Protocol of the Session on April 6, 2006

Bisher ist es so gewesen, dass der Verwaltungsaufwand aus dem allgemeinen Justizhaushalt getragen werden musste, also eine Quersubventionierung in diesem Bereich erfolgte. Damit wird nun Schluss sein; denn das bisherige Verfahren ist weder mit dem Grundsatz der Gebührentransparenz noch mit dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit vereinbar. Daher ist die Gesetzesinitiative der Landesregierung nur zu begrüßen.

Die Gebühr ist dem sächlichen und personellen Verwaltungsaufwand angemessen, geht man da

von aus, dass der Zeitaufwand beim Amtsgericht etwa 15 Minuten beträgt und die maßgeblichen Stellen wie die Kirchen und Religionsgemeinschaften einerseits sowie die Finanzbehörden andererseits zu informieren sind.

Es ist nicht so, dass das Land etwas an der Erhebung der Kirchenaustrittsgebühr verdient. Dies wäre im Übrigen auch rechtswidrig.

Ferner ist festzuhalten, dass die einzuführende Gebühr maßvoll ist, sodass kein Austrittswilliger dazu genötigt wird, in der Kirche oder Religionsgemeinschaft zu verbleiben. Die Behauptung, das Land wolle Austrittswillige durch die Gebührenerhebung bestrafen, ist ebenso böswillig wie unzutreffend. Schließlich sind die Einsparungen beim Austrittswilligen durch den Wegfall der Kirchensteuer, die 9 % der Einkommensteuer beträgt, in der Regel erheblich höher.

Mit den erwarteten Einnahmen von 1,5 Millionen bis 1,8 Millionen € jährlich werden sicherlich keine großen Sprünge gemacht werden können. Dieser Betrag reicht nämlich gerade einmal dazu aus, um Zinszahlungen für die von Rot-Grün zu vertretenden Landesschulden für sage und schreibe drei Stunden sicherzustellen.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Die CDU-Fraktion wird dem Gesetzesvorhaben ihre Zustimmung erteilen und der Überweisung des Gesetzentwurfes an den Hauptausschuss zustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Möbius. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Kuschke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Kollegen Vesper verzeihe ich heute an seinem Geburtstag einiges – vor meinem römisch-katholischen Hintergrund, um dann auch gleich seine Frage zu beantworten.

Da wir uns im Ausschuss ja noch etwas ausführlicher mit diesem Gesetzentwurf befassen werden, mache ich nur drei Anmerkungen.

Die erste Anmerkung liegt sozusagen etwas außerhalb des eigentlichen Beratungsgegenstandes, Stichwort: Austritte, Eintritte. Ich habe mit großer Freude vernommen, dass wir sowohl bei der evangelischen Kirche als auch bei der katholischen

Kirche wieder zunehmend Eintritte haben. Das gleicht noch nicht das aus, was es an Austritten und Ausscheiden aus anderen Gründen aus den Kirchen gibt. Das haben wir nicht zu bewerten; ich will das gleich klarstellen. Aber ich finde es – ich sage das einmal als persönliche Anmerkung – in diesen Zeiten nicht schlecht, wenn sich Menschen entschließen, sich zu einer Religion und insbesondere zu einer christlichen Religion zu bekennen.

Zweite Anmerkung: Frau Ministerin, das ist natürlich ein völlig normaler Vorgang, mit dem wir es hier zu tun haben, das selbstverständliche Recht, auch in diesem Zusammenhang über Gebührenerhebung zu sprechen.

Von daher, lieber Kollege, muss man den Aspekt Schulden unter der Verantwortung der rot-grünen Regierung überhaupt nicht erwähnen. Vielleicht können wir uns darauf verständigen, dass Sie schlichtweg auf eine Ziffer XY verweisen. Wir wissen dann, was Sie meinen. Dann sparen wir etwas Zeit ein.

Den Hinweis, dass an der Gebühr nicht verdient würde, kann man so allerdings nicht stehen lassen, kann man aber auch ganz sachlich aufgreifen. Beim Land entstehen doch Einnahmen, was völlig in Ordnung ist. Dass diese Einnahmen dazu dienen, Verwaltungsaufwand abzudecken, ist auch völlig in Ordnung. Ich glaube, den Sachverhalt meinten Sie auch.

Herr Kollege Kuschke, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Löhrmann?

Ja, gerne.

Herr Kuschke, Sie verfügen ja über eine vielfältige Fantasie. Haben Sie die Fantasie, sich vorzustellen, was passiert wäre, wenn Rot-Grün einen solchen Gesetzentwurf eingebracht hätte?

Frau Kollegin, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie diese Frage stellen, denn mir wäre diese Frage gar nicht eingefallen.

(Heiterkeit von der SPD)

Es wäre ein Aufschrei durch das Land gegangen, auf der gesamten Seite hier rechts von mir.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Gehen Sie Ihrer Fantasie nach! Beschreiben Sie es!)

Wir werden ja noch andere Gelegenheiten haben, um festzustellen, dass es Dinge gibt, für die unsere Fantasie nicht ausgereicht hat – um das auch gleich zu sagen.

Wir werden im Ausschuss aber auch sehr sachlich und konstruktiv ein paar Fragen stellen; daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Wir werden erstens fragen, ob es in der Tat dieser Regelung bedarf oder ob man hier nicht auch sagen könnte: Wir haben es mit einem besonderen Bereich zu tun, den wir gar nicht für regelungsbedürftig halten, auch nicht im Sinne einer Gebühr.

Ich habe mich gewundert, dass Sie das Stichwort Bürokratieabbau nicht angesprochen haben; das gehört ja auch zum Standardvokabular. Wir werden daher zweitens natürlich noch einmal fragen, ob es nicht eine andere Möglichkeit gibt, das vonstatten gehen zu lassen – auch wenn Sie es in der Begründung anders dargestellt haben –, etwa vor Ort in den Kommunen.

Wir werden drittens noch im Detail nachfragen – das geht aber wirklich schon ins Kleingedruckte hinein; Sie haben es in einem anderen Zusammenhang angesprochen, Frau Ministerin –, was die Frage der Sozialverträglichkeit anbelangt: Wie verhält es sich mit den ab 14-Jährigen, die ja religionsmündig sind, wenn dieser Schritt vollzogen wird?

(Ilka Keller [CDU]: Die hätten es dringend nötig, drin zu bleiben!)

Frau Keller, was soll ich zu einem solchen Zwischenruf sagen? Das Problem ist, dass ein solcher Zwischenruf diejenigen nicht davon überzeugen wird, drin zu bleiben. Da wird es ganz anderer Überredung bedürfen.

Wir werden auch einen vierten Punkt ansprechen. Sie haben ihn angesprochen, Frau Ministerin. Unser Gefühl ist aber, dass es bei den Kirchen dort nach wie vor Unsicherheit gibt – nämlich bei der Frage, ob sie damit rechnen müssen, dass es demnächst ein Wiedereintrittsgesetz oder auch eine entsprechende Gebühr gibt. Sie haben hier klar gemacht, dass daran nicht gedacht ist. Ich denke aber, dass es im weiteren Beratungsverlauf sinnvoll wäre, das noch einmal anzusprechen und dann in aller Deutlichkeit zu klären.

Ich mache also noch einmal das Angebot, dieses Vorhaben in den Ausschüssen in vernünftiger, sachlicher Form miteinander zu erörtern. Dann werden wir, denke ich, zu einem guten Ergebnis kommen.

Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung die Kirchen zu ihrer Haltung zu diesem Gesetz

entwurf befragt hat. In den Ausschussberatungen würde uns natürlich auch interessieren, wie sich die Kirchen geäußert haben und welche Positionen sie dort beziehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Dr. Vesper das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Müller-Piepenkötter, als ich diesen Gesetzentwurf las, habe ich mich gefragt: Wie kommt die Landesregierung eigentlich dazu, gewissermaßen zum 25. Jahrestag des Kirchenaustrittsgesetzes – es ist nämlich am 26. Mai 1981 in Kraft getreten – eine Kirchenaustrittsgebühr einzuführen? In der Tat ist es ja wie folgt: Wir kennen viele Vereine, in denen wir Mitglied sind. Bei diesen Vereinen zahlt man in der Regel eine Aufnahmegebühr und dann einen Beitrag. Wenn man sich irgendwann entschließt, auszutreten, zahlt man dafür keine Extragebühr. Das ist sozusagen mit den Beiträgen abgegolten, die man in all den Jahren geleistet hat.

In diesem Fall soll es also eine Austrittsgebühr geben. Ich habe mich gefragt: Stecken dahinter vielleicht verdeckte religiöse Motive? Will die Landesregierung, wie Frau Keller gerade angedeutet hat, vielleicht erreichen, dass die Zahl der Kirchenaustritte von knapp 60.000 pro Jahr zurückgeht? Ist vielleicht eine kleine abschreckende Wirkung gefällig? Möglicherweise ist das der Hintergrund.

Oder will die Landesregierung eventuell ein Bewusstsein dafür schaffen, wie teuer ein Mitarbeiter des Amtsgerichtes mittlerweile ist? Ich habe gestaunt: 30 € für 15 Minuten. Wenn man das einmal hochrechnet, sind es 120 € pro Stunde, die man erstatten müsste, wenn ein Amtsgerichtsmitarbeiter eine Stunde für einen tätig wäre. Das sind fast 5.000 € pro Woche und über 20.000 € im Monat. Aufs Jahr gerechnet, ergibt das ein stattliches Jahresgehalt von 240.000 €, meine Damen und Herren. Alle Achtung! Das ist mehr als ein Ministergehalt. Da wird also richtig – ich hätte beinahe gesagt: abgezockt – hoch gerechnet, wie man so schön sagt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Oder geht es schlicht und einfach darum, eine zusätzliche Einnahmequelle für die Staatsfinanzen zu eröffnen? Dagegen ist ja grundsätzlich nichts ein

zuwenden, auch wenn man mit 1,8 Millionen € schwerlich die Staatsfinanzen sanieren kann. Deswegen ist Herr Linssen auch gar nicht erst erschienen. Das fällt bei ihm wahrscheinlich unter „Peanuts“.

(Zuruf von der CDU)

Grundsätzlich habe ich als alter Regierungshase eine Menge Verständnis dafür, wenn der Staat für eine Dienstleistung, die er erledigt, kostendeckende Gebühren erhebt. Das mögen manche anders sehen. Aber ich habe nichts dagegen, wenn die Ausstellung eines Passes, einer Baugenehmigung oder einer sonstigen Urkunde etwas kostet.

(Zuruf von der CDU: Darum geht es!)

Ja, darum geht es. Im Fall der Kirchenaustrittsgebühr stellt sich aber doch die Frage: Wer muss die Gebühr eigentlich zahlen? Wer ist gewissermaßen zuständig? Ich habe doch große Zweifel, ob jemand, der als Säugling mit vollem Bewusstsein und voller Absicht per Taufe in die Kirche eingetreten ist – Sie merken die feine Ironie, Frau Müller-Piepenkötter –

(Beifall von den GRÜNEN)

und sich im Erwachsenenalter dann entscheidet, lieber doch nicht Mitglied der Kirche sein zu wollen, wirklich verpflichtet werden sollte, für den Austritt auch noch eine Gebühr zu zahlen. Eigentlich sollte er seinen Austritt doch gegenüber dem Verein …

Ich habe den Eindruck, dass Herr Kuschke eine Zwischenfrage stellen will. Er wedelt dauernd mit der Hand.

Er hat noch nicht gedrückt. – Jetzt erst liegt eine Meldung von Herrn Kuschke vor. Sie wollen diese Frage auch beantworten, wie ich dem Aufmerksam-Machen entnehme.

Natürlich.