Meine Damen und Herren, auf der Grundlage der vom Landtag beschlossenen Luftverkehrskonzeption für Nordrhein-Westfalen obliegt die luftverkehrstechnische Erschließung des westfälischen Landesteils neben dem internationalen Verkehrsflughafen Münster/Osnabrück dem Regionalflughafen Paderborn/Lippstadt. Dabei kommt dem Flughafen in Paderborn als einzigem regionalen Verkehrsflughafen in Ostwestfalen-Lippe eine zentrale Rolle als Station für den regionalen Linienverkehr, für den Flugtouristikverkehr sowie als regionaler Schwerpunkt für den Geschäftsreiseverkehr im östlichen Landesteil Westfalens zu.
Der Flughafen Paderborn/Lippstadt nimmt die ihm zugewiesene Rolle für die luftverkehrliche Erschließung der Region Ostwestfalen-Lippe nachweisbar unter anderem durch ein in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegenes Passagieraufkommen in hervorragender Weise wahr, das zeitweise die zweithöchsten Wachstumsraten
Trotz der Ereignisse des verheerenden Terroranschlags in New York hat sich das Fluggastaufkommen in den Jahren 2001, 2002 und 2003 – damals gab es einen Einbruch der Passagierzahlen – bei 1,3 Millionen Passagieren deutlich stabilisiert. Die Flughafen GmbH rechnet in den nächsten Jahren mit einer Steigerung der Passagierzahlen um jährlich 1,5 %.
Mit dem starken Wachstum der Passagierzahlen gingen in den vergangenen Jahren kontinuierliche Investitionen erheblichen Umfangs in die infrastrukturelle Anpassung des Flughafens Paderborn/Lippstadt einher. So stellt sich der Flughafen seit 1998 mit einem Investitionspaket von gut 40 Millionen € für den Zeitraum bis 2008 auf die künftigen Anforderungen und Herausforderungen ein.
Herr Rasche hat es eben angesprochen: Allein die Flughafen GmbH beschäftigt heute ca. 400 Menschen. Insgesamt sind derzeit am Flughafen Paderborn/Lippstadt über tausend Personen tätig. Der Kerneinzugsbereich umfasst das östliche Ruhrgebiet, Ostwestfalen-Lippe, das südliche Niedersachsen, Nordhessen und das westliche Thüringen. Bis zu 25 % der Passagiere kommen bereits heute aus der Region Nordhessen.
Mit dem beabsichtigten Ausbau des nur ca. 60 km östlich vom Flughafen Paderborn gelegenen Verkehrslandeplatzes Kassel-Calden zum Flughafen findet eine hochgradige Überlappung der jeweiligen Einzugsbereiche beider Flugplätze in Verbindung mit einer Ausrichtung auf identische Bedienungssparten statt.
In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage der verkehrlichen Bedarfslage des geplanten Neubaus des Flughafens in Kassel. In dem von der Bezirksregierung Kassel durchgeführten Raumordnungsverfahren zum Ausbau des Flughafens wurde festgestellt, dass der luftverkehrliche Bedienungsbedarf für den nordhessischen Raum aktuell und in großem Umfang durch die bestehenden Flughäfen Frankfurt, Hannover, Erfurt und natürlich in besonderem Maße durch Paderborn gedeckt wird. Eine Antwort auf den tatsächlichen Bedarf von Kassel-Calden wurde in diesem Zusammenhang nicht erbracht.
Darüber hinaus wurde und wird der Beweis der Tragfähigkeit des in großen Teilen gemeinsamen Einzugsbereichs der beiden Flughäfen bezüglich einer zukünftigen positiven ökonomischen Entwicklung beider Flughäfen – das betone ich an dieser Stelle ausdrücklich – nicht erbracht. Das
Fluggastpotenzial für Kassel ist fehlerhaft ermittelt worden. Dadurch steht die Bedarfs- und Wirtschaftlichkeitsprognose ohne belastbare Datenbasis da.
In beiden Einzugsbereichen werden langfristig weit weniger Menschen als bisher wohnen. Prognostiziert wird für den Zeitraum 2005 bis 2020 ein Einwohnerrückgang für die Region Kassel-Nordhessen von 4,6 %, während für OstwestfalenLippe eine leichte Steigerung von 0,9 % erwartet wird. Für den Zeitraum bis 2050 wird langfristig für den Regierungsbezirk Kassel ein Einwohnerrückgang von 19 % prognostiziert.
Ein von der Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH in Auftrag gegebenes aktuelles Gutachten über die Auswirkungen des Neubaus des Flughafens Kassel auf die Verkehrs- und Arbeitsplatzentwicklung des Flughafens Paderborn von August 2005 zeigt auf, dass die Aussagen der sogenannten Bedarfsprognose, die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens abgegeben wurde, nachweislich nicht korrekt sind. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das Wachstum des Flughafens Paderborn im Jahre 2015 um rund 362.000 Passagiere pro Jahr zugunsten des Flughafens Kassel geringer ausfallen würde, als das ohne den Neubau in Kassel möglich wäre.
Die Analyse zeigt auch deutlich, dass der Flughafen Kassel ca. 66 % des prognostizierten Aufkommens aus dem Aufkommensbereich des Flughafens Paderborn gewinnen muss, um die für das Jahr 2015 prognostizierten 561.000 Passagiere pro Jahr zu erreichen. Dies wird in Paderborn zu deutlich niedrigeren Wachstums- und zu einem Verlust von Passagierzahlen führen. Meine Damen und Herren, deshalb ist es sicher für den Flughafen Kassel überlebenswichtig, Fahrgastzahlen von Paderborn abzuziehen, um überhaupt sein Ziel zu erreichen.
Ich bin davon überzeugt, dass das von der Bezirksregierung Kassel durchgeführte Raumordnungsverfahren den notwendigen Nachweis einer Vereinbarkeit des Vorhabens mit den einschlägigen Zielen der Raumordnung und der Landesplanung nicht erbracht hat.
Meine Damen und Herren, es gibt schon heute eine gute Verkehrsanbindung zum Flughafen Paderborn. Aber gemeinsam mit der hessischen Landesregierung kann sie natürlich in den nächsten Jahren kontinuierlich verbessert werden. Wir sagen in unserem Antrag dazu ausdrücklich ein klares Ja.
Kassel entspreche ebenso den Zielsetzungen des Flughafenkonzepts der Bundesregierung, das sie im Jahre 2000 vorgelegt hat, überzeugt ebenfalls nicht, da bisher nur ein Entwurf vorliegt, der die Behandlung der Thematik einer Vermeidung von konkurrenzierenden Planungen ausdrücklich ausspart. Das Konzept ist schon deshalb nicht zielführend, da neben Kassel auch Paderborn in die sogenannte Dringlichkeitsstufe eingeordnet wurde.
Nach dem Luftverkehrsgesetz ist vor der Verteilung von Genehmigungen, hier für Kassel, zu prüfen, ob die geplante Maßnahme den Erfordernissen der Raumordnung entspricht. Ein neuer Verkehrsflughafen muss sich dabei nach allgemeiner Rechtsauffassung unter anderem auch sinnvoll in das Netz vorhandener Flughäfen und anderer Flughäfen einordnen. Es muss insbesondere ein Bedarf, eine Notwendigkeit für das Projekt bestehen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit eine Konkurrenz zwischen den geplanten und dem bereits vorhandenen Flughafen Paderborn entstehen kann.
Die Unterschiedlichkeit des Vorhabens und die weitere Entwicklung auf dem Flughafen Paderborn wird durch das durchgeführte Raumordnungsverfahren der Bezirksregierung in Kassel nicht nachgewiesen. Ich füge an dieser Stelle hinzu: Auch zukünftig wird ein solcher Nachweis sicherlich nicht gelingen. Deshalb ist ein luftverkehrstechnischer Bedarf für den geplanten Flughafen in Kassel nicht erkennbar und auch nicht gegeben.
Wir halten die von unserem Ministerpräsidenten begonnenen Gespräche für ermutigend und bitten ihn ausdrücklich, sie auf der Grundlage des vorliegenden Entwurfes weiter zu führen. Wir sind sehr für enge Kooperation mit dem nordhessischen Raum. Der Ausbau des Flughafens KasselCalden macht beide Regionen zu Verlierern. Dies wollen wir nicht. Das müssen wir verhindern. Das ist unser Ansatzpunkt für den vorliegenden Antrag. Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen: Wettbewerb ist das Kernelement der sozialen Marktwirtschaft. Die FDP als Partei der sozialen Marktwirtschaft setzt auf Wettbewerb in allen
Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass sich der zweite verkehrspolitische Antrag der Regierungsfraktionen allmählich inhaltlichen Positionen annähert. Bei all der Freude bin ich dennoch über den von den Regierungsfraktionen vorgelegten Antrag sehr erstaunt. Denn nachdem wir uns hier in Nordrhein-Westfalen vonseiten der FDP nun jahrelang Slogans angehört haben wie „NRW braucht Tempo“, „das neue NRW“, so tituliert plötzlich der von der FDP mitgetragene und höchstwahrscheinlich initiierte Antrag mit den Schlagworten „Verdrängungswettbewerb stoppen“.
Da stellt sich die Frage, wie es bei dieser jungen Regierungspartei zu einem solchen Paradigmenwechsel kommt. Man fühlt sich fast an die Diskussion um den Staatsmonopolkapitalismus aus Juso-Zeiten erinnert.
Wie dem auch sei: Die hessische Landesregierung ist fest entschlossen, einen nagelneuen Flughafen in Kassel-Calden in Betrieb zu nehmen. Damit bekommt der Luftverkehr in Deutschland einen neuen Mitbewerber. Und auf einmal bekommt die FDP kalte Füße.
Die bisher von allen Fraktionen mitgetragene Luftverkehrskonzeption NRW 2010 beinhaltet, dass es grundsätzlich das berechtigte Interesse eines jeden Landes sei, sein Luftverkehrsaufkommen im eigenen Lande zu befriedigen.
Zur Realität gehört aber auch, dass man, wenn man im Internet auf der FDP-Homepage den Suchbegriff Markt eingibt, im Bruchteil einer Sekunde auf 125 Quellen stößt. Der Suchbegriff Marktversagen kann bei der FDP nicht gefunden werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, da ich gerade bei der Internet-Recherche bin, empfehle ich die Homepage des Flughafens Kassel-Calden. Dort wird ausgeführt, dass sich nach einer Studie vom Dezember 2004 die Nachfrage nach Flugverbindungen in Europa bis zum Jahr 2025 verdoppeln würde. Bis dahin seien mehr als 60 Flughäfen in Europa überlastet. Die Folge dieser Entwicklung sei es, dass die Bedeutung von Regionalflughäfen stark zunehmen würde.
Und weiter: Auch Kassel-Calden als Flughafen der sogenannten Kategorie D – das sind die Flughäfen mit Passagierzahlen bis zu einer Million im Jahr – erfülle die Voraussetzungen, von der EU gefördert zu werden.
Weiter finden Sie auf der Homepage des Flughafens Kassel-Calden einen Link zu einem Gutachten über die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens Kassel-Calden für die Region Nordhessen. Darauf ist gerade eingegangen worden. In diesem Gutachten wird unter anderem ausgeführt, dass mit dem Neu- und Ausbau des Verkehrslandeplatzes Kassel-Calden rund 20 % des regionalen Fluggastaufkommens, was in etwa 600.000 Passagieren jährlich entsprechen würde, abgeschöpft werden könnte. Dies schaffe nach vorsichtigen Schätzungen 1.150 neue dauerhafte Arbeitsplätze.
Vor diesem Hintergrund begrüßt die FDP in Hessen den Ausbau des Flughafens Kassel-Calden als einen sinnvollen und notwendigen Beitrag zur Verbesserung der Infrastruktur in Nordhessen.
Auch die hessische CDU-Landesregierung – da ist die FDP jetzt nicht mehr beteiligt, aber gut – begrüßt den Flughafenausbau als ein Projekt, das von Ministerpräsident Koch als „Leuchtturm für ganz Nordhessen“ mit Vehemenz verfolgt wird.
Leuchtturm, genau. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im hessischen Landtag, Michael Boddenberg, ist einer der wenigen, der sich überhaupt im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau mit den anliegenden Bundesländern befasst hat. Er äußert sich dazu in einer Pressemitteilung vom 20. Juni letzten Jahres wie folgt:
„Die teils panikartigen Reaktionen der angrenzenden Bundesländer auf die Pläne, den Flughafen Kassel-Calden auszubauen und damit deutlich aufzuwerten, sei verständlich, weil dadurch ein direkter Konkurrent entsteht.“
„Wer heute noch bis Frankfurt, Paderborn, Hannover oder Düsseldorf fahren muss, um seinen Flug anzutreten, wird zukünftig mit KasselCalden einen Flughafen schnell und umkompliziert direkt vor der Haustüre nutzen können. Wachstum und Beschäftigung in Nordhessen sind das Ziel unserer Politik. Dafür sind wir gewählt worden.“
So Rüttgers Parteifreund, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU im Hessischen Landtag, Herr Boddenberg.
dass erstens die CDU-Regierungsfraktionen in Nordrhein-Westfalen und in Hessen diametral entgegengesetzte Positionen vertreten – auch das konnten wir gerade hören –,
dass zweitens die FDP in Hessen den Markt und Wettbewerb begrüßt und zugleich die FDP in Nordrhein-Westfalen Markt und Wettbewerb urplötzlich verhindern will,
dass es drittens den regierungstragenden Parteien nicht gelingt, einen verkehrspolitisch vernünftigen Konsens herbeizuführen, was Ihre Regierungsfähigkeit sehr infrage stellt,
dass viertens der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Wittke schon bei seiner angekündigten Kooperation der Flughäfen Köln-Bonn und Düsseldorf gescheitert ist und sich daher der grenzüberschreitenden Flughafenproblematik gar nicht erst widmet
und dass fünftens die Forderungen an die Landesregierung im vorliegenden Antrag besser auf CDU- und FDP-Parteitagen beschlossen als hier im Landtag beschlossen würden.
Wenn Sie es, meine Damen und Herren von CDU und FDP, in Ihrer Regierungsverantwortung in NRW und Hessen nicht schaffen, zu verkehrs- und wirtschaftspolitisch vernünftigen Lösungen beizutragen, ist das eine klare Bankrotterklärung.