Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass es in Nordrhein-Westfalen viele dieser Hidden Champions gibt, und diese Hidden Champions brauchen wir. Wir brauchen nicht nur Einzelunternehmen, die wir fördern und denen wir Ansporn geben, sondern wir brauchen Innovationen und eine Aufbruchstimmung in der Breite. Und den Auftakt zu genau dieser Aufbruchstimmung, die sich nicht darauf beschränkt, Broschüren zu drucken, sondern die Unternehmen mitnimmt, haben wir heute Morgen hier erlebt. Vielen Dank, Minister Pinkwart.
Innovationen zu fördern und zu stärken ist nicht erst seit heute unser Anliegen. Wir haben als CDU-Fraktion – der damalige Fraktionsvorsitzende und sein parlamentarischer Geschäftsführer – in der letzten Legislaturperiode, am 15. November vorigen Jahres, eine Studie des Fraunhofer Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung, Karlsruhe, vorgestellt. Dieses Institut hat einen sehr guten Namen hinsichtlich der Berichterstattung über Innovationsfähigkeit in Deutschland und darüber hinaus. Es arbeitet federführend an dem Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands mit, und auch die alte Landesregierung griff auf dieses Institut zurück.
Wir wollten nicht nur wissen, wo die Schwächen liegen, sondern auch erfahren, wo die Stärken in diesem Land sind, die es natürlich auf der Basis einer Schwächeanalyse zu entfalten gilt. Wir wollten uns auf die Regierungsverantwortung, die wir im Mai übernommen haben, vorbereiten. Das, Frau Kraft, was wir in der Zeit der Opposition angelegt haben, zahlt sich jetzt aus und trägt reiche Früchte. Darauf sind wir ein Stück weit stolz.
Ergebnisse dieser Studie des ISI waren unter anderem: Bei den wachstumsstarken Spitzentechnologien liegt Nordrhein-Westfalen hinten. Alte Industriestrukturen werden überdurchschnittlich gefördert. Wissensintensive Dienstleistungen liegen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die Abiturientenquote ist hoch, die Akademikerquote jedoch nur unterdurchschnittlich. Die Erwerbsquote ist niedriger als im Bundesdurchschnitt. Es fehlt eine Schwerpunktsetzung bei der Förderpolitik der
Landesregierung. – Diese Befunde sind vergleichbar mit dem, was das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung jetzt dankenswerterweise für Nordrhein-Westfalen erhoben hat.
Frau Kraft, wir hätten uns sehr gewünscht, wenn es in der letzten Legislaturperiode eine Regierungserklärung der alten Landesregierung zum Thema „Aufbruch in Nordrhein-Westfalen“ und „Innovationspolitik“ gegeben hätte. Die haben wir vermisst, das hat nicht stattgefunden.
Sie hatten dazu nicht die Kraft – weder im wörtlichen noch im bildlichen Sinne. Stattdessen haben Sie bis zuletzt Wortgeklingel betrieben. Ich lese Ihnen vor aus Ihrer Pressemitteilung vom 9. Mai letzten Jahres:
„Nordrhein-Westfalen bewegt sich mit einem unverwechselbaren Profil im Trend weltweiter und europäischer Ziele. Aber wir setzen darin klare eigene Akzente. Wir haben weltweit beachtete Spitzenleistungen in der Forschung aufzuweisen.“
Der letzte Satz stimmt. Alles vorher können Sie vergessen. Alles vorher zeigt sich in den Studien des RWI und des ISI. Das zeigt sich im Ranking. Das zeigt sich jetzt im Exzellenzwettbewerb. Sie haben nicht den Mut gehabt, auf die Realität zu gucken und die Realität tatsächlich zu verändern. Dazu hat Ihnen der Mut gefehlt.
Stattdessen haben Sie sich mit 55 Programmen zur Förderung von Wissenschaft und Wirtschaft eingelassen. Sie haben über zwölf Schwerpunkte allenthalben querbeet gesät. Wer zwölf Schwerpunkte setzt, der hat kein eigenes Profil.
So sind die Wissenschaftspolitik, die Wirtschaftspolitik und die Innovationspolitik in den letzten Legislaturperioden abgelaufen. Damit ist jetzt Schluss. Das hat die Regierungserklärung heute Morgen gezeigt. Wir fangen neu an. Wir brechen auf. Und wir haben gute Chancen, das jetzt zu tun.
Es ist doch gar nicht so, dass in NordrheinWestfalen – das ist aufgezeigt worden – die Potenziale nicht vorhanden wären, kraftvoll nach vorne zu gehen, die Aufholjagd aufzunehmen und 2015 tatsächlich Innovationsland Nummer eins in Deutschland zu werden. Die Chancen sind da.
Wir können doch anknüpfen an eine wunderbare Tradition aus den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten. Wir waren doch immer stark bei
spielsweise in der Pharmazie. Wir waren doch unglaublich stark in der Chemie. Wir waren doch unglaublich stark auf so wichtigen Schlüsselfeldern wie der Montanindustrie. Heute noch sind wir unglaublich stark im Bereich innovativer Produkte beim Stahl – um das mittelbar auch auf mich selbst zu beziehen.
Aus der ISI-Studie habe ich gelernt, dass sich darüber hinaus wunderbare Cluster in NordrheinWestfalen entwickelt haben, auf die wir aufstützen können, wo wir Zukunft gewinnen können, wo wir unseren Beitrag leisten können, damit wir in zehn und 20 Jahren noch über Wohlstand und soziale Sicherheit verfügen, hier die Dienstleistungen erbringen und die Produkte entwickeln können, die am Weltmarkt bestehen, beispielsweise in der Nachrichtentechnik.
Wir haben hervorragende Netzwerker hier in Nordrhein-Westfalen. Wir haben hervorragende Techniker in Nordrhein-Westfalen. Wir haben hervorragendes Potenzial bei den Inhalten, bei den Contents. Das kann man doch alles sinnhaft miteinander verschränken. Da kann man doch ein Klima des Aufbruchs schaffen, in dem wir die Stärken unseres Landes, die zweifelsfrei vorhanden sind, entfalten können.
Wir bringen auch auf den Weg – auch das hat Minister Pinkwart deutlich gemacht, und Sie wissen es – ein Hochschulfreiheitsgesetz. Was Hochschulfreiheitsgesetz, verehrte Frau Kollegin Kraft, bedeutet, erklärt sich an einem ganz schlichten Ereignis. Mir gegenüber hat der Kanzler einer Universität einmal beklagt, wenn seine Universität einmal einen erlassfreien Tag erlebe, dann knallten dort die Sektkorken.
Sie haben es geschafft, allein im Jahr 2001 1.340 Erlasse auf die Hochschulen herabregnen zu lassen. Das nannten Sie Forschungspolitik. Das nannten Sie Wissenschaftspolitik. Ich nenne das krude Bürokratie. Und genau da liegt der Grund für unser mittelmäßiges Abschneiden in Rankings, ob national oder international.
Innovation braucht Freiheit. Auch hier, Frau Kraft, haben wir uns als Opposition vorbereitet. Wir haben einen fertigen Gesetzentwurf in der Schublade gehabt, als wir hier als Mehrheit im nordrheinwestfälischen Landtag antraten. Minister Pinkwart gibt dem und den Grundlagen, die wir da erarbeitet haben, seine eigene Handschrift.
Das, was von Ihnen die ganze Zeit kommt, ist nichts anderes als der vergebliche Versuch, an Dingen festzuhalten, die Sie irgendwann einmal auf den Weg gebracht haben, die keinen Erfolg hatten und die auch der Grund dafür gewesen sind, dass Sie abgewählt worden sind. Sie sind rückwärts und in keiner Weise vorwärts gewandt.
Wir packen eine Schulreform an, die diesen Namen wirklich verdient. Das beschreibt die ganze – in Anführungszeichen – „Wertschöpfungskette“ vom Kindesalter bis in die Wirtschaft über die Universitäten und die Fachhochschulen, was Forschung und Innovationen angeht.
Sie werden dieses Land verändern in einem Sinne, der der Zukunft zugewandt ist. Ihnen fällt nichts anderes ein, als dagegen zu opponieren und den Status quo aufrechterhalten zu wollen. Ich sage noch einmal: Deswegen sind Sie abgewählt worden.
Wissen Sie, das Wort „dynamischer Unternehmer“ stammt aus der Sprache der Ökonomie, und zwar von Joseph A. Schumpeter, einem der großen Ökonomen des letzten Jahrhunderts. Er hat das Thema Innovation übrigens überhaupt erst in der Wissenschaft breit fundiert, nämlich mit dem Dreiklang, den vielleicht der eine oder andere von Ihnen auch kennen mag: Invention, Innovation, Imitation. Das ist genau der Rhythmus, der allenthalben bei Innovationen zu vermerken ist.
Ich habe gemeinsam mit der Landesregierung und den Regierungsfraktionen schlicht den Wunsch, wieder bei den Erfindern ganz vorne mitzuspielen, kraftvolle Innovationen zu leisten und uns den Vorsprung zu erarbeiten, damit Imitatoren lange hinter uns herlaufen müssen und wir die Wertschöpfung am Markt erzielen können, die wir für Nordrhein-Westfalen brauchen.
Wenn ich „dynamische Unternehmer“ sage, dann muss es in Zukunft in viel höherem Maße auch dynamische Arbeitnehmer geben. Es ist ja kein Privileg von Unternehmern oder Managern, dynamisch zu sein. Wir brauchen auch an den Schulen einen Geist, der vermittelt: Wir wollen Aufbruch. Wir stellen uns dem Prozess – auch das ist Joseph A. Schumpeter – der „schöpferischen Zerstörung“, um Neues zu schaffen. Das ist ein Prozess, der weltweit unterwegs ist und der uns in den weltweiten Wettbewerb stellt. Da müssen wir einsteigen. Da müssen wir von Schule bis Hochschule die Weichen neu stellen. Und das tun wir.
Wir reden heute Morgen über das Thema Innovation, das für Nordrhein-Westfalen Schlüsselbedeutung hat. Heute Morgen wurden die Arbeitsmarktzahlen bekannt, die uns testieren, dass wir in Nordrhein-Westfalen erneut über 1 Million Menschen haben, die arbeitslos sind, genau 1.083 Millionen Menschen.
Klar ist: Wir müssen in unserem Bundesland Produkte und Dienstleistungen erarbeiten, die so viel besser sind, wie sie teurer sein müssen. Das heißt: Wir müssen heute die Weichen stellen für Produkte und Dienstleistungen, die in zehn, fünfzehn Jahren am Weltmarkt Chancen haben, Gewinne zu erzielen, abgenommen zu werden und uns Wohlstand zu sichern. Innovation ist die Versicherung gegen soziale Risiken und sozialen Abstieg.
Wir wollen als neue Landtagsmehrheit und neue Landesregierung, dass das Potenzial unseres schönen Bundeslandes durch die Menschen, die arbeiten und vorwärts kommen und die Probleme der Vergangenheit endgültig überwinden wollen, entfaltet werden kann. Dahin wollen wir die Menschen mitnehmen, einen Aufbruch vermitteln, der unserem Land Not tut. Dazu, Herr Minister Pinkwart, haben Sie heute Morgen die Plattform gelegt. Im Namen meiner Fraktion sage ich Ihnen dafür ein Dankeschön. Wir werden Sie darin Wort für Wort und Satz für Satz unterstützen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stahl, Schwung in die Bude bringen und Innovationen freisetzen – das passt genau in die schwarz-gelbe Regierungslyrik, die wir eben schon von Herrn Pinkwart vermittelt
bekamen. Stärken stärken, Profile schärfen und Exzellenzen fördern, Freiräume schaffen, die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft stärken, Denkverbote abbauen, Kräfte bündeln, Wettbewerb fördern und innovative Zukunftsfelder erschließen.
Wer möchte solche abstrakten Ziele für ein besseres Innovationsklima in Nordrhein-Westfalen nicht gerne unterstützen, wären das nicht einfach bloß Sprechblasen!
Dagegen war die Regierungserklärung noch wesentlich inhaltsreicher. Kreativität freisetzen und Kräfte bündeln heißt in der praktischen Alltagspolitik für die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen im Übrigen: Wir sparen tüchtig und bauen soziale Standards ab! – Deshalb fallen Studierende und Lehrende, Forscherinnen und Forscher an den Wissenschaftseinrichtungen auf eine solche Beschönigungsrhetorik schon lange nicht mehr herein.
Das haben die Reaktionen auf Ihre konkreten hochschulpolitischen Vorschläge vor kurzem sehr deutlich gemacht. Herr Pinkwart, die beiden jüngsten Initiativen, die Sie in kurzer Zeit auf den Weg gebracht haben, strahlen genau diesen Geist aus. Im Hauruckverfahren haben Sie uns zwei gleichermaßen wohlklingende wie neoliberale Gesetzesinitiativen auf den Tisch gelegt, nämlich das sogenannte Hochschulfinanzierungsgerechtigkeitsgesetz und die Eckpunkte für ein Hochschulfreiheitsgesetz.