Protocol of the Session on April 5, 2006

Ich darf Ihnen zunächst einmal eine Passage aus dem Gutachten von Allemeyer – so heißt er, glaube ich; das dürfte ein Parteifreund von Ihnen gewesen sein – frei zitieren, der seinerzeit versucht hat, nachzuweisen – mit sehr viel Krampf, wie ich finde –, warum ein solcher Flughafen wirtschaftlich funktionieren könne. Er hat dann das Seg

ment des Premium-low-cost-Fluges entwickelt, nachzulesen in den Gutachten. Nachdem seine eigenen Zahlen aus dem ersten Aufschlag nicht stimmten, alle nicht eingetroffen sind, unter anderem wegen des Golfkrieges und der Anschläge, aber nicht nur – das sagt er auch selber –, sondern auch deswegen, weil es mit Dortmund in unmittelbarer Nähe einen neuen Konkurrenten gibt, hat er das Einzugsgebiet neu berechnet. Jetzt geht das Einzugsgebiet des Flughafens Münster/Osnabrück bis weit nach Holland, für Premium-low-cost-Flüge in der Zukunft nach Dubai. – Sie müssen die Gutachten einmal lesen, auf die Sie sich beziehen!

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie müssten auch einmal sämtliche Studien zu diesem Thema lesen. Die Studie „Zukunft der Mobilität“ – Sie haben dem Landtag damals, glaube ich, schon angehört – enthält alle Zahlen. Schon damals stimmte es nicht mehr, dass pro 1 Million Fluggäste 1.000 Arbeitsplätze direkt am Standort entstehen, schon damals waren es 700. Inzwischen sind es deutlich unter 500. Schallaböck hat das nachgewiesen, andere haben es nachgewiesen. An den Regionalflughäfen liegt man deutlich unter 500. Darunter ist dann noch ein erheblicher Teil an Arbeitsplätzen aus der öffentlichen Verwaltung. Diese Arbeitsplätze generieren keine zusätzliche Wirtschaftskraft, sondern da subventioniert die öffentliche Hand versteckt über Personalkosten. Das ist Ihre Form der Wirtschaftsförderung, meine Damen und Herren.

Worum geht es heute? Im Kern geht es um zwei Punkte. Einen hat die SPD getroffen, und an einem Punkt unterscheiden wir uns maßgeblich.

Es geht zum einen darum – da haben Sie völlig Recht mit Ihrem Antrag –, dass es nicht mit Recht und Gesetz in Einklang zu bringen ist, wenn für eine Ausgleichsmaßnahme, die zwingend erforderlich und von keinem bezweifelt worden ist, die durch ein Planfestgestellungsgesetz nach Recht und Gesetz festgestellt worden ist, erforderliche Aufwendungen nicht vom Land abgegolten oder ersetzt werden können.

Meine Damen und Herren, Sie schaffen hier einen Präzedenzfall. Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie mit diesen Präzedenzfällen weiterarbeiten und damit durchkommen – in Klammern: ich glaube nicht, dass Sie damit auf lange Sicht durchkommen, da die EU es Ihnen kaputtmachen wird –, können Sie sich demnächst auch nicht mehr dagegen wehren, dass die Ruhrkohle vom Land Schadenersatzforderungen abgegolten haben will,

obwohl sie eigentlich dafür selber aufkommen müsste.

(Beifall von den GRÜNEN und Svenja Schulze [SPD])

Meine Damen und Herren, jeder wusste, dass der Flughafen eine Start- und Landebahnverlängerung in ein FFH-Gebiet hinein nur dann durchsetzen und ein langes und kostspieliges Verfahren mit wahrscheinlich ungewissem Ausgang vermeiden kann, wenn er die Ausgleichsmaßnahmen in seinen Planfeststellungsbeschluss hineinschreibt. Das hat er getan. Dass er sich dann gerne 11 Millionen € vom Land ausgleichen lässt, ist klar.

Übrigens: Während des Sommerlochs im letzten Jahr haben Herr Laumann und Herr Wittke in der Presse noch überall verkündet, dass es 20 Millionen seien. Sie sind inzwischen heruntergegangen und werden noch weiter heruntergehen. Wir werden sehen, was 2007 tatsächlich ausgegeben wird. Aber Fakt ist: Sie handeln nicht im Einklang mit Recht und Gesetz, und zwar aus streng ideologischen Gründen, Frau Brüning.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum zweiten Aspekt, dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit. Ist es wirklich richtig, was Sie immer wieder verkünden, dass an jeder Stelle, wo ein Flugplatz existiert, der wirtschaftliche Aufschwung quasi vor der Tür steht? – Nein, das ist falsch.

Herr Becker, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Sternberg?

Wenn es mir nicht auf meine Zeit angerechnet wird, gerne.

Selbstverständlich nicht.

Herr Becker, würden Sie es auch so sehen, dass die Ausweisung des Eltingmühlenbachs als FFHGebiet in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Planung des Flughafens stand?

Nein, das würde ich nicht so sehen. Ich kenne nämlich die frühere Ministerin, die streng nach Recht und Gesetz gehandelt hat.

(Lachen von der CDU – Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU]: Ah ja! Ah ja!)

Wenn es so wäre, meine Damen und Herren von der CDU, hätte Ihr Nachfolgeminister das jetzt

nicht wiederholt. Er hat nämlich ausweislich der Protokolle wieder festgestellt, dass hier ein FFHGebiet nach Recht und Gesetz vorliegt. Wenn er das nicht feststellen würde, müsste er es in der Tat bei der EU zurückziehen und sagen: Das war alles Blödsinn, das streichen wir wieder.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU])

Das tun Sie aber nicht. Es steht ausdrücklich im Haushalt – ausweislich der Erläuterungen –, dass Sie das nach wie vor aufrechterhalten. Es steht auch drin, dass es Ausgleichsmaßnahmen sind, für die der Flughafen und nicht das Land aufzukommen hat. Also: Sie sind die Ideologen, die Ideologen sitzen nicht bei den Grünen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie haben hoch und runter im Land Versprechungen gemacht, von denen Sie jetzt teilweise nicht herunterkommen. An Stellen, an denen es Ihnen ideologisch in den Kram passt, schmeißen Sie das Geld des Landes zum Fenster heraus – eigentlich gegen Recht und Gesetz.

Ich komme zurück zur Subventionsfrage. Da sind die Kolleginnen und Kollegen von der SPD nicht sauber, meine Damen und Herren. Das Grundproblem, das dahinter steht, ist ein Problem der Subventionen, und zwar quer durch NordrheinWestfalen bei allen Regionalflughäfen.

Dass das so ist – da haben Sie ihre eigenen Widersprüche, übrigens auch bis in die Reihen hier im Landtag hinein –, zeigt ein Beschluss des Kreises Steinfurt, der in Bezug auf die Finanzierung, als er auf SPD-Antrag RWE-Aktien verkauft hat, ausdrücklich Folgendes beschließen sollte und nach meinem Kenntnisstand auch beschlossen hat:

„Die Finanzierung erfolgt im Rahmen einer Kapitalerhöhung bei der FMO GmbH. Der Veräußerung von RWE-Aktien der Beteiligungsgesellschaft wird nur unter folgenden Bedingungen zugestimmt: Ein Landeszuschuss in Höhe von 20 Millionen € wird eingerechnet. Ein Drittel der Gesamtkosten soll über privates Kapital finanziert werden.“

Es ist auch logisch, dass dies dort beschlossenwurde, übrigens mit den Stimmen der Kollegin Veldhues hier aus dem Landtag. Es macht in ihrer Logik Sinn, weil dieser Ausbau nicht wirklich ohne Steuermittel zu finanzieren ist. In Dortmund wird er über die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler bei den Stromwerken finanziert, in Münster wird er teilweise letztlich auch so finanziert, im

Kreis Steinfurt wurde er – obwohl im HSK und auch die Kommunen im HSK – über die Veräußerung von RWE-Vermögen finanziert. Nirgendwo ist das wirtschaftlich.

Sie verfolgen eine wirtschaftspolitische Ideologie auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, auf Kosten der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler. Und da, meine Damen und Herren, sind Sie von der SPD nicht sauber. Deswegen haben wir unseren Entschließungsantrag dagegengesetzt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Grundproblem ist nicht nur eine Finanzierung von Ausgleichsmaßnahmen gegen Recht und Gesetz, sondern das permanente Hineinschieben von Geld in ein tiefes Subventionsloch bei allen Regionalflughäfen, bei allen Standorten hier in Nordrhein-Westfalen. Deswegen haben wir uns immer mit Ihnen darüber auseinander gesetzt.

Wir sind in dem Machtpoker meistens unterlegen; das gebe ich gerne zu. Aber ich betone noch einmal: An der Stelle argumentieren Sie nur zur Hälfte sauber und zur anderen Hälfte unsauber. Ich kann Sie deswegen nur aufrufen, in den nächsten Monaten bei den Beratungen über unseren Antrag zur Kleinstaaterei bei den Regionalflughäfen umzukehren, mit uns zu einem vernünftigen Konzept zu kommen und die Ideologen von CDU und FDP mit deren Wirtschaftspolitik alleine zu lassen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Becker. – Für die FDP spricht nun der Kollege Rasche.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Flughafen Münster/Osnabrück ist neben den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn einer der drei internationalen Flughäfen in Nordrhein-Westfalen.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Das stimmt auch nicht!)

Und er ist ein bedeutender Standortfaktor für das Münsterland. 2005 wurden über 1,5 Millionen Fluggäste in Münster abgefertigt – Tendenz: steigend.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Stimmt auch nicht! – Zuruf von Horst Becker [GRÜNE)

Wie andere Flughäfen ist auch der Flughafen Münster/Osnabrück eine Jobmaschine. Da wird Herr Sagel wieder rufen: Stimmt auch nicht! – Das

sagen Sie eigentlich immer. Herr Sagel, Sie brauchen nur ein Tonband anzustellen. Sie brauchen eigentlich gar nicht anwesend zu sein.

(Zuruf von Rüdiger Sagel und Sylvia Löhr- mann [GRÜNE])

Am Flughafenstandort sind etwa 1.600 Menschen beschäftigt.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Ihre Zahlen stim- men alle nicht!)

Insgesamt hängen etwa 3.000 Arbeitsplätze am Flughafen Münster/Osnabrück. Der Flughafen Münster/Osnabrück verfügt derzeit allerdings nur über eine Start- und Landebahn von 2.170 m Gesamtlänge. Damit können zwar alle Ziele in Europa angeflogen werden, für Starts zu Interkontflügen reicht die Bahn jedoch nicht aus. Dies ist für die Region ein schwer wiegender Nachteil im internationalen Standortwettbewerb. In der NRWLuftverkehrskonzeption 2010 ist deshalb als Handlungsoption vorgesehen, die Start- und Landebahn auf 3.600 m zu verlängern.

Bereits im Oktober 1994 hat der Flughafen den ersten Antrag zur Verlängerung der Start- und Landebahn gestellt. Dank der Grünen-Umweltministerin Höhn, die das Verfahren, wo immer es möglich war, blockiert und verzögert hat, dauerte es insgesamt zehn Jahre, bis der Planfeststellungsbeschluss erlassen wurde – etwa doppelt so lange, wie normalerweise zu veranschlagen gewesen wäre.

Unterzeichnet wurde – das sagte eben schon Frau Brüning – der Planfeststellungsbeschluss damals von Herrn Horstmann. Insofern verwundert es sehr, dass er heute von der Landesregierung erwartet, dass der Planfeststellungsbeschluss geändert wird. Eigentlich sollte gerade er wissen, dass ein rechtskräftiger Planfeststellungsbeschluss nicht geändert werden kann.

Auch die in dem Antrag erwähnte Rücknahme der Meldung des Eltingmühlenbachs als FFH-Gebiet ist praktisch unmöglich. Verantwortlich für diese Meldung – das ist klar – waren damals die SPD und die Grünen. Da die SPD seinerzeit nicht in der Lage war, die FFH-Meldung zu verhindern, darf sie sich jetzt nicht darüber beschweren, dass die neue Koalition die Mehraufwendungen für die weltweit einmalige gläserne Start- und Landebahn zumindest teilweise übernimmt.

Die Absicht der Landesregierung, mit einem Zuschuss aus dem Landeshaushalt einen Anteil an den ökologischen Maßnahmen zu übernehmen, wird übrigens voll und ganz durch die NRW

Luftverkehrskonzeption 2010 gedeckt. Dort heißt es: