Protocol of the Session on May 3, 2006

nächst einmal kräftig kürzen, dann teilweise zurücknehmen, dann ausgewählte Zitatstücke, Versatzstücke benutzen und die dann als Lob von Dritten verkaufen. – Das geht an der Wirklichkeit vorbei, meine Damen und Herren. Das trifft nicht das, was Sie mit den Kommunen machen.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Genau!)

Sie kürzen den Kommunen die Gelder. Sie sind nicht auf dem richtigen Weg, sondern Sie haben mit dem, was Sie gemacht haben, den Weg einer Teilumkehr beschritten. Und das ist heute Morgen mit dem ausdrücklichen Hinweis konstatiert worden, dass das nicht reiche und dass das, was Sie vorgenommen haben, kommunalfeindlich sei.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Erst holt man dem Bauern das Schwein aus dem Stall, dann bringt man drei Koteletts zurück!)

Meine Damen und Herren, die Beratung zum GFG 2006 hat deutlich gemacht: Wahlversprechen sind von gestern. Heute zählt die Devise: Augen zu und durch! CDU und FDP ziehen ihre Vorhaben durch. Unberührt von den vielen Stellungnahmen der Kommunen, von den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände, Briefen, Protesten: In der Koalition ist man offensichtlich der Auffassung, man könne sich das erlauben!

Meine Damen und Herren, ich kann mir das nur so erklären, dass Sie hoffen, dass man sich in wenigen Jahren nicht mehr daran erinnert, wenn die Wahlen sind, dass Sie jetzt hoffen, weit genug von den Wahlen weg zu sein.

Ich sage Ihnen: Wer sich in der kommunalen Szene umhört, wer auch mit Vertreterinnen von CDU, quer durch die Bank in Kreisen, Städten und Gemeinden redet, der kommt zu dem Ergebnis: An Ihrer Basis ist Aufruhr.

Wer den Städtetag erlebt hat und wer sich die Dünnhäutigkeit, die ich auch jetzt wieder beobachte, anschaut, der muss zu dem Ergebnis kommen: Die Kritik des Städtetages hat ins Schwarze getroffen, hat Sie getroffen. – Nicht, dass Sie jetzt umkehren, dass Sie sich das etwa zu Herzen nehmen würden: Nein, Sie laden kommunale Spitzenverbände bei Gesprächen über Dinge aus, die diese berühren.

Meine Damen und Herren, festzuhalten ist: Die Kommunen erhalten mit dem GFG 2006 weniger Geld als 2005. Festzuhalten ist: Entgegen den Beteuerungen der Koalition haben Sie faktisch den Verbundsatz um 1,1 Prozentpunkte gesenkt. Das heißt, der Anteil der Kommunen am Steueraufkommen wurde gesenkt. Einzig die System

umstellung führt dazu, dass der Steuersatz, der Verbundsatz optisch in diesem Jahr erhalten bleibt. Einzig die Systemumstellung führt dazu.

Auch bei der Systemumstellung, die in der Sache richtig ist, haben Sie die Kommunen ein Stück weit über den Tisch gezogen. Sie wissen ganz genau, dass Sie sich für die Systemumstellung das Jahr 2004 mit dem letzten Quartal und das Jahr 2005 mit den ersten drei Quartalen genommen haben.

Wenn Sie das spitz durchrechnen, kommen Sie zu dem Ergebnis, dass Ihnen am Ende 39 bis 40 Millionen in der Landeskasse verbleiben, die nach Ihren eigenen Steuerschätzungen für 2006 nach dem alten System den Kommunen hätten zugute kommen müssen. Das haben Sie für sich einkassiert.

Meine Damen und Herren, wer dann weiß, dass Sie die Kreditierung in diesem Jahr vollkommen zulasten der Kommunen zurückfordern, dem wird Mehreres klar:

Erstens. Sie werden im nächsten Jahr mit dem Argument kommen, dass die 680 Millionen € nicht mehr für die Kommunen anstehen und deswegen ein komplett gleicher, absoluter Betrag im Verbund für die Kommunen in Ordnung wäre. Ich sage Ihnen voraus: Das ist die Vorbereitung zur Senkung des Verbundsatzes in Prozenten. Sie werden ihn nur in absoluten Beträgen stabil halten, und mehr werden Sie nicht tun.

Zweitens. Ihr ganzer Popanz der Neuverschuldung, die Sie weniger betreiben würden als die alte Regierung, bricht spätestens dann zusammen, wenn Sie sich allein die kommunale Komponente anschauen. Es war ursprünglich, nachdem Sie Ihren Nachtragshaushalt für 2005 vorgelegt hatten, sogar eine Kreditierung von 400 Millionen € für die Kommunen vorgesehen gewesen. Davon sind faktisch 140 Millionen € übrig geblieben, die Sie im letzten Jahr nach dem alten Haushalt geben mussten, und Sie fordern aus diesem Jahr 2005 und aus den Vorjahren insgesamt 680 Millionen € zurück. Bereinigen Sie die Nettoneuverschuldung des Landes um jeweils diese beiden Beträge und vergleichen das mit dem tatsächlichen Kassenschluss 2005, dann kommt heraus, dass von Ihrer Schimäre der gesenkten Neuverschuldung unter dem Strich nichts übrig bleibt. Mit anderen Worten: Sie haben die gesamte Finanzoperation nur auf Kosten der kommunalen Finanzen durchgeführt.

Meine Damen und Herren, es geht nicht nur um gebrochene Versprechen, es geht auch um die mangelnde Verlässlichkeit, um den drastischen

Einbruch im gegenseitigen Vertrauen zwischen Kommunen, kommunaler Ebene und Landesregierung. Es geht auch darum, dass die kommunalen Finanzen weiterhin drastisch schlecht sind und eigentlich verbesserte Landeszuweisungen nötig machen.

Wenn ich in den alten Protokollen der letzten Jahre, als ich dem Landtag noch nicht angehört habe, nachlese, was Ihre finanz- und kommunalpolitischen Sprecher hier zum Besten gegeben haben und Sie gleichzeitig über die Verschuldung des Landes lamentiert haben, also was wussten Sie, was auf Sie zukommt, wenn Sie die Regierung übernehmen würden, dann kann ich Ihnen nur sagen: Es ist genau wie an anderen Punkten: Versprochen und gebrochen!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben sich unter Vortäuschung von Wahlversprechen, von denen Sie wussten, dass Sie sie nie einhalten, diesen Wahlsieg erschlichen.

Meine Damen und Herren, die Finanznot der Kommunen führt zu einem erheblichen Investitionsstau in den Kommunen, sodass wichtige Investitionen in die Erneuerung der kommunalen Infrastruktur wie Schulen, sonstigen Gebäuden und Einrichtungen seit Jahren unterblieben sind, weiter unterbleiben und auch weiter verschoben werden.

Es ist bekannt: Die kommunale Szene war auch mit Rot-Grün nicht nur glücklich. Aber ich sage Ihnen noch einmal: Wer da auf Sie und auf diese schwarz-gelbe Koalition Hoffnungen gesetzt hat, ist bitter enttäuscht. Sie wissen das. Sie kennen die Resolution aus den Kommunen. Sie wissen, dass zum GFG, zu all den Rahmenbedingungen, die Sie auch im Kinder- und Jugendbereich vorgenommen haben,

(Beifall von den GRÜNEN)

Resolutionen auch von CDU-Mehrheiten, teilweise sogar von absoluten Mehrheiten unterstützt worden sind. Ich selber komme aus einem Kreis, wo wir mit allen vier Fraktionen trotz absoluter Mehrheit der CDU eine solche Resolution verabschiedet haben.

Wenn Sie hier so tun, als ob das alles fehlgeleitete Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker wären, kann ich Ihnen nur sagen: Die Protokolle sind dann aufschlussreich. Die muss man dann verschicken. Ich empfehle sie dann auch den Kolleginnen und Kollegen vor Ort zum Nachlesen. Was Sie da Ihren eigenen Parteifreunden attestieren, ist kein Kompliment. Ich glaube, das fällt auf Sie zurück.

Meine Damen und Herren, im Gesetzentwurf war nach Ihren Vorstellungen vorgesehen, dass die gesamte Kreditierung im Jahr 2006 zurückgezahlt werden soll.

Wir haben Ihnen – wie auch die kommunalen Spitzenverbände – vorgeschlagen, dass das auf zwei Jahre gestreckt werden soll; die kommunalen Spitzenverbände haben eigentlich sogar drei Jahre gewünscht. Wir haben gesagt: Um die eigentliche Nettobelastung des Landeshaushaltes – der Rest sind operative Spielchen, die wir hier lassen können – in Grenzen zu halten, bedarf es einer Zinslast von 14 Millionen €, wenn wir diese Kreditierung strecken wollen. Diese 14 Millionen € sind im Verhältnis zu dem Geld, das Sie an anderen Stellen zum Fenster hinauswerfen – sei es beim Flughafen Münster, sei es bei den Landwirtschaftskammern –, Peanuts, wenn Sie auch nur ansatzweise Ihrem eigenen Anspruch eines kommunalfreundlichen Handelns nachkommen wollten. – Sie tun es nicht. Sie haben auch da das Motto: Augen zu und durch!

Meine Damen und Herren, auch die gesamten GTK-Fragen, auch die gesamten Geschichten rund um die Kinder- und Jugendgesetzgebung und die Kinder- und Jugendzuschüsse machen eins deutlich: Sie kürzen, Sie nehmen dann an manchen Stellen Kürzungen teilweise zurück, und Sie rühmen sich hinterher dafür. Das wird der Wirklichkeit genauso wenig gerecht wie Ihr Umgang mit der kommunalen Szene an einem anderen Punkt. Auch das will ich im Kontext der Beratungen zum GFG erwähnen:

Wenn wir uns die Latte an Ankündigungen zur Reform der Gemeindeordnung seit dem letzten Sommer angucken, kann ich nur feststellen: Es ist bis jetzt nichts als heiße Luft,

(Beifall von den GRÜNEN)

es ist nichts als Verunsicherung der Kommunen, und es ist nichts außer – ich muss es so deutlich sagen – der Ankündigung von kommunalfeindlichem Handeln im Wesentlichen einer Horde wild gewordener Liberaler,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

die meinen, sie müssten „Privat vor Staat“ auf jeder Ebene durchdeklinieren, die meinen, sie müssten ihre fundamentalistischen Spielchen in Nordrhein-Westfalen betreiben

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

und die ganz offensichtlich angestachelt durch den liberalen Bedeutungsverlust im Bundesrat, seitdem die letzten Landtagswahlen in zwei Bun

desländern zu ihrem Regierungsverlust geführt haben, hier nochmals mit Herrn Westerwelle im Rücken als Scharfmacher auftreten.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie kommen doch in kein Parlament mehr rein!)

Ich kann nur sagen: Die CDU ist klug beraten, wenn sie sich in Zukunft davon distanziert, was Sie da veranstalten; denn Sie müssen auf der kommunalen Ebene keinerlei Verantwortung dafür tragen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die FDP ist so gut wie nirgendwo in der kommunalpolitischen Verantwortung. Sie hat nicht auszubaden, was Sie hier mit § 107 veranstalten wollen, was sich drastisch für die Kommunen und die kommunalen Finanzen auswirkt, was sich drastisch für die Beiträge, die Gebühren, die Fahrpreise im ÖPNV und auf vieles mehr auswirkt. Wie weit das geht, habe ich in einer der letzten Sitzungen anlässlich der Frage des steuerlichen Querverbunds und des Verhaltens von Innenminister Wolf in der Innenministerkonferenz dargelegt.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Noch nicht einmal da sind Sie den Weg gegangen, den Bayern, den Baden-Württemberg, den alle Regierungen der CDU gegangen sind. Sie haben auch das auf dem Altar von Innenminister Wolf, Herrn Papke und anderen Leuten, die diesen wild gewordenen Kurs, von dem ich eben sprach, seit Monaten verfolgen, geopfert.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Sie haben angekündigt, Sie wären kommunalfreundlich – Sie sind kommunalfeindlich! Sie haben angekündigt, den Kommunen würde es besser gehen. – Es geht ihnen schlechter!

Sie haben angekündigt, es würde in den nächsten Jahren konstant und berechenbar sein. – Berechenbar ist offensichtlich nur, dass Sie auch noch die Grunderwerbsteueranteile der Kommunen kürzen und damit weitere 145 Millionen € streichen wollen. Sie haben angekündigt, Sie wären aufseiten der Kommunen. – Sie befinden sich aber aufseiten einer wild gewordenen Privatisierungspartei.

All das gibt in Ihren eigenen Reihen Anlass zu Protest. Es gibt Anlass zu viel Sorge, wie ich von vielen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpo

litikern der CDU weiß. Ich betone noch einmal: Machen Sie einen Kurswechsel!

(Holger Ellerbrock [FDP]: Nein, bloß nicht!)

Machen Sie das, was Sie angekündigt haben! Gehen Sie auf die Kommunen zu! Ansonsten werden Sie das Problem nicht los, dass insbesondere mit wachsender Nähe zu den Kommunalwahlen Ihre Bürgermeister immer mehr sagen – das tun Sie jetzt noch hinter vorgehaltener Hand und nur selten laut –, dass sie von einer kommunalfeindlichen Landesregierung, wie Sie sie darstellen, maßlos enttäuscht sind. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Völliger Blödsinn!)

Nun möchte sich gern für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Engel äußern. Sie haben das Wort.