Zum Formalen: Wir können noch lange darüber reden, aber die Koalition ist seit dem 22. Mai nicht mehr existent; es gibt sie nicht mehr. In der Opposition gibt es keine Koalition. Insofern sind wir berechtigt und in der Lage, eigenständig Gesetzentwürfe einzubringen. Wir müssen uns nicht an Entscheidungen orientieren – Enthaltung im Bundesrat –, die zu Zeiten der Koalition getroffen worden sind. Uns das vorzuhalten, ist widersinnig.
Zum Entstehen dieses Gesetzentwurfs: Natürlich enthält der Gesetzentwurf auch rechtliche Regelungen, die in anderen Bundesländern so gestaltet sind. Aber dieser Gesetzentwurf ist abgestimmt mit den Verbänden, mit den Expertinnen und Experten, die sich im Tierschutz in Nordrhein-Westfalen auskennen, und insofern angeglichen an die Regelungen, die in Nordrhein-Westfalen anzutreffen sind.
Was ist im Moment das eigentliche Problem im Tierschutz? Wir reden nicht allgemein über Tierschutz, sonst hätte der Antrag viel länger ausfallen müssen; das war heute nicht unser Ansinnen. Wir erkennen vielmehr, dass die Gesetzgebung im Tierschutz sowohl in der Landesverfassung als auch im Grundgesetz in bestimmten Bereichen
zahnlos ist. Immer dann, wenn zu Konflikten kommt, ist das Instrument, um dieses hehre Ziel zu erreichen, zahnlos. Es muss doch der politische Wille all derjenigen sein, die seinerzeit wollten, dass der Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen wird, auch für die Zähne zu sorgen, um dieses Ziel zu erreichen. Alle Expertinnen und Experten sind der Meinung, dass dies durch ein Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht möglich ist. Das schlagen wir Ihnen heute vor.
Herr Pick, ich würde darum bitten, auch wenn Sie dieses Ansinnen grundsätzlich ablehnen – das können Sie ja tun –, unseren Gesetzentwurf trotzdem zu lesen. Wir haben nicht aufgenommen, dass die Klage- und Mitwirkungsmöglichkeiten so breit sind, wie Sie es dargestellt haben. Wir haben sie vielmehr eingeschränkt auf Verordnungen und Gesetze, die in der Landeskompetenz liegen.
Wir haben auch sehr deutlich gemacht, dass es natürlich wie bei den Naturschutzverbänden eine Anerkennung der berechtigten Vereine durch das Umweltministerium geben muss, also einen eingeschränkten und vertrauenswürdigen Personenkreis und insofern Äquivalente zum im Naturschutz bestehenden Verbandsklagerecht.
Auch hier sei mir noch eine Bemerkung gestattet. Der Bericht des Umweltministeriums, den Sie zu den Erfahrungen abgegeben haben, macht sehr deutlich, dass es nicht zu einer Verfahrensverzögerung gekommen ist, sondern eher zu einer Verfahrensbeschleunigung, weil nämlich klar ist, dass es Rechtspositionen gibt, die eventuell eingenommen werden können. Das führt dazu, dass die Verfahrensbeteiligten sich schneller einigen als vorher und es eben keine langwierigen Verfahren gibt.
Das macht mich sehr hoffnungsvoll und hat uns dazu angeleitet, hier einen solchen Gesetzentwurf einzubringen …
(Johannes Remmel [GRÜNE]: Jetzt muss ich erst an meinen Platz gehen, damit es Ap- plaus bei den Grünen gibt!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratungen. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und schließe deswegen die Beratungen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/1432 an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung folgen? – Das sind alle, die noch hier sind. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Beides ist nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung angenommen.
8 Verbraucher- und Verbraucherinnenrechte stärken – ein starkes Verbraucherinformationsgesetz verabschieden!
Ich eröffne die Beratung. – Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Johannes Remmel das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir Leid; offensichtlich war aber nun wirklich meine Fraktion sehr aktiv, Anträge zu stellen. Deshalb müssen Sie mich heute Nachmittag in so schneller Folge ertragen. Ich verspreche aber, dass es für heute jetzt das letzte Mal ist. Wir sind ja auch noch ganz früh in der Zeit.
Sie sind zurzeit dabei, Anträge zu schreiben. Wir haben in zwei Wochen ja wieder Plenum und wollen auch dann noch etwas zu tun haben; denn die Regierungsfraktionen sind derzeit offensichtlich nicht in der Lage, entsprechende Anträge zu verfassen. Vielleicht kommt das ja noch, dass sie auch Anträge schreiben.
(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Wir sind zu be- schäftigt mit Ihren Anträgen, Herr Remmel! Daher kommen wir zu nichts anderem!)
Okay. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte am Anfang Herrn Uhlenberg zitieren, der in der Ausschusssitzung am 13. Dezember
„Wir haben es hier mit einer Rechtslage zu tun, die der gesunde Menschenverstand nicht unmittelbar einsichtig findet – das gebe ich gerne zu –, die gerade in der aktuellen Situation, in der wir es zum Teil mit erheblicher krimineller Energie zu tun haben, unerfreulich ist und die nicht nur überdacht, sondern sicherlich auch geändert werden muss.“
Wer Markt will, muss auch die notwendigen Voraussetzungen für sein Funktionieren schaffen. Notwendige Voraussetzungen sind gut informierte Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein starkes Verbraucherinformationsgesetz behandelt Verbraucherinnen und Verbraucher deshalb als Ebenbürtige zu Händlern und Unternehmern, nicht als schutzwürdige Objekte. Objekte sind ausgeliefert und passiv. In einem funktionierenden Markt und auf gleicher Augenhöhe sind Nachfragerinnen und Nachfrager aktiv und bestimmen das Angebot.
Das von Bundesminister Seehofer vorgestellte Verbraucherinformationsgesetz nimmt die Unternehmen allerdings nach wie vor nicht in die Pflicht. Eine präventive Wirkung wird durch dieses Gesetz nicht entfaltet.
Informierte Verbraucher wissen nicht nur um ihre Möglichkeiten in Bezug auf Preise von Produkten, sondern müssen auch über Qualität informiert sein. Ein transparentes System schafft also Wettbewerb: Wettbewerb um eine bessere Qualität.
Dies ist auch die Chance, gerade im Lebensmittelsektor endlich zu einer Qualitätsdebatte zu kommen, damit der König Kunde sein Land nicht ruiniert, weil er eben nicht informiert ist. NichtWissen führt angesichts immer neuer Skandale leicht zum Nicht-Kaufen. Fehlende Information ist also ein Hemmnis für den Konsum. Nur Kundinnen und Kunden, die zufrieden sind und die gut informiert sind, sichern wirtschaftlichen Erfolg.
Verbraucherinnen und Verbraucher treffen täglich eine Vielzahl von Konsumentscheidungen. Immer mehr möchten sich dabei nicht nur an Qualität und Preis, sondern auch an ökologischen und sozialen Kriterien ausrichten. Dazu fehlen die Informationen.
nichts wieder. Ein pauschaler Rückzug auf vermeintliche Betriebs- und Geschäftsereignisse konterkariert den Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach Auskunft.
Die Definition für relevante Informationen kann nicht eingegrenzt und der entsprechenden Unternehmensgröße angepasst werden, sondern muss allgemein und breit sein. Diesem Anliegen wird der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung erarbeitet hat und der jetzt durch die Fraktionen eingebracht werden soll, nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, die Zeit der Schönrederei im Bereich der Verbraucherinformation muss endlich vorbei sein. Herr Uhlenberg muss sich aufmachen, um mit Herrn Seehofer zu reden und das, was er seinerzeit angekündigt hat, tatsächlich auch in einem Bundesgesetz umzusetzen.
Das jetzige Gesetz allerdings ist eine Mogelpackung und bleibt als Waffe, die notwendig ist, rostig und stumpf. Hier wird verbraucherpolitische Alibipolitik unter dem Deckmantel wohlklingender Überschriften getroffen. Die Ermessensspielräume für Behörden sind viel zu groß. Die Behördeninformation bei wirtschaftlicher Täuschung fehlt. Auch die Unternehmen werden nicht in die Pflicht genommen. Jedenfalls ist das, was wir jetzt vorliegen haben, so zu interpretieren. Welche Antworten bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher bei Nicht-Lebensmitteln und bei Dienstleistungen? – Nach dem derzeitigen Gesetzentwurf keine.
Herr Minister Uhlenberg, übernehmen Sie! Lassen Sie Ihren Worten aus dem Dezember Taten folgen. Der Seehofer-Entwurf jedenfalls wird dem nicht gerecht. – Vielen Dank.
(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Es ist keiner mehr da, der Ihnen noch applaudieren könn- te, Herr Remmel! – Klaus Kaiser [CDU]: Die schreiben Anträge! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Ja, die schreiben Anträge!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Remmel, wir machen keine Schönrederei. Wenn Sie am 7. März die Pressemitteilung zur Kenntnis genommen hätten, dann wüssten Sie, dass die Verbraucherschutzminister
Hören Sie erst einmal zu! – Auch wenn Sie richtigerweise feststellen, dass offiziell noch kein Gesetzentwurf vorliegt – hier gebe ich Ihnen vollkommen Recht –, so hat jedoch Horst Seehofer bereits in einem Gespräch mit den Verbraucherschutzministern der Länder ein Verbraucherinformationsgesetz vorgestellt. Die Länder begrüßen einhellig den Gesetzentwurf als einen wichtigen Beitrag für eine verbesserte Verbraucherinformation und Markttransparenz und möchten keinen Schnellschuss produzieren.
In Ihrem Antrag, Herr Remmel, wird eine breit gefächerte Normenpalette zitiert, nämlich aus Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, Unweltinformationsgesetz und Informationsfreiheitsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, aus der sich die derzeitigen Rechte der Verbraucher auf Information ableiten lassen.
Ich möchte gar nicht auf EU-Rechte eingehen, Herr Remmel. Für einen effektiven Verbraucherschutz, der bundesweit einheitlich gestaltet werden muss, kann auch nur eine einheitliche Regelung getroffen werden, die dem Verbraucher sowohl aktives als auch passives Verbraucherinformationsrecht gewährt.
Bei den derzeit stattfindenden Beratungen des Gesetzentwurfs zum Verbraucherinformationsgesetz ist jedoch Dank der Einwirkung unseres Umweltministers Eckhard Uhlenberg eine bundesweite Anpassung an das Informationsfreiheitsgesetz NRW geschaffen worden. Der Gesetzentwurf zum Verbraucherinformationsgesetz sieht zudem eine Stärkung der Rechte durch Änderung bestehender gesetzlicher Regelungen vor.
Durch eine Modifizierung von Teilen des § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches wird das Recht auf aktive Verbraucherinformation erheblich ausgeweitet. Ich möchte Ihnen nun einige Beispiele aus dem geänderten § 40 des LFGB vortragen.
Angedacht ist eine Erweiterung der Befugnisse der Behörden, von sich aus die Öffentlichkeit zu informieren. So soll die Öffentlichkeit über verbraucherrelevante Sachverhalte unter Nennung des Herstellers und des Produktes informiert werden, und zwar nicht nur bei Gesundheitsgefahren, sondern