bereits genannt.

Da ist es schon zynisch, jetzt so zu tun, als ob Sie 50.000 € zusätzlich gewähren. Sie wissen, dass diese Gelder für Projekte des Ministeriums gedacht sind, an denen die Verbraucherzentrale nur mitarbeitet. Das riesige Haushaltsloch, das Sie bei der Verbraucherberatung reißen, wird damit nicht geschlossen.

Das heißt, Sie schwächen die Struktur der Verbraucherarbeit in der Fläche, eine Verbraucherarbeit, die sich über Jahrzehnte bewährt hat. Viele Menschen in NRW müssen zukünftig auf den persönlichen Kontakt bei einer Beratung verzichten oder weit fahren, um beraten zu werden.

Die CDU spricht allerdings in einer Pressemitteilung davon, dass sie das hohe Niveau des Verbraucherschutzes erhalten wolle, und sorgt gleichzeitig dafür, dass bis zu acht der 54 Beratungsstellen geschlossen werden. Da widerlegen Ihre Taten Ihre Sonntagsreden.

Was CDU und FDP unter Dialog verstehen, kann man sich sehr gut bei dieser Haushaltsdiskussion ansehen. Da werden die Änderungsanträge der CDU nicht in die Fachausschüsse eingebracht und dort diskutiert, sondern nur wenige Stunden vor der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses dem Parlament zur Verfügung gestellt. Sie entziehen sich damit einer breiten fachlichen Debatte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie setzen angeblich auf einen Dialog mit der Wirtschaft, kürzen aber gleichzeitig die Mittel für das nachhaltige Wirtschaften. Davon ist dann vor allem die Effizienzagentur betroffen. Sie sagen auf der einen Seite, dass auf die Arbeit der Agentur zu setzen ist, weil sie wichtige Impulse gibt, und streichen gleichzeitig dort die Mittel. Da widerlegen Ihre Taten Ihre Sonntagsreden.

Bei der Forstwirtschaft werden auch ohne großartige Dialoge mit diesem Haushalt Fakten geschaffen. Da muss ein Betrieb, der gerade erst seit kurzer Zeit läuft, bereits jetzt aus dem Stand deutli

che Gewinne erwirtschaften. Da wird einfach gekürzt, ohne das in Auftrag gegebene Gutachten abzuwarten.

Bei der Landwirtschaftskammer hätten Sie bei solch einem Verfahren einen riesigen Aufstand gemacht. Wo ist denn der Dialog und die Verantwortung für den Landesbetrieb? Wir haben den Eindruck, Sie wollen diesen Landesbetrieb nicht. Mit diesem Haushaltsansatz für den Landesbetrieb Wald und Holz tragen Sie die volle Verantwortung für den Fortbestand dieser Einrichtung.

Man kann bei diesem Haushalt deutlich den Eindruck gewinnen, dass Sie gewillt sind, den Rabenvater zu geben. Das hat dann aber mit Regierungsverantwortung nichts zu tun.

Sie kündigen Modernisierung und Zukunftsfähigkeit für NRW an. Gleichzeitig schneiden Sie in die Struktur der biologischen Stationen hinein. Sie wissen so gut wie ich, dass bei einer 20 %igen Kürzung in diesem Bereich vor allem kleinere biologische Stationen in NRW schließen werden. Was hat das mit Modernisierung zu tun, wenn hier wichtige Arbeit vor Ort nicht mehr möglich ist?

Biologische Stationen sind in der Region verankerte Orte des angewandten und praktischen Naturschutzes. Sie sind begründet und getragen durch ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement. Die biologischen Stationen sind wichtig für den praktischen Naturschutz vor Ort, vom Kind bis zum Rentner. Von lokaler Umweltbildung und Naturschutz zu reden und dann hier die Mittel zu streichen, da widerlegen Ihre Taten Ihre Sonntagsreden.

(Beifall von der SPD)

Was hat es mit Umweltschutz zu tun, wenn Sie aus dem Etat des Umweltministeriums 1 Million € plus 10 Millionen € Verpflichtungsermächtigungen für den Flughafen Münster/Osnabrück ausgeben? Wenn das Wirtschaftsförderung und damit eine Subvention für das Münsterland ist, hat das im Umweltetat nichts zu suchen.

Sie schreiben ja selbst im Erläuterungsband zum Einzelplan 10, dass diese Auflagen eigentlich vom Verursacher zu zahlen sind, hier jetzt aber vom Land gezahlt werden. Was ist daran moderne Umweltpolitik? Wird das Land dann demnächst auch die Umweltauflagen für andere Großprojekte mit Planfeststellungsverfahren übernehmen?

Dieser Zuschuss wirft ein eindeutiges Licht auf Ihr Verständnis von Umwelt. Modernisierung bedeutet hier, dass man Investoren Umweltauflagen nicht zumuten kann, dass stattdessen das Land eintreten und zahlen muss. Der Begriff „Kultur des

Verzichtes“ bedeutet hier für Sie: Verzicht auf das Verursacherprinzip und die Rechtsstaatlichkeit.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wie bitte?)

Was hier deutlich wird, ist, welchen Stellenwert Umweltpolitik bei CDU und FDP hat. Die wichtigen Dinge werden bei Ihnen offensichtlich im Koalitionsausschuss geklärt. Da gibt es keine Lobby für Umwelt-, Verbraucher- und Naturschutz. Da hat Minister Uhlenberg anscheinend nichts zu sagen. Schön, dass er wenigstens 90 Minuten – wie wir heute gelesen haben – bei der Kabinettssitzung mitspielen darf.

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Ellerbrock?

Nein.

(Christian Lindner [FDP]: Wovor haben Sie denn Angst? – Achim Tüttenberg [SPD]: Vor einer dummen Frage!)

Unser Fazit zu diesem Haushalt lautet daher: Verzichten müssen bei einer schwarz-gelben Landesregierung vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir haben hier in NRW keinen Verbraucherminister, sondern einen angeblichen Bauernbefreier, der billigend in Kauf nimmt, dass hier bewährte Strukturen zerschlagen werden. Aber das hat NRW nicht verdient. Das, was Sie machen, hat nichts mit Haushaltszwang zu tun, sondern ist eine politische Entscheidung. Und Sie sparen nicht wirklich, sondern Sie verteilen die Mittel um. Stehen Sie endlich dazu! Denn beim Einzelplan 10 wird sehr deutlich: Ihre angebliche Kultur des Verzichtes ist nur ein Vorwand für eine Umverteilung der Mittel: weg vom Umweltschutz und hin zu Ihrer Lobby. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Watermann-Krass. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Fasse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass zu später Stunde noch so viele Kolleginnen und Kollegen da sind. Mit dem Haushaltsplan 2006 macht unser Land einen großen und wichtigen Schritt zur Konsolidierung. Es wird

auf den Weg geführt zurück zur finanziellen und damit auch zur politischen Handlungsfähigkeit.

Bei einer Verschuldung von 110 Milliarden € sind Sparen, Investieren und Reformieren Forderungen, an denen sich jede politische Entscheidung zu orientieren hat.

(Frank Sichau [SPD]: Heute Morgen waren es noch 112 Milliarden, Frau Fasse!)

Der Sparkurs kann nur durch strikte Selbstdisziplin, Kreativität und Gestaltungskraft bei der Finanzierung der uns gestellten Aufgaben zum Erfolg führen. Schulden zulasten künftiger Generationen müssen vermieden werden. Das Prinzip „Zukunft bauen, nicht verbauen“ muss in unserer Finanzpolitik gelten.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)

In diesem Zusammenhang ist auf den gerade in der Umweltpolitik entwickelten Gedanken der Nachhaltigkeit hinzuweisen. Die natürlichen Lebensgrundlagen dürfen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem Ertragskraft und Vorrat wieder aufgebaut werden können.

Den Konsolidierungskurs hat die Landesregierung mit der Kürzung des Haushaltsvolumens um fast 5 % gegenüber 2005 eingeschlagen. Auch das Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat dieses Sparziel in seinem Einzelplan 10 mit zum Teil erheblichen Einschnitten umgesetzt. Belastungen wurden auf viele Schultern verteilt. Eine Überforderung Einzelner wurde vermieden. Die Zukunftschancen wurden erhalten.

In diesem Einzelplan sind die Gesamtausgaben um knapp 29 Millionen € auf 907,7 Millionen € vermindert worden. Unter Berücksichtigung des Anstiegs der im Einzelplan enthaltenen EU-Mittel und der Verlagerung von Mitteln aus dem GFG und aus dem Einzelplan 15 in den Haushalt des Umweltministeriums beträgt die bereinigte Absenkung 62,8 Millionen €. Das sind 6,7 % des Einzelplans 10.

Mit dieser Absenkung wurden die Grenzen möglicher Einsparungen erreicht. Zweckgebundene Ausgaben und Ausgaben aufgrund gesetzlicher Regelungen sowie Personalausgaben und Sachausgaben sind nämlich nur bedingt gestaltbar. Von diesen eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten wurde durch Personalabbau Gebrauch gemacht. Der Stellenbestand wurde gegenüber 2005 um 74 Stellen auf 5.325 Stellen verringert.

Um die dargestellten Einsparungen zu erreichen, musste sich die Kürzung insbesondere auf die

Förderprogramme erstrecken. Die Landesmittel für die nicht aus zweckgebundenen Einnahmen finanzierten Förderprogramme waren um 11 % zu kürzen. Wenn man von der Aufstockung der Mittel für den Wasserbau und Hochwasserschutz absieht, beträgt die Kürzung bei den anderen Förderungsmaßnahmen im Durchschnitt 15 %.

Meine Damen und Herren, nach meiner festen Überzeugung hat das Ministerium damit das eingangs von mir erwähnte Sparziel bis an die Grenze des Möglichen ausgeschöpft. Dies findet unsere allseitige Zustimmung. Trotz der geschilderten Einsparungen ist es gelungen, die Finanzausstattung in den Kernbereichen des Einzelplans 10 mit einigen Akzentsetzungen auf vergleichsweise hohem Niveau zu halten.

Die Diskussion im Ausschuss und die von den Oppositionsfraktionen vorgelegten Änderungsanträge sind keine ernst zu nehmende Alternative zum vorgelegten Haushaltsentwurf.

(Beifall von Clemens Pick [CDU])

Manche Vorschläge mögen bei einer gesunden Finanzlage diskussionswürdig sein. Zurzeit sind sie jedoch unpassend und mangels Gegenfinanzierung nicht realisierbar. Die Grenzen des Machbaren sind damit erreicht.